18. Befreiungsplan

Ihre Zeit in Trascen war begrenzt, Yunho hatte gefordert Hongjoong sofort zu treffen, wenn es ihm möglich war. Hongjoong plante also bereits seine Reise zurück zu seinem besorgten Freund, während die anderen noch die Schönheit der Stadt fassen wollten.

Besonders eine bestimmte Schönheit, die nur in den finstersten Ecken Trascens zu finden war. Wooyoung war absolut nicht von dme mysteriösen Tänzer abzubringen.

Hongjoong war noch unenschlossen, was den fremden Mann anging, aber für Seonghwa war die Antwort bereits sonnenklar. Der Dschinn hatte aus den Fängern seiner Häscher befreit und wie eine Person in das Leben integriert zu werden. Es sprach gegen Seonghwas Prinzipien von Recht und Gleichheit einen Einzelnen bloß aufgrund seiner Rasse wie ein exotisches Tier zu behandeln.

Hongjoong plante demnach in Überfällen, Listen und geheimen Befreiungsaktionen.

Seonghwa allerdings nicht.

"Ich werde mit dem Oberhaupt dieser Stadt sprechen. Wenn er davon wüsste, würde er sicherlich dagegen handeln.", hatte er felsenfest beschlossen, während er stocksteif neben Hongjoong auf dessen Bett saß. Die dunklen Brauen des Mannes waren finster zusammengezogen, die Augen kalt in ihrer Schärfe.

Hongjoong beschloss sich nicht einzumischen. Wenn Seonghwa hierbei handeln wollte, so würde er das auch tun. Viel eher konzentrierte er sich auf seine Rolle als Übersetzer.

"Du kennst ihn? Den König meine ich."

Wooyoung war Feuer und Flamme, wenn es darum ging den Mann zu befreien, aber nun wich seine Unruhe einer höflichen Neugier. Gespannt stützte er sich auf Yeosangs Kopf ab, verwendete den reglosen Mann auf seinem Schoß gnadenlos als Armlehne.

"Taemin? Sicher doch. Ich meine... wer kennt ihn nicht?"

Taemin war der einzige Úi in ihrem Sonnensystem und die Grenzen zwischen Respekt, Ansehen und Anbetung verschwammen je nach Volk und Rasse für ihn. Fakt war jedenfalls, dass der Mann schon seit über 500 Jahren den Süden regierte, weise und gerecht und absolut unangefochten.

"Mein Batallion half einmal im Palast aus, als sein engster Vertrauter abwesend war. Taemin ist ein guter Mann, Frau, was auch immer er gerade ist." Seonghwa nickte überzeugt, das Leuchten in seinen Augen stolz.

Hongjoong stützte fragend sein Kinn auf seiner Hand auf, neigte den Kopf, um Seonghwa besser betrachten zu können.

"Oh, stimmt, du warst Soldat! Er wird sich bestimmt freuen dich wiederzusehen, oder? Umso besser, hoffentlich kann er mit San helfen!" Wooyoung trommelte etwas zu aufgeregt auf Yeosangs Brust herum und der schlug nach ihm wie einer lästigen Fliege.

Hongjoong beobachtete, wie Seonghwa für einen Moment den Kiefer anspannte, dann bedächtig nickte. Interessant.

"Ich will möglichst bald zu ihm aufbrechen, ich habe auch schon im Palast bescheid gesagt, während du noch geschlafen hast." Er sagte diese Teil an Hongjoong gewandt. Der nickte bedächtig.

"Ich nehme Hongjoong mit, ihr beiden könnt unauffällig San überwachen."

Das Glänzen in Wooyoungs Augen bedeutete alles andere als unauffällig, aber wer konnte es ihm verübeln? Hongjoong hatte auch nicht wenige leichtsinnige Entscheidungen getroffen, um Seonghwa bei sich zu halten.

"Morgen dann. Jetzt ist es erstmal Zeit zu schlafen, tut mir leid, Hongjoong, auch für dich." Seonghwas besorgte Augen landeten wieder auf ihm und Hongjoong zuckte bloß gelassen die Schultern.

"Das ist in Ordnung, ich muss mich ohnehin wieder in einen normalen Rhythmus einfinden.", versicherte Hongjoong ihm mit seinem schlichten Lächeln und Seonghwa nickte erleichtert.

Yeosang erhob sich in einer fließenden Bewegung von Wooyoung, zog den anderen Mann dabei mit sich hoch. Ihre Hände fanden einander wie die zwei Enden eines Magneten und schon gaben sie ihre Gute-Nacht-Wünsche und verschwanden wieder Richtung Wohnzimmer.

Seonghwa verharrte an Hongjoongs Seite und der legte wieder fragend den Kopf schief.

"Sag mal... Was sagt Yeosang zu dieser ganzen Geschichte? Von Wooyoung und seinem funkelnden Bauchtänzer?"

Seonghwa hob bloß ratlos die Hände, starrte nicht minder rätselnd auf die Tür, durch die die beiden Jungs verschwunden waren.

"Das musst du ihn selbst fragen. Ich habe keine Änderungen in ihrer Beziehung zueinander bemerkt, seit Wooyoung damit angefangen hat. Yeosang spielt treu weiter seine Rolle als sein Beschützer." Er schweifte ab.

Hongjoong hob erst zögerlich, dann mit mehr Überzeugung die Hand zu seinem Kragen, zog ihn sanft fort, um seinen Hals zu Seonghwa hin zu entblößen. Die dunklen Augen des Nachtwandlers fielen sofort auf seine bleiche Haut, saugten sich gleich Druckknöpfe daran fest.

"Hier, es ist schon wieder eine Weile her, dass du getrunken hast, oder? Mach es jetzt, während wir noch die Zeit haben. Wer weiß, wie das mit San wird." Hongjoong hatte die Stimme etwas gesenkt, um nicht die beiden Jungs irgendwo im Gebäude zu alarmieren und Seonghwa schluckte wie immer schwer. Er schien zu Protesten ansetzen zu wollen, konnte allerdings die geröteten Augen ebensowenig von Hongjoongs Kehle lösen.

"Ich bin stark genug, sonst wäre ich nicht aufgewacht. Inzwischen wirkt ja auch die Medizin wieder, ich fühle mich so gesund wie immer." Ein bisschen schläfrig vom vielen Schlaf vielleicht, aber sonst wieder absolut prächtig.

Seonghwa öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder, überlegte es sich eines Besseren.

"Einverstanden, dann... Leg dich hin. Und wenn dir schwindelig wird oder ähnliches, sag mir sofort bescheid."

Hongjoong hatte vorher nie darüber nachgedacht, aber wer auch immer Seonghwa später heiratete, hatte im Leben wirklich das beste Los gezogen. Der Mann war Gold wert.

Hongjoong gehorchte mit einem gutwilligen Augenverdrehen, wies allerdings Seonghwas Hände ab, als der Mann dazu ansetzte ihn niederzulegen wie einen unfähigen Säugling.

"Ich schaffe das, weißt du? Ich bin nicht mehr wirklich fünf."

"Dafür bist du aber ein Mensch. Du solltest anfangen dich auch wie einer zu verhalten."

Seonghwa schien einen Moment zu zögern, wusste nicht wohin mit seinen Händen und Beinen und Hongjoong genoss seine Nervosität kurz, dann streckte er helfend die Hände nach dem anderen aus.

"Komm her. Mir war ohnehin zu warm." Seine Rechte fand Seonghwas Knie, zog es mit sanfter Überzeugung über seine Hüfte und den größeren Mann damit auf seinen Körper. Er saß auf Hongjoongs flachen Unterbauch, die Hände im ersten Augenblick noch überrascht vor dem Mund. Hongjoong musste lachen, als Seonghwa aus großen Augen durch seine schwarzen Haare starrte, zog ungeduldig an seinen Armen.

"Komm schon, auf wie vielen Feinden hast du gesessen, während du sie fertig gemacht hast? Ich bin es nur, Seonghwa. Gib mir dann bescheid, wenn du dich wirklich gar nicht wohl fühlst."

Seonghwa beeilte sich den Kopf zu schütteln, ließ die Hände nutzlos auf seine Oberschenkel fallen.

"Es bist nicht du. Ich bin froh, dich wieder wach zu haben. So..." Zaghaft legte er die Beine enger um Hongjoongs Brustkorb, spürte mit seinen scharfen Sinnen sicherlich dadurch den Puls des aufgeregten Menschen.

"So lebendig.", schloss er leiser und Hongjoong konnte das Lächeln nicht von seinem Gesicht halten, ließ die eigenen Hände auf Seonghwas Knien zu liegen kommen. Er massierte sanft das kalte Fleisch des Nachtwandlers, beobachtete hingerissen, wie der Mann sich wieder hinter seinen Haaren versteckte (extra den dafür Kopf wandte).

"Sie sind schon wieder zu lang geworden. Versteck dich nicht vor mir." Hongjoongs Stimme war noch weicher geworden, kaum mehr als ein zaghaftes Flüstern im violetten Dämmerlicht des Raumes.

"Ich will nicht, dass du mich so siehst."

Er klang so vorsichtig und verletzlich, so einsam hinter seinem kontrollierten Gesicht. Sein sonst so prickelnder Akzent war ein leises Flüstern, scheu wie das eines Kindes.

Hongjoongs Herz verkrampfte sich schmerzhaft in seiner Brust.

"Hwa, ich will dich sehen. Ich will dich immer sehen. Jede Emotion, jedes Lächeln und jede Träne. Ich bin dafür verantwortlich."

Seonghwa war unsicher, sah allerdings wieder zu ihm herab und warf sich auch die starrsinnigen Strähnen vom rechten Auge.

"Du hast mich nie mehr gefragt, warum ich kein Soldat mehr bin. Hast du nie an mir gezweifelt?"

Ihre kleine private Blase der Abgeschiedenheit schien nicht länger in einer Herberge Trascens zu sein. Sie schien so weit weg, so intim und geheim. Nackt und voller Ehrlichkeit.

"Das spielt keine Rolle. Du bist mein Pilot, egal, wer du davor warst."

"Wooyoung hat mich vor einiger Zeit darauf angesprochen."

Hongjoongs Herz machte einen Satz in Furcht und Unbehagen. Es war nicht Seonghwas Lieblingsthema, so wie er es mied und er fürchtete, dass die Gruppe sich gestritten haben könnte, während seiner Abwesenheit.

"Hast du es ihm gesagt?"

Seonghwa atmete hörbar aus, beugte sich endlich vorwärts, um die Hände links und rechts von Hongjoongs Schultern abzulegen. Ihre Oberkörper waren der Länge nach aneinandergepresst, als er es sich bequem machte, das Gesicht schützend in Hongjoongs Hals vergrub.

Er war so schön kühl, so angenehm in der warmen Luft.

"Nein. Er hat es respektiert. Aber er hat mir von sich daheim erzählt... Seine Mutter, Joong, sie war wie San. Ein Objekt in den Händen grausamer Männer. Du kannst es ihm nicht verwehren dem Mann helfen zu wollen."

Hongjoong erwiderte das Seufzen von zuvor und hob eine Hand, um sie sanft in Seonghwas Haar zu senken, den Kopf des anderen aufmunternd an seinen Hals zu pressen.

"Hast du viele Sklaven gerettet? In deiner Zeit als Soldat?"

Es war eine relativ harmlose Frage, vorsichtig im Angesicht dessen, dass Seonghwa offensichtlich damit rang mit ihm zu sprechen.

Seonghwas Hand streifte Hongjoongs Brust und etwas stotternder kaltes Metall, als er sie an seinem Kiefer platzierte, für einen langen Moment verharrte, sich sammelte.

"Keinen Einzigen. Aber ich wäre mehr als froh, das jetzt nachzuholen."

Er biss ihn, sanft und geübt und Hongjoong strich bloß abwesend durch sein Haar.

Damit war es also entschieden.



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