12. Kang Yeosang
"Also. Wo wollen wir hin? Ich lasse euch entscheiden, weil ihr noch nicht so lange dabei seid.", grüßte Hongjoong am nächsten Morgen ihre beiden Neulinge, als die sich auf die Brücke wagten. Aurora saß auf Hongjoongs Schulter und pflegte ihr Fell, während Seonghwa brav hinter den Steuerfeldern wartete.
Yeosang und Wooyoung tauschten einen ratlosen Blick.
"Haben wir denn kein Ziel? Gibt so etwas nicht der Kapitän an?", meldete Wooyoung sich dann offensichtlich aus dem Konzept gebracht und Hongjoong musste sich wohl damit abfinden, dass er einfach ein lauter Sprecher war. Unwirsch schüttelte Wooyoung sich die Locken aus dem Gesicht.
"Noch nicht, nein. Momentan suchen wir nur eine Crew zusammen. Wo wollt ihr suchen? Irgendjemand, oder -was, den ihr besonders gerne dabei hättet?"
Yeosang legte scharf denkend seine Wange auf seiner Hand ab, sah plötzlich eher so aus, als modelte er für eine teure Kleidermarke.
Wooyoung schien mit einem Mal ein Geistesblitz zu kommen und er machte ein unbestimmtes Geräusch, zog Yeosang aufgeregt am Ärmel.
"Oh, in die Wüste! Ich wollte doch immer in die Wüste! Wo es richtig schön warm ist!" Seine Augen glitten freudig zu Hongjoong und der hob bloß die Schultern, leitete den Befehl dann an Seonghwa weiter.
Er kannte sich aus. Sollte er ihr Ziel aussuchen.
"Ich meine... die Wüste ist vielleicht nicht sofort der beste Ansatz, wenn ihr die Kälte gewohnt seid, aber wir werden sehen." Hongjoong setzte Aurora in Wooyoungs Armen ab, um sich an Seonghwas Seite zu gesellen, seine Hüfte kaum merklich an Seonghwas Schulter entlang streifend. Der Mann kommentierte es nicht, konzentrierte sich nur auf die Koordinaten auf dem Glas vor ihnen.
"In der Wüste gibt es allerlei Naga und dergleichen. Keine schlechte Idee, wenn wir noch Kämpfer brauchen.", murmelte Seonghwa nur an Hongjoong hin gewandt und der nickte nachdenklich, fand sein Schiff nicht besonders Naga-geeignet.
"Einen Bleuwy will ich aber weiterhin!"
Yeosang deutete Wooyoung leise zu sein und zog ihn mit sich auf die kleine Treppe, ließ sich mit ihm dort nieder und zusammen hingen sie über Aurora, während Seonghwa mit Hongjoong ihr Ziel diskutierte.
"Rabanastre klingt nach einem guten Anfang. Wir können uns umhorchen, ohne in Gefahr zu laufen von Wüstenräubern oder dergleichen erwischt zu werden. Ich denke, wenn wir tatsächlich aktiv einen Kämpfer suchen, finden wir dort garantiert einen."
Hongjoong suchte die Karte nach Rabanastre ab, die südliche Hauptstadt und Residenz des einzigen Königs. Unentschlossen wiegte er seinen Kopf umher. Hongjoong war kein Fan von Monarchien.
Seonghwas Finger glitten über die Kontrollfelder, als hätte er im Leben nie etwas anderes gemacht. Geschickt zoomte er näher heran, nickte dann zu der Insel hin.
"Ich kenne den König dort. Mein Batallion half ihm einmal mit einem Piratenproblem. Ich denke, wir täten gut daran uns dort umzuhören."
Hongjoong hätte zu dieser Stimme nicht wirklich nein sagen können, selbst wenn er gewollt hätte und so nickte er nur, wandte sich wieder zu den anderen zwei Jungs um. Seonghwa machte sich an die Arbeit.
Hongjoong nahm sich den Moment nur neben Seonghwa zu stehen, sehr abgelenkt von dessen Händen, die an seiner Seite umherhuschten, zu sein und dabei die beiden Männer zu beobachten.
Yeosang hatte gesagt sie waren im gleichen Alter, aber er wirkte so viel reifer. Sie beide saßen Schulter an Schulter und Hüfte an Hüfte auf die Stufen gequetscht, Aurora in Wooyoungs Schoß und Yeosangs tiefe Stimme wie sanftes Wasser, das den anderen umgab. Sie sahen aus wie zwei kleine Engelchen mit ihren makellosen Gesichtern, bereit die Welt zu erkunden und Hongjoong wollte sie um jeden Preis schützen.
Seonghwa hatte die Befehlsfunktion der Sunrise wieder abgeschaltet, mochte es nicht, wenn sie die ganze Zeit redete und hatte nur die Übersetzungsfunktion angelassen. Diese funktionierte zwar bei der Lautstärke, in der Wooyoung und Yeosang flüsterten noch nicht, aber Hongjoong genoss den Moment der beinahigen Stille dennoch.
"Wir werden eine ganze Weile bis dorthin brauchen. Wir sollten Zwischenstopps einlegen, ich denke nicht, dass wir zwei Wochen nur auf dem Schiff verbringen wollen."
Hongjoong sah auf Seonghwas Kopf an seiner Seite herab und wandte sich dann wieder gänzlich der Karte zu.
"Gut. Was schlägst du vor?"
-
Wooyoung und Yeosang wurde es schnell langweilig.
Yeosang war ein ausgezeichneter Schüler, weswegen Hongjoong früh begann ihm zu erklären, wie die Medizin und Nahrungsversorgung hier funktionierte. Während Yeosang sich also in das Logistik- und Funktionssystem des Schiffes einarbeitete, so hatte Wooyoung schrecklich wenig zu tun.
Er brauchte eine Beschäftigung.
"Weißt du was? Du bist von nun an für die Belustigung hier zuständig. Recherchiere Filme, die wir gucken können. Denk dir Spiele aus. Versuch auf etwas zu kommen, mit dem alle Rassen leben könnten und das allen Spaß macht. Irgendwie müssen wir die Neuen integrieren.", hatte Hongjoong ihm dann zwei Tage später aufgetragen und Wooyoung war aufgeregt mit Aurora davon gehüpft, begann sofort eine Umfrage.
Hongjoong hatte dem anderen nur lächelnd nachgesehen und konnte dazu bloß den Kopf schütteln. Wooyoung hatte keinerlei Probleme sich einzufinden, erblühte regelrecht in seinem neuen Umfeld, während Yeosang gerne lieber in einer Ecke saß und beobachtete.
Manchmal fragte Hongjoong sich, wie die beiden es geschafft hatten Freunde zu werden, aber letzten Endes konnte doch niemand Wooyoung wiederstehen, selbst er nicht.
Aber Hongjoong war zufrieden, solange sich alle wohlfühlten. Mehr verlangte er im Moment nicht von ihnen.
Er hatte beinahe die Brücke erreicht, um wie jeden Abend nochmal nach Seonghwa zu sehen, bevor er sich zurückzog, als vor ihm bereits die Tür aufging. Es war eben jener Nachtwandler, der ihm entgegen kam und Hongjoong bekam sein eigenartiges Lächeln geschenkt, das er strahlend erwiderte.
"Was gibt's, haben wir ein Problem?"
Seonghwa schüttelte bloß weich den Kopf und trat langsam näher an Hongjoong heran, deutlich zu nahe, um noch höflich zu sein. Dafür zögerlich genug, dass Hongjoong ihm ausweichen könnte, wenn er denn gewollt hätte.
Mit den Schuhspitzen an seinen, streckte Seonghwa die Hand nach Hongjoongs Kragen aus und zog diesen sanft beiseite, fand dann erst den Blick des anderen Mannes.
"Es ist wieder Zeit... Fühlst du dich gut genug dazu? Du hast in den letzten Tagen mehr geschlafen als sonst."
Was keineswegs schlecht war, aber ungewöhnlich für Hongjoong, das stimmte.
Hongjoong zuckte bloß die Achseln, hob selbst die Hände zu seinem Hemd, um zwei Knöpfe daran zu öffnen, Seonghwa mehr Zugang zu verschaffen.
Die dunklen Augen des Nachtwandlers fielen wieder auf seine entblößte Haut und er schluckte für einen Moment. Eine Reaktion des Hungers, aber für Hongjoong fühlte sich dieser Blick dennoch plötzlich sehr viel intensiver und schwerer an.
Er räusperte sich eigenartig.
"Nur zu, mir geht es gut."
Hongjoong hatte Seonghwa einmal darauf angesprochen, warum er seinen Hals dem Handgelenk vorzog. Im Falle des sehr ordentlichen und sauberen Seonghwas hatte Hongjoong erst gedacht, es sei aus Hygienegründen.
Dabei war der eigentliche Grund vollkommen woanders.
Seonghwa hatte damals sanft seine Hand gegriffen und ihn auf all die Sehnen und Muskeln unter seiner Haut aufmerksam gemacht. Er hatte ihm erklärt, wie schwer es war diese zu heilen, aber so einfach sie zu zerfetzen, wenn er nicht aufpasste.
Daher also der Hals.
Seonghwas Haar kitzelte bereits sein Kinn, als es Hongjoong einfiel wie unangenehm der Größenunterschied in diesem Moment für Seonghwa sein musste und er versprach es sich Seonghwa nächstes Mal irgendwo anders damit zu konfrontieren.
In einer federleichten Berührung fanden seine Hände Halt an Seonghwas Schultern, der seinerseits eine Hand an Hongjoongs Hinterkopf hatte, mit der anderen stützte er sich an der Wand neben ihnen ab.
Ein atemloser Moment des Wartens verstrich, dann biss Seonghwa ihn so sanft wie möglich, legte sofort die Lippen um die Wunde, um in tiefen Schlucken zu trinken.
Hongjoong stand absolut still, wartete bloß und starrte dabei nichtssehend an die Decke. Seonghwas Körper war kühl unter seinen Fingern, aber er roch gut. Sauber und entfernt nach ihrem Shampoo.
Abwesend begann Hongjoong über die Schultern des anderen zu streicheln, zählte in seinem Kopf die Sekunden, solange sie außerhalb der Brücke waren.
Für einen Moment war alles still abgesehen von dem Schlucken von Seonghwas Seiten und Hongjoongs weichen Atem im Haar des anderen, dann glitt allerdings die Tür hinter Seonghwa auf.
Es war Wooyoung, mit seinen goldenen Löckchen und einem Lächeln auf den Lippen, bereit Hongjoong wegen seinen Spielen zu belästigen.
Hongjoong nahm gerade eine Hand von Seonghwa, hob an ihm zu sagen, dass es nicht lange dauern würde und er sofort wieder für ihn da wäre, als Wooyoung mit einem Mal ganz große Augen bekam.
Sein Lächeln erlosch wie eine Kerze im Wind.
Seonghwa verharrte, löste sich dann behutsam wieder von Hongjoong, um sich vorsichtig zu Wooyoung umzusehen, sein Körper starr zwischen ihnen beiden.
Wooyoung ließ ein nervöses Lachen hören.
"Ah... Ha ha... Natürlich trinkt er von dir, nicht...? Natürlich." Seine Fühler zuckten nervös, kräuselten sich schützend ineinander.
"Wooyoung?" Hongjoong fragte vorsichtig, bekam ein flaues Gefühl im Magen, als er die Leere im Blick des anderen sah. Seine Augen waren blank.
Seonghwa bewegte sich mit Sorgfalt, trat langsam von Hongjoong zurück und hob abwehrend die Hände, wie um zu sagen 'ich habe ihn nicht verletzt'. Wooyoungs Blick flackerte bei der Bewegung hoch und seine Augen fanden Hongjoongs Hals, die offene Wunde, aus der noch Blut quoll.
Mit einem Mal zuckten seine Fühler in eine senkrechte Postition und Wooyoungs Hand kam zu seinen Lippen herauf. Hongjoongs Augen weiteten sich mit den seinen.
Er warf sich herum, schneller, als Hongjoong reagieren konnte und stürzte panisch wieder auf die Brücke hinaus, die Hand fest vor seinem Mund.
Alarmiert traf Hongjoong Seonghwas Blick und der schüttelte nur stirnrunzelnd den Kopf.
Sein Magen war den restlichen Tag über ein Knoten und Wooyoung kam nicht mehr aus seiner Kajüte heraus.
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