Kapitel 1 - Aller Anfang
Kapitel 01 - Aller Anfang
Freya ❄︎
Man sagt, man hätte eine rosarote Brille auf, wenn man Hals über Kopf verliebt ist. Man würde alle Macken und Fehler dieser Person übersehen oder ignorieren und sie wären angeblich perfekt so wie sie sind, aber wissen wir doch gar nicht, wie dieser Mensch wirklich ist.
Tatsächlich kann sich diese rosarote Brille unglaublich schön anfühlen und einen auf Wolke sieben schweben lassen. Aber wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, wissen wir, dass sie am Ende nur Schmerz und Leid mit sich bringt.
Man ist naiv genug, um zu glauben, dass diese Person wie für einen geschaffen ist. Aber in Wirklichkeit ist sie nur für die Hölle geschaffen.
Mir musste erst eines dieser Höllen-Kreaturen über den Weg laufen, um mir das klar zu werden.
Vielleicht sollte ich die Romantik über Bord werfen und mich stattdessen mit Horror beschäftigen. So wäre ich wenigstens diese dumme Blockade los. Man liest doch bestimmt gerne Geschichten, in denen es darum geht, dass eine hässliche Kreatur arme, unschuldige Mädchen zuerst in der Gestalt eines wunderschönen Mannes begegnet, um sie am Ende gnadenlos zu verspeisen und ihre Seele auszusaugen, da sie mit genug Liebe gefüllt war, die er zum Überleben brauchte.
Dieser Gedanke bringt mich noch auf Ideen...
Seufzend drückte ich meinen Kopf gegen das kühlende Fensterglas und sah raus zu den Kindern, die auf dem kleinen, aber feinen Spielplatz auf der anderen Straßenseite tobten.
Sie nervten mich auf einer Seite unglaublich, und ich hoffte, dass sie mich sehen würden und mich für eine verrückte Alte hielten, damit sie bloß verschwinden. Eigentlich hatte ich mich nach zwei Jahren schon daran gewöhnt und es störte mich nicht, dass Kinder hier gerne ihr Unwesen trieben. Man musste nicht einmal zur Gegensprechanlage gehen, um zu wissen, dass das wieder einer dieser beliebten Klingel Streiche war.
Aber seit vier Wochen könnte ich jeden einzelnen Wurm da draußen ins Nichts schicken. Es ist nicht so, als ob ich Kinder hassen würde. Nur hatte ich mir noch vor ein paar Wochen ausgemalt, wie meine eigenen Kinder dort draußen spielen würden. Die wundervollen Kinder von mir und meinem ebenso wundervollen Freund, Lukas-Lance Brau.
Die Tatsache, dass er einen furchtbaren Namen hatte, konnte ich ganz gut ignorieren. Er meinte, er wurde nach seinem verstorbenen Großvater benannt, dessen Mutter aus Amerika stammt. Deshalb habe ich es vermieden, irgendwelche Witze zu reißen.
Was für ein Mist!
Ich war genervt und verließ das Fenster, um in die Küche zu gehen. Die Wohnung war für mich alleine zu groß. Jetzt, wo Lukas weg ist, genauso wie unsere Pläne.
'Ich muss wohl eine neue Wohnung suchen', dachte ich.
Das alte Haus kostet mich nur unnötig Geld. Ich wollte das Haus nicht nach zwei Jahren verlassen, aber jetzt bin ich alleine und habe nicht genug Zeit, mich um das Haus und das Grundstück zu kümmern, neben meiner 35 Stunden Arbeit.
Ich wurde aus meine deprimierenden Gedanken gerissen, als mein Handy auf dem Küchentisch anfing zu klingeln. Kurz dachte ich darüber nach es einfach klingeln zu lassen, da es sich auch nicht um mein Notfall Handy für die Arbeit handelte und ich jetzt überhaupt keine Lust hatte mich mit jemand anderem zu unterhalten, doch da es sich scheinbar um meine Mutter handelte verwarf ich diesen Gedanken wohl lieber.
»Nein?«, seufzte ich und nahm den Anruf mit großer Lust entgegen. Ich lehnte mich an den Küchentisch und beobachtete die Vögel, die wohl Lust hatten, es sich in dem kleinen, aber feinen Pool gemütlich zu machen. »Ich bin tatsächlich schon größere Begeisterung von dir gewohnt, aber sei es dir verziehen«, hörte ich sie um die doppelte Länge dramatisch seufzen.
»Jedoch wäre eine nettere Begrüßung angemessen gewesen.«
Bereits genervt verdrehte ich die Augen und tippte ungeduldig mit den Fingerspitzen auf die Tischoberfläche.
"Warum rufst du an?", fragte ich ohne weitere Umschweife, weil ich wusste, dass sie niemals anrufen würde, nur um sich nach meinem Befinden zu erkundigen. "Nett wie eh und je. Wie auch immer, ich wollte von dir wissen, wann du vorhast mal wieder mit meinem Schwiegersohn vorbeizukommen. Ihr wart ja schon eine ganze Weile nicht mehr bei uns. Frank macht schon Druck und möchte sein Schätzchen mal wieder anschmeißen. Dieses alte verrostete Ding würde wahrscheinlich noch den dritten Weltkrieg mitmachen. Wenn wir irgendwann eine Vergiftung bekommen sollten, wissen wir wenigstens den Grund", sprach sie und man konnte die Abneigung gegenüber Vaters alten Grill deutlich heraushören.
"Mama, ich hab dir schon vor einem Monat gesagt, dass Lukas und ich uns getrennt haben."
"Immer noch? Ich dachte mittlerweile, dass du ihn wieder zurück genommen hast. Er meldet sich doch immer noch regelmäßig bei dir, oder? Vielleicht kannst du dir das ja nochmal überlegen, ich meine, er scheint es ja kräftig zu betreuen und so einen hübschen Burschen bekommt man ja nicht jeden Tag zugeschickt. Das wären bestimmt später hübsche Enkel", sagte sie verträumt, was mich enttäuschte. Ich dachte wenigstens da würde sie zu mir stehen, immerhin hatte sie doch mitbekommen, wie ich unter der Trennung gelitten habe.
Ohne auch nur weiter darüber nachzudenken, platzten die Wörter aus mir heraus. "Wenn du willst, kannst du ihn ja auch gerne nehmen, ich halte dich nicht auf. Der vergreift sich ja auch gerne an vergebene Frauen!« Ohne weiteres legte ich auf und knalle das Handy auf die Tischplatte.
»Verfluchter Mist!«, stieß ich wütend aus und atmete Tief durch.
War das zu viel ?
Kopfschüttelnd ging ich mit meinem Handy die wenigen Treppen hoch in den zweiten Stock, um mein Schlafzimmer zu erreichen. Als ich dort ankam, warf ich mich auf das Bett und vertrieb meine graue Maine Coon, die es sich auf der Tagesdecke gemütlich gemacht hatte. "Mach Platz, Katze, ich bin auch noch hier", grummelte ich und schloss die Augen. Kurz darauf spürte ich, wie sie wieder auf das Bett sprang und mich neugierig ansah. "Was ist los? Wo steckt eigentlich dein Macker?"
Statt einer klaren Antwort maunzte sie mich nur an und machte es sich auf meiner Brust gemütlich.
Mit einem Seufzen versuchte ich, die letzten Minuten zu vergessen und mich mit Talis Hilfe zu entspannen, indem ich ihr eine Streicheleinheit gab. Nach ein paar Minuten funktionierte das ziemlich gut und Tali war mittlerweile am Dösen. Ich summte leise vor mich hin und grübelte mit dem Blick zur Decke durch die Weltgeschichte. Am liebsten würde ich von jetzt auf gleich alles hinschmeißen, meine Sachen packen, das Land verlassen und jedem hier den Mittelfinger zeigen, dann könnte ich einfach abschalten und anderen Dingen meine Aufmerksamkeit schenken, für die es sich auch lohnen würde.
Stirnrunzelnd stoppte ich in der Bewegung.
Das wäre dumm...oder?
In Lichtgeschwindigkeit öffnete ich meine Bildschirmsperre vom Handy und ließ meine Finger wie ferngesteuert über das Display gleiten. Kaum hörte ich das altbekannte abnehmen nach dem tuten presste ich das Handy an mein Ohr.
»Clara? Ich habe eine unglaublich dumme Idee, bist du dabei!?«
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