17. Trascen

Seonghwa hatte Hongjoong verlegen und mit den Augen beinahe ausschließlich auf Wänden und Zimmerdecke beim Duschen geholfen, den anderen dann frisch angezogen und auf sein Bett gesetzt. Er hatte ihm außerdem bereits Medizin aufgetrieben, die seine Energie wieder zurückbringen sollte und beim Muskelbetrieb half.

Zwei Wochen waren eine lange Zeit, wenn man sich nicht rührte.

Seonghwas Fürsorge um Hongjoong war absolut rührend, die Hände des Nachtwandlers sanft, als er sie im Vorbeigehen durch Hongjoongs nasses Haar kämmte. Wäre Hongjoong nicht so freudig seine anderen Freunde wiederzusehen und diesen Ort zu erkunden, hätte er es dem anderen womöglich gestattet damit weiterzumachen.

Nachdem Hongjoong seine Medizin genommen und mit Seonghwas Hilfe ein paar vorsichtige Schritte probiert hatte, waren sie bereit zu gehen.

Seonghwa sagte ihm, dass es bereits Abend war (theoretisch hatte Hongjoong 15 Tage lang geschlafen) und der Nachtwandler ihn begleiten konnte und Hongjoong war selten so froh gewesen.

Seonghwa erwiderte warm das schlichte Lächeln, das Hongjoong in seine Richtung warf.

Sie liefen nicht direkt Hand in Hand, eher Arm an Arm, um ständig die Nähe des anderen bei sich zu wissen, aber Hongjoong kam der Gedanke jedes Mal, wenn Seonghwas Finger versehentlich die seinen streiften. Dem Piloten konnte es nicht anders gehen.

Der Abend war tatsächlich bereits in Trascen eingefallen, zeigte sich in seinem bleichen Mond und dem violetten Schimmern der Wüstenstadt. Eine bunte Vielfalt an Aliens bevölkerte hier zu allen Zeiten die Straßen, reger Handel wurde getrieben und überall piepten kleine Übersetzungsgeräte in den unterschiedlichsten Sprachen.

Es war schön; fluoreszierende Wüstenblumen rankten an altmodischen Häusern empor, Gleiter designet wie fliegende Teppiche glitten bunt durch die lauen Lüfte. Tanz und Musik wurden an jeder Straßenecke gezeigt und die Luft war schwer mit den Gerüchen von unterschiedlichen Speisen.

Echte Speisen, keine Druckwerke.

Hongjoong fühlte sich pudelwohl, nahm sich die Zeit sich ausgiebig umzusehen und im Luxus zu schwelgen, den er sich nicht erlauben würde.

Seonghwa sah an seiner Seite aus wie ein Prinz mit dem dunklen Haar und der sanft leuchtenden Haut, absolut in seinem Element und die dünnen, hellen Stoffe auf seinem Körper genau in die hiesige Mode passend.

"Wie viele Piercings hast du?"

Beinahe verpasste er es Seonghwa zu hören, zu beschäftigt mit den Eindrücken um ihn. Die Straßen waren gut bevölkert, aber nicht überfüllt und mit etwas drehen und wenden konnte man gut durchschlüpfen.

"Uhh... genau 10. Hattest du sie raus?"

Seonghwas Knöchel streiften seine und er ergriff Hongjoongs Ärmel, um ihn in einem größeren Pulk Leute nicht zu verlieren.

"Nein. Yeosang war der Meinung du könntest dich an ihnen verletzen. Er- uhh... Wir wussten nichts von dem..."

Sie brachen frei und Seonghwa nutzte hilflos die Hand um zu Hongjoongs Oberkörper zu gestikulieren. Verlegener Vampir.

Hongjoong warf einen verspielten Blick über seine Schulter, schenkte seinem Gefährten ein verschmitztes Grinsen.

"Was, gefällt es dir? Ehrlich, ich dachte du hast es irgendwann bemerkt, nachdem du immer an meinem Hals warst."

Seonghwa starrte sehr beschäftigt in eine vorbeiziehende Bude.

"Es ist nicht...hässlich.", brachte er dann zögerlich heraus, als Hongjoong ihn nur herausfordernd anstarrte, zog dann kaum merklich den Kopf ein.

Hongjoong musste lachen.

"Wer weiß, vielleicht lasse ich mir den zweiten auch irgendwann noch machen. Ist ja keine große Sache heutzutage." Nicht mit Stoff, definitiv nicht.

Seonghwa sah neugierig aus, ging langsam in Führung, um Hongjoong zu den anderen zu geleiten.

"Wir sollten wenn nicht aus traditionellen und religiösen Gründen in der Armee die Finger davon lassen. Denkst du, es würde mir stehen?"

Hongjoong sah strahlend zu ihm auf.

"Du mit Lippenpiercing? Zunge? Ohr? Egal was, Nase? Natürlich! Du wärest der bestaussehendste Nachtwandler auf unserem Schiff!" Hongjoong tarnte sich in dem Witz und schwelgte in Seonghwas übertriebenen Augenrollen.

"Nein, wirklich, Hwa. Wenn Stoff bei dir wirken würde, würde ich dich absolut dabei unterstützen. Aber ich weiß nicht, ob das mit deiner Wundheilung so eine gute Idee ist."

Stoff wirkte im Blut. Nachtwandler hatten kein Blut im klassichen Sinne.

Der Andere nickte bedächtig, zog Hongjoong dann durch eine andere Gasse weiter.

Seonghwa wurde wieder stiller, wenn auch sein Blick immer mal wieder zu Hongjoongs Profil zurückkehrte, über das Metall in seinen Ohren glitt.

"Also, erzähl mir von Wooyoungs Schwarm! Bitte sag mir nicht, dass es ein eigenartiger Naga oder eine Topfpflanze ist oder so, ich fürchte Wooyoung hat sein Herz auf der Zunge."

Seonghwa grinste etwas in sich hinein, umrundete dann höflich weitere Passanten.

"Es ist... Wie soll ich das sagen, eine gute Person. Ein nettes Alien." Fing gut an.

"Was ist er?"

Nun zog Seonghwa skeptisch die Stirn zusammen, wich näher an Hongjoongs Seite, als ein schwerfälliger Seek sich grunzend vorbeidrängte. Seonghwa roch schon wiedre so gut.

"Das ist die Sache... Ich glaube er-" Seonghwa sah sich aufmerksam um, links, rechts, dann neigte er sich zu Hongjoongs Ohr, flüsterte direkt hinein.

"Ich glaube er ist ein Dschinn."

Seonghwas Atem auf seiner Haut war schnell vergessen, als Hongjoong ihm mit großen Augen den Kopf zuwandte.

"Du machst Witze."

Der Nachtwandler schüttelte finster den Kopf, bitterernst.

"Ich fürchte nicht. Wooyoung kann nicht in seinen Kopf gucken, um es zu bestätigen, aber auch das ist nur ein Zeichen von vielen. Es läuft in den Schatten, aber er wird als Dschinn angepriesen. Jemand, der den Kunden jeglichen Wunsch erfüllen kann." Seine Stimme wurde zum Ende hin dunkler, der Ekel tief verwurzelt und Hongjoong spannte den Kiefer an.

"Du meinst..."

"Yeah. Wooyoung hat ihn auf einer Bühne gesehen und Gefallen gefunden. Ich habe den Rest im Geheimen herausbekommen. Irgendwer hat seine Lampe und nutzt sie, um ihn zu erpressen."

Hongjoong starrte finsterer als zuvor auf den Weg, die bisherige gute Laune verschwunden. In ihm schrie alles danach den armen Dschinn zu befreien, ihm seine Lampe zu schenken und in Ruhe schlafen zu können, aber wie Seonghwa klang, war das ein Netz. Hongjoong war zu schwach, um sich mit der gesamten südlichen Mafia anzulegen.

So sehr es ihn auch schmerzte, er würde warten müssen, die Situation vorerst auskundschaften.

"Da vorne sind sie."

Hongjoong hob den Kopf, als sie aus der Gasse und auf einen größeren Platz traten. Hier war ein Publikum um eine große Bühne gescharrt, die Augen aufmerksam auf dem Künstler dort.

Hongjoong folgte der Linie von Seonghwas Arm und fand endlich auch ihre beiden Freunde, am Rande der Menge und mit Wooyoung hüpfend an Yeosangs Arm hängend.

Der Andere lächelte zuneigungsvoll auf seinen Freund herab, seine Freude ansteckend und auch Hongjoong konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es war gut sie wohlauf zu sehen.

"Und das ist er."

Seonghwas Stimme hielt Hongjoong auf, als der gerade zu seinen Freunden aufbrechen wollte und sein Blick fiel auf den Mann auf der Bühne, den Wirbel aus Schleiern und schlanken Gliedmaßen.

Er war ein Tänzer, zweifellos auch der beste, den diese Stadt zu bieten hatte.

Der Dschinn war gekleidet in goldene Schleier, durchsichtig genug, um kaum das nötigste zu bedecken und selbst aus dieser Entfernung sah Hongjoong ihn glitzern und glänzen. Goldener Schmuck wirbelte elegant mit seiner Gestalt durch die Luft, als er komplizierte Drehungen und atemberaubende Grazie vorführte.

Die Menge war absolut hingerissen und Hongjoong war es auch.

Der Mann, der Dschinn, hatte weißblondes Haar und einen Körper, der weder zu dünn, noch zu dick erschien. Genau die richtige Menge an Muskeln, um ihm nicht die scharfen Kanten seines Körpers zu nehmen und in seinen Bewegungen zu helfen, statt zu stören.

Vollkommen im Bann des tanzenden Mannes, vergaß Hongjoong gänzlich, warum er hier war, was es mit diesem Wesen auf sich hatte. Er ließ sich mitreissen in die Ekstase, in die der Dschinn sie alle versetzte.

Er war derjenige, der unfreiwillig gehalten wurde, aber er zog sie wie Puppen an Fäden.

"Hongjoong."

Eine sanfte Hand an seiner Hüfte riss ihn aus seinem Stupor und aus weiten Augen fokussierte Hongjoong Seonghwa, dessen Mundwinkel verdächtig zuckten.

"Nicht jetzt. Wir wollten zu den Jungs." Sein dunkler Dialekt erhaschte wieder Hogjoongs Aufmerksamkeit und er nickte ernst, senkte die Augen, als sie weitergingen.

Sie waren schneller da, als erwartet und Seonghwa musste nur kurz angespannt Yeosangs Namen sagen, dann fuhren beide auch schon zu ihnen herum.

"Cap-", begann Yeosang mit großen Augen, aber Wooyoung kam dazwischen.

"DULEBSTICHBINJASOFROHDICHWACHZUSEHENWEISSTDUWIETOTDUAUSSAHSTNACHDEMSEONGHWADEINBLUTGETRUNKENHATICHBINZUJUNGUMZUERBENLASSUNSYUNHOMITNEHMENUNDOHHASTDUSANGESEHENERISTSOWUNDERSCHÖNODERNICHTKÖNNENWIRIHNMITUNS-"

Seonghwa war mit einem eleganten Schritt um den lauten Lashunta getreten und schlug ihm nun grinsend eine Hand über die Lippen, schickte entschuldigende Blicke an diejenigen wenigen, die es betraf. Zu viele waren wie Motten vom Licht des Tänzers gebannt.

"Ich freue mich auch, euch zu sehen.", konnte Hongjoong bloß lachen und klopfte kameradschaftlich Yeosangs Schulter. Der Mann nickte souverän.

"Wollen wir vorerst zurück ins... Haus und alles besprechen? Ich hätte gerne genaue Informationen, was genau passiert ist. Und was das hier bedeutet." Hongjoong nickte zu dem Dschinn hin, ohne die Augen von einem hübsch rot werdenden Wooyoung zu nehmen.

Himmel, Wooyoung war doch viel zu naiv und unschuldig für einen Dschinn. Wie konnte Seonghwa das absegnen?

Die beiden stimmten zu und während sie Wooyoung davonzogen, nahm der keine Sekunde lang seine strahlenden Augen von dem hübschen Mann auf der Bühne.

Hongjoong musste nur einen Blick auf die hungrige Menge werfen, die tierische Wildheit in ihrem Blick und ja, er würde ihn sofort mit sich nehmen. Er konnte unmöglich mehr Gefahr bedeuten, wie diese Leute hier.

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