Brief

21.09.2019

Delian,

es fühlt sich seltsam an, sich jetzt auf zwei Arten zu schreiben, aber ich mag es. Manche Dinge kann ich besser in Briefen schreiben. Zum Beispiel, dass ich heute ganz lange und viel mit Cara geredet habe und es sich so gut angefühlt hat, sich mal alles von der Seele zu reden. Sie hat erzählt, was sie alles gemacht hat, während ich nicht da war, ich habe von uns erzählt und manchmal haben wir uns einfach umarmt und über unsere Mutter geredet.

Wir haben sie auch besucht heute auf dem Friedhof. Ihr Todestag ist zwar schon eine Weile her, aber heute haben Cara und ich uns so nahe gefühlt wie sonst nur an diesem Tag. Ich hoffe, dass es noch öfters so ist, denn ich liebe meine Schwester so sehr und möchte nicht ohne sie sein. Es tut gut, mich ihr anzuvertrauen.

Mit meinem Vater habe ich auch geredet. Nichts in Richtung Outing oder so, dazu bin ich noch nicht bereit. Aber wir haben entschieden, dass ich die Ausbildung bei ihm nicht fortsetzen werde – ich hatte sie letztes Jahr ja quasi sowieso abgebrochen, als ich zu dir gegangen bin. Jetzt werde ich die nächste Zeit wohl Praktika oder sowas machen, bis ich weiß, was ich mit meinem Leben anfangen will. Aber ich bin schon ein wenig stolz darauf, dass ich ihm gesagt habe, dass ich die Ausbildung nicht weiter machen will. Auch wenn du irgendwie der Auslöser dafür warst, dass ich gemerkt habe, dass es nicht das Richtige für mich ist.

Mit Nicolas habe ich mich übrigens auch noch getroffen. Das klingt jetzt alles nach so viel, dabei hat es sich gar nicht so angefühlt. Das Treffen war nach dem Gespräch mit meinem Vater und wir haben uns nur ... kennengelernt. Ich weiß nicht, was ich sonst dazu sagen soll. Wir sind durch die Gegend gelaufen und haben geredet. Er ist echt super nett und wir verstehen uns echt gut. Aber im Moment möchte ich das Ganze noch auf mich wirken lassen, deswegen erzähle ich nicht so viel.

Komme ich dir verändert vor? Ich fühle mich so. Besser, vielleicht ausgeglichener. Und ich gebe nicht mehr so viel auf die Meinung anderer, sondern schaue zuerst, dass es mir gut geht. Ich hoffe, du machst es genauso, denn es tut wirklich gut.

Ich kann es nicht erwarten, wieder deine Stimme zu hören, wieder dein Gesicht zu sehen.

Ich vermisse dich. Hab dich lieb,

Amaliel


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