5. Bleibe bei mir
-Ethan-
Zehn Minuten waren jetzt vergangen als ich das letzte Mal Emily gesehen hatte. Ich konnte die Enttäuschung, die sie empfand, fühlen, als ich ihr sagte, dass es einfach nicht möglich sei das Gebäude zu verlassen. Ihre Blicke verließen immer noch nicht mein Gedächtnis, doch ich hätte sie auf keinen Fall rausführen können. Zu mindestens jetzt noch nicht. Es war zu gefährlich. Diese ganze Dimension war für sie gefährlich, doch sie wollte hier bleiben und uns helfen. Weshalb? Ich überlegte kurz, aber fand keine plausible Antwort dazu. Was ich aber genau wusste, war dass sie noch Training brauchte, um sich zu schützen. Da sie aus der anderen Dimension kam, könnten wir ihr nicht zeigen, wie sie angreifen kann. Diese besonderen Gaben fehlten ihr. Momentan war sie leicht angreifbar, da sie noch nicht wusste, wie sie ihre Verstandesabteilungen für andere unzugänglich machen konnte. Sie konnte leicht kontrolliert oder sogar von negativen Gedankenströmungen umgeben werden. Es hört sich zwar nicht gefährlich an, aber dies war es. Das Gehirn würde durch Überlastung die Person schmerzhaft umbringen und...nein. Ich schüttelte die Gedanken von mir ab. Emily musste einfach in Sicherheit bleiben. Scarlett würde schon dafür sorgen. Ich kannte Scarlett seit meiner Kindheit. Sie war wie die Schwester, die ich nie hatte. Sie verstand mich und war bei schlechten Zeiten immer an meiner Seite gewesen. Sie, Amy und Henry waren die einzigen, die mir geblieben waren. Ich hatte schon viele Menschen, die ich liebte, verloren. Mehr will ich nicht an das System verlieren. Diese Menschen waren alles was mir geblieben war.
Ich saß noch in der Besprechung und schaute in die verzweifelten Gesichter, die um mich rum saßen und zu mir blickten. "Wie kam das Zustande?!"
Erst gerade hatten sie mir mitgeteilt, dass unsere Pläne vom Archiv entnommen wurden. Wie konnte das überhaupt passieren? Die Frage ging mir immer wieder durch den Kopf. Wir sind eine kleine und streng geheime Widerstandsgruppe und wir alle hier waren wie eine große Familie. So etwas konnte und durfte nicht passieren. Ich wusste, dass was ich nun sagen wollte, würde der Freundschaft zwischen mir und meinen Freunden einen großen Riss verpassen, doch es musste gesagt werden. "Wir haben einen Verräter unter uns." murmelte ich widerwillig. Es war leider die Wahrheit. Ich konnte es nicht leugnen. Alle blickten sich gegenseitig in die Gesichter und versuchten jemanden auffälligen ausfindig zu machen. Jemand, der einen Verräter-Profil haben könnte.
„Ethan das kann nicht dein ernst sein. Du glaubst doch echt nicht, dass einer von uns dem System angehört! Geschweige denn uns verraten würde. Und wenn dass überhaupt der Fall sein sollte, was ich bezweifle, wie sollen wir den Verräter feststellen?"
Ich zögerte kurz bevor ich antwortete, denn ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte. Josh hatte zwar Recht, was es anging den Verräter zu ermitteln, aber alles andere war falsch, leider. „Ich bin genauso entsetzt, wie ihr auch, doch das ist nun einmal die Realität. Es gibt einen Verräter hier in diesem Gebäude und ich werde mein Bestes tun, um diesen ausfindig zu machen. Es kann sehr lange dauern bis Reed wieder da ist. Wir müssen es selbst klären." Die Frage war bloß wie. Zum Glück stimmte mir jeder im Raum, auch wenn sie noch skeptisch waren, zu. Ich holte einmal tief Luft
„Okay... All unsere Pläne sind nicht mehr zu gebrauchen. Leider, ich bin mir ziemlich sicher, dass die Person unsere Pläne zum Umsturz schon an das System weitergeleitet hat. Wir sind wieder ganz am Anfang." Die letzten sechs Wörter hallten in meinem Kopf. Wir waren wieder am Anfang. Die jahrelange Arbeit war zu Nichte geworden. Unsere einzige Hoffnung blieb nun nur noch die Prophezeiung. Alle um mich herum fingen an lautstark miteinander zu diskutieren. Gerade als ich alle auffordern wollte ruhig zu sein, spürte ich ein stechendes Gefühl in meinem Kopf. Irgendwas stimmte nicht. Dieses stechende Gefühl hatte ich nur wenn etwas falsch verlief, wenn Amy in Gefahrsituationen war. So stark hatte ich sie noch nie erlebt. Schlagartig wurde mir bewusst, dass etwas mit Emily nicht stimmen musste. Ohne ein Wort zu sagen, stürmte ich aus dem Saal und steuerte auf die Trainingsräume zu. Dieses stechende Gefühl betäubte meine Sinne, auch wenn nur leicht. Scarlett hatte mir gesagt, dass sie dort üben würden. Die Kampftechniken von Emily testen und verbessern würden. Ich hoffte, dass ihr nichts zu gestoßen war. Ich weiß, dass ich sie nur seit gestern kannte, aber ich fand mich zu ihr hingezogen. Meine Gedanken waren ständig bei ihr seitdem Tag an, wo ich sie auf dem Eis fand..
Ihre Haut war bleich und fühlte sich kalt an. Der Schnee hatte sie leicht bedeckt. Ihr Atem war nur schwach und unregelmäßig. Statt etwas zu unternehmen, stand ich einfach da. Was war bloß mit mir gewesen. Sie war am Sterben und ich betrachtete sie nur. Ich versuchte mich wieder zu sammeln und bückte mich zu ihr hinunter. Meine Hände zögerten sie anzufassen, doch schließlich tat ich es. Mit Leichtigkeit trug ich sie an dem Tage so schnell wie möglich zu unserem Versteck. Dr. Adams schaute schockiert zu mir über, als ich mit dem Mädchen auf meinen Armen, abgehetzt ankam, aber er behandelte sie unverzüglich. Stundenlang wartete ich vor ihrer Zimmertür. Ich konnte sie nicht alleine lassen. Ich machte mir Sorgen um sie, dabei kannte ich sie noch nicht einmal. Ich wusste nicht das Geringste über sie, doch ich fühlte eine starke Verbindung zu ihr.
Währenddessen war ich nun in sechs von acht verschiedenen Trainingsräumen, aber niemand war da. Nirgendwo konnte ich Emily oder Scarlett auffinden. Hatte mich Scarlett belogen? Ausgeschlossen. Alle hielten sich um diese Uhrzeit in ihren Schlafräumen auf, vielleicht hatte sich ja ihr Plan geändert? Ich geriet trotzdem in Panik. Sie mussten doch hier irgendwo im Gebäude sein.
„Ethan...Was ist mit dir denn los?! Was soll die Panik und wieso hast du es so eilig?" fragte jemand. Mein Blick schoss verzweifelt zu der Perosn vor mir. Dr. Adams schaute verwundert drein und versperrte mir den Weg. Adams war wie ein zweiter Vater für mich, doch jetzt stand er mir... nur im Weg.
„Ich kann jetzt nicht...Ich...ich finde Emily und Scarlett nirgendswo. Ich habe das Gefühl, dass ihr was zu gestoßen ist. Ich hätte besser auf sie achten sollen. Scarlett ist mit ihr verschwunden." Ich schlug mit der Hand, geballt zu einer Faust, gegen die Wand. "Okay als erstes beruhig dich wieder einmal. Hast du eine gewisse Verbindung zu ihr?"
„Ja...ja, das habe ich sogar." flüsterte ich immer noch aufgeregt und mit Schuldgefühlen, sie in Stich gelassen zu haben. „Ethan...du bist einfach nur zu viel in Panik. Hast du denn vollkommen vergessen, dass du jemanden, zu dem du eine starke Verbindung hast, leicht aufspüren kannst. Du kannst sie finden, indem du dich auf sie konzentrierst. Du kannst sie 'orten'. " erklärte er mir.
„Stimmt!" gab ich erleichtert von mir und schlug mit der Hand mir auf die Stirn. „Wie konnte ich das vergessen?!" Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf sie, auf ihr wundervolles Lächeln, ihre kristallblauen Augen bis Bilder vor meinen Augen flackerten.
„Vor der Tür. Sie ist vor der Tür. Ich spüre nichts von ihr. Keine Gefühle, rein gar nichts." rief ich panisch durch den Raum und rannte los, ohne auf die Antwort von Dr. Adams zu warten. Auf den Weg zur Tür stolperte ich mehrere Male und rannte in einige Menschen rein. Ich durfte keine Zeit mehr verlieren. Nach gut zwei Minuten stand ich vor der Stahltür und zerrte an ihr. Mist! Abgeschlossen. Ich trat hart gegen das Schloss und die Tür schien langsam sich von dem Rahmen zu lösen. Die Schrauben lockerten sich. Ich wusste nicht, wie ich das tat. Wie ich so viel Kraft zusammen treiben konnte. Schließlich gab die Tür nach und fiel, aufgefedert durch den Schnee, zu Boden. Nur einige Meter entfernt, sah ich sie dort liegen. Nein. Erst als ich näher trat, bemerkte ich das ganze Blut, dass sie umgab. Entsetzt kniete ich mich neben sie und zog sie mit Leichtigkeit hoch. Ich spürte noch ihren Puls. Ihr Herz schlug langsam und kraftlos. „Emily. Hörst du mich, bitte, antworte mir." Verzweifelt rüttelte ich an ihr. Was tat ich hier eigentlich wieder einmal! Ich musste etwas unternehmen. So hatte ich mich selbst nie erlebt. Schnell stand ich auf und nahm sie auf meine Arme. „E..ethan.." Sie öffnete kurz ihre Augen, doch bevor ich was sagen konnte fielen sie wieder zu. Ich bin bei dir.
Mit schnellen Schritten rannte ich wieder rein. Zum Glück war mir Dr. Adams gefolgt. Er gestete mir ihm zu folgen, drehte sich schnell um und rannte zu dem Krankenhausabteil vor. Schnell hinterher geflitzt, folgte ich ihm. „Erzähl mir wie es aussieht!" sagte er letztendlich.
„Ich glaube sie wurde durch negative Gedankenströmung überlastet, durch eine Messerwunde am Arm hat sie viel Blut verloren und sie ist unterkühlt." Das, was ich Dr. Adams mitteilte, lies mich selbst erschrecken. Ich hoffte nur, dass es ihr bald wieder gut gehen würde. Es musste ihr gut gehen. Endlich waren wir im Krankenhausabteil angekommen. Weitere freiwillige Krankenschwestern und Arztassistenten kamen angerannt und nahmen Emily aus meinen Armen. Ich musste vor der Tür warten und konnte nicht bei ihr sein, obwohl sie mich brauchte. Obwohl ich...sie brauchte.
Eine Stunde war nun vergangen und es kam niemand heraus. Ungeduldig wartete ich. Ich konnte nicht still stehen. Es waren zu viele Fragen, die in meinem Kopf schwirrten. Wer hatte ihr das angetan? Wo war Scarlett zu der Zeit und überhaupt wo war sie nun?
„Ethan, ...mein Gott, was ist passiert?" Josh schaute mich fragend an und lies sich neben meinem Stuhl nieder.
„Nachdem du so plötzlich die Besprechung verlassen hast, haben wir uns Sorgen gemacht. Was ist los und wieso siehst du so fertig aus?"
„...Um wahr zu sein, weiß ich es auch nicht. Es geht um das Mädchen, Emily..."
"Das Mädchen aus der anderen Dimension?" unterbrach er mich.
"Ja, ich hatte das Gefühl, dass ihr was zugestoßen ist und es stimmte auch. Ich habe sie draußen vor der Tür gefunden. Sie hatte anscheinend einen Kampf geführt. Auf dem Schnee waren Spuren von zwei Personen zu erkennen. Es hätten doch aber drei sein müssen. Ich meine, wo war Scarlett. Und wo ist sie jetzt?! Außerdem waren auch Blutspuren und ein schwarzes Messer auf dem Schnee zu sehen. Das Messer scheint der Waffenausrüstung des Systems anzugehören. Aber wer oder wie...ich weiß es nicht. Sie müssen dem Verräter auf den Weg gelaufen sein. Ich konnte die Stelle leider nicht länger analysieren. Könntest du mir einen Gefallen tun Josh?" Er nickte zusagend. „Könntest du vor die ehemalige Stahltür gehen und nach weiteren Beweisen suchen und ach sag Amy bitte Bescheid, was passiert ist und wo ich mich gerade aufhalte."
„Ja, natürlich mache ich das und du mach dir keine Sorgen. Es wird schon wieder. Vergiss nicht mich am Laufenden zu halten. Wegen den Beweisen spreche ich dich später an:" er klopfte mir auf die Schulter und eilte nach draußen, bevor der Schneesturm, die Beweise wegwehte. Ich schaute aus dem Fenster und betrachtete die Wucht des Sturmes. Der Wind pfiff und nichts war mehr ansatzweise zu erkennen. Ich bezweifelte, dass noch irgendein Beweis zurückgeblieben war.
Scarlett war immer noch nicht aufgetaucht, obwohl weitere Stunden vergangen waren. Ich konnte nicht mehr klar denken. „Ethan." Dr. Adams trat mit einem Lächeln raus. „Ihr geht es wieder gut, aber sie ist noch nicht aufgewacht. Wir haben ihr Gehirn wieder entlastet, noch rechtzeitig, und uns um die Wunden gekümmert.Kurz gesagt, sie wird bald wieder ganz gesund!" Ich umarmte Dr. Adams "Danke, du warst immer für mich da, wenn ich dich brauchte Henry."
„Nichts zu danken. Ich gehe mal eine Runde schlafen. Ach und ja, du kannst zu ihr, aber sei leise." Gähnend ging er zu den Schlafzimmerabteilen, gefolgt von seinen Assistenten, die zu den anderen Kranken über gingen. Wir hatten nicht viele Kranke im Gebäude. Einige hatten sich durch den Schneesturm eine Grippe eingenommen oder hatten Fieber. Leise öffnete ich die Tür und setzte mich auf das Sofa neben Emilys Bett. Sie sah so friedlich aus und atmete regelmäßig. Ich spürte sogar wieder ihre Gefühle. Anscheinend träumte sie von was Schönem, denn ich konnte Ruhe spüren.
Jetzt lies ich alle Gedanken frei. Ich konnte einfach Emily fragen, was passiert war und wer ihr das angetan hatte. Ich wusste eins und zwar, dass das System damit was zu tun hatte und ich mich mit aller Macht rächen würde.
Nach einigen Minuten schon, fing ich an zu schlafen.
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Heeyy ihr da
ja haha noch ein Kapitel uuund ich hoffe, dass ich nicht die Einzige bin, die Scarlett abgrundtief hasst. Na ja dieses Kapitel war mal aus Ethans Sicht. Ich hoffe, dass es euch gefällt ^^
Liebe Grüße
Risingvision
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