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Ich konnte nicht glauben, dass es Horst so gleichgültig war, wo Friedrich war. Sonst freute er sich immer, wenn er ihn traf und war sogar ziemlich gut mit ihm befreundet. Ich blickte ihn entgeistert an. "Heute ist aber nicht 'so wie immer'. Seit Wochen wird der Friedhof morgens zertrampelt aufgefunden und es führen auch Pfade in Richtung Dorf. Heute ist Vollmond und bis heute wurde die Verwüstung immer stärker. Ich habe das Gefühl, dass-". "Du und dein Gefühl. Du behauptest immer du hättest da 'so ein Gefühl'. Bis jetzt lagst du nie richtig mit deinem 'Gefühl'!". Ich starrte ihn ungläubig an. Horst hatte mich noch nie so angefahren, deshalb verwunderte er mich noch mehr. Schnaubend saß er neben mir. Ich musterte ihn immer noch von der Seite. Langsam beruhigte er sich. Ich sagte gar nichts. Die kühle Nachtluft strich über meine Arme und jagte mir einen Schauer über den Rücken.
"Hör zu", setzte er an. Ich schaute stur geradeaus. Er ignorierte es und sprach weiter. "Ich weiß, dir liegt viel an Friedrich, aber es ist jetzt zu gefährlich um ihn zu suchen. Es ist mitten in der Nacht und ich möchte dich nicht auch noch verlieren. Ich mag Friedrich auch und auch wenn es vielleicht nicht so aussieht, ich mache mir auch Sorgen." "Gut!", erwiderte ich, " dann gehen wir ihn jetzt suchen". Verblüfft starrte Horst mich an. "Da hat heute jemand aber keine Ruhe", sagte er und erhob sich langsam. Er wusste, dass es zwecklos war, sich mir zu widersetzten.
"Und was hast du jetzt vor?", fragte er mich lediglich. Das wusste ich selbst noch nicht genau, aber ich sagte : "Wir gehen auf den Friedhof und sehen nach, wo Friedrich steckt". Er fragte nicht, warum ich ausgerechnet vermutete, dass der alte Mann auf dem Friedhof steckte. Das war auch besser so, denn ich wusste es selbst nicht so genau, und wenn ich wieder von meinem Gefühl sprach, würde das zu einer erneuten Diskussion führen.
"Und wenn uns eins deiner Hirngespinste über den Weg läuft (sofern es existiert) und angreift, was machen wir dann?", fragte er provozierend. Wir standen uns inzwischen gegenüber und starrten uns finster an. Normalerweise war er der netteste Junge überhaupt, doch sein Verhalten passte heute gar nicht zu ihm. Ich schob es auf den Vollmond, der gelb und groß über uns stand und uns beleuchtete. "Erstens gibt es die deiner Meinung nach gar nicht und zweitens, falls es sie denn gäbe, benutzen wir Kreuze!" Er wirkte beeindruckt von der schnellen Antwort. Ich nutzte seine Sprachlosigkeit und wollte schon weiterreden, da fragte er : "Kreuze". Er wirkte immer noch überrumpelt. "Na was denn sonst?", erwiderte ich spitz und freute mich im Stillen darüber, dass ich ausnahmsweise etwas besser wusste als er. "Hörst du dem Priester überhaupt nicht zu? Das ist doch vollkommen ersichtlich. Die Toten haben keine Seelen mehr, die Sind im Himmel oder sonst wo. Ihre Körper haben nun also keine Verbindung zu Gott und somit zur Religion mehr, also gehören sie dem Teufel. Und den Teufel kann man bekanntlich mit Weihwasser und Kreuzen vertreiben."
Ein Funke erglomm in seinen Augen. "Ich glaube, dass könnte wirklich funktionieren. Wir suchen ihn noch heute Nacht."
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