13. Bonding

Hongjoong ließ Wooyoung vorerst seine Ruhe, erlaubte es ihm den gesamten folgenden Tag in seinem Zimmer verbarrikadiert zu bleiben. Mit Ausnahme von Yeosang mit Essen wagte es niemand ihn zu stören und Hongjoong blieb die Zeit ausgiebig über den Auslöser dieser Situation nachzudenken.

Es war Wooyoung ganz offensichtlich nicht wohl bekommen Seonghwa tatsächlich auch Blut trinken zu sehen. Seine Reaktion waren Ekel und Furcht gewesen, etwas, auf das Hogjoong absolut nicht vorbereitet war.

Nachtwandler waren Teil ihrer Gesellschaft. Es war wie eine Mutter öffentlich ihr Kind stillen zu sehen. Absolut natürlich und sozial anerkannt.

Hongjoong war sich absolut sicher, dass Wooyoung den Anblick nicht zum ersten Mal gesehen hatte und er war sich ebenso sicher, dass Wooyoung eine unangenehme Erinnerung damit verbinden musste, wenn es ihm so nahe ging.

Yeosang hatte es höflich abgelehnt mit Hongjoong darüber zu sprechen, wenn auch der Schmerz in seinen Augen dafür sprach, dass er sich anderes erhofft hatte.

Letzten Endes blieb Hongjoong also nichts weiteres übrig als Wooyoung selbst aufzusuchen. Ein Schiff funktionierte nicht, wenn die Crew nicht miteinander sprechen konnte.

Seonghwa hatte es abgelehnt ihn zu begleiten, wollte lieber wann anders in Ruhe mit Wooyoung sprechen und somit fand sich Hongjoong nicht viel später vor Wooyoungs Tür wieder, der Name des Lashunta sanft auf seinen Lippen.

Wooyoung öffnete ihm mit dem Gesicht von einem, der versehentlich auf den Schwanz seines Hundes getreten war und es erwärmte Hongjoongs Herz.

Er hatte Aurora bei sich und auch sie grüßte Hongjoong leise.

"Hey... kann ich reinkommen?" Hongjoong hob fragend die Schokolade, die er als Friedensgeschenk mitgebracht hatte, in die Höhe, legte lächeld den Kopf schief.

Wooyoung nickte mit einem Schmollen auf den Lippen, aus der Nähe fiel Hongjoong auch ein Muttermal auf, das er direkt an der Lippe hatte.

Wie niedlich.

Wooyoungs Mundwinkel zuckten unfreiwillig, als der Gedanke bei ihm ankam und Hongjoong konnte bloß den Kopf schütteln, während er an der Seite des anderen eintrat. Unwirsch drückte er dem Jungen die Schokolade in die Hände.

"Willst du darüber reden? Wenn nicht, würde ich dich nur bitten mich nächstes Mal eher zu warnen. Seonghwa und ich werden darauf achten, dass du das nicht mehr sehen musst." Hongjoong ließ sich ächzend auf Wooyoungs ungemachtes Bett fallen und griff nach Aurora.

Wooyoung zögerte sichtlich, legte aber letzten Endes die Schokolade auf seinem Nachttisch ab und sank an Hongjoongs Seite. Seine nervösen Augen wanderten suchend über Hongjoongs Hals, fanden keine Verletzung.

Ein tiefes Seufzen nahm ihm alle Anspannung aus den Schultern.

"Es ist ein Trauma... Ich bin mir sicher, für euch war das auch nicht angenehm, es tut mir leid. Ich werde es Seonghwa noch sagen."

Der arme Kerl sah so niedergeschlagen aus, die Fühler leblos um sein Gesicht hängend und unruhig schob Hongjoong ihm wieder Aurora zu. Wooyoung lächelte schwach, als sie zwitschernd in seinen Schoß krabbelte.

"Ich kann dir zuhören, wenn du willst. Meine Mutter hat immer gesagt, ich wäre ein ausgezeichneter Zuhörer."

Ein geborener Anführer, hatte sie ihn genannt. Jemand, der tadellose Arbeit mit seiner Gruppe liefern konnte.

Wooyoung schien seinem Wort zu vertrauen.

"Weißt du... ich habe gesagt, dass mein Vater da etwas problematisch ist und sich viel an der Magie der Nachtwandler bedient, ja?" Er hatte den Kopf gesenkt, konzentrierte sich auf Aurora, während Hongjoong seine Locken anstarrte.

Es war eigenartig Wooyoung so niedergeschlagen zu sehen. Und nicht schön.

Hongjoong gab ein zustimmendes Brummen.

"Ich hatte als Kind eine Nanny, eine so liebe und herzliche Frau, sie war viel mehr eine Mutter, als es jemand anderes jemals für mich sein könnte. Sie war die einzige in diesem Haus voller arroganter, machtgieriger Mistkerle, die ein Herz hatte. Mein Vater mag es sie für meine Schwächen, für meine Lebhaftigkeit und Wärme verantworlich zu machen."

Hongjoong spannte den Kiefer an.

"Jedenfalls - ohne viel in Erinnerungen schwelgen zu wollen -, er wollte sie loswerden. Eigentlich einfach nur von der Bildfläche verschwinden lassen, aber einer seiner Männer hatte ein Auge auf sie geworfen. Einer der Nachtwandler." Er erschauderte etwas, grub die Finger tiefer in Auroras Fell.

"Er versprach sie ihm, bat ihn sie einfach fort zu bringen, aber er konnte nicht warten, hatte seinen Freunden davon erzählt und sie holten sie sich schließlich im Hinterhof. Ich habe nichts gesehen, nur gehört von wo ich in meines Vaters' Studierzimmer saß."

Er musste Luft holen, schluckte schwer, bevor er weitersprach und mit jedem Wort zog sich Hongjoongs Herz mehr zusammen.

"Ihre Schreie störten ihn und in dem Moment, in dem er abgelenkt war, um ihnen vom Fenster aus Ruhe zu gebieten, entwischte ich, rannte los, um sie zu retten." Ein spöttisches Lachen entkam seinen Lippen.

"Ich war 13. Sie war bereits tot, als sie sie an mir vorbei und hinaus trugen, aber es war nicht... Es war nicht wie bei dir und Seonghwa. Da waren überall Bisse, große, blutige Wunden, wie als seien Raubtiere über sie hergefallen." Er erschauderte erneut, zog kaum merklich die Knie näher an seinen Körper an. Hongjoongs Hände juckten danach ihn zu greifen, zu umarmen und vor allem Übel zu bewahren.

"Letzten Endes war es egal, sie war ein Mensch von vielen in meinem Leben, aber... diese Nachtwandler, sie arbeiten heute noch für ihn. Und jedes Mal, wenn ich sie sehe- wenn ich Nachtwandler sehe, ich-" Er brach ab, ließ weiter den Kopf hängen und Hongjoong entspannte seine Fäuste wieder.

Er war vorsichtig, als er seine Schuhe von seinen Füßen kickte und um Wooyoung krabbelte, an seine Seite glitt, damit er ihn in den Arm nehmen konnte. Wooyoung erwiderte sofort, vergrub das Gesicht in Hongjoongs Hals und seine Fühler kitzelten sanft seine Wange.

"Ich weiß, dass Seonghwa nicht so ist, wie sie. Ich habe es gesehen, er- Er würde dich nie verletzen. Aber in dem Moment war es einfach zu viel, es tut mir leid."

Hongjoong beließ es dabei die Rechte in sanften Bewegungen über Wooyoungs Rücken zu reiben, brachte die freie Hand herauf, um wohlwollend durch die weichen locken des Lashunta zu streichen.

"Niemand nimmt dir das übel, Woo. Wir haben alle unsere Macken. Ich hätte es nur gerne verhindert, wenn ich davon gewusst hätte."

Wooyoung sah wieder voller Reue zu ihm auf, nickte dann zaghaft, während er sich wieder löste, einmal schniefte.

"Danke dafür. Ich weiß, ich muss es noch lernen damit umzugehen..."

Hongjoong lächelte ihm aufmunternd zu, hatte eine Hand noch immer auf seinem Rücken liegen, den er nun tröstend tätschelte.

"Seonghwa und ich haben das auch nicht besonders gut durchdacht das mitten im Gang zu tun. Das war-" Die Röte kroch unfreiwillig in Hongjoongs Wangen und er wandte den Kopf von Wooyoung weg, starrte gespielt interessiert an die Wand, während der andere quietschend nach seinem Kinn griff, um es zu kraulen, wie als sei er Aurora.

Hongjoong gab ihm einen gespielt bösen Blick, versuchte nicht zu grinsen und genoss heimlich Wooyoungs kleine Neckereien.

"Es hätte vermutlich falsch ausgesehen, ja. Yeosang hätte euch sehr rundheraus gefragt, ob ihr Zeit alleine braucht." Wooyoung kicherte vergnügt, als Hongjoong nur röter wurde.

"Ihr müsst aufhören so von uns zu denken... Ich kenne ihn kaum eine Woche länger als euch." Trotzig schlug er Wooyoungs Hand weg, unendlich sanft und vorsichtig.

Wooyoung grinste breit, man sah seine Augen kaum noch und seine Fühler wippten wieder aufgeregt. Er war wieder er selbst.

"Das sagst du jetzt! Aber bam! Ehe du dich versiehst, sind seine Lippen nicht nur an deinem Hals, sondern auch tiefer." Er versuchte mit den Auganbrauen zu wackeln und scheiterte kläglich. Hongjoong beschloss weise ihm nicht die Geschichte von Seonghwa unter diesem Pult zu erzählen.

Stattdessen tat er nur übermäßig entsetzt.

"Also bitte, wenn, dann haben seine Lippen zuerst hier oben zu tun, dann können wir weiterreden." Er gestikulierte zu seinem Gesicht hin und Himmel, es war als spontaner Witz gemeint, aber Hongjoongs Gehirn schien nun ebenso anzüglich die Augenbrauen zu heben.

Wooyoung lachte aus voller Brust, stimmte Hongjoong bloß begeistert zu und forderte dann über jedes Update informiert zu werden. Hongjoong hatte nur die Augen verdreht und hatte sich dann erhoben, um sich langsam auf den Weg zu machen. Er hatte noch Klamotten in seinen Schrank einzusortieren.

Wooyoung stand ebenfalls auf, dankte ihm noch strahlend für die Schokolade und zusammen schlüpften sie in ihre Schuhe.

Hongjoong wusste, das Danke war nicht nur für den Snack gemeint. Er sah es in Wooyoungs Augen, aber ebenso brauchte er es nicht hören. Wooyoung wusste nun, er konnte jederzeit zu seinem Kapitän kommen und Hongjoong würde ihm Trost und Rat spenden.

Sie verabschiedeten sich im Gang voneinander.

"Also... Ich gehe dann mal mit Seonghwa sprechen. Er verdient es auch noch eine Entschuldigung zu hören." Er sprach bemüht nonchalant und erwachsen, aber sein Grinsen war schelmisch.

Hongjoongs Augen wurden groß.

"Das wagst du nicht."

Wooyoung begann wieder zu lachen, zog damit Yeosangs Aufmerksamkeit auf sich, als der gerade von der Brücke herbei getrottet kam.

"Du hast es selbst gesagt!" Er begann zu rennen, wich kichernd aus, als Hongjoongs Finger nach ihm schnappten.

"Unter gar keinen Umständen! Komm zurück, du kleiner-"

Wooyoung stürmte teuflisch kichernd davon, schubste zur Abwehr nur Yeosang auf Hongjoong zu. Er war weg, ehe Hongjoong ihn kriegen konnte.

Yeosang blinzelte ihn absolut unlesbar an.

"Ihm geht es besser, ja?"

Hongjoong sah Wooyoung mit einem Schmollen hinterher, wandte sich dann geschlagen um, um in sein Zimmer zu stapfen.

"Könnte nicht besser sein, ja."

Die Sunrise brauchte ein Wooyoung-Filtersystem. Zeit für ihn eines zu entwerfen.

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