7. Blutpakt
Yunho kam nicht viel später an, nachdem Hongjoong Seonghwa wieder auf die Brücke und in einen der beiden bequemen Stühle geholfen hatte. Der Mann lehnte sich kraftlos zurück, schaffte es allerdings die Augen offen zu halten und Hongjoong aufmerksam zu beobachten, während der seinen Freund empfing.
Der große Doktor war ein Bleuwy und maß ungefähr einen Meter mehr als Hongjoong, türmte hoffnungslos über ihm. Er hatte das Beamsystem benutzt, materialisierte sich nach einer kleinen Vorwarnung der Sunrise in der Mitte ihrer Empore. Die arme Aurora erschreckte sich dennoch so sehr, dass sie von Hongjoongs Schulter in seine Arme taumelte.
Seonghwa beobachtete den Mann misstrauisch, schien sich allerdings wieder zu entspannen, als Hongjoong aufgeregt auf ihn zu sprang. Yunhos Lachen boomte voll und glücklich durch den Raum und er hielt Hongjoong eng an seinen blauen Körper gepresst. Sie tauschten für Moment einen Höflichkeiten.
Seine Haare waren kürzer als das letzte Mal, dass sie sich gesehen hatten und zu Hongjoongs größter Belustigung ebenfalls blau, fielen damit allerdings kaum auf.
"Ich bin froh, dich zu sehen! Sieh dich um! Ich habe ein Schiff, ich habe es geschaft, Yunho!", begrüßte Hongjoong ihn überschwänglich, versuchte den anderen gar nicht mehr loszulassen.
Yunho ließ es zu, dass er ihm am Körper klebte, den Kopf gerade so auf seiner Brust abgelegt und seine Arme reichten nicht gänzlich um Yunhos riesige Gestalt herum.
"Das hast du! Wie hast du das denn gemacht? Woher?"
Hongjoong ließ ihn endlich los, um hektisch auf Seonghwa hin zu gestikulieren. Yunho hob die gespaltenen, gelben Augen zu ihm, musterte skeptisch seine eingefallene Gestalt.
"Er ist..."
"Ein Nachtwandler." Hongjoong war sich relativ sicher.
Mit einem souveränen Nicken griff Yunho in seine Tasche, förderte ein kleines Übersetzungsgerät zu Tage, bevor er mit defensiv gehobenen Händen näher zu Seonghwa schritt. Der blieb absolut still, ließ es reglos zu, dass Yunho sich neben ihm zu Boden setzte.
Hongjoong folgte nervös, ließ sich auf dem zweiten Stuhl nieder und begann mit seinen Händen zu spielen.
"Kann er sprechen? Nein, oder?"
Hongjoong schüttelte den Kopf, beobachtete dann, wie Yunho zuerst Seonghwas Adern, dann nach einem stummen Einverständnis auch seine Augen untersuchte. Die blauen Muskelstränge unter seinem weißen Oberteil bewegten sich auf eine hypnotische Weise, zogen auch Aurora wieder an, die nervös in Hongjoongs Schoß Platz fand.
"Erzähl mir seine Geschichte."
Yunho lehnte sich etwas zurück, sah gemütlich zwischen Hongjoong und Seonghwa hin und her, während Hongjoong begann zu sprechen, die Geschehnisse im kleinsten Detail wiedergab. Er erzählte ihm alles, angefangen bei seinem Einbruch ins Schiff und bis zu dem Füttern am Morgen. Seonghwa schien der Teil der Geschichte, in dem er noch nicht beim Bewusstsein gewesen war schwer zu fallen, denn er senkte verbissen den Kopf, als Hongjoong davon berichtete von ihm angefallen zu werden.
Yunho wirkte wenig überzeugt von Hongjoongs Zutrauen in den Mann, musste ihm dann allerdings Recht geben, dass Seonghwa viel zu schwach war, um irgendwas auszurichten. Er dachte nochmal über seinen Zustand nach, errechnete seine Werte im Kopf.
"Das Schiff hatte auf jeden Fall Recht in dem, was es dir ausgerechnet hat. Du solltest bald wieder auf den Beinen sein." Er grinste Seonghwa aufmunternd an und der nickte schwach. Das Lächeln auf Yunhos Gesicht wirkte gepeinigt.
"Hongjoong, kommst du kurz?"
Leicht verwirrt, aber guter Geister erhob sich Hongjoong, um dem Bleuwy zu folgen. Aurora blieb zurück, um auf Seonghwa aufzupassen, während Yunho sich durch die Tür nach draußen quetschte. Hongjoong gesellte sich zu ihm in den Gang und ließ die Tür hinter sich zu gleiten.
Yunho setzte sich zwar hin, um mit Hongjoong auf einer Ebene zu sein, aber sein Vorwurf wurde dadurch nicht harmloser.
"Hongjoong, was denkst du dir dabei?! Ein wildfremder Nachtwandler? Er könnte kriminell sein! Ihn in einer Höhle zu finden, halb tot, spricht kaum für seine Freundlichkeit!"
Hongjoong hatte den Anstand verlegen den Kopf einzuziehen, noch etwas mehr in seine im Vergleich ohnehin winzige Gestalt zusammenzuschrumpfen.
Yunho war ein absolut netter Kerl, der beste Freund, den man sich wünschen konnte, aber zu Hongjoongs Glück und auch Unglück, war er auch ein intelligentes Lebewesen mit einem Doktor in der Fremdforschung.
"Er war allein... und hatte ein Schiff! Er hätte mir ohnehin nichts tun können... Ich konnte ihn nicht zurücklassen und er ist mir definitiv nicht böse gesinnt! Du hast gesehen wie gelassen er die Sache hinnimmt.", wehrte Hongjoong sich leise, bereute es in der Tat nicht bei Seonghwa auf seinen Instinkt vertraut zu haben. Sicher, der Mann würde ihm sein Leben lang Albträume bescheren, aber er hatte ihn doch immerhin auch stillschweigend in seinem Schiff akzeptiert!
"Hongjoong, ich weiß, was deine Instinkte dir sagen. Dass du wieder dabei bist die Sonderfälle zusammen zu suchen. Genauer gesagt wird deine gesamte Gruppe vermutlich aus Sonderfällen bestehen von denen mindestens die Hälfte versuchen wird dich zu ermorden, aber-" Yunho fuhr sich gestresst durch die Haare, Hongjoong starrte auf seinen scharrenden Schuh.
Ein tiefe Seufzen des Bleuwy ließ die Stimmung wieder etwas leichter werden.
"Hör auf zu schmollen... Du weißt das kann ich nicht ertragen." Er klang schon wieder wesentlich sanfter, wie eine resignierte Mutter.
Hongjoong sah von unter seinen Wimpern zu dem anderen auf, spielte betreten mit seinen Fingern vor seiner Brust.
"Ich mag ihn... Er hat niemanden im Blutrausch ermodert und er scheint ein respektabler Mann zu sein. Ich würde ihn mitnehmen, wenn er denn will."
In der Tat hatte Hongjoong lange darüber nachgedacht. Nachts, wenn er den schwachen Nachtwandler vorne auf der Brücke gelassen hatte, die Tür zu seiner gewählten Kajüte eng verschlossen. Es war dann, als er mit brennenden Augen in der Dunkelheit lag, Aurora auf seinem Kissen tief schlummernd und Hongjoong mit der einzigen Sorge wie einsam der Nachtwandler in diesen Momenten sein musste.
Wie verloren und verlassen er sich möglicherweise schon zuvor gefühlt hatte. Wie sein Zustand zu schlimm war, dass er es noch hätte ändern können, selbst wenn er gewollt hätte.
Nein, Hongjoong war sich in seinem Herzen sehr sicher, dass Park Seonghwa eine Chance verdiente. Die intelligenten Augen und die Sanftheit, mit der er Hongjoong seit er wieder wach war, behandelt hatte, waren genug Gründe für ihn.
Davon abgesehen war es wenn, dann eher Seonghwa, der ihn fortschickte, nicht umgekehrt.
Er teilte das auch Yunho mit und der konnte nur amüsiert grinsen.
"Du schaffst es immer, dir einen Weg in die Herzen anderer Leute zu wurmen. Lass dich davon nicht abhalten."
"Nein wirklich... Solange er nichts gegen mich hat, will ich es absolut versuchen. Wer weiß, wir könnten das beste Team werden! Ich werde eine Weile bleiben, ihn gesund bekommen und dann vernüftig mit ihm reden, dann weiß ich mehr." Hongjoong lächelte aufmunternd, hörte endlich auf zu schmollen, um Yunho strahlend entgegenzusehen.
Der Bleuwy fuhr zuneigungsvoll durch das schwarze Haar des Menschen, konnte sich ein wohwollendes Gurren nicht verkneifen.
"Ich finde es großartig, dass du dir solche Mühe um ihn gibst. Wenn sich mir auch der Verdacht aufdrängt, dass das damit zu tun haben könnte, wie du ihn bereits zwischen deinen Beinen hattest."
Hongjoong verschluckte sich an bloßer Luft, musste sich hustend an einer Wand abfangen, um seine Balance zu halten. Sein Gesicht glühte heißer als jede Sonne, hatte vermutlich die hübsche Schattierung einer reifen Tomate angenommen.
Yunhos Lachen schallte laut durch die Gänge.
Während Hongjoong noch um Luft rang und dabei panisch mit den Händen wedelte, tätschelte Yunho nur tröstend seine Schulter, dann machte er sich ungerührt wieder auf den Weg zur Brücke.
"Ich meine" Er sprach über seine Schulter hinweg, ohne sich umzudrehen. "er ist nicht die schlechteste Wahl. Wenn er erstmal wieder gesund ist..." Yunho ließ den Satz unbeendet und ging nur wieder hinaus. Hongjoong blieb zurück, um ihm schockiert nachzustarren, die Augen weit.
Himmel, der Anblick von Seonghwa unter diesem Tisch hätte direkt aus einem Horrorfilm kommen können, nichts daran war sexy! Der Nachtwandler war verletzt und schwach und nicht zu vergessen sehr wohl noch ein Fremder. Vollkommen ausgeschlossen!
Leicht empört und in seiner Ehre gekränkt folgte er verspätet Yunho, fand ihn, wie er neben Seonghwa kniete und weich per Übersetzer auf ihn einsprach. Er grinste Hongjoong dämlich zu, als der sich näherte.
Hongjoong ignorierte ihn kühl.
"Ich habe gerade einen Pakt mit ihm abgeklärt."
Nun horchte Hongjoong doch auf, sah interessiert zwischen den beiden Männern umher.
"Seonghwa ist besonders in nächster Zeit auf dein Blut angewiesen, aber auch danach. Er hat sich einverstanden dazu erklärt darüber nachzudenken dir sein Schiff zu überlassen, wenn er dich im Gegenzug als Hauptnahrungsquelle benutzen kann." Yunho verharrte angespannt, wartete auf eine Reaktion.
Sich jemand anderem buchstäblich als Nahrungsmittel zu versprechen war selten eine gute Idee und sie sollte wohl durchdacht werden.
Hongjoong brauchte einen Moment, bis jedes Wort sich in seinem Gehirn registriert hatte, dann schlug seine Kinnlade schier ein Loch in den Boden.
"Warte, wirklich?! Wirklich?!!" Dieses Mal fragte er nur zu Seonghwa hin und der nickte aufmerksam, nahm die Augen nicht von ihm.
Hongjoong wäre ihm vermutlich in die Arme gesprungen, wenn Seonghwa nicht unter seinem Gewicht zusammengebrochen wäre.
Denn das bedeutete, er hatte es tatsächlich geschafft! Er hatte ein Schiff, ein erstes offizielles Crewmitglied und einen festen Posten bei beidem!
Yunho lachte wieder, als er Hongjoongs Gesicht sah und auch um Seonghwas Lippen spielte endlich wieder ein kleines Lächeln.
"Er denkt darüber nach, aber ihr solltet das genauer klären, sobald er wieder sprechen kann. Nach der nächsten Fütterung vermutlich." Das Lächeln des Bleuwy wurde sanfter.
Hongjoong hingegen sah endlich eine Zukunft vor sich.
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