20. Geständnisse
Hongjoong hatte nicht viel von Seonghwa und Taemins Gespräch mitbekommen. Taemin hatte in paar Dinge gefragt, auf die hin Seonghwa zu Hongjoong gesehen hatte und den Kopf schüttelte. Dann einige weichere Dinge, die den Nachtwandler verlegen auf seine Schuhe hatten sehen lassen. Seonghwa hatte ebenfalls geredet, angespannt eine Geschichte erzählt, die Schultern zitternd in Wut und Trauer, während Taemin ernst gelauscht hatte.
Hongjoong war vermutlich auf der Bank eingeschlafen, denn er erwachte, als Seonghwa ihn vom Diwan hoch und behutsam in seine Arme lud. Taemin brachte sie nach Hause - er konnte einfach teleportieren, wie cool war das denn? - und Seonghwa legte Hongjoong in sein Bett, verließ den Raum dann wieder mit dem Úi.
Hongjoong lag eine Weile wach, rästelte über die Beziehung der beiden Männer zueinander und über Seonghwas Geschichte, wenn er auch wusste er sollte die Finger davon lassen. Es war Seonghwas Entscheidung zu reden oder nicht.
Er fiel irgendwann in einen erschöpften Schlaf, der Kopf verstrickt um seine Möglichkeiten San zu retten.
-
"Ich mach es."
Kollektiv wandten sie ihre Köpfe konfus zu Wooyoung und Seonghwas Augen wurden weit, als Hongjoong sanft übersetzte.
"Nein."
"Es war meine Entscheidung ihn dabei haben zu wollen und ich weiß am besten, was er durchmacht! Ich will ja nicht gemein sein, aber so großartig Hongjoong auch anführen kann, er hat keine Ahnung von diesen Dingen!"
Yeosang sah unruhig aus. Er wollte Wooyoung nicht allein in die Höhle des Löwen schicken, Himmel, niemand wollte das!
"Du hast nur eine Chance, das weißt du, ja? Die Wünsche werden überwacht und gefiltert, ich bin mir sicher genug wird er einfach nicht hören, weil sie sein Kommunikationsgerät umprogrammiert haben.", warnte Seonghwa finster und Wooyoung verschränkte ernst die Arme. Seine Augen brannten in einem Feuer, das man von ihm nicht gewohnt war, waren wie schwarze Flammen in seinem Gesicht.
"Ich schaffe das. Und ansonsten rennt niemand besser als ich."
"Ich komme mit dir."
Wooyoung und Yeosang tauschten einen langen Blick, kommunizierten auf ihrem Weg und schließlich seufzte Wooyoung schwerfällig.
Woran Yeosang wohl gedacht hatte?
Hongjoong lehnte sich schwerfällig in seinem Stuhl zurück, spielte nachdenklich mit dem Metall in seinem Mund.
"Wooyoung hat vermutlich das am wenigsten verdächtige Verhalten. Sei gewarnt, wenn das schief geht, ramme ich unser Schiff ins Gebäude und hole dich da raus. Dann ist Seonghwa wütend."
"Seonghwa ist auch so wütend.", murmelte der betroffene Nachtwandler grimmig und Wooyoung schmollte ihn bloß an, als er keine Übersetzung dafür brauchte.
"Mich rührt deine Sorge, Cap, aber ich versichere dir, ich kriege das hin. Yeo und ich hatten unser ganzes Leben lang mit dieser Art von schrägen Gestalten zu tun. Wir sind ein eingespieltes Team." Er klang absolut selbstsicher und es reichte Hongjoong. Zumindest Yeosang wusste auf Wooyoung aufzupassen.
Er hatte schon recht. Hongjoong kannte sich in diesem Feld nicht aus, und Seonghwa war noch zu sehr Soldat für diese Dinge.
"Dann braucht er eine Tarnung. Kannst du ihn aussehen lassen wie irgendeinen widerlichen Mistkerl?", fragte Hongjoong grübelnd zu Seonghwa hin, versuchte noch darauf zu kommen, welche Spezies sich dafür gut eignen könnte.
Yeosang erhob sich um Tee zu machen und Seonghwa starrte blicklos Wooyoung an.
Es war definitiv keine Absicht, sein Gesicht zu leer, um ein Bewusstsein zu zeigen, aber der eine Moment reichte.
Er sah für einen Wimpernschlag, kaum ein kurzes Aufblitzen, zwei Seonghwas am Tisch sitzen.
Hongjoongs Hüfte krachte schmerzhaft an den Tisch, als er aufsprang, der projezierte Stuhl unter ihm automatisch verschwand.
Sämtliche Leute wandten ihm konfus den Kopf zu, gefroren sichtlich beim Anblick seiner wütenden Augen und dem angespannten Kiefer.
"Du. Zu mir." Unwirsch stapfte er um den Tisch herum und packte sich den verdatterten Nachtwandler beim Kragen. Wooyoung hätte ihnen sicherlich zugepfiffen, wenn die Lage nicht so ernst wäre und so stolperte nur Seonghwa überwältigt hinter Hongjoong aus dem Raum.
Hongjoong wusste nicht, wohin mit sich. Sein Inneres war ein wilder Mix aus Sorge um Wooyoung, Notfallplänen und Wut auf Seonghwa. Oder war es überhaupt Wut? Konnte ebenso Trauer oder Sorge sein.
So sehr Hongjoong auch nicht wusste, wohin mit sich, er wusste wohin mit Seonghwa.
Er marschierte unwirsch in sein Zimmer und knallte unsanft die Tür hinter ihnen zu, bemerkte durch den Schleier seiner Emotionen den dumpf pochenden Schmerz in seiner Hüfte und es spornte ihn nur weiter an.
Grob landete Seonghwas Rücken an der Tür, Hongjoong der Länge nach an ihn gepresst.
Es war die Art, mit der Seonghwa ihn starrte. Absolut so, als hätte er nur damit gerechnet, als hätte er es verdient. Hongjoong brannte schier die Sicherung durch, seine Knöchel weiß, wo er Seonghwas Kragen gepackt hatte.
"Seonghwa!"
Keine Antwort.
Hongjoong biss die Zähne hart genug zusammen, dass es wehtat, zwang sich den anderen Mann nicht mit einem Schlag aufzuwecken. Wie das hier aussah, war das genau die falsche Idee.
Stattdessen riss er also unkontrolliert die Hände von Seonghwas Hemd, brachte sie unwirsch wieder an seine Seiten herab. Seine Brust streifte die von Seonghwa, wann auch immer er einen schweren Atemzug nahm und die Hitze brachte ihn so sehr durcheinander, machte Seonghwas kalte Indifferenz so viel schlimmer.
"Ich weiß nicht, wer dich hierzu gemacht hat, aber du hörst besser ganz schnell auf so zu denken, sonst kriegen wir ernsthafte Probleme miteinander.", knirschte Hongjoong mühsam beherrscht heraus und Seonghwa seufzte bloß leise. Er fand Hongjoongs Augen, aber er sah ihn nicht an, der Blick leer.
"Du bist noch nicht darauf gekommen? Wie oft habe ich dich gefragt, Hongjoong, wie lange warte ich schon darauf, dass du endlich verstehst? Ich bin nicht der arme, gestrandete Nachtwandler, für den du mich hältst!"
Hongjoong warf frustiert die Hände in die Luft.
"Das schon wieder? Ich weiß es, Seonghwa! Ich weiß alles! Jedes kleine, dumme Detail!"
Seonghwa sah so aus, als hätte er ihn doch noch ins Gesicht geschlagen. Für einen Moment wirkte er noch bleicher aus als sonst, die Augen weit in nacktem Horror.
"Du- Du weißt es?"
Hongjoong nickte bloß, heiße Tränen der Wut und des Schmerzes in seinen Augen und er versuchte zornig sie hinfort zu blinzeln.
"Ich hatte meine Vermutungen bei deinem Namen, dann aber aufgehört darüber nachzudenken, weil Namen doppeln sich, nicht? Auch in der Armee." Hongjoong sprach schwach, senkte nun seinerseits die Augen auf die reglose Brust des anderen.
"Es wurde mir klarer, nachdem ich keine Einträge im Schiff über dich fand. Jedes Schiff hat Daten über seinen Kapitän. Es war zu offensichtlich, dass du sie da nicht haben wolltest, nicht sehen und verbannen."
Seonghwa hob an zu sprechen und Hongjoong hob warnend eine Hand, deutete ihm zu schweigen.
"Jedes kleine Detail, das dazu kam, ergab mehr Sinn. Dass du dich nicht sehen wolltest, dass du das Soldatensein so von dir geschoben hast, dass du verzweifelt helfen willst, dass du ständig fürchtest ich lasse dich zurück. Gestern war es klar. Nach E27."
Dieses Mal war es Seonghwa, der ihn ungehalten packte und an die Tür stieß. Deutlich sanfter zwar als Hongjoong es bei ihm getan hatte, aber die Warnung stand. Seine Augen waren weit in Panik und Unglauben.
"Du wusstest es?! Hast es die ganze Zeit geahnt?! Hongjoong, was tust du hier?! Wie suizidial kann ein einzelner Mann sein? Du bist ein schwacher Mensch, hör auf zu denken, dass du stärker als der Rest wärest."
Wütender Seonghwa wäre gruselig gewesen, wenn Hongjoong nicht so schrecklich Mitleid mit ihm hätte. Wenn es sein Herz nicht so zerreißen würde, den Mann so sprechen zu hören.
"Große Worte von dir, huh?! Ich habe versprochen dich am Leben zu halten und das steht auch jetzt noch! Ich habe dir gesagt, dass es egal ist, wer du bist!"
"Wie kannst du das sagen, wenn du es genau weißt?! Wo sind Abscheu und Furcht, wo sind deine natürlichen Überlebensinstinkte?!" Er klang so verzweifelt, so ungehalten über die Tatsache, dass Hongjoong sich nicht selbst schützen konnte, aber darum ging es hier nicht.
"Hier geht es um dich. Ich weiß bescheid von den Grauen, die die E27 auf der Pirateninsel verübt haben. Ich weiß bescheid, wie ihr getötet habt, egal. um wen es ging. Ich weiß, dass du dich nicht zurückgezogen, sondern einen Selbstmordbefehl bekommen hast. Aber ich habe dich da unten gefunden, Seonghwa und du wolltest nicht sterben! Also hör gefälligst auf damit! Das war dein Leben und du hast es hinter dir gelassen! Wir sind hier, wir sind deine Familie und uns ist es verdammt nochmal so egal, wer du bist! Ich hätte dich nicht gerettet, nachdem ich es wusste, wenn es eine Rolle gespielt hätte!"
Hongjoong rang um Atem, hatte sich viel zu sehr in Rage geredet und musterte unerbittlich Seonghwa.
Der Mann hielt sich an Hongjoongs Schultern aufrecht, seine Hände zitternd und der Kopf gesenkt. Er weinte, glasklare, kostbare Tropfen, die auf ihre Oberteile tropften und sein ganzer Körper bebte an Hongjoongs.
Weicher sprach Hongjoong weiter.
"Ich bin nicht hergekommen, um dich zu schlagen, und ich werde persönlich jeden zur Rechenschaft ziehen, der dich das denken gemacht hat. Aber für den Rest bist nur du verantwortlich. Komm aus deinem Kopf raus, Seonghwa. Vertrau mir, vertrau uns. Lass meine Versprechen nicht leer wirken und stehe zu deinen. Ich bin direkt hier."
In einer diplomatischen Geste hob Hongjoong die Arme zu Seonghwas Hüften, umarmte den Mann sanft und ließ es zu, dass der seine schluchzende Gestalt gegen Hongjoong sinken ließ.
Es zerriss Hongjoong ihn weinen zu hören, sein Gesicht nicht mit freundschaftlichem Geplänkel in seinem Hals zu haben, weil er Hongjoongs Blut brauchte. Er brauchte ihn auch so, so traurig es auch war. Und Hongjoong mochte nur ein schwacher Mensch sein, aber er war stärker als Seonghwa.
"Es ist alles gut. Hier ist es egal. Du bist ein anderer, du arbeitest daran. Wir haben Wooyoung befreit und nehmen jetzt San mit, in Ordnung? Du kannst es aufarbeiten und ich helfe dir dabei."
Seonghwa ließ die Hände schwach von Hongjoongs Schultern gleiten, stand nurnoch absolut kraftlos in seinen Armen, an seiner kleineren, schwächeren Gestalt.
Seine Stimme war rau und voller Emotion als er sprach.
"Du bist ein absoluter Idiot, Kim Hongjoong."
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