02. Eating
Ich hatte mich dazu entschieden, einen Auflauf zu machen. Das ging relativ einfach und niemand wurde davon so satt, dass es keinen Salat als Vorspeise und keine Nachspeise geben konnte. Wenigstens drei Gänge wollte ich den Gästen schon servieren, schließlich hatte ich keine Ahnung, was diese sonst gewohnt waren. Es konnte sein, dass mein Bruder in der City vier arme Mäuschen aufgetrieben hatte, vielleicht war er aber auch in irgendwelche berühmten Persönlichkeiten gerannt. Toby traute ich das alles zu.
Besagter bereitete gerade den Salat zu. Vorhin hatte er Eis gekauft und ich rührte gerade den Schokopudding um. Mein Bruder wusste leider auch nichts über das Essverhalten seiner neuen Bekanntschaften, was mich nochmal darin bestätigte, dass er sie gestern erst aufgetrieben hatte.
Als es an diesem Freitagabend schließlich pünktlich um halb acht an der Tür klingelte, rannte Toby voller Aufregung zur Tür und wäre fast über Krazcjia gestolpert, die sich gerade noch retten konnte.
Ich schob noch schnell eine Spange in meine Haare und begab mich dann in den Flur aus dem bereits männliche Stimmen ertönten. Er hatte also keine Mädels nach Hause gebracht, braver Junge. Diesen Tag fürchtete ich ehrlich gesagt ein bisschen.
Ich blieb allerdings ziemlich geschockt stehen, als ich sah, wer sich in unserem Flur gerade seine Jacke auszog. Ihn beim Bäcker zu sehen war noch etwas ganz anderes, als Niall Horan in der eigenen Wohnung anzutreffen. Wie hatte mein Bruder den denn aufgegabelt?
"Hi", begrüßte ich ihn und reichte ihm höflich die Hand. "Ich bin Nele, Tobys Köchin." Diesen Witz machte ich immer, wenn mein Bruder jemanden zu uns einlud.
Irritiert sah Niall mich an. "Ehm, ich bin Niall. Also ist seine Schwester gar nicht da?"
Der Siebzehnjährige lief rot an. "Das ist meine Schwester, sie sagt nur immer, dass sie meine Köchin sei." Ganz offensichtlich fand er mich mal wieder peinlich, aber Niall lachte nur.
"Das ist ja witzig", fand er. "Die anderen müssten auch gleich vorbeikommen, sie meinten, dass sie gemeinsam fahren. Ich konnte praktischerweise zu Fuß gehen."
"Toby, hast du etwa ganz One Direction eingeladen?", fragte ich entsetzt, einer bösen Vorahnung folgend.
"Ehm, ja." Er grinste entschuldigend.
"Das gibt Rache!", schwor ich ihm, ohne dass Niall es hören konnte. Diesem warf ich stattdessen ein Lächeln zu. "Ich hoffe, dass ihr Auflauf mögt, mein Bruder wusste leider auch nicht, was ihr gern esst."
"Auflauf klingt toll", versicherte er mir. "Wir kriegen sonst immer nur extravagante Dinge serviert, das muss auch nicht dauernd sein."
Erleichtert nickte ich zustimmend. Vielleicht war es doch ganz gut, dass Toby mir nicht gesagt hatte, wer zum Abendessen vorbeikam.
Es klingelte erneut an der Tür und diesmal ließ ich den Witz mit der Köchin weg. Höflich reichte ich den Neuankömmlingen meine Hand und stellte mich vor.
"Du hast deine Schwester ja gut erzogen", witzelte Harry Styles, von dem ich wusste, dass er auch eine große Schwester hatte.
"Ich finde auch, dass ich das toll gemacht habe", stimme Toby ohne weiteres zu.
Ich verdrehte nur meine Augen und ging in die Küche, um den Salat zu holen. Im Wohnraum angekommen saßen die Jungs bereits ordentlich am Tisch und unterhielten sich über Belangloses. Jedenfalls dachte ich das, bis ich mich ebenfalls setzte und genauer hinhörte.
"Nun, sie sollten auf jeden Fall verschwiegen sein", sagte Liam.
"Und natürlich sollten sie wissen, worauf sie sich einlassen", fügte Niall hinzu.
"Wichtig ist auch das Aussehen und die Figur", mischte Harry sich ein.
"Nicht ganz, das Kondom ist das Wichtigste", war Louis sich sicher.
Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute ich von einem zum anderen. Sie waren gerade erst wenige Minuten hier und schon sprachen sie über Sex? Wen hatte mein Bruder da nur aufgegabelt? So hätte ich One Direction beim besten Willen nicht eingeschätzt. Aber vielleicht stimmten die Schlagzeilen ja doch?
Liam bemerkte meinen Blick. "Vielleicht hättest du mit der Frage warten sollen, Toby, ich glaube deine Schwester hält uns jetzt für sexsüchtige Idioten mit Starallüren." Damit traf er es tatsächlich ganz gut. Aber was hatte Toby damit zu tun?
"Oh nein, Toby!", stöhnte ich, als ich begriff. "Sowas fragt man doch nicht vollkommen Fremde beim Abendessen!"
Ich kannte meinen Bruder gut genug, um zu wissen, dass ihn der Umgang mit Groupies interessierte. Und unsere Gäste waren auch noch höflich genug, auf seine Frage zu antworten. Das könnte ein interessantes Essen werden.
Der Abend endete damit, dass mein Bruder um einige Tipps echter Profis was Mädels anging reicher war, ich dazu verdonnert wurde erstens unbedingt nochmal für die vier zu kochen und ihnen zweitens einen Song zu schreiben und Niall den restlichen Schokoladenpudding mit nach Hause nahm. Er meinte, dass er die Schüssel dann ja einfach wieder vorbeibringen könne.
Ich musste zugeben, dass die vier sich ganz normal benahmen. Sie waren ziemlich reif für ihr Alter, hatten aber trotzdem immer einen witzigen Spruch auf ihren Lippen und legten keine Starallüren an den Tag. Stattdessen hatten sie sich mehrmals für das Essen bedankt und eher ungern über sich selbst gesprochen, was Toby dann übernahm. Das nahm ihm jedoch niemand übel, der ganze Business war schließlich neu für ihn. Auch für mein Studium hatten sie sich sehr offen gezeigt, obwohl ich eigentlich gedacht hätte, dass Orchestermusik nicht so ihr Ding war. Ganz im Gegenteil dazu hatte Louis mir versichert, dass er seit neuestem ständig einen Ohrwurm einer relativ unbekannten Sonate Beethovens hatte und Harry schien Orchestermusik "verdammt romantisch bei Dates" zu finden.
Da ich alle Jungs total sympathisch fand, hatte ich auch nichts dagegen einzuwenden, dass Liam beschloss, mal wieder zum Essen vorbeizukommen und die anderen sich ihm anschlossen.
Toby schien sowieso begeistert. Unsere Gäste hatten sogar geholfen, den Tisch abzuräumen, was ich eigentlich hatte verhindern wollen, aber sie hatten sich nicht davon abbringen lassen. So mussten wir das immerhin jetzt nicht mehr tun. Ich hatte mich am Samstag mit einer Freundin zum Komponieren verabredet, also ging ich bald nachdem unsere Gäste weg waren ins Bett.
Einige Tage später begegnete ich Niall im Supermarkt. Zu meiner Überraschung erkannte er mich sogar eher als ich ihn und begrüßte mich.
"Hi Nele, musst du mal wieder als Köchin ran?", machte er einen Scherz.
"Hey Niall! Das lässt sich nicht vermeiden, fürchte ich."
"Ihr könnt auch mal bei mir zum Essen vorbeikommen", schlug er mit einem Grinsen vor. "Oder wir kochen zusammen." Dabei zog er anzüglich seine Augenbrauen hoch, als habe das Verb kochen noch eine andere Bedeutung von der ich bisher noch nichts wusste.
"Ich hoffe sehr, dass du das Kochen in der Küche mit den Töpfen meinst", antwortete ich etwas unsicher.
"Wer weiß?" Er zuckte mit den Schultern und grinste ganz komisch.
"Ich bin keine von deinen Groupies und werde nicht mit dir im Bett landen", stellte ich die Situation klar.
"Oh, ich muss es auch nicht unbedingt im Bett tun. Da haben wir doch gar keine Herdplatte." Irgendwie redeten wir gerade komplett aneinander vorbei.
"Wovon redest du?", fragte ich verwirrt.
"Na vom Kochen, du nicht?" Er zwinkerte mir zu. Hä? Was genau wollte er jetzt von mir?
"Keine Ahnung", seufzte ich. "Aber was ich weiß ist, dass ich Toby gleich aus der Stadt abholen muss, weshalb ich jetzt vielleicht los sollte."
"Stimmt, Berühmtheiten lässt man nicht warten." Er lachte, verabschiedete sich und ging die Regale entlang, während ich den Einkaufswagen in Richtung Kasse schob. Puh, das war wirklich verwirrend.
Als Dominika ihre Hündin am folgenden Samstag von mir abholte, bedankte sie sich überschwänglich bei mir.
"Vielen Dank, Nele, es ist so lieb von euch, sie immer wieder aufzunehmen. Ich hab euch natürlich wieder etwas mitgebracht." Wie fast immer wenn sie aus ihrem Heimatland zurückkam, hatte sie mindestens drei Kilogramm Süßigkeiten mitgebracht, die sie nun aus ihrer Tasche packte.
"Das ist doch wirklich nicht nötig, wir kümmern uns gern um sie!", versicherte ich meiner Freundin, die nur ihren Kopf schüttelte.
"Ich weiß genau, wie gern ihr diese Sweets esst", behauptete sie.
"Recht hast du schon." Ich nahm mir ein Bonbon und wickelte es aus, als es gerade an der Tür klingelte.
Da mein Bruder sich bei einem Pressetermin befand und die meisten meiner Freundinnen aus der Nähe noch die Ferien genossen oder arbeiteten hatte ich keine Ahnung, wer das sein könnte. Als ich jedoch durch den Spion schaute, öffnete ich ohne zu zögern die Tür. Gehetzt kam Niall in die Wohnung gestürmt und schloss die Tür gleich hinter sich. Schwer atmend stützte er sich an der Wand ab und rang nach Luft, um sein plötzliches Auftauchen erklären zu können.
"Fans ... Verfolgung ... kürzer ... nicht ... geschafft", konnte ich aus seinem Gestammel heraushören. Als Dominika hinter mir in den Flur trat, zuckte er vor Schreck zusammen.
"Was ist denn mit dem los?", wunderte sie sich in ihrer offenen Art und ich konnte genau erkennen, dass sie wusste, wer er war.
"Ich glaube er muss sich erstmal akklimatisieren", vermutete ich.
Der Sänger in meinem Hausflur rang immer noch nach Luft, als Krazcjia angehüpft kam und ihn interessiert mit schräg gelegtem Kopf beobachtete.
Nach kurzer Stille, die nur von Nialls keuchendem Atem gefüllt wurde, schien er sich wieder einigermaßen beruhigt zu haben.
"Ich habe nur einen kurzen Spaziergang gemacht, da kamen diese Mädels an und fingen an, mir hinterherzulaufen. Bis zu meinem Haus hätte ich es nicht geschafft, deshalb musste ich schnell hier rein. Tut mir leid für die Störung", entschuldigte er sich sogleich.
"Ich glaube ich weiß, was du brauchst", bemerkte Dominika und verschwand in der Küche, während ich sagte: "Kein Problem, du störst nicht. Hauptsache diese Mädchen wissen nicht, wo genau du verschwunden bist. Ich glaube Toby mag seine momentane Privatsphäre ganz gern."
"Ich hoffe es", gab er zur Antwort.
In diesem Moment kehrte meine Freundin zurück, mit einer Handvoll polnischer Süßigkeiten: "Bedien dich, es sind noch genug da."
Dankbar sah Niall sie an und machte sich sogleich an die Vernichtung der Lebensmittel.
Polnische Süßigkeiten sind übrigens wirklich sehr lecker!
Liebe Grüße,
Catrifa xx
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