Erfrieren oder Ertrinken

„Komm, wir spielen ein Spiel. Du magst doch Spiele, oder?", schepperte die verzerrte, geschlechtslose Stimme aus den Lautsprechern.

Sie zitterte. Ihr war kalt.

Metall bohrte sich in ihre Fesseln und Handgelenke, kaltes Metall, und warmes Blut lief aus den Wunden, über ihre Gelenke und wärmte sie. Wärme. Sie brauchte Wärme.

„Antworte!"

Sie presste ihre blauen Lippen fester aufeinander. Wenn ihr Blut sie wärmen konnte, dann würde sie nicht antworten.

Diesmal durchfloss Starkstrom die Eisenbänder, die sie an den kalten Stuhl fesselten. Es wärmte sie nicht, es tat nur entsetzlich weh.

„J-ja-a." Ihre Stimme zitterte, so wie ihr Körper.

„Was hast du gesagt? Ich kann dich nicht verstehen", provozierte die gestaltlose Stimme sie.

„I-ich ma-ag Sp-Spiel-le." Sie hatte schon vor langer Zeit aufgehört zu weinen, als sie bemerkt hatte, dass die Tränen sie nur kurz wärmten und ihr dann mithilfe der Kälte noch mehr wehtaten.

„Dieses Spiel wirst du besonders mögen. Es heißt: Wirst du ertrinken oder erfrieren!" Die Stimme klang begeistert und zuerst verstand sie den Sinn hinter den Lauten nicht und freute sich ebenfalls. Dann wurde ihr noch kälter als zuvor und sie wollte wieder weinen, hielt sich aber zurück.

„Ich erkläre dir mal, wie dieses Spiel funktioniert."

„N-nei-in."

Wieder bekam sie einen Stromschlag, doch die Stimme fuhr unbeirrt fort. „Deine Fesseln werden sich gleich ein wenig lockern und in den Eisenstuhl unter dir wird eine Kühlflüssigkeit gepumpt. Dann werden die Glaswände, die um dich herum zu Boden liegen, zu einem Würfel hochgezogen, der von oben mit Eiswasser gefüllt wird. Und dann schauen wir, wie du stirbst. Ist das nicht lustig?"

Sie schüttelte hektisch den Kopf und wurde panisch. Wenigstens ihr Nacken wurde durch die Bewegung wieder ein bisschen wärmer und beweglicher. Zitternd und panisch wartete sie auf den Stromschlag, der sie bestrafen würde, aber es kam nichts. Irgendwie war sie erleichtert aber auch unsicher, warum sie keinen Stromschlag bekommen hatte, obwohl sie doch ungezogen gewesen war.

Ihre Fesseln wurden gelockert, wie die Stimme es beschrieben hatte und die Glaswände wurden um sie herum an Stahlseilen hochgezogen. Dann begann Wasser von oben in den Glaskasten zu tröpfeln, quälend langsam zuerst, doch schon bald bedeckte das Wasser den gesamten durchsichtigen Boden.

Noch immer zitterte sie. Hatte der Stuhl ihr schon zuvor Wärme entzogen, so tat es ihr nun weh ihn an ihrer bloßen Haut zu spüren. Sie würde quälend langsam sterben, doch eine Möglichkeit war wesentlich verlockender als die andere. Wenn sie jetzt kurzen Schmerz in Kauf nahm, dann würde sie mit nicht ganz so großen Schmerzen sterben.

Mit aller Kraft versuchte sie ihre Fesseln zu sprengen, doch sie war zu schwach. Immer wieder brannte diese unsäglich heiße Kälte auf ihrer wunden Haut und es wurde immer schlimmer, je heftiger sie sich gegen das Metall warf. Sie musste es einfach schaffen. Irgendwann lockerte sich die Schelle um ihr linkes Handgelenk und sie zerrte stärker an dem Eisenband. Verkniffen biss sie die Zähne zusammen. Das Wasser hatte jetzt schon ihre Knie erreicht. Es war kalt.

Endlich hatte sie eine Hand frei. Doch was jetzt? Von Sinnen riss sie auch an der Fessel ihrer rechten Hand. Als sie sich auch davon befreit hatte, stand ihr das Wasser kurz unter dem Bauchnabel. Es war so kalt. Sie konnte nicht denken. Sie handelte nur, ihr Körper versuchte zu überleben, dazu brauchte sie ihren Verstand nicht, nur ihre Instinkte und ihre Intuition.

Sie stand auf. Ihre Glieder waren schon zu lange unbeweglich gewesen und sie fiel nach vorne. Ihre Füße waren noch immer gefesselt und sie konnte sich nicht abfangen. Mit einem hässlichen Reißen, einem ohrenbetäubendem Krachen und einem steinerweichenden Schrei brachen ihre Schienbeine, die der Belastung nicht standhielten. Es tat so weh. Die Kälte des Wassers betäubte die gebrochenen Beine zwar, doch nicht genug, dass sie nichts mehr fühlen würde. Trotz ihrer Schmerzen wurde sie nicht ohnmächtig, dafür sorgte das Band an ihrem Hals, das ihr in regelmäßigen Abständen kleinere Elektroschocks verabreichte. Warme Tränen liefen ihr über die Wangen und erfroren an ihrem Mund in der beißenden Kälte, die in dem gläsernen Würfel herrschte.

„Du spürst doch gar nichts, warum weinst du? Ist es der bevorstehende Tod, der unausweichlich scheint?"

Scheint. Warum sagte die Stimme ‚scheint'? Gab es eine Möglichkeit dem Schmerz zu entfliehen, außer dem Tod? Denn, wenn das Wasser und die Kälte es nicht taten, dann brachte sie der Schmerz irgendwann um.

Verzweifelt versuchte sie rational zu denken, aber in ihrem Kopf war kein Platz für etwas anderes als Fluchtgedanken. Sie musste nur ihre Füße loswerden.

Halb besinnungslos vor Kälte und Schmerz rissen die Sehnen und Muskeln, die ihre Beine noch an ihre gefesselten Füße gebunden hatten. Sie musste schwimmen um irgendwo hinzukommen. 

"Beeindruckende Technik, wirklich. Die anderen waren nicht so mutig. Vielleicht schaffst du es tatsächlich."

Mit taubem Körper trommelten ihre Fäuste gegen die Glaswände ihres Gefängnis. Das Wasser stieg höher bis schließlich die letzen Zentimeter sich ebenfalls mit Wasser füllten. Sie konnte nicht mehr atmen.

Irr verdrehten sich ihre Augen und sie wurde spürte wie Wasser in ihre Lunge eindrang, sie erstickte, nicht ohne folgenlos mit ihren Gliedmaßen herumzuschlagen.

Die vier Wände des Kastens wurden wieder zu Boden gelassen und zusammen mit dem blutig verfärbten Wasser fiel ihr lebloser Körper ohne Füße auf den harten Untergrund.

"Das war ein lustiges Spiel. Gleich nochmal!"

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