22. Die kleine Truhe
Müde stieg ich aus der U-Bahn und lief langsam und träge nach Hause. Ich musste nach Hause schnell.
"Emily!" Ethans Stimme ertönte in meinem Kopf. Er sprintete in meine Richtung im Schlepptau mit Kieran und ich blieb vereist am Steig stehen.
"Was ist passiert?! Wer hat dir das angetan?!" besorgt musterte er die Wunde an meinem Kopf.
"Ich... Bitte nicht... jetzt können wir erst nach Hause."
Verständnisvoll nickten die beiden und Kieran ging schon einmal vor um das Auto vorzufahren. Ich lehnte meinen Kopf an Ethans Schulter und er schlang seinen Arm um meine Taille, um mir halt zu geben. "Emily langsam habe ich das Gefühl, dass du ein Magnet für Probleme bist." er lächelte schwach.
"Das glaube ich nicht. Ich weiß es." ich lächelte schwach zurück.
"Du brauchst Ruhe und Schlaf. Wenn du willst, kannst du mir morgen erst alles erzählen."
"Das geht nicht." ich schüttelte meinen Kopf. "Ich muss die Truhe finden." sagte ich gähnend.
"Eine Truhe?" fragte er überrascht und hob seine Augenbrauen in die Höhe.
"Ja, die Truhe, die oben im Dachgeschoss wartet."
*
Als wir zu Hause ankamen, brachte Panik wegen der Wunde an meinem Kopf aus. Ich musste meinen Eltern und Freunden mehrere Male versichern, dass es mir gut ging und ich nach einem Schlaf wieder in Ordnung wäre. Der Frage, was passiert war, wich ich geschickt aus. "Ethan folge mir bitte." flüsterte ich ihm und verschwand aus dem Zimmer. Er nickte mir zu und folgte mir aus dem Zimmer. Aus dem Schrank im Flur schnappte ich mir den Schlüssel zum Arbeitszimmer meines Großvaters und ging die Treppen hinauf. Wir schwiegen, aber es war eine angenehme Schweigsamkeit gewesen. Gespannt schloss ich die Holztür auf und betrat das stickige Zimmer. Bücherregale soweit das Auge reichte und ein einzelner Schreibtisch inmitten des Raumes. Brauntöne dominierten und es wirkte allgemein wie ein Arbeitszimmer aus alten Zeiten. Rechts, direkt neben der Tür fand ich die alte Standuhr, die immer noch tickte. Es sah aus wie eine normale Standuhr, doch wenn man genauer hinsah, konnte man kleine goldene Schriftzüge bemerken. Ich habe mehrere Male versucht diese zu lesen, doch ich musste feststellen, dass es mir unbekannte Zeichen waren. "Diese Uhr. Sie ist aus unserer Dimension." sagte Ethan während er die Uhr betrachtete. Ich nickte und öffnete sie vorsichtig. Im staubigen Inneren suchte ich nach dem Schlüssel und fand tatsächlich unter einer Staubdecke einen geschnörkelten Schlüssel, der silbrig erschien.
"Dies war das Zimmer meines Großvaters. Er ist nicht mehr bei uns." mein Großvater hatte mir verboten jemandem etwas zu erzählen und eine Lüge war dies auch nicht gewesen. Es erleichterte mich, dass Ethan nicht nachhakte und es so hinnahm. Wir verließen das Zimmer und ich schloss es wieder ab. "Komm." sagte ich zu Ethan und winkte ihn zu mir. Wieder stiegen wir die Treppen nach oben und gelangten ins Dachgeschoss. Kisten stapelten sich in jeder Ecke und ich seufzte bei dem Gedanken alle Kisten durchsuchen zu müssen. Ich hatte aber ja Ethan bei mir.
"Ethan kannst du bitte Ausschau nach einer kleinen Truhe halten, in der dieser Schlüssel passen könnte." fragte ich ihn lieb und er lächelte mich an.
"Solange ich das mit ihnen machen muss Miss Wyler. Ist es mir eine Ehre." sagte er lachend und begann auf der rechten Seite zu suchen. Ich fing von links an. Stunden vergingen und ich durchsuchte eine Menge an Kisten und fand Sachen wieder, von denen ich dachte, dass sie für immer verloren waren. "Wir werden die Truhe nie finden." sagte ich müde und legte mich auf den Boden hin.
"So optimistisch wie du bist...sicherlich nicht, aber aufgeben kommt nicht in Frage sagte er zu mir blickend. "Du kannst eine Pause machen. Ich gucke solange weiter." Womit hatte ich eine so nette Person verdient? Ich fand mich weiterhin schuldig.
"Danke Ethan... für alles. Das, was gestern passiert ist...dass tut mir echt Leid. Ich..ich..."
"Entschuldige dich nicht für etwas, was du nicht getan hast Emily. Es war nicht deine Schuld, ganz und gar nicht und jeder weiß das. Auch Kieran ist unschuldig." er setzte seine Suche fort.
"Aber ich hätte was dagegen tun können Ethan. Ich hätte es nicht soweit kommen lassen sollen. Ich vernahm alles, was "ich" gemacht habe. Sah zu, hörte mit...war schwach dagegen anzukämpfen." gab ich zu.
"Du hast was dagegen getan Emily. Wir beide wissen das. Du hast dagegen gekämpft und du konntest es sogar mehrere Male unterbrechen. Du bist eines der stärksten Menschen, die ich kenne. Also bitte gib dir nicht die Schuld." ich nickte und sah weg.
"Wieso hast du nicht gegen mich gekämpft?" fragte ich ihn und schaute dabei aus dem kleinen Fenster des Daches. Draußen war es stockdunkel.
"Ich hoffe, dass das keine ernstgemeinte Frage ist. Ich würde dir nie etwas antun und ich wusste, dass du mich hören und sehen kannst. Das du da warst." seine Antwort löste ein Kribbeln in mir aus und ich entschloss mich zu schweigen.
Ich stand nach einer Weile wieder auf und suchte weiter. Kiste für Kiste.
"Ich hab es." rief Ethan und ich rannte gespannt zu ihm. Es war eine kleine Truhe in Pastellfarben und mit den schönsten Verzierungen, die ich je gesehen hatte. Ich nahm es in die Hand und wir setzten uns auf den Boden. Angespannt schloss ich die Truhe mit einem Klicken auf und nahm das Blatt raus. Ethan betrachtete mich still. Seine Augen glitten zwischen mir und der Truhe.
Meine liebe zukünftige Enkelin,
ich konnte dich also erreichen. Du hast sicherlich schon festgestellt, dass du Gaben hast und nicht aus dieser Dimension bist. Du bist auserwählt wichtiges zu vollbringen. Zwei Dimensionen zu retten. Ja, meine Liebe, du bist die, von der in der Prophezeiung gesprochen wird. Es liegt alleine an dir das System zu zerstören und den Frieden wieder herzustellen. Es klingt unglaubwürdig, doch dass wirst du schaffen.
Woher ich weiß, dass du, meine zukünftige Enkelin, die Auserwählte bist? Unsere Familie stammt von der Königsfamilie, den Arden, ab. Jeder in deiner Familie trägt diese Gabe in sich, auch ich, doch nur eine kann diese benutzen...und das bist du. Es ist keine normale Gabe, wie die der anderen. Du kannst dich selbst kontrollieren und ohne Mühe mehrere tausend Menschen auf einmal, sogar ohne ihnen dabei Leid anzutun. Am Anfang wird es schwer werden und du musst noch ein wenig üben, doch dann kannst du den Anführer des Systems stürzen und deinen Platz annehmen. Die Kette, die ich dir in die Truhe gelegt habe, gehörte deiner Vorfahrin Megan Arden, der Prinzessin. Sie wird, solange du sie trägst, dir erleichtern zu kontrollieren und dir selbstverständlich neue Techniken beibringen. Viel Erfolg meine Liebe.
Liebe Grüße
Jonathan Wyler
Nein. Nein. Nein...nicht ich. Ich kann das nicht. Ich bin zu schwach. Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf und starrte auf das Blatt. Ich. Ich soll zwei Dimensionen retten?!
"Emily was ist los?!" ich reichte ihm den Brief und er las es. Seine Augen weiteten sich und er schien sprachlos zu sein. Ich meine, wir waren auf der Suche nach einer prophezeiten Person gewesen und die ganze Zeit über war ich es. Stand neben ihnen, zum greifen nah.
"Was?! Du bist die Person nach der wir Jahre lang gesucht haben? Emily...das wird aber zu gefährlich. Ich...ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen sollte....Es muss einen anderen Weg geben das Sys..." stotterte er, seine Gedankengänge unberechenbar.
"Ethan. Ich werde das tun, was ich tun muss und das kann mir niemand ausreden. Ich will es machen" Ich nahm die Kette aus der Truhe. Sie war silbern und ein kleiner blaugrüner Stein hing an ihr. Sie wurde von zwei unterschiedlichen Metallbändern umschlingelt. Schwarz und weiß. Ich setzte sie mir an und fühlte mich sicherer. Ethan wusste, dass er das mir nicht ausreden konnte. Er hatte keine andere Wahl. Er stand auf und streckte mir seine Hand aus. Ich ergriff sie und wir standen uns so nahe, dass ich seinen Atem spüren konnte. "Warte...Das heißt, dass du die neue Prinzessin bist." flüsterte er während er meinen Blick fixierte. Die Situation überforderte ihn mehr als mich.
"Ja, aber mein Titel interessiert mich nicht. Ich will nicht, dass sich etwas zwischen uns allen ändert, zwischen uns...beiden." flüsterte ich und er nickte erleichtert von meiner Antwort. Langsam strich er mir über die Wange und ein Lächeln umschmeichelte seine Lippen.
"Gemeinsam werden wir es schaffen."
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Heyy :D
Wuhu es ist raus. War ziemlich zu erwarten oder? ;D Na ja was meint ih hierzu?
Liebe Grüße
Risingvision
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