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Horst wurde bleich, trotzdem war er nicht so weiß, wie das, dass ihm gegenüber stand. Er starrte wie gebannt auf das Gerippe, dass direkt vor ihm stand. Genauer auf das Totenhemd, dass es trug. Ich wollte schreien, dass er sofort wegrennen sollte, doch meine Kehle war vor Angst um ihn zugeschnürt. Ein Funke des Wiedererkennens lag in seinem Blick. "Hallo Ismira", krächzte er. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich, Ismira. Sie war Horsts Tante gewesen , doch nun stand sie mehr oder weniger lebendig vor ihm. Es war die Schwester seiner Mutter und Horst hatte immer sehr an ihr gehangen. Klar, dass er jetzt so reagierte.

Wenn dies tatsächlich Ismira war, dann mussten die Anderen die sterblichen Überreste unserer Vorfahren sein, und tatsächlich glaubte ich ein kleines Gerippe im Totenhemd meiner Großmutter weiter hinten zu erspähen.

Horsts Tante streckte eine Hand nach ihm aus, es sah fast so aus, als ob sie ihm über die Wange streicheln wollte. Er streckte ebenfalls seine Hand aus, doch nicht um die Geste zu erwidern, sondern um ihr ihr Leichenhemd zu entreißen. Durch den Ruck fiel sie zu Boden und ein Teil ihrer Speiche brach splitternd ab. Das Geräusch war grässlich und hallte durch Mark und Bein. Die anderen Skelette wurden aufmerksam, und wollten wissen, was mit ihrer "Kameradin" passiert war. Horst zeigte keinerlei Mitgefühl, er würdigte sie keines Blickes, als sie ihm zu Füßen am Boden lag und die Hand nach ihm ausstreckte. Dann preschte er los.

Er klammerte sich an die Stoffe in seinen Armen und rannte Richtung Friedhofskapelle. Er drehte sich nicht einmal mehr nach mir um. Mich überkam eine Welle der Angst. Ich umklammerte meine Knie als mir plötzlich klar wurde, dass mein bester Freund mich soeben mit 30 Untoten allein, mitten in der Nacht zurückgelassen hatte. Ich dachte schon, die Skelette würden ihm folgen, doch ich hatte mich geirrt. Sie hatten aufgehört zu tanzen und drehten sich in die Richtung, in die er geflohen war, doch keines machte Anstalten ihm zu folgen. Ich hätte auch wegrennen sollen, doch ich war zu fasziniert von dem was hier alles passierte, geradezu hypnotisiert, unfähig mich zu bewegen.

Eines nach dem anderen sammelten die Skelette ihr die weißen, schwarz bestickten Tücher ein und gingen zu ihren jeweiligen Gräbern. Dann begannen sie, die Grabsteine beiseite zu schieben und drängten sich in die nun entstandene Öffnung, und begannen den Stein zurück zu ziehen. Auch der Himmel wurde dunkler. Ein paar Wolkenschlieren schoben sich vor den weiß-gelben Mond und ein Windhauch ließ die Bäume wispern. Ich zitterte, obwohl es eigentlich gar nicht so kalt war.

Es waren nur noch wenige Skelette zu sehen, unter ihnen acht Stück, die augenscheinlich nicht ihr Totenhemd gefunden hatten. Sie drehten sich zu Horst um, den ich erst jetzt in einiger Ferne bemerkte. Langsam aber sicher kamen sie auf ihn zu.



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