16.
Nicos Sicht
"Was hast du denn da am Kopf gemacht", fragte meine Oma ,als sie später von ihrer Wohnungsbesichtigung zurück kam. Ich hatte mir ein großes Pflaster über die Wunde an meiner Stirn geklebt. "Hab mich nur gestoßen, ist nicht schlimm", log ich und sie schien mir das abzukaufen. "Und wie war die Wohnung?", fragte ich möglichst interessiert.
"Ganz gut eigentlich", antwortete sie, "waren aber echt viele Bewerber . Es ist relativ unwahrscheinlich, dass ich sie bekomme." "Dann bleibst du eben noch ein bisschen hier", meinte ich und war ziemlich froh darüber. "Ja, das kann schon sein, wenn deine Eltern mich nicht irgendwann rauswefen", lachte sie.
"Komm,ich glaub es gibt Abendessen." "Ich hab schon was gegessen, hab grad echt keinen Hunger mehr", sagte ich, hatte aber nur keine Lust mit Markus an einem Tisch zu sitzen und verschwand in mein Zimmer.
Bevor ich an diesem Abend einschlief, fiel mir ein, dass wir morgen Mathe schreiben würden und ich kein bisschen gelernt hatte. Wenn ich so drüber nachdachte, wusste ich nicht mal wirklich, was unser Thema war.
Mein Leben war echt ein einziges Durcheinander, das war es schon immer, doch in letzter Zeit war es einfach komplett durcheinander geraten.
Am nächsten Morgen ging ich Markus und Mirinda mal wieder gekonnt aus dem Weg, was dazu führte, dass ich viel zu früh und totmüde an der Bushaltestelle saß.
Ich drückte nachdenklich auf meinem Pflaster herum und hoffte, dass es den Tag über halten würde. Inzwischen waren weitere Schüler gekommen und ich sah, dass der Bus sich von weitem näherte.
Ich stieg ein und fragte mich, wo Amelie blieb, doch dann sah ich, wie sie angerannt kam, um den Bus noch zu erwischen. Völlig außer Atem ließ sie sich auf den Sitz neben mich fallen.
"Na verschlafen?", fragte ich sie. "Ja, total" sagte sie, während sie versuchte ihre blonden Haare zu bändigen, die von ihrem kleinen Sprint ziemlich durcheinander geraten waren. "Du siehst aber auch echt müde aus", sagte sie und musterte mich. "Ja hab schlecht geschlafen", meinte ich, "heute ist echt ein Scheißtag, wir schreiben Mathe." "Ich mag Mathe eigentlich", gab sie zu.
"Oh Gott, das hätte ich mir denken müssen", sagte ich, woraufhin sie eine Grimasse Schnitt.
Vor der Schule trafen wir Till. Wir unterhielten uns auch mit ihm nicht über die Geschehnisse von gestern, was mir ziemlich gut tat.
In der ersten Stunde hatten wir Politik und Wirtschaft bei Frau Hempen. Wir hatten in den letzten Stunden darüber gesprochen was für Möglichkeiten wir bei unserer Berufswahl hatten, was auch das Thema der heutigen Stunde war.
Wir sollten uns nun mit unserem Nachbarn über die Berufe unserer Eltern unterhalten und ob wir uns vorstellen könnten etwas ähnliches zu machen.
Neben mir saß jedoch nicht Till, weil Frau Hempen uns natürlich nich zusammen sitzen ließ, sondern Mia so ein 0815 Pferdemädchen, dessen Eltern anscheinend Zahnärzte waren. Ich bekam nicht mit wie sie dazu stand, da Till mich von hinten mit Radiergummis bewarf. "Wie alt bist du eigentlich?", rief ich genervt zu.
Aufgrund von Frau Hempens mürrischem Gesicht, wandte ich mich wieder der Aufgabe zu. "Also so wie meine Mutter möchte ich auf keinen Fall enden", erklärte ich Mia trocken, "die ist nämlich viel zu dumm zum arbeiten und hängt den ganzen Tag zuhause rum." Mia sah mich erschrocken an, was mir ziemlich gefiel. "Wie kannst du sowas über deine eigene Mutter sagen?", fragte sie vorwurfsvoll.
"Das frag ich mich allerdings auch", sagte Frau Hempen, von der ich gar nicht bemerkt hatte, dass sie die ganze Zeit hinter mir stand. "Sowas undankbares und respektloses hab ich selten gehört",erklärte sie, "ich werde..."
"Haben sie vor wieder meine Eltern anzurufen, dann tun sie das, wenn sie meinen, dass das was bringt", sagte ich. "Ich werde es mir überlegen", meinte und ließ mich dann zu meiner Erleichterung in Ruhe.
In der Pause versuchten Till und ich mit Amelies Hilfe nochmal irgendwas in Mathe zu lernen, brachen das aber ab, als wir merkten, das es nichts brachte. Leo, Jolina und Luke stießen zu uns. Luke sah immernoch ziemlich bedrückt aus und redete kaum. Nach einer Weile sagte Till: "Leute das kommt jetzt vielleicht ein bisschen überraschend für euch... aber.... Amelie und ich sind jetzt zusammen. Wir treffen uns schon seit ner Weile und naja so kam eines zum anderen.
Wie zum Beweis küsste er sie. Die anderen sahen geschockt aus. "Wow, echt?", fragte Jolina dann. "Freut mich wirklich für euch", sagte Luke ehrlich, lächelte aber nicht. "Ja", sagte Amelie, "er ist echt toll." Sie küssten sich wieder. Luke starrte gegen eine Betonwand.
"Ist alles okay mit dir?", fragte ich ihn. Er schreckte auf, so als ob ich ihn grad aus tiefen Gedanken gerissen hätte. "Ja alles gut", meinte er und sagte dann an alle gerichtet: "Könntet ihr vielleicht alle heute kurz bei mir vorbei kommen, ich muss was wichtiges mit euch besprechen."
Wir schauten uns verwirrt an, so ernst kannte man Luke nun wirklich gar nicht.
"Ja klar hab heute Abend zwar noch ein Handballspiel, aber davor kann ich", meinte ich. Die anderen sagten ebenfalls zu, was Luke nicht weniger nervös zu machen schien.
Unsere Mathearbeit war wie erwartet ein absolutes Disaster, weswegen ich nicht gerade gut gelaunt die Schule verließ. Sie wurde auf dem Weg nach Hause auch nicht grad besser, erreichte jedoch ihren Tiefpunkt, als Markus mich am Nachmittag mit den Worten: "Nico kommst du bitte, ich muss was mit dir besprechen", in sein Büro rief.
"Schließ die Tür", wies er mich an, als ich das Zimmer betrat. "Vielleicht ist dir schon aufgefallen, dass ich deiner Mutter noch nicht erzählt habe, dass dein Vater wieder in der Stadt ist",begann er.
Ja, ich hatte bemerkt, das sie sich beim Essen nicht anders verhalten hatte, als sonst. Ich nickte. "Ich hab vor das auch erst mal nicht zu tun, wir haben heute einen wichtigen Termin. Ich möchte nicht, dass sie davon abgelenkt wird."
Was sollte das bitte für ein wichtiger Termin sein, fragte ich mich, doch Markus redete schon weiter. "Ich habe überings auch herausgefunden, dass das Mädchen, was gestern hier war, deine Schwester ist", sagte er uns stand auf, "ich hoffe dir ist klar, dass ich nicht möchte, daß du dich mit ihr triffst. Weder mit ihr noch mit eurem Verbrechervater."
Verbrechervater? Natürlich war das was Thomas getan hatte falsch gewesen, aber ich hielt Markus ganz eindeutig für den schlimmeren Verbrecher. "Ach wirklich? Darauf wäre ich nach gestern gar nicht gekommen",sagte ich herausfordernd. Markus machte einen schnellen Schritt auf mich zu, was mich zusammenzucken ließ. Er lachte. "Nicht so frech mein Lieber", sagte er und verließ das Zimmer.
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