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Stille.
Die Stille, die Grace umgab, war keine absolute Leere, sondern vielmehr erfüllt vom Zirpen der Grillen, dem sanften Rauschen der Blätter und dem leisen Knacken der Äste.
Grace schloss ihre Augen und atmete tief ein.
Langsam wurde das Gefühl des Restalkohols etwas weniger, was bedeutete dass Grace wieder anfing zu fühlen.
Sie fühlte den ungeheueren Schmerz, den sie seit Monaten unterdrückte.
Ihr größter Feind waren ihre Gedanken und Erinnerungen, die sie jederzeit überfielen und sie in ein so tiefes Loch zerrten, aus dem es unmöglich schien wieder herauszukommen.
Riggs...
Tag und Nacht befand sich Riggs in ihren Gedanken und ließ sie nicht in Frieden. Ständig kreisten ihre Gedanken um den hübschen, unschuldigen aber dennoch drogenabhängigen jungen Mann. Und wenn sie mal nicht an ihn dachte, dann war sie völlig high. Man könnte somit sagen, dass er der Grund war wieso sie sich tagtäglich betäuben wollte. Dass sie es nicht mehr aushielt, alleine mit ihrem Schmerz und ihren Gedanken zu sein.
„Ich hab' was Neues ausprobiert, Mäuschen." Rigg grinste sie unverschämt an und zog ein Päckchen aus seiner Tasche.
Grace runzelte ihre Stirn und nahm einen tiefen Zug ihres Joints. „Oh Riggs, was hast du jetzt schon wieder angeschleppt?"
„Braunes Pulver dass uns den geilsten Trip verschafft den du jemals erlebt hast." Verschwörerisch schüttelte er das Päckchen in seiner Hand hin und her.
„Ist das Heroin oder was?" Unbeeindruckt sah Grace zu Riggs und schüttelte den Kopf. „Du meintest mal, dass wir so eine Scheiße nie konsumieren sollen."
„Naja, damit warst eigentlich nur du gemeint. Ich halte eben allem Stand, mir macht sowas nichts. Du müsstes mich doch mittlerweile kennen." Er lachte und zwickte Grace leicht in den Arm.
„Du spinnst. Hör auf mit diesem Mist, das Zeug ist alles andere als harmlos. Kennst du nicht „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"? Man sollte meinen, dass selbst du ein wenig Verstand und Allgemeinwissen besitzt, um zu erkennen dass mit dem Teufelszeug nicht zu spaßen ist." Verärgert sah Grace ihn an und verschränkte die Arme voreinander.
Sie liete Drogen, aber nur zu einem gewissen Grad. Gras und Pepp waren für sie in Ordnung, aber von Pillen oder andere harten Drogen wollte sie die Finger lassen.
„Meine Hübsche, ich passe doch auf mich auf. Bin doch nicht blöd."
„Grace?"
Erschrocken zuckte sie zusammen.
„Tut mir Leid, ich wollte dich nicht erschrecken. An was hast du denn gedacht?" Chase sah sie mit einem so intensiven Blick an, dass Grace beinahe übel wurde.
Oder es lag am Kater.
„An nichts. Nur dass die Landschaft hier sehr schön ist." Sie bemühte sich, ihre Lüge mit Nettigkeit zu verstecken, da sie absolut keine Lust hatte, über das zu reden was in ihrem Kopf herumschwirrte.
„Da hast du Recht. Komisch dass du noch nie auf dem Teufelsberg warst, hier ist es sehr entspannend. Aber du treibst dich wohl eher in den Clubs in Berlin herum, nicht wahr?"
Arschloch.
„Ja, da ist es wenigstens nicht so todsterbenslangweilig und still. Die Musik würde dir bestimmt auch gefallen." Sie grinste abfällig.
„Mir gefällt die Stille. Aber nicht diese, wo du das Rauschen deines eigenen Blutes hören kannst, sondern diese wie sie hier ist. Dir gefällt die Stille wohl nicht so sehr, oder?"
Konnte dieser Typ aufhören, sie bei jedem Satz zu analysieren?
„Nein. Ich mag es laut."
„Damit ich meine eigenen Gedanken nicht ertragen muss..", fügte sie in Gedanken bei.
„Meistens sind die Menschen, die die Stille nicht mögen, nur mit ihren eigenen Gedanken überfordert." Chase blickte sie auffordernd an, als würde er eine zustimmende Antwort erwarten.
„Wow, hast du dir das ganz allein zusammengereimt? Meinen Respekt, du solltest vielleicht Psychologie studieren mit so eine wahnsinns Erkenntnis." Spöttisch lachte sie und verdrehte die Augen.
Was ein Vollidiot, denkt er hat das Lebens bereits durchgespielt und hat dabei warscheinlich nie etwas Schlimmes erlebt.
„Das ist mein Plan, Grace." Zu ihrer Überraschung lächelte er sie an.
„Wann verschwindest du wieder? Ich verspüre das starke Verlangen, mir einen dicken Joint durch die Lunge zu ziehen." Grace lächelte zurück. Es machte ihr tatsächlich etwas Spaß, den jungen Mann zu provozieren.
„Weißt du, ich glaube hinter jedem Verlangen und jeder Sucht steckt ein so tiefer, innerlicher Schmerz, von dem man denkt ihn nur mit Drogen bekämpfen zu können. Aber ich kann dir sagen, dass es einen anderen Ausweg gibt, seiner eigenen Hölle zu entkommen. Wenn du möchtest, helfe ich dir dabei." Fragend sah er sie an.
„Ach, scher dich doch zum Teufel du Idiot."
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Hallo ich bin wieder da :)
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