Es war noch früh am Morgen und im Laden war eine Menge los. Olive rotierte und Becky war in der Küche nur am Fluchen. Morgens war es im Café immer unglaublich voll. Menschen, Dämonen, Engel und Mischwesen belagerten den Tresen und bestellten einen Coffee-To-Go nach dem anderen. Die Sandwiches und kleinen Kuchen, die Becky mit viel Liebe in der Küche zubereitete, wurden im Akkord verkauft. Manchmal kam die hübsche Bäckerin kaum hinterher.
Gegen elf Uhr kehrte meist Ruhe ein und gab den Frauen Zeit zum Durchatmen und um das Chaos zu beseitigen, dass der Morgen hinterlassen hatte.
»Ich will mich nicht beschweren, aber an manchen Tagen würde ich gerne die Tür abschließen und mich hinterm Tresen verstecken«, sagte Olive und lachte. Becky seufzte nur und wischte über die Arbeitsflächen. Das Glöckchen an der Tür klingelte.
»Hallo?«, rief eine Männerstimme.
»Komme schon!«, rief Olive aus der Küche.
»Weiter geht es«, sagte sie mit einem Zwinkern zu Becky und ging zurück in den Verkaufsraum.
Ein großer attraktiver Mann stand am Tresen und schaute zu der Getränketafel auf.
»Guten Tag«, sagte Olive ein wenig atemlos. Sie musste nicht lange überlegen. Ihr war sofort klar, mit wem sie es zu tun hatte. Er war ein Dämon. Kein Halbblut, sondern ein Lord der Unterwelt stand vor ihr und überlegte, was für einen Kaffee er wollte. Sein Blick fiel auf Olive.
»W-Was darf es s-sein?«, fragte Olive mit einem gezwungenen Lächeln im Gesicht. Der Dämon schaute sie aus seinen roten Augen an.
»Einen Kaffee, schwarz, zum hier trinken«, sagte er mit einer tiefen, rauen Stimme.
»G-gern, setzten Sie sich, ich bringe Ihnen die Bestellung an den Tisch«, sagte sie, schon ein wenig gefasster. Olive merkte wie sie sich langsam entspannte. Alles ist in Ordnung. Es kam zwar nicht oft vor, dass die Lords tagsüber in der Oberwelt umherwandelten, aber sie waren auch deutlich weniger gefährlich als die Mischwesen. Becky linste durch die Tür.
»Alter Schwede -«, murmelte sie. Olive zischte sie an und forderte sie mit einem Kopfnicken auf in der Küche zu verschwinden. Becky machte einen Schmollmund und verkrümelte sich.
Olives Hände zitterten ein wenig, aber da der Lord keine Aura verströmte konnte sie sich schnell fangen. Es war nicht wie mit dem Halbdämon gestern, der eindeutig versucht hatte sie zu bezirzen. Olive kratzte all ihren Mut zusammen und brachte den Kaffee zu dem Dämon, der sich an einen Tisch am Fenster gesetzt hatte.
»Danke«, sagte er und lächelte sie an. Olive konnte seine spitzen Eckzähne sehen. Ein Kloß im Hals ließ ihre Stimme brechen, kein Ton kam aus ihrer Kehle. Sie nickte mit einem gequälten Lächeln im Gesicht und ging zurück hinter den Tresen.
Ihr Blick huschte immer wider zwischen dem Dämon und der Flasche Vodka im Regal hin und her. Zu gerne hätte sie einen Schluck Alkohol getrunken, um ihre Nerven zu beruhigen. Als ihre Augen erneut von der Flasche aufblickten, kreuzte sie den Blick mit dem Dämon.
»Ihre Aura ist sehr aufgewühlt«, sagte er mit seiner tiefen Stimme. Olives Augen weiteten sich.
»E-Entschuldigung, ich wollte Ihren Aufenthalt in meinem Café nicht unangenehm f-für Sie machen«, stammelte sie. Der Dämon schüttelte den Kopf.
»Sie wollen nicht, dass Ich mich unwohl fühle?«, fragte er und seine Lippen wurden zu einer schmalen Linie. Er schaute mit zusammengezogenen Brauen in seinen Kaffee.
»Es tut mir leid, dass ich Ihnen Umstände bereite«, sagte er und stand auf. Er legte einen 10 Euroschein auf den Tresen.
»Der Rest ist für Sie«, sagte er und drehte sich um. Beim Blick auf den Schein fuhr ein Stich durch Olives Brust. Es war Scham. Sie schämte sich für ihre Vorurteile.
»Danke, dass Sie hier gewesen sind!«, sagte sie laut. Der Dämon drehte sich halb zu ihr um und nickte mit ausdruckslosem Gesicht.
»K-Kommen Sie bald wieder!«, rief Olive ihm mit festem Blick zu. Der Dämon wirkte ein wenig überrascht. Ein feines Lächeln umspielte seine verkniffenen Lippen. Das Glöckchen klingelte und der Mann war verschwunden.
Olive sank zu Boden, ihre Knie waren nur noch Pudding. Becky stürzte aus der Küche.
»Alter Olive! Das war ja der Wahnsinn!«, rief die Bäckerin, stolz auf ihre Partnerin, die ihre Ängste überwunden hatte. Olive lächelte matt.
Ob das so schlau gewesen war? Aber der Mann hatte traurig ausgesehen. Dämon hin oder her. Sie war Dienstleisterin und wollte, dass jeder sich in ihrem Café wohlfühlte.
Auch ein Lord der Unterwelt.
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