*(45) Urteil*

Sie nehmen dich auf, ohne zu wissen, wer du bist. Und obwohl sie dich nicht verurteilen, tust du es selbst.

~~~

Lächelnd schaute ich runter auf Damians verwuschelten Haarschopf. Er lag mit dem Kopf auf meiner Brust und schlummerte vor sich hin, während ich mich an die letzten Stunden zurückerinnerte.

Die meiste Zeit über hatte er entspannt gewirkt. Er hatte mich angeleitet und mir Schritt für Schritt gesagt, was ich tun sollte und worauf ich achten musste. Seine Hände waren locker über seinem Kopf gelegen und seine Augen hatte er geschlossen.

Er hatte so verdammt anmutig dabei ausgesehen, mit gespreizten Beinen vor mir zu liegen, seine zuckende Härte auf seinem Bauch und die Arme über seinem Kopf.

Es hatte sich so verdammt schon angefühlt, wie er sich für mich geöffnet hatte. Wie er immer lockerer geworden war und wie er mich schließlich in sich aufgenommen hatte.

Irgendwann, hatte ich beschlossen, wollte ich einen Weg finden, ihm dieses Gefühl ebenfalls zu ermöglichen.

Erst, als er zum Ende kommen hatte, hatte er so gewirkt, als müsse er mit sich kämpfen. Sein Stöhnen hatte mehr nach einem Knurren und Schauben geklungen und seine Nägel hatten mein Bettgestell zerkratzt.

Ich hatte daher innegehalten, doch schon bevor ich ihn fragen konnte, ob er eine Pause brauchte, hatte er die Augen aufgeschlagen und gedroht: "Wage es bloß nicht, jetzt aufzuhören!"

Er hatte versucht, sich weiter auf mich zu schieben und für einen Augenblick hatte ich die Verzweiflung dieser Tat genossen. Dann hatte ich weitergemacht.

Ich hatte alles getan, was er verlangt hatte und alles, was mir in den Sinn gekommen war. Damian war zu allem bereit gewesen, außer sich die Fesseln abmachen zu lassen.

Nachdem ich das dritte Kondom neben meinem Bett auf den Boden geworfen hatte und feststellen musste, dass ich mich es war, der eine Pause brauchte, hatte Damian mir erlaubt, ihn vorerst loszumachen.

Trotzdem hatte er sich kein Stückchen bewegt. Er hatte mich gebeten, das Fenster zu öffnen und ihm etwas zu geben, womit er sich die Flüssigkeit vom Oberkörper streichen konnte – eine Mischung unseres Schweißes und seines Samens.

Nachdem er sich provisorisch saubergemacht hatte und ich vom Fenster zurückgekommen war, hatte er sich auf mich gelegt und war kurz danach in meinen Armen eingeschlafen.

Ich war mir sicher, zwischendurch auch etwas geschlummert zu haben. Mit ihm auf mir wachzuwerden hatte mir so richtig klargemacht, dass es echt passiert war. Ich hatte mit Damian geschlafen. Wir hatten Sex. Es hatte mir gefallen. Und noch viel wichtiger: es hatte ihm gefallen.

Am frühen Abend beschloss ich, Damian vorsichtig von mir zu schieben und duschen zu gehen. Meine Tante würde bald von der Arbeit kommen und ich wollte versuchen, einen klaren Kopf zu kriegen, bevor wir ihr gegenübertraten.

Damian brummte unzufrieden, als er merkte, dass ich vorhatte, das Bett zu verlassen, und verstärkte seinen Griff um meinen Körper.

"Ich will duschen, bevor meine Tante kommt", flüsterte ich ihm zu und drückte ihm solange kleine Küsse auf den Scheitel, bis er den Kopf von meiner Brust hob.

"Können wir nicht die Zeit anhalten und für immer kuscheln?" Er schaffte es kaum, seine Augen offen zu halten, während er das brummte.

Mein Magen kribbelte bei seinem süßen Anblick und versuchte, diesen besonderen Moment in meiner Erinnerung abzuspeichern. Ich wollte immer wieder daran zurückdenken können. Nicht nur, um Damian damit aufzuziehen, wie verschmust er bei mir war. Auch einfach, weil es mich glücklich machte.

Ich strich ihm sorgfältig die Strähnen aus der Stirn. "Leider nicht, du süßes Kätzchen."

"Miau", machte er verschlafen und legte sich wieder auf meine Brust. "Kennst du nicht die Regel, dass man sich nicht bewegen darf, wenn eine Katze auf einem liegt?"

"Am besten ich nehme dich einfach mit unter die Dusche. Du wirkst so als würdest du sonst nicht wach werden."

"Du willst bloß meinen Körper abschrubben", schnurrte er, während er seine Wange an meiner Brust rieb.

Bevor ich etwas dazu sagen konnte, ergänzte er: "Sag das doch gleich."

Mit einem angestrengten Laut rollte er sich von mir, sodass er sich an der Bettkante aufsetzen konnte.

"Hast du noch nicht genug?" Ich rutschte hinterher und legte meine Arme um seinen Torso, während er sich mit einer Hand die Haare aus dem Gesicht hielt und mit der anderen nach meinem Bein tastete.

"Von dir werde ich niemals genug haben."

Er rutschte etwas nach vorne und zischte im selben Moment auf.

Ich drückte meine Lippen auf seine Schulter. "Tut es sehr weh?"

"Fühlt sich an, als hättest du mich mit einem Kaktus gefickt."

Das Bild, das er dadurch schuf, brachte mich leicht zum Lachen.

Damian warf mir dafür einen finsteren Blick zu, während er meine Hände von sich schlug. Er stand auf und hielt sich, begleitet von einem „Aua" den Hintern.

Ich drückte mein Gesicht in die Matratze, um zu verstecken wie breit ich grinste.

Es war nicht so als wäre ich besonders Schadenfroh. Natürlich fand ich es blöd, dass er Schmerzen hatte. Richtig blöd. Ich wollte nicht, dass er mit unserem Sex etwas Negatives verband. Es war unfair, dass er aus diesem wunderschönen Erlebnis Schmerzen mitnehmen würde, während ich nur die positiven Dinge mitnahm. Beim nächsten Mal würde ich definitiv versuchen, das bestmöglich zu vermeiden. Ich hatte Erfahrung gesammelt, die ich anwenden konnte.

Notiz an mich selbst: Mehr Vorbereitung einplanen als Damians Geduld zuließ + Mit jedem neuen Kondom neu Gleitgel dazugeben.

Ob und wie viel das half, konnte ich erst sagen, nachdem ich es ausprobiert hatte.

Bis dahin musste ich gegen den Teil von mir ankämpfen, der seltsam stolz darauf war, dass unser Sex der Grund für seine Schmerzen war.

„Marlon, ich hasse dich", hörte ich von Damian.

„Wieso?", nuschelte ich in meine Laken. "Du wolltest immer mehr. Ich habe dich tausend Mal gefragt, ob wir aufhören sollen."

"Versuch mal du solche Entscheidungen zu treffen, wenn grade deine Prostata stimuliert wird! Allein beim Gedanken daran, will ich mich auf deinen Schwanz setzen! Ah, ich hasse die Pubertät!"

Ich drehe meinen Kopf, sodass ich zu ihm lugen konnte und erkannte, dass er wieder hart war. Und verdammt, sah er gut aus, wenn sein Schwanz senkrecht von seinem Körper abstand und zu voller Länge heranwuchs.

Damian machte zwei Schnelle Schritte zu mir, riss die Decke unter mir hervor und legte sie über mich.

Verwirrt schaute ich zu ihm. Er hielt es nicht für nötig, seine Tat zu erklären, sondern begann, die Klamotten, die um das Bett herumlagen, zu sortieren, um herauszufinden, welche davon seine waren.

"Stehst du bald auf oder muss ich jetzt doch alleine duschen? Ziemlich unfair, solche Versprechungen zu machen und sich nicht daran zu halten."

Ich setzte mich auf und fing die Boxershorts auf, die Damian mir zuwarf. „Was ist los?"

Er war total unruhig. Lag es an den Schmerzen? Oder bereute er, was wir getan hatten?

Damian blieb mitten in seinen sinnlosen Schritten durch mein Zimmer stehen und schaute zu mir. "Fuck, ich glaube ich bin nervös." Er hielt sich in einer vollkommen hilflosen Geste die Haare aus dem Gesicht.

Erleichterung und Zuneigung durchfluteten mich.

Ich stand auf und lief zu ihm, um seine Hände in meine zu nehmen und jeder von ihnen einen Kuss zu geben. „Meine Tante mochte dich von Anfang an. Ich will ihr nur sagen, wie wichtig du mir geworden bist. Wenn sie merkt, wie glücklich du mich machst, liebt sie dich noch mehr. Es gibt absolut keinen Grund, nervös zu sein. Versprochen."

~~~

Nach unserer Dusche gingen wir nach unten und fanden meine Tante und ihren Mann bereits beim Tischdecken vor. Wir halfen ihnen und setzen uns dann zusammen hin.

Damian wirkte nach außen hin ganz gelassen. Dass er unter dem Tisch mit beiden Beinen wackelte, konnte nur ich sehen.

Ich legte meine Hand auf seinen Oberschenkel und drückte ihn so nach unten, dass er die Fußsohle auf dem Boden abstellen musste. Sein anderes Bein zog automatisch nach.

Damian sah mich an und lächelte, begleitet von dem Türkis seiner Augen.

„Sag mal, Damian, trägst du Kontaktlinsen?", fragte Anton fasziniert.

Damian schaute zu ihm. "Manchmal."

"Steht dir gut", lächelte Carla.

Das Abendessen war schon vorbei, als mir auffiel, dass ich keine Gelegenheit gefunden hatte, die Bombe platzen zu lassen. Ich schnappte mir also Joghurt und Pudding aus dem Kühlschrank und stellte für jeden von uns einen Becher davon auf den Tisch, nachdem ich Anton geholfen hatte, die Teller in die Küche zu bringen.

Meine Tante erzählte Damian gerade, wie sie Anton kennengelernt hatte, während ich jedem einen Löffel zuschob und auf meine Gelegenheit wartete, einzuhaken.

"Bei Damian und mir war es auch ganz witzig", erzählte ich, sobald Carla ihren Satz beendet hatte. "Ich kannte ihn noch gar nicht und habe ihn auf dem Pausenhof schon umgerannt."

"Und er hat sich nicht mal die Mühe gemacht, sich zu entschuldigen, sondern ist einfach auf mir liegen geblieben und hat mich angestarrt. Ich dachte, er hat einen Knall. Und das hat sich bestätigt."

„Hey!", meinte ich empört. "Du warst der, der gestarrt hat. Um genau zu sein, hast du nie aufgehört. Du bist vollkommen verrückt nach mir."

„Sagt der, der sich immer nach mir umgeschaut hat und mir ständig hinterhergerannt ist."

Ich kniff ihm strafend in die Seite. „Sei froh darüber. Du wärst niemals einen Schritt auf mich zugegangen ohne meine Vorarbeit."

„Ich bin schüchtern", behauptete er mit einem frechen Grinsen.

„Von wegen schüchtern! Du spielst einfach nur gerne hard to get."

„Und du spielst gerne mit." Er nahm den Kragen meines Shirts in die Hand und zog mich daran zu sich runter, um mir einen Kuss auf den Mundwinkel zu drücken.

Ich lächelte breit, tat aber so als wäre ich bis in alle Maßen genervt von ihm. Ich schätze, das war eine unserer Arten, Liebe zu zeigen.

Ich verdrehte die Augen und schaute an ihm vorbei zu meiner Tante. „Kannst du mir sagen, warum ich mit jemandem zusammen bin, den ich die meiste Zeit gar nicht leiden kann?"

„Das kannst nur du wissen, Schatz", lächelte sie.

Das war es also. Mein Outing.

„Warte mal", hakte mein Onkel ein. „Zusammen? Zusammen wie Freund und Freundin?"

Ich spürte einen Stich in meiner Brust.

Carla schlug ihrem Mann auf den Arm. „Na hör mal! Freund und Freund!"

Ich stimmte durch ein Nicken zu.

Anton schaute blinzelnd zwischen Damian und mit und her und nickte dann anerkennend. „Nicht schlecht, mein lieber Specht."

Damian lachte darüber und drückte meine Hand, die ich in seinen Oberschenkel gekrallt hatte. Ich ließ sie locker. Sofort glitten seine Finger zwischen meine.

„Dann gehe ich mal nicht davon aus, dass ihr eure Hausaufgaben gemacht habt?" Carla zog wissend ihre Augenbrauen hoch.

„Machen wir sonst auch kaum."

Mittlerweile war ich sogar so faul geworden, dass ich mir nicht einmal mehr die Mühe machte, die Hausaufgaben, die Finn und Alisha mir schickten, abzuschreiben. Die Fächer, die die beiden mir zugeteilt hatten, machte ich auch bloß, weil sie sich darauf verließen und ich sie nicht hängen lassen wollte.

„Ich konnte keine Hausaufgaben machen", meinte Damian zu seiner Verteidigung. „Ich war stundenlang ans Bett gefesselt."

Ich schnappte empört nach Luft. „Damian!"

Er schaute mich unschuldig an.

Im Hintergrund hörte ich Anton husten und bekam mit, wie meine Tante ihm auf den Rücken klopfte.

Ich warf Damian einen finsteren Blick zu, ehe ich mich an meine Tante wandte. „Nur um das klarzustellen: Er wollte gefesselt werden."

„Ich fand es toll", bestätigte Damian. Er ließ mich für keinen Moment aus den Augen, fast so als wüsste er, dass sich die Farbe seiner Iris gerade veränderte. Für einen Moment blitzte ein helles Blau daraus hervor. Danach wurden sie wieder türkis.

„Schön, dass ihr... Spaß habt", sagte Carla, um Ernsthaftigkeit bemüht, während sie grinsen musste. „Aber passt bitte auf mit solchen Spielchen."

Ich verdeckte mein Gesicht mit den Händen und versuchte, mich in Luft aufzulösen.

"Musst du mich so blamieren?" Ich wusste selbst nicht, an wen ich mich damit richtete.

Damian lachte, legte aber im gleichen Moment seine Hand auf meinen Arm und streichelte darüber.

Es war okay. Dass meine Tante mich blamierte. Dass Damian mich blamierte. Dass ich mich blamierte. Es war okay. Weil ich tolle Menschen um mich hatte, die ich liebte und die mich liebten. Diese Liebe wappnete mich für alles, was noch auf mich zukommen würde.

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