Kapitel 7 - zweiter Versuch
Aramis p.o.v.:
Aramis konnte die Hexen davon überzeugen, es ihn noch ein paarmal versuchen zu lassen, weshalb er am nächsten Tag wieder im Wald umherstreifte und darauf hoffte, Grey - wie er den Werwolf von gestern insgeheim nannte - wieder zu treffen, damit er ihn zu Xenia führen konnte. Die Sorge um sie war noch immer groß. Und wenn sie auch nicht mit ihm redete, so konnte er sie wenigstens sehen und sich davon überzeugen, dass es ihr körperlich gut ging.
Das war das Wichtigste. Alles weitere würde sich fügen.
Und bis dahin konnte er sowieso nur dumm im Wald umhergehen und hoffen, dass Grey ihn bald fand. Wie auch immer er das anstellen wollte. Noch immer hatte Aramis seine mysteriösen Worte von gestern im Kopf: ich werde dich immer finden.
Den ganzen restlichen Tag lang hatte er über diese Worte nachgedacht, selbst im Schlaf hatten sie ihn noch verfolgt. Dort war er im Traum wieder im Wald umher gegangen und auf Grey getroffen, mit seinen hübschen grauen Augen, dem Schalk darin, seiner mutigen Art...Aramis schüttelte den Kopf, als könnte er so diese Gedanken von sich abschütteln wie lästige Wassertropfen.
Aber so einfach war das nicht. Nein, egal was er tat, immer wieder wanderten seine Gedanken zu diesem Werwolf. Nun, war wohl kaum verwunderlich, schließlich konnte er ihn zu Xenia führen und ihn trotz seiner Schilde sehen und anscheinend immer finden. Und dennoch...Aramis' Gedanken gingen in Bezug auf ihn auch in eine gänzlich andere Richtung, eine Richtung, die so keinen Sinn machte.
Er hatte sich ihm bisher nur in seiner Gestalt als Wolf gezeigt und doch fühlte Aramis sich zu ihm hingezogen. Als hätten diese verschmitzten grauen Augen ihn mit einem Bann belegt. Merkwürdig.
Noch völlig in Gedanken an diesen Wolf und die absurde Anziehung zu ihm verloren, bemerkte Aramis zu spät diesen grauen Fleck am Boden und stolperte kurzerhand darüber.
"Verdammt!", fluchte er, bevor er sich aufrappelte und zu dem Wolf am Boden herumwirbelte. Dieser war in der Zwischenzeit gemütlich aufgestanden und hatte sich zu ihm umgedreht.
Aber davor hatte er keinen Hinweis auf seine Anwesenheit gegeben, dabei konnte er ja wohl kaum vom Himmel gefallen sein.
Aramis verschränkte die Arme vor der Brust und zischte:
"Hättest du mich nicht auf dich aufmerksam machen können? Wie lange liegst du schon da?"
Seelenruhig erwiderte der Wolf seinen Blick und dann ertönte auch schon seine Stimme in Aramis' Kopf:
Hättest du nicht besser aufpassen müssen? Schließlich bist du doch nicht erst seit gestern Werwolfskiller oder? Wäre ich dir feindlich gesinnt gewesen, wärst du jetzt tot.
Aramis presste die Lippen zusammen, denn Grey hatte ja recht. Er hatte sich ablenken lassen, etwas, das auf der Jagd einem schnell zum Verhängnis werden konnte. Normalerweise hätte er es auch dabei belassen und eingelenkt. Aber in diesen grauen Augen des Wolfes lag noch ein gänzlich anderer Ausdruck als diese Seelenruhe - nämlich eine unausgesprochene Herausforderung. Und obwohl Aramis sonst nicht auf Provokationen oder Neckereien einging, trieb ihn dieser Blick nun doch dazu.
"Aber du bist mir nicht feindlich gesinnt", sagte er und hob in stummer Herausforderung die Augenbrauen.
Der Wolf verzog die Lefzen, wahrscheinlich seine Art eines Grinsens.
Zu deinem Glück nicht, nein, gab er zu, bevor er hinzufügte:
Wobei ich dich schon gern vernaschen würde.
Verdutzt blinzelte Aramis. Dann kniff er leicht die Augen zusammen und beäugte den Wolf vor sich mit gerunzelter Stirn, während er sich fragte, was der damit meinte. Wären sie nicht Hexer und Werwolf, hätte Aramis darauf gewettet, dass er ihn gerade anmachte. Aber so musste er in Betracht ziehen, dass der Werwolf das ernst gemeint hatte…
Nachdem Aramis schließlich immer noch nichts gesagt hatte, hörte er ein abfälliges Schnauben in seinem Kopf.
Guck mich nicht so an. Ich werde dich schon nicht aufessen. Ob du's glaubst oder nicht, wir essen weder Menschen noch Hexer, sondern das, was jeder Wolf isst. Wir beißen euch auch nicht aus Spaß, außer ihr bedroht uns. Du brauchst also keine Angst haben, ich werde dir nichts tun.
Okay, das war neu für Aramis. In all den Geschichten, die ihnen erzählt wurden, waren Werwölfe blutrünstige Monster, die aus Spaß mordeten und sich nicht zierten, Menschenfleisch zu fressen. War das alles gelogen? Und wenn ja, was für Lügen wurde ihnen dann noch aufgetischt? Noch bevor Aramis diese Frage stellen konnte, sprach Grey weiter.
Andererseits...wenn du mich darum bittest, habe ich nichts dagegen, dich zu beißen.
Wieder blinzelte Aramis, doch diesmal fragte er sich nicht, wie Grey das eben Gesagte meinte. Der anzügliche Ton und dieses Funkeln in den grauen Augen sagten ihm genug. Dennoch irritierte es ihn, dass der Werwolf so offenkundig mit ihm flirtete. Und noch mehr, dass bei seinen Worten Aramis unerklärlicherweise ganz warm wurde.
Er versuchte es zu ignorieren und räusperte sich schließlich unbeholfen, nicht wissend, wie er darauf reagieren sollte. Er hatte in seinem Leben zwar schon geflirtet, aber noch nie mit einem Werwolf. Und angemacht wurde er auch noch nie von einem.
Also wollte er das Thema wechseln, indem er Grey fragte, ob er ihn nun zu Xenia bringen konnte, aber gerade als er den Mund öffnete, verwandelte sich Grey vor ihm.
Verdutzt beobachtete Aramis, wie sich aus Vorder- und Hinterbeinen plötzlich schlanke, sehnige Arme und Beine formten, wie die Schnauze zurückging und sich zu einem hübschen Gesicht mit gerader Nase wandelte, aus dem ihn dieselben grauen Augen anblitzten. Grey hatte kurzes blondes Haar, das in alle Richtungen stand sowie einen Drei-Tage-Bart. Er überragte Aramis minimal um vielleicht ein zwei Zentimeter und war, gelinde ausgedrückt, ziemlich heiß.
Aramis schluckte und unterdrückte den plötzlichen Drang, in Greys Haar zu fassen, um zu sehen, wie es sich anfühlte. Genauso sehr unterdrückte er die absurde Enttäuschung, dass Grey in voller Kleidungsmontur vor ihm stand. Das graue Shirt betonte seine Augenfarbe und passte gut zu der verwaschenen Jeans. Rational gesehen sollte Aramis eher Erleichterung verspüren anstatt enttäuscht zu sein, weil es doch ein wenig peinlich gewesen wäre, wenn Grey nackt vor ihm gestanden hätte.
Aber seine Gefühle in Bezug auf Grey waren alles andere als rational.
"Das ging aber schnell", meinte Aramis schließlich, um die Stille zu füllen und nicht weiter wie ein glotzender Fisch da zu stehen.
Grey grinste und verdammt, er hatte ein hübsches Grübchen in der rechten Wange.
Aramis hatte eine Schwäche für Grübchen.
"Übung macht den Meister", antwortete Grey zwinkernd.
Ihn nun als Menschen vor sich zu haben und seine Stimme nicht mehr in seinem Kopf zu hören, war recht verwirrend, sodass Aramis erst ein paar Momente brauchte, um sich daran zu gewöhnen.
Währenddessen trat Grey noch näher an Aramis heran, bis nur noch wenige Zentimeter die beiden trennten. Vielleicht hätte Aramis zurücktreten sollen. Stattdessen blieb er stehen, hielt sogar unbewusst den Atem an und wartete ab, was Grey tun würde.
Er wusste nicht, was er erwartet, was er sich vielleicht insgeheim erhofft, hatte, aber bestimmt nicht die folgenden Worte.
Ihn intensiv anblickend meinte Grey warnend:
"Wenn ich dich zu Xenia bringe, musst du mir versprechen, niemanden umzubringen."
Aramis blinzelte.
"Aber ich hab doch schon bewiesen, dass ich nicht darauf aus bin, jemanden umzubringen, indem ich dich verschont habe."
Das brachte Grey dazu, verschmitzt zu grinsen.
"Das ist was anderes. Mich hast du zu faszinierend gefunden, um mich umzubringen."
Zwinkernd fügte er hinzu:
"Und keine Sorge, das beruht auf Gegenseitigkeit."
Wieder blinzelte Aramis, kam einfach nicht damit zurecht, von einem Werwolf angeflirtet zu werden. Normalerweise waren sie Feinde. Wieso tat er das? Und da Aramis nichts von Unehrlichkeit oder Lange-um-den-heißen-Brei-Herumredens hielt, beschloss er, einfach zu fragen:
"Warum machst du das?"
Grey zog fragend eine Augenbraue hoch.
"Was meinst du?"
"Das hier."
Zur Verdeutlichung zeigte Aramis zwischen ihnen beiden hin und her.
"Das Flirten. Du bist ein Werwolf, ich ein Hexer. Ich hab viele deiner Art umgebracht. Trotzdem flirtest du mit mir. Ich verstehe das nicht."
Grey zuckte nonchalant mit den Schultern, als würde es ihn nicht kümmern, dass Aramis viele seiner Art getötet hatte. Dabei musste es ihn doch kümmern.
"Ganz einfach. Du bist heiß, besitzt offensichtlich Mut, liebst deine Schwester enorm...irgendwie finde ich dich anziehend. Dagegen kann ich nichts machen, also wirst du wohl damit leben müssen, von mir angeflirtet zu werden."
Seine gerade noch so gleichgültige und lockere Miene veränderte sich plötzlich wieder zu einem anzüglichen Grinsen, als er sich nahe zu Aramis vorbeugte und verheißungsvoll flüsterte:
"Wenn du aber beschließt, über diese Hexer-Werwolf-Sache drüber hinwegzukommen und mein Flirten erwiderst…dann wirst du auch damit leben müssen, dass ich Schritt zwei angehe."
Und damit drehte er sich einfach um und ging davon. Einfach so. Im ersten Moment konnte Aramis ihm nur blinzelnd hinterher starren. Dann löste er sich aus seiner Trance und folgte ihm. Schließlich wollte er zu seiner Schwester. Zumindest redete er sich ein, dass er ihm nur deshalb folgte.
Sie waren nicht einmal eine ganze Minute gelaufen, da fragte Aramis vorsichtig:
"Was ist denn Schritt zwei?"
Über die Schulter warf Grey ihm ein spitzbübisches Grinsen zu.
"Das ist eine Überraschung. Kann sie dir also nicht verraten, sondern nur zeigen, wenn es soweit ist."
Wieder wandte er sich um und ging weiter und Aramis folgte ihm, versuchte, Ordnung in seine wirren Gedanken zu bringen.
Dieser Typ verwirrte ihn. Und doch...irgendetwas an ihm, sei es sein verschmitztes Grinsen, diese grauen funkelnden Augen, seine ganze Art….irgendetwas davon zog Aramis an. Und ließ ihn tatsächlich darüber nachdenken, auf Greys Flirtversuche einzusteigen.
Verwirrt schüttelte er den Kopf. Was dachte er da nur? Zwar wollte er den Werwölfen nichts Böses mehr, aber das bedeutete nicht, dass er gleich mit dem Erstbesten etwas anfangen musste. Außerdem kannte er ihn ja nicht einmal wirklich, kannte nicht Mal seinen Namen. Grey würde er ja wohl kaum heißen. Auch wenn der Name passte. Schließlich fragte Aramis, während er aufpasste, sich auf dem unebenen Boden nichts zu verstauchen, während Grey mit einer Leichtigkeit dahin schritt, dass er nur zu beneiden war:
"Wie heißt du eigentlich?"
"Ryan", kam sofort die Antwort, ohne dass sich Grey - nein, Ryan, umdrehte.
Ryan.
Im Geiste ließ sich Aramis den Namen auf der Zunge zergehen. Stumm probierte er ihn auch in Wirklichkeit aus und ja...der Name gefiel ihm. Er passte zu ihm.
Wieder schüttelte er den Kopf über sich selbst und sah auf. Und blickte geradewegs zu Ryan, der nur wenige Meter vor ihm angehalten hatte und ihn mit einem seltsamen Blick beobachtete. Als Aramis seinen Blick kreuzte, grinste er ihn nur wieder an und drehte sich um, ohne ein Wort zu sagen.
Mit verwirrt zusammengezogenen Augenbrauen folgte Aramis ihm. Dieser Typ verhielt sich merkwürdig. Andererseits...er selbst tat das ja auch. Also konnte er den anderen deshalb ja wohl kaum verurteilen.
Aber er musste sich endlich Mal zusammenreißen, was auch immer mit ihm los war.
Er konnte sich keine Ablenkung leisten, dafür stand einfach zu viel auf dem Spiel. Und gleich musste er sich auf Xenia konzentrieren und nicht auf einen merkwürdigen, aber hotten jungen Mann. Wie ihm das allerdings gelingen sollte, wo seine Gedanken sich wie Kletten an diesen sexy Typen festzuhaken schienen...darüber war er sich noch nicht im Klaren.
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Vielleicht ist es dafür noch zu früh, aber ich muss das jetzt einfach fragen, weil es bei mir einfach nicht mehr normal ist und ich wissen will, ob ich die einzige bin:
Shippt ihr die beiden auch so sehr oder bin das nur ich?😂
Weil Mann, iwi liebe ich die beiden voll😍
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