17.

Amelies Sicht

Ich war gerade am Hausaufgaben machen, als mein Vater mein Zimmer betrat. Till würde gleich vorbei kommen und dann würden wir zusammen zu Luke fahren, der ja anscheinend etwas wichtiges zu sagen hatte.

Er setzte sich auf mein Bett. "Hey ich wollt mal fragen, wie eigentlich dein Treffen mit Nico und seiner Familie gestern war." Er sah mich interessiert an. "Ähmm ganz gut. Sie sind alle ziemlich nett", sagte ich, was wahrscheinlich die größte Lüge des Jahrhunderts war.

"Aha", sagte mein Vater, "also meinte, das ich sie jetzt bald mal kennenlernen sollte?"

Auf keinen Fall, dachte ich, sagte aber nur: "Ich denke ich sollte mich erst noch ein bisschen besser mit ihnen verstehen, dann kannst du dazu kommen."

Er nickte. "Okay sag mir einfach Bescheid, wenn..." "Mach ich", sagte ich und wollte ihn damit abwimmeln, was auch funktionierte, denn er verließ mein Zimmer.

10 Minuten später öffnete sich meine Tür schon wieder, doch diesmal war es meine Mutter. Ich sah sie fragend an.

"Ähm, das hört sich jetzt wahrscheinlich ein bisschen blöd an, aber was wollte Thomas gerade von dir?", fragte sie. "Er benimmt dich in letzter Zeit total seltsam, weißt du was darüber?"

Ich überlegte. Am liebsten würde ich ihr alles erzählen, aber ich hatte meinem Vater versprochen es nicht zu tun. "Ne keine Ahnung",meinte ich, "wir haben nur über die Schule und so geredet. Ich finde nicht das er anders ist als sonst. Wenn, dann ist das bestimmt auch nur der Stress mit dem neuen Job."

Sie nickte nachdenklich. Ich fühlte mich schrecklich, weil ich sie einfach angelogen hatte.

"Okay, ich glaube ich reagiere da auch einfach ein bisschen über", sagte sie und verließ mein Zimmer sah aber immernoch ziemlich verzweifelt aus

Scheiße, dachte ich, ich hatte innerhalb von einer Stunde meine beiden Eltern angelogen könnte der Tag eigentlich noch schlimmer werden?

Tills Sicht

"Das wird schon", versuchte ich Amelie zu beruhigen, die es anscheinend nicht aushalten konnte ihre Eltern anzulügen. Wir stiegen grad auf meinen Roller um zusammen zu Luke zu fahren. Sie schwieg und wirkte sehr bedrückt, was mich irgendwie auch traurig machte.

"Da sind wir", sagte ich und hielt vor Lukes an. Wir betraten das freundlich eingerichtetete, gelbe Haus. Das erste, was man hörte waren Lukes kleine Geschwister, die irgendwas spielten, bei dem treten und schreien dringend nötig waren. Er hatte insgesamt fünf und wenn ich sie mir so ansah, war ich manchmal echt froh, dass ich Einzelkind war.

"Hi Leute", sagte ich und setze mich neben Nico auf Lukes Sofa. Leo und Jolina waren ebenfalls schon da. "Was ist denn jetzt eigentlich los Kleiner?", fragte Leo Kaugummi kauend. "Also... ich, ich würde euch gerne jemanden vorstellen", sagte er. "Wir sind zusammen" ließ er die Bombe platzen.

War das alles? "Okay und wo ist das Problem", fragte Leo, Jolina nickte. "Ist doch toll", meinte sie. "Ja schon", meinte Luke, "aber..." Es klingelte. "Das wird er sein", sagte Luke.

Nico und ich tauschten einen Blick. "Er?", fragte ich. "Ja Er", sagte Luke nervös, "ich bin schwul Leute." Damit verschwand er aus der Tür und ließ uns sprachlos zurück.

Alle fingen an aufgeregt draufloszureden: "Warum haben wir das nicht bemerkt--Wie süß-- Desswegen war er so schlecht schlecht drauf-- jetzt bin ich echt gespannt."

Ben, so hieß Lukes Freund, der kurze Zeit später vor uns stand. Er wirkte ziemlich nett und wir verstanden uns auf Anhieb mit ihm. Luke und er hatten sich vor ein paar Wochen kennengelernt und waren nun ein glückliches Paar. "Ich wusste auch schon vorher, dass ich Schwul war, wollte mir aber erst ganz sicher sein, bevor ich es euch erzähle" sagte er.

"Ich hoffe für bist dir jetzt sicher", meinte Ben. "Hundertprozentig", antworte Luke, "man, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie aufgeregt ich heute war."

"Was dachtest du denn wie wir reagieren", fragte Jolina empört. "Ach keine Ahnung, ich dachte ihr denkt vielleicht das ich auf euch stehe." Er schaute mich, Leo und Nico an. "Was nicht im geringsten der Fall war oder ist", fügte er hinzu.

"Findest du mich den nicht heiß, wenn auch nur ein ganz klein bisschen?", witzelte ich, woraufhin Luke so tat, als müsse er sich übergeben und fiel dabei fast vom Sofa.

Nicos Sicht

Verrückt, dachte ich, während ich mit dem Fahrrad Richtung Turnhalle fuhr, wo ich ein wichtiges Handballspiel hatte. Luke war einfach mal schwul. Nicht das ich ein Problem damit hatte, ganz im Gegenteil. Aber alles, was in letzter Zeit passierte war einfach so... einfach verrückt.

Während ich mich in der stinkenden Kabine umzog, versuchte ich das alles verdrängen,um nachher konzentriert spielen zu können. Doch das war gar nicht so einfach.

Nach dem Spiel zogen wir jubelnd vom Platz. Auch wenn ich nicht gerade meine Bestleistung hingelegt hatte, hatten wir knapp mit 22 zu 20 gewonnen.

Voller Euphorie schwang ich mich nach einer kalten Dusche auf mein Fahrrad und trat den Rückweg an. Diese Euphorie verschwand aber schnell wieder, als Markus mich direkt ins Wohnzimmer rief, als ich zuhause ankam.

Ich erwartete schon das schlimmste, doch auf unser großen Couch saßen nur Leslie und Mirinda, die mich vorwurfsvoll angucken. "Da bist du ja endlich", quäkte Leslie ungeduldig, "was ist denn jetzt eigentlich los Papa?"

"Mirinda und ich haben große Neuigkeiten für euch", begann Markus. "Wo ist Oma", unterbrach ich ihn. "Bei einem Nähkurs", antworte er, "wir werden nacher mit ihr sprechen."

"Über was denn? Sag schon!",verlangte Leslie aufgeregt.

"Deine Mutter ist schwanger", sagte er feierlich und sah Leslie erwartungsvoll an.

"Waaaas?", kreischte Leslie. "Toll nicht wahr", fragte meine Mutter. "Neeeein, gar nicht toll", schrie ihre Tochter, "ich will kein kleines Geschwisterchern!" Sie fing an zu heulen.

Ausnahmsweise waren Leslie und ich mal komplett der gleichen Meinung. Ich hatte ebenfalls nicht die geringste Lust auf Nachwuchs in dieser Familie. Ich meine Leslie allein, war ja schon eine Qual, auf eine kleine Kopie von ihr konnte ich wirklich sehr gut verzichten.

"Du hast was von nem wichtigem Termin gesagt, war das der Arzttermin heute?", fragte. "Ganz genau, Nico du bist ja wirklich schlauer als ich dachte", sagte er ironisch. "Wir wissen noch nicht ob es ein Junge oder ein Mädchen ist, dafür ist es noch zu früh", schrie er über Leslie hinweg die nun einen heftigen Heulkrampf hatte. "Ich will mit niemandem teilen, es soll hier nicht wohnen", kreischte sie, sodass ich mir die Ohren zuhalten musste.

Mirinda brachte sie nach oben, damit sie sich beruhigte. Ich blieb mit Markus allein. "Weißt du Nico", begann er und stand auf, "ich hoffe es wird ein Junge, dann hätte ich endlich mal einen vernünftigen Sohn."

Ich stand ebenfalls auf. "Du hast bis jetzt noch gar keinen Sohn, ich bin es jedenfalls nicht", entgegnete ich ihm. "Ja, was ein Glück", sagte er und kam auf mich zu, "denn ich hätte gerne richtigen Mann als Sohn, nicht so einen der nicht tut was ihm gesagt wird, keinen Respekt vor seiner Mutter hat und in der Schule schlecht von ihr redet."

Er schubste mich, sodass ich hinfiel. Ich stand wieder auf und stellte mich direkt vor ihn. "Du, willst mir erzählen, was es heißt ein Mann zu sein?", fragte ich, "Du bist kein richtiger Mann, du bist nicht mal ein Mensch."

Er schlug mir mit der Faust ins Gesicht. Ich torkelte zurückund sagte sagte ruhig:"Das war grad der beste Beweis dafür, sowas tun nur Monster, keine normalen Menschen."

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