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Horst und ich saßen am Boden, wir hatten uns hinter einer kleinen Mauer verschanzt. Keiner von uns war fähig auch nur irgendetwas zu sagen, wir beide waren zu sehr damit beschäftigt, unsere Gedanken zu ordnen. Horst blickte sich die ganze Zeit mit gehetztem Blick um und auch ich konnte es mir nicht verkneifen, mich einige Male umzudrehen, um mich zu vergewissern, dass das hier wirklich war.

Gerippe, die auf ihren Gräbern tanzten, mitten in der Nacht. Sie waren unbekleidet und ihre Knochen glänzten gespenstisch im Mondlicht. Ich konnte nicht anders als sie wie hypnotisiert anzustarren. Ihre Augenhöhlen waren leer und ihre Münder grinsten höhnisch, sofern man das bei Skeletten so genau beurteilen kann. Es war unbegreiflich und war fast schon so unwahrscheinlich, dass ich mich kneifen musste. einen blauen Fleck später war dann klar, dass dies kein Traum war und die Angst kam zurück.

Plötzlich stieß Horst mich mit seinem Ellbogen an. "Hast du die Hemden gesehen?" Seine Augen waren glasig und er starrte begierig auf die weißen Leinenfetzen, die überall herumlagen. Am liebsten hätte ich ihn in diesem Moment geohrfeigt. Natürlich, es war so offensichtlich, dass er ein solches Hemd wollte. Er wollte sich von seinen Schulden für den Himmel freikaufen. Wenn es einer nötig hatte, dann er. Oft stahl er dem Bäcker ein Laib Brot oder dem Metzger ein paar Würste.

Ich musste versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, denn der Gedanke an 30 Untote hielt ihn augenscheinlich nicht davon ab. Wenn ich ein solches Skelett wäre hätte ich sichtlich ein Problem damit, wenn irgendein dahergelaufener Halbwüchsiger mir mein einziges Bekleidungsstück stehlen wollte! Also versuchte ich ihn abzulenken. Unschuldig und verängstigt (zumindest sollte es so wirken) fragte ich :"H-hast du F-Friedrich gesehen?" Die Frage warf ihn völlig aus der Bahn und er schaute überrascht. "Friedrich?". "Ja, Friedrich". "Nein, den habe ich nicht gesehen, aber ich hole mir jetzt eins von diesen Tüchern, am besten gleich 8, für meine ganze Familie."

Mein Ablenkungsversuch war misslungen, also versuchte ich es anders. "Horst, du kannst da jetzt nicht hin, wer weiß, was passiert, wenn sie dich sehen und...". Es war schon zu spät. Horst schlich sich entlang der äußersten Grabreihe und nahm sich jedes Totenhemd, dass er zu fassen bekam. Bis jetzt hatte ihn keins der Skelette bemerkt, doch es war nur eine Frage der Zeit bis sie es tun würden.

Siegessicher drehte er sich zu mir um und begann loszulaufen und im Siegestaumel bemerkte er nicht wie er schnurstracks auf eine Untote zulief, soweit man die Geschlechter unterscheiden konnte. Ich war mir relativ sicher, da ein blondes, langes Haarbüschel aus dem Kopf herausragte.  Er oder Sie starrte ihn aus leeren Höhlen an. Ich sah, dank des hellen Mondlichtes genau, was sich nun abspielte. 

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