XL Style

Für den Bruchteil einer Sekunde macht mein Herz einen Hüpfer. Aber als die Realität meinen Verstand einholt, breche ich in schallendes Gelächter aus. Wenn ich Antons Worte nach ihrer Glaubhaftigkeit mit einer Skala von null bis zehn beurteilen müsste, wäre sie null.

Ich ertaste Antons Stirn und frage sarkastisch: „Hast du Fieber oder wurde dein Gehirn irgendwelche Schäden zugefügt? Weißt du überhaupt was du eben gelabert hast?"

Er wirft mir einen fassungslosen Blick zu. Ich zucke schmunzelnd die Achseln und füge hinzu: „Ich bringe dir mal ein Glas Wasser, falls du wegen einer deiner gestrigen Partys noch nicht ganz wach bist und Erfrischung brauchst."

Er hält mich am Arm fest. „Spinnst du?"

Entgeistert drehe ich mich um. „Wenn ich spinne, dann bist du ja wohl völlig verrückt geworden! Wie um Himmelswillen kannst du mich nach einem Date fragen, obwohl du mich nicht mal ansatzweise magst?!", schreie ich.

Er lässt meinen Arm los und fährt sich verzweifelt durch die Haare. „Verdammt! Du treibst mich echt zu der Grenze meiner Begrifflichkeit!"

Er packt meine Taille, setzt mich auf die Theke und stellt sich anschließend zwischen meinen baumelnden Beinen. Als ich meinen Mund zum Sprechen öffnen möchte, nimmt er einen Apfel aus dem Korb hinter mir und stopft ihn in meinen Mund.

„Au!" Ich versuche ihn wegzuschubsen, doch er rührt sich nicht vom Fleck.

Mir starr in die Augen sehend, sagt er: „Erstens: Ich kann jeden nach einem Date fragen. Zweitens ist es sowieso kein Date, ich wollte dich lediglich auf eine Party mitnehmen und dir paar Freunde vorstellen. Drittens war es keine Frage, sondern ein Beschluss. Viertens: Wer hat bitteschön behauptet, dass ich dich nicht mag?"

Ich empfinde zugleich einen Hitze- und Kälteschock. Er mag mich (!!!), aber nur freundschaftlich (...), wenn ich es richtig interpretiere.

„Also hole ich dich später ab." Er tritt einen Schritt zurück, sodass ich von der Theke runterspringen kann.

„Ich kann nicht. Enni hat heute Geburtstag."

„Na und? Als ob sie ihren Geburtstag mit dir feiert ... Schläft man da nicht gleich ein?", spottet er.

Ich verdrehe die Augen. „Glaubst du allen Ernstes, dass du mich mit diesem Kommentar zu der Party überreden kannst?", gebe ich zickig zurück.

Er lacht. „Stimmt. Nächstes Mal sollte ich wohl besser aufpassen, was ich sage."

Ich werfe ihm einen süffisanten Blick zu.

„Hast du heute noch was vor?"

Ich beschließe seine Anwesenheit mal auszunutzen, da die Partyvorbereitung mühsamer ist als ich dachte.

„Nö, warum?"

„Super. Hier kommt mein Vorschlag: Du hilfst mir, ein perfektes Geburtstagsfest für meine Schwester vorzubereiten. Und ich überlege es mir mit deiner Party."

„Abgemacht."

_

Erschöpft lassen wir uns auf das Sofa fallen. In den vergangenen Stunden haben wir Tische und Stühle zurechtgerückt, waren Einkaufen und haben das Buffet vorbereitet. Nun, eine Stunde vor Beginn der Party, ist alles fertig. Ich seufze erleichtert.

„Weshalb du die Geburtstagsparty deiner Schwester organisierst, verstehe ich echt nicht", murmelt Anton neben mir. Ich neige den Kopf in seine Richtung: „Ganz einfach, weil sie eine Chaotin ist."

„Und du eine Perfektionistin, schon klar", entgegnet er kopfschüttelnd.

„Kann ich was dafür?", erwidere ich lahm.

„Ja. Wie wär's mit lockerer, entspannter, spaßiger-"

Unsere Unterhaltung wird von Enni unterbrochen. Sie schneit mit x-Tüten durch die Tür. „Bin wieder da! Boah Ella, ich hab so geile Sachen gefunden! Warte, ich zeig sie dir gleich. Du musst mir unbedingt bei der Entscheidung helfen. Ich hab zwei Kleider gekauft und - Oh! Habe ich euch bei irgendetwas gestört?" Sie lässt ihren Blick zwischen Anton und mir hin und her wandern.

Abrupt richte ich mich auf. „NEIN!? Wie kommst du darauf??"

„Naja, Schwesterherz, du siehst irgendwie ... befriedigt aus", antwortet sie mit einem anerkennenden Nicken. Ich spüre, dass meine Wange anfangen zu glühen.

„Enni, Wortwahl!", zische ich.

„Och Ella! Das muss dir doch nicht peinlich sein! Ich weiß, dass du seit der Sache mit Jann-"

Ich ahne nichts Gutes, wenn sie weiter plappert, deshalb unterbreche ich sie. „Wolltest du mir nicht deine Einkäufe präsentieren?"

Sie wirbelt herum. „Stimmt. Warte!"

Sobald sie die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer gerannt ist, bricht Anton in Gelächter aus. Ich schlage ihn auf dem Oberschenkel.

„Deine Schwester ist echt schräg."

Ich seufze. „Da hast du vollkommen Recht. Schau dir die Modenschau von Enni an. Ich ziehe mich rasch um, dann können wir los."

„Du gehst mit mir auf die Party?", fragt er ungläubig.

„Jap. Lieber hänge ich mit fremden Leuten rum, als mit extrem pubertierten Teenagern."

Er grinst. „Du steckst echt voller Überraschungen."

_

Da ich Kleider auf Partys als unpraktisch empfinde, entscheide ich mich für eine schwarze Dreiviertel-Hose, ein schlichtes graues T-Shirt und darüber einen Strickpullover in Rotwein-Farbe (s. Bild).

Beim Anblick meines Spiegelbildes wird mir schlagartig bewusst, warum Enni den Verdacht hatte, dass ich und Anton rumgemacht haben könnten. Dadurch, dass ich den ganzen Tag beschäftigt gewesen bin, sind meine Haare zerzaust geworden und die Wimperntusche ein wenig verschmiert.

Gott. Und Anton hat mich in diesem Zustand gesehen. Wie peinlich ist das denn!

So sehr ich vor Scham im Erdboden versinken möchte, mache ich mich trotzdem fertig und gehe runter.

Enni steht in einem bodenlangen, trägerlosen, schwarzen Kleid vor Anton.

„Und wie findest du es?", fragt sie, nachdem sie sich zu mir umgedreht hatte.

„Schön, steht dir", gebe ich ehrlich zu. Enni springt fröhlich auf. „Ja! Jetzt lege ich noch ein perfektes Make-up hin und dann kann's losgehen!"

Augenblicklich verschwindet sie. Während ich ihr nachschaue, mustert mich Anton von Kopf bis Fuß.

„Gehst du etwa so auf die Party?", fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Ja, was dagegen?"

„Es ist sehr langweilig", stellt er fest.

„Na und? Ich habe nicht vor, Typen aufzureißen."

„Brauchst du auch nicht. Den heißesten Typ hast du bereits an deiner Seite", sagt er selbstsicher. Ich verdrehe die Augen.

„Aber der heißeste Typ braucht ebenso das heißeste Mädchen als seine Begleiterin. Hast du nicht was Passenderes für die Party?"

Ich schüttele den Kopf. Wenn ja, kannst du es vergessen, dass ich es trage.

Er mustert mich argwöhnisch. „Du bist so eine schlechte Lügnerin", flüstert er, nachdem er aufgestanden und an mir vorbei Richtung Treppe gegangen war.

Peinlich gerührt beiße ich mir auf die Unterlippe. Mann! Wieso besitze ich keine einzige Eigenschaft eines Bad-Girls?!

„Anton - Wehe du gehst in mein Zimmer!", schreie ich, obwohl es zwecklos ist.

Er dreht sich kurz um und wirft mir einen darauf-kannst-du-wetten Blick zu. Entsetzt schnappe ich nach Luft.

„Hat man dir keine Manieren beigebracht?"

Er macht ein gespielt grüblerisches Gesicht. „In diesem Fall nicht.", erwidert er neckisch und stolziert nach oben.

„Du Schwein!", schimpfe ich und renne ihn hinterher. In meinem Zimmer angekommen steuert er direkt auf meinen Kleiderschrank zu, als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt wäre, dass er bestimmt, was ich anziehe. Beleidigt lehne ich mich an dem Türrahmen.

Sekunden später zieht er ein weißes Cocktailkleid, das trägerlos und im Brustbereich leicht bemustert ist (s. Bild), heraus und reicht es mir.

Verflucht! Wo hab ich denn dieses Teil her?

Ich betrachte es verdutzt. „Wir haben Spätherbst", erinnere ich ihn. Er reicht mir einen hellgrauen Cardigan. „Zufrieden?"

„Es ist aber saukalt draußen und das Kleid ist so knapp", sage ich unsicher.

„Komm schon, Ella. Mit Franz hab ich dir vorgestern einen Gefallen getan. Heute tust du mir einen Gefallen." Er legt die Hände auf meine Schultern und schiebt mich in Richtung Bad.

„Das nennt man wohl ‚wie du mir, so ich dir', wahr?", murmele ich aussichtslos.

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