6. Erwachen
Hongjoong blieb etwas Zeit sich mit seinem neuen Gefährten vertraut zu machen, während sie flogen, friedlich eine Atmosphäre durchkreuzten, die mit den Jahren nur immer mehr erweitert wurde. Inzwischen reichte sie bis über den Mars hinweg und zahllose Inseln hatten auf dem neu bewohnbaren Asteroidengestein und einem (ebenfalls gesprengten, aber das war Absicht) Mars Platz gefunden.
Bis zu ihrem Mond flog man etwa 15 Tage, langsamer mit einem der alten Schiffe. Hongjoong würde bis zur Universitätsinsel vielleicht fünf Tage brauchen.
Es waren eigenartige fünf Tage.
Hongjoong machte sich mit dem Schiff vertraut, mit dem Layout und den vielen Funktionen. Er war absolut euphorisch ein Erste-Hilfe-Terminal zu finden und mit den Stunden, die er an Bord verbrachte, wünschte er sich immer weniger wieder zu gehen.
Aurora hatte sich ebenfalls eingefunden, bereits ihre bevorzugte Nische in einem der Regale auf der Brücke bezogen, direkt neben dem Heizsystem.
Park Seonghwa war still.
Und zwar unglaublich still. Er regte sich quasi nicht, war so leblos, dass Hogjoong einmal gedacht hatte er sei ihm tatsächlich noch gestorben. Nur als Hongjoong ihn zwei Tage später mit einer Dosis seines Blutes versorgte, kam etwas Leben in den Mann. Es war mehr der Instinkt, der es ihm befahl sich tatsächlich auch über Hongjoongs dargebotenes Handgelenk zu beugen, aber es war etwas.
Die Sunrise informierte Hongjoong wann es genug war und abermals entzog er sich mit sanfter Gewalt den suchenden Lippen des anderen, ging seine Verletzung versorgen.
Es war beinahe schon langweilig. Die Sunrise flog, er wartete, Aurora beobachtete den Nachtwandler. Ein Zyklus, der sich jeden Tag wiederholte und schnell an Charme verlor.
Am dritten Tag ihrer Reise ging Hongjoong den Laderaum aufräumen, machte sich vertraut mit der Ware, die sie transportierten. Er fand nur die üblichen Materialien für Leben und Schiff, weiterhin nichts, das irgendwie auf die Rolle von Park Seonghwa schließen ließ. Wie Hongjoong nach vielem neugierigen Wandern enttäuscht feststellen musste, gab es auch keine geheimen Kammern, in denen er Waffen geschmuggelt haben könnte.
Regelmäßig saß er nur gelangweilt in seinem Chefstuhl und drehte sich im Kreis, unterhielt sich mit Aurora und dem Schiff.
Die Sunrise selbst hatte keinerlei Information in ihren Datenbanken, wer Park Seonghwa tatsächlich sein könnte oder was seine Aufgabe war, bevor er gestrandet war. Es konnte nur bedeuten, dass die manuell gelöscht wurde, da das Schiff sonst alles gespeichert hätte. Es ergab schon Sinn. Der Kapitän konnte schließlich nicht wissen, wer das Schiff nach ihm fand.
Es war der Morgen, an dem sie die Insel erreichen sollten und Hongjoong vibrierte regelrecht vor Aufregung auf das, was ihn dort erwartete, wer ihn dort erwartete, dass er es um ein Haar vergaß Captain Park zu füttern.
"Kann ich dich begleiten? Oder soll ich das Schiff bewachen?", hatte Aurora sich unsicher bei ihm erkundigt und Hongjoong hatte lange überlegt, darüber nachgedacht wie sicher es wäre ein ungesichertes Schiff mitsamt hungrigem Nachtwandler allein zu lassen.
"Ich habe mir etwas anderes überlegt." Hongjoong kniete sich an Park Seonghwas Seite, stützte zuversichtlich den Kopf des anderen, als der träge die Augen auf schlug.
Er sah nach der zweiten Blutration schon wieder gesünder aus, Hongjoong konnte nicht mehr jede einzelne Ader an ihm zählen und das war gut so. Seine Haut wirkte weniger wie aus Papier.
"Komm her." Mit sanfter Gewalt bekam er den Nachtwandler dazu ihn zu beißen, knirschte kurz mit den Zähnen, als der Schmerz seinen Arm hinauf zuckte.
"Ich will meinen Freund anrufen und her bestellen. Er muss einen Blick auf unseren Captain hier werfen und ich fürchte es ist keine gute Idee ihn in ein Institut voller Leute zu bringen." Abwesend strich er durch das schwarze Haar vor sich, hielt es dem Blutsauger bestmöglich aus dem Gesicht, während dieser an seiner Haut arbeitete.
Er schien sanfter als sonst, die Zähne weniger unvorsichtig und die Lippen fast höflich an seiner Haut.
Aurora stimmte ihm zwitschernd zu.
"Eine gute Idee! Ist er nett? Wer ist er?"
Hongjoong musste leise lachen, dachte kurz darüber nach eine List auszuhecken und Aurora auf die falsche Fährte zu locken.
"Er ist ein Wissenschaftler und ein Freund aus meinen Unitagen. Er ist der netteste Kerl, den ich je getroffen habe und ich kenne einige nette Kerle.", sprach er dann jedoch die Wahrheit, hob den Blick zur Glasfront, als die Sunrise ihm seinen Signalton gab.
Aurora war begeistert und überschüttete ihn mit mehr Fragen, aber Hongjoong war konzentriert auf den Nachtwandler, auf die Art und Weise wie er von selbst losließ und seine bleichen Lippen versuchten Worte zu Formen.
Hongjoong griff zu dem Stoff an seiner Seite, besprühte kurz seine Wunde.
Die Augen des Nachtwandlers folgten der Bewegung, wach und aufmerksam.
Hongjoong stellte die Flasche danach wieder ab, um sich den Nachtwandler am Kinn zu greifen, die letzten Überbleibsel an Blut mit seinem Daumen von seinem Mundwinkel zu entfernen.
"Kannst du mich hören? Mich verstehen?"
Er suchte ernst den Blick des Anderen, sah in seinen schwarzen Seen von Augen sein eigenes besorgtes Selbst.
Park Seonghwas Lippen formten wieder Worte, aber sie waren zu leise, um sie zu verstehen. Hongjoong ließ sich unzufrieden auf seine Fersen wippen.
"Sunrise, warum kann er nicht sprechen? Ich müsste ihn verstehen können." Hongjoong tastete nervös nach dem Piercing an seiner Ohrhelix, einer von vielen in der Optik, aber der eine wichtige für ihn.
"Seine Stimmbänder sind derzeit keine Worte gewohnt. Ich bezweifle außerdem, dass Sie seine Sprache sprechen. Oder er die Ihre."
Darüber machte Hongjoong sich keine Gedanken. Er machte sich um die Stimmbänder des Nachtwandlers Gedanken.
"In Ordnung. Sunrise, ruf beim Insitut für Rassen- und Fremdforschung auf der Insel an. Ich brauche Doktor Jeong Yunho. Sag ihm, dass Kim Hongjoong nach ihm schickt und er uns aufsuchen soll."
Damit wandte er sich wieder dem Kapitän zu, bemerkte auch Aurora, die mitfühlend angetribbelt gekommen war und unsicher um die Füße des Mannes herum schlich.
"Du kannst mich verstehen, ja?"
Park Seonghwa nickte mit großen Augen, wie als könnte er es selbst nicht glauben und Hongjoong musste einfach lächeln, bemerkte dabei, wie sich die dunklen Augenbrauen des anderen etwas zusammenzogen.
"Gut. Ich werde dich losbinden, in Ordnung? Fühlst du dich dazu im Stande dich hier frei zu bewegen und umher zu gehen? Fühlst du dich sicher?" Er musste fragen, um sich und ihn nicht zu gefährden.
Wieder ein Nicken und Hongjoongs Lächeln wurde breiter, dann begann er gelassen die Seile um den Körper des Mannes zu lösen. Er vertraute ihm und sollte er sich geirrt haben, so war Hongjoong noch immer der Stärkere von beiden.
"Der Freund, den ich eingeladen habe, kann einen Blick auf dich werfen. Er weiß alles über Nachtwandler und so. Du musst dich nicht vor ihm fürchten. Ich weiß auch, du bist nicht in der Lage richtig zu kommunizieren und mir deinen Willen mitzuteilen, aber du kannst das natürlich über das Schiff machen. Ich habe dich nicht blockiert oder ähnliches." Hongjoong redete und redete und der Nachtwandler verfolgte jedes Wort mit, die Augen angestrengt auf Hongjoongs Gesicht, während der die Seile fokussierte.
"So. Hast du irgendwo Schmerzen?" Mit einem Stich von Reue rieb er über die geröteten Handgelenke des Mannes, hatte ihn in seiner Panik mehr verschnürt, als nötig gewesen wäre.
Park Seonghwa schüttelte behutsam den Kopf, entzog sich aus Hongjoongs Griff. Er sah sich hilfesuchend nach dem Geländer hinter sich um und ergriff es schließlich, versuchte sich daran auf die Füße zu ziehen.
Hongjoong war sofort an seiner Seite, stützte ihn am Ellenbogen.
"Soll ich dir den Stuhl holen? Oder falls du dich etwas hinlegen möchtest, kann ich dich ins Bett bringen! Du hast die letzten Tage nicht am angenehmsten Fleck gesessen.", bot er sich sofort wieder an, voll in seiner Rolle den Nachtwandler zu unterstützen, wo es ging.
Seine schwarzen Augen waren wieder so eigenartig sanft, als er sie auf Hongjoong richtete, dann von ihm zur Tür nach draußen sah.
"Also Bett? Sicher, ruh dich aus, bis Yunho hier ist! Es ist nur fair." Gerade wollte er ansetzen den Nachtwandler mit sich zu ziehen, als der ihn schwach zurück hielt, sein Körper schien so schwach und gebrechlich unter Hongjoongs Händen und das obwohl er ein gutes Stück größer war.
Hongjoong sah verwirrt zwischen seinen Augen umher.
"Nicht? Lieber... Uh..." Was könnte er sonst gebrauchen?
Der Kapitän half ihm aus, indem er langsam eine Hand hob, sich nur wackelig von Hongjoong stützen ließ, um sie in sein Haar zu legen, danach Hongjoongs eigene Locken zu berühren.
Hinter Hongjoongs Stirn drehten sich die Zahnräder.
"Oh! Badezimmer! Du willst duschen?"
Daraufhin geisterte etwas, das als Lächeln zu verstehen war über das Gesicht des anderen und er nickte ernst, nahm die Hand wieder zu sich.
"Alles klar, kriegen wir hin! Aurora, du passt auf das Schiff auf, ja? Wir sind im Bad."
Er war unendlich geduldig, gab dem anderen genaue Anweisungen über die Stufen und Ecken im Schiff, geleitete ihn sicher ins Badezimmer.
Seonghwa wurde auf den Boden gesetzt, während Hongjoong im Bad umher wuselte und Dinge zusammensuchte, kritisch versuchte einzuschätzen wie klein seine Klamotten an Seonghwa wären und ob es nicht schneller ging dessen Klamotten zu reinigen.
Seonghwa beobachtete ihn müde in seinem Wuseln, schien endlich erholt genug, dass sein Körper auch wieder ans Schlafen dachte, aber vorerst musste er sich durch den komplizierten Prozess kämpfen sich seiner Klamotten zu entledigen.
Hongjoong packte diese in die Reinigung, Seonghwa auf den Boden des Duschsystems, entschied sich mit Einverständnis für die schnelle Version, die den Körper binnen Sekundne von allem Schmutz befreite, dafür ziemlich schutzlos zurückließ.
Hongjoong war dabei Seonghwas Haar zu kämmen und in irgendeine Form der Frisur zu bändigen, als Seonghwa sich plötzlich unvermittelt zu ihm umwandte, eine schwächliche Hand nach Hongjoongs Kragen ausstreckte. Der Kleinere von beiden wurde überrascht herab gezogen und Seonghwa sah von seinem Hals zu ihm, in seinen Augen eine Frage.
Sein erster Reflex wäre es gewesen dem Mann Erlaubnis zu geben, aber nicht bevor Yunho sich das genauer angesehen und eine Diagnose gesetzt hatte.
Vorsichtig schob er also Seonghwas Hand von sich und schüttelte den Kopf.
"Nicht jetzt."
Seonghwa verstand.
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