28.

Amelies Sicht

Sollte ich das wirklich tun. Das was ich von ihr verlangen wollte war ganz schön heftig. Doch...es gab keinen anderen Ausweg. Ich musste es tun.

Also rief ich Franzi an. Erst dachte ich sie würde nicht dran gehen, doch dann hörte ich wie sie sich zögern meldete.
"Amelie?", fragte sie.
"Ja das bin ich", sagte ich schnippisch.
"Was willst du", hörte ich sie genervt sagen.
"Ich hätte da eine ganz kleine Bitte."
"Ich warte."
"Und zwar haben unglückliche Umstände dazu geführt, das meine Mutter mich verdächtig meinen Vater umgebracht zu haben", sagte ich.
"Bitte was?" Sie klang geschockt. "Dein Vater ist Tod?"
Ich atmete tief ein.
"Ja ist er", sagte ich dann, so gefasst wie möglich.
"Und was hab ich jetzt damit zu tun?", fragte sie.
"Ich möchte, dass du zur Polizei gehst und aussagst jemanden vom Tatort wegrennen gesehen zu haben."
"Wer soll das sein?"
"Nicos Vater", antwortete ich.
"Bist du verrückt. Warum?", fragte sie geschockt.
"Weil ich mir ziemlich sicher bin, dass er es war. Hab nur keine handfesten Beweise. Auch wenn er es nicht getan hätte, er hat es sowieso verdient", erklärt.
"Warum sollte...?
"Musst du nicht wissen, mach es einfach!", unterbrach ich sie.
"Sonst tust du, was?", fragte sie.
"Kannst du dir das nicht denken? Wenn du es nicht tust, erzähl ich allen von deiner Besessenheit von Till. Und das du eine kranke Stalkerin bist, die unter seinem Fester lauert und heimlich Bilder von ihm macht. Auch der Polizei ",sagte  ich warnend.
"Das-das ist nicht wahr",stammelte sie.
"Oh doch. Ich hab dich gesehen. Und deine Stalker Kamera hab ich auch gefunden. Also versuch gar nicht erst es abzustreiten ."

"Aber-aber so eine Falschaussage bei der Polizei ist schon ziemlich heftig. Was ist wenn das raus kommt?", sagte sie nervös.
"Naja so ne Anzeige wegen Stalking ist auch nicht grad toll. Und was würde Till erst sagen. Aber ist deine Sache. Mach was du willst",sagte ich schon fast siegessicher.

Sie überlegte.
"Okay ich machs", sagte sie dann zögernd.
"Sehr schön. Freut mich, dass wir zu einer Einigung gekommen sind", sagte ich gespielt freundlich, "ich schick dir noch schnell ein Bild von Nicos Vater, falls du ihn beschreiben musst. Dann steht dir nichts mehr im Weg."

Das war doch gar nicht so schwer gewesen. Francescas rebellisches, düsteres Aussehen war anscheinend wirklich nur Fassade. Auch ihre selbstbewusste Art war in diesem Telefonat nicht zum Vorschein getreten.

Auch über mich selbst musste ich mich ein bisschen wundern. Ich war doch fieser und erpressender gewesen als ich es vorgehabt hatte. Mein Temperament war wohl etwas mit mir durchgegangen.

Ich starrte Francescas Kamera an, die auf meinem weißen Schreibtisch lag. Die Bilder, die sich auf ihr befanden, waren teilweise wirklich verstörend. Sie musste Till echt oft beobachtet haben.

Ich hatte Till davon zu erzählen. Irgendwann. Auch wenn ich Franzi versprochen hatte es nicht zu tun. Sie musste es ja nicht mitbekommen. Es musste nur erstmal so wirken, als ob ich mich an unsere Vereinbarung halten würde.

Tills Sicht

"So, was ist denn hier jetzt eigentlich los?", fragte meine Mutter, nachdem Amelie und Nico gegangen waren.
"Ja, was soll die ganze Aufregung und was ist jetzt eigentlich mit Nico?", wunderte sich auch mein Vater.

Ich seufzte.
"Das mit Nico muss ich euch wann anders erzählen. Amelie hat große Probleme. Ihr Vater... Naja, er ist Tod... Wurde ermordet",antwortete ohne große Umschweife.

Die beiden sahen mich geschockt an.
"Ist das dein Ernst?", fragte mein Vater.
Ich nickte.
"Oh mein Gott", rief meine Mutter und setzte sich erstmal.
"Warum war Amelie dann hier. Ich meine sollte nicht bei ihrer Mutter sein?",fragte mein Vater.
"Sie und Ihre Mutter verstehen sich gerade nicht so gut. Ist etwas kompliziert",antwortete ich.
"Das arme Mädchen. Sag ihr das sie hier jederzeit willkommen ist. Genau wie Nico" meinte meine Mutter.
Ich nickte wieder.

Nachdem ich meinen Eltern nochmal genau erklärt hatte, was ich über den Mord wusste, verließ ich das Haus und ging zu meinem Motorroller. Ein wenig mit ihm herum zu fahren verschaffte mir meistens einen klaren Kopf und brachte mich auf andere Gedanken.

Also fuhr ich einmal quer durch die Stadt. Ich erinnerte mich daran, wie ich das erste Mal mit Amelie hier drauf gesessen hatte. Wir hatten uns kaum gekannt. Ich glaub sie mochte mich nicht mal. Und jetzt? Jetzt war alles anders. Ganz anders.

Als ich an der Polizeistation vorbei fuhr stachen mir zwei Personen ins Auge. Es waren Leo und Franzi, die anscheinend stritten. Leo wirkte ziemlich aufgebracht und geschockt und wedelte wie wild mit den Hände. Was war bloß los?

Ich überlegte, ob ich anhalten sollte, entschied mich dann aber doch fürs weiterfahren. Ich hatte keine Lust auf ein Gespräch und wollte mich schon gar nicht in ihre Streitigkeiten einmischen.

Jetzt, wo ich Franzi gesehen hatte, fiel mir noch was ein. Wollte Amelie mir nicht noch irgendwas wichtiges über sie sagen. Was könnte das bloß sein? Ich wollte sie damit jetzt bloß nicht belästigen. Das musste warten.

Nicos Sicht

"Ach Nico, schön, dass du auch nochmal nach Hause kommst", begrüßte mich Markus, als ich zusammen mit meiner Oma das Haus betrat.

Ich schwieg.
"Ihr kommt grad rechtzeitig zum Essen", fuhr er unbeeindruckt fort, "es gibt große Neuigkeiten.

Als alle, einschließlich Leslie, die schon wieder wegen irgendwas rumgemekert hatte, am Esstisch saßen und Helga das Essen verteilt hatte, begannen Markus und Mirinda von der "großen Neuigkeit" zu erzählen.

"Es wird ein Junge. Unser Baby wird ein Junge", sagte Mirinda freudig.
"Oh wie schön", freute sich auch meine Oma, doch sie wirkte so als wäre sie mit den Gedanken ganz woanders.
"Ja, endlich habe ich einen Sohn",meinte Markus und schaute mich dabei gehässig an. Meine Oma guckte verwirrt, was ich zu ignorieren versuchte.

Ich wusste nicht, ob ich es gut oder schlecht fand, das es ein Junge war. So konnte es wenigstens keine Kopie von Leslie werde. Das war doch schon mal erfreulich.

Ich ersparte mir einen Kommentar über mein Bruderglück und hörte den Rest des Essen dabei zu wie Leslie darüber quengelte, das sie lieber eine Schwester wollte. Auch meine Oma verhielt sich äußerst schweigsam.

Später am Abend traf ich nochmal zufällig auf sie, als ich ins Wohnzimmer ging, um nach meinen Kopfhörern zu suchen. Sie saß auf dem Sofa und las in einem Buch. Sie schien mich gar nicht zu bemerken, weswegen sie sich etwas erschreckte, als ich mich räusperte.

Ich setze mich neben sie.
"Ist eigentlich alles gut bei dir", fragte ich sie.
"Ja alles in Ordnung", antworte meine Oma, "und bei dir?"
Ich schwieg mit dem Gedanken spielend ihr einfach zu erzählen, was passiert war. Bald würden es eh alle wissen und mit ihr konnte ich doch am besten darüber sprechen.

Also rückte ich mit der Wahrheit raus. Ich erzählte ihr von dem Mord und vom Verhalten von Amelie Mutter, aber noch nichts von meinem Verdacht über Markus.

"Gut, das du mir das erzählt hast", meinte sie, "das muss schwer für dich sein."
"Naja, vor allem für Amelie."
"Mhmm."
Das schwerste war aber immernoch, das ich mir ziemlich sicher war, das der Mörder gerade in seinem Dessignerschlafanzug im Nebenzimmer schlief.

"Bitte erklär mich jetzt nicht für verrückt, wenn ich dir von meinem Verdacht erzähle, wer der Mörder ist",bat ich.
"Du hast einen Verdacht?", fragte sie und wirkte irgendwie nervös.
"Ja das hab ich. Ich bin mir sogar fast sicher, dass es... Markus war", verriet ich, "ich muss das nur hoch beweisen können. Ich meine,ich könnte..."

"Nico, hör auf damit! ", unterbrach sie mich.
"Warum?"
"Weil Markus es nicht getan hat", sagte sie ruhig.
"Woher willst du das wissen?", fragte ich verwirrt.
"Weil ich es war."

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