51 | Fortschritte?
Zeit für das nächste Kapitel :D
„Lass uns mal reden."
Leticia ahnte, worauf das Gespräch hinauslaufen würde. Wissend, dass er sowieso nicht lockerlassen würde, nickte sie.
„Ich werfe nur schnell dein Hemd in die Maschine. Setz dich doch so lang ins Wohnzimmer", sagte sie und rettete sich fürs Erste ins Bad, um ihre noch immer wirren Gedanken zu ordnen. Sie hätte gelogen, hätte sie behauptet, sie hätte den Kuss mit ihm nicht genossen. Allein bei der Erinnerung daran, wie seine Lippen sich auf ihren angefühlt hatten, wurde ihr gleichzeitig heiß und kalt. Noch immer flatterte ein Schwarm Schmetterlinge durch ihren Bauch. Doch auch, wenn sie ihn heute offiziell ihren Eltern vorgestellt hatte, war sie nicht sicher, ob das, was sie für ihn empfand, tatsächlich für eine Beziehung reichte, oder sie sich mittlerweile nur noch an das Wunschdenken klammerte, es könnte eines Tages doch mit ihnen funktionieren.
Sie ärgerte sich über sich selbst. All die Jahre hatte sie sich das für Noemi gewünscht und jetzt, wo es zum Greifen nah war, hatte sie Angst davor. Dabei hatte sie es sich auch selbst zuzuschreiben, dass die Dinge sich in diese Richtung entwickelt hatten. Hätte sie Maxim vorher eine faire Chance gegeben und ihm von seiner Tochter erzählt, hätte sich alles möglicherweise ganz anders entwickelt.
Leticia schob all die Zweifel beiseite, stellte die Maschine an und ging in die Küche, um eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank zu holen. Maxim, der es sich bereits auf der Couch gemütlich gemacht hatte, runzelte skeptisch die Stirn, als sie schließlich mit der Weinflasche und zwei Gläsern das Wohnzimmer betrat.
„Sollte ich besser in Deckung gehen?", stichelte er, als sie sich zu ihm setzte und die Gläser auf dem Tisch abstellte.
„Wenn wir jetzt wirklich ein ernsthaftes Gespräch führen, muss ich was trinken", erwiderte sie trocken, ehe sie sich selbst etwas einschenkte. Dann schaute sie prüfend in sein Gesicht. „Möchtest du auch noch was? Oder hast du für heute genug?"
„Um ehrlich zu sein, mag ich gar keinen Wein. Ich habe ihn heute nur deinen Eltern zuliebe probiert, weil dein Vater so begeistert von den spanischen Weinbergen erzählt hat..."
Sie zog angesichts seines Geständnisses verblüfft die Augenbrauen hoch.
„Ernsthaft?"
Er nickte.
„Oh. Dafür hast du dich aber tapfer geschlagen", kommentierte sie anerkennend. Er musterte sie mit einem stechenden Blick, der sie auf wohlige Weise erschaudern ließ.
„Machst du dich gerade über mich lustig?", wollte er wissen.
Sie schüttelte schmunzelnd den Kopf, während sie einen Schluck trank und das Glas auf dem Wohnzimmertisch abstellte. Er erwiderte es.
„Was?", wollte sie wissen.
„Musst du dir echt Mut antrinken, um mit mir zu reden?" grinste er frech. Sie verdrehte lachend die Augen.
„Nein, es wird einfach nur erträglicher", schoss sie zurück. Er nickte, dann sah er ihr unvermittelt ins Gesicht.
„Wie soll das jetzt mit uns weitergehen, Leticia?"
In Momenten wie diesen hasste sie seine Direktheit. Sie atmete tief durch.
„Wegen dem Kuss vorhin, meinst du?"
„Zum Beispiel", sagte er, ohne sie aus den Augen zu lassen.
„Der Kuss war einfach aus der Situation heraus...", erwiderte sie leise. Er runzelte skeptisch die Stirn.
„Also ich hatte nicht das Gefühl, dass dir das unangenehm war." Leticia schluckte. Er hatte Recht.
„Nein, also, ich..."
Sie brach ab, ließ ihren Blick kurz durch den Raum schweifen und suchte nach den richtigen Worten, bis sie realisierte, dass es die vermutlich sowieso nicht gab. „Ich weiß einfach nicht, ob das mit uns eine Zukunft hat, oder ob wir uns auf Noemi konzentrieren sollten."
„Meinst du, ich habe mir nie diese Frage gestellt?", erwiderte er. „Jedes Mal, wenn ich Noemi sehe, frage ich mich, was ich in ihrem Leben bereits alles verpasst habe und denke daran, dass wir es ihr bald sagen werden. Glaubst du, die Ungewissheit, wie sie darauf reagieren wird, dass ich ihr Vater bin, aber all die Jahre nicht da war, ist leicht für mich? Versteh mich nicht falsch, Livi, ich will dir gerade keine neuen Vorwürfe machen. Ich versuche nur, dir zu erklären, wie viel mir all das abverlangt und trotzdem will ich das mit dir. Wir sitzen im selben Boot. Aber das funktioniert nur, wenn wir beide bereit sind, das alles hinter uns zu lassen, einen Cut zu machen und von vorn anzufangen..."
Obwohl seine Worte wunderschön waren, zögerte sie, sich darauf einzulassen.
„Ich weiß, es hat dich runtergezogen, dass ich mit diesem Mädchen geschlafen habe, aber wenn wir uns beide dazu entscheiden, es nochmal zu versuchen, dann mache ich sowas jetzt nicht mehr...", setzte er hinzu und schaute ihr dabei fest in die Augen.
„Du weißt nicht mal ihren Namen?", platzte es kopfschüttelnd aus Leticia heraus.
„Ich bin darauf nicht stolz, aber ich habe ja gesagt, dass es nichts bedeutet hat", erwiderte er.
„Aber das mit uns – das bedeutet dir was?", hakte sie nach, legte den Kopf schief und sah ihm erwartungsvoll ins Gesicht.
„Das kannst du doch überhaupt nicht vergleichen", gab er entschieden zurück.
„Was bin ich denn für dich?", bohrte sie weiter. „Vor ein paar Wochen hast du mir jedenfalls noch gesagt, dass du einfach nur gern mit mir schläfst, als ich dich danach gefragt habe, was das zwischen uns für dich ist."
Sie versuchte, den seltsamen Ausdruck zu deuten, der sich in seinen Blick geschlichen hatte.
„Du bist die Mutter meiner Tochter. Reicht das nicht?", antwortete er weich und lächelte mild. Leticia wusste nicht, wie sie seine Worte einordnen sollte und hatte auf einmal das Gefühl, ihn kaum zu kennen.
„Ich brauche schon etwas mehr von dir, Maxim. Anders funktioniert das einfach nicht", erwiderte sie entschieden.
„Natürlich bist du mir wichtig. Oder glaubst du, ich würde jede Frau bitten, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und zu mir nach Berlin zu kommen? Ich meine, wie deutlich muss ich es dir sagen, dass ich Gefühle für dich habe?", offenbarte er endlich und zog die Augenbrauen hoch. Verblüfft und erleichtert zugleich sah sie ihn aus großen Augen an. Seine Gesichtszüge wurden weich, als er seine Hand sanft an ihre Wange legte. Ihre Haut kribbelte sanft, dort, wo er sie berührte.
„Ich will dir auch nah sein, aber ich will nicht verletzt werden", sagte sie leise. Er schüttelte den Kopf.
„Nichts liegt mir ferner", versprach er. „Du bist die allererste Frau in meinem Leben, die so viel mehr für mich ist als alles andere, was ich bisher kennengelernt habe."
Seine Stimme war leise geworden. Er schaute ihr tief in die Augen und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Leticia wurde gleichzeitig heiß und kalt.
„Bei dir lasse ich mich fallen und bin einfach ich selbst. Mit dir hat es sich gut und richtig angefühlt, loszulassen und mich zu verlieren, weil ich mich verstanden fühle. Ich will dir also nicht absichtlich wehtun und wenn es doch passiert, dann tut es mir von Herzen leid."
Leticia biss sich auf ihre Unterlippe und ließ seine liebevollen Worte auf sich wirken. Es fühlte sich schön an, dass er sich ihr endlich öffnete und zu seinen Gefühlen für sie stand. Und es stimmte, was er sagte. Ihre Beziehung würde nur eine Zukunft haben, wenn sie beide bereit waren, nach vorne zu schauen, statt einander länger Vorwürfe zu machen. Bei der Vorstellung, doch noch zu einer richtigen Familie zusammenzuwachsen, breitete sich eine wohlige Wärme in ihrem Bauch aus und ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.
„Mir geht's bei dir auch so", gestand sie leise. Er lächelte zufrieden.
„Dann lass uns einen Neuanfang machen. Wir müssen ja nicht von heute auf morgen da weitermachen, wo wir aufgehört haben, sondern können einfach schauen, wo er uns hinführt", schlug er bemüht diplomatisch vor. Sie nickte.
„Okay", willigte sie ein. Seine Augen leuchteten.
„Gut. Und jetzt lass uns schlafen gehen. Ich bin echt erledigt. Die Fahrt und der lange Abend bei deinen Eltern haben mich wirklich geschafft."
Sie schmunzelte.
„Oder spricht da möglicherweise doch der Wein aus dir?", stichelte sie frech grinsend. Er lachte. Es klang wie Musik in ihren Ohren.
„Das sollte ich wohl eher dich fragen", konterte er und deutete mit einem Kopfnicken auf das Glas auf dem Tisch. Sie legte den Kopf schief und musterte ihn herausfordernd.
„Wie es aussieht, möchtest du nach diesem harten Tag auch noch auf der Couch übernachten", feixte sie, ehe sie sich erhob. Maxim runzelte skeptisch die Stirn, während er sie dabei beobachtete.
„Warte mal, heißt das, du willst, dass ich in deinem Bett übernachte?"
Sie drehte ihm amüsiert den Kopf zu.
„Ich hätte es dir zumindest angeboten, aber jetzt habe ich es mir nochmal anders überlegt."
Er schnaubte beleidigt, dann stand er ebenfalls auf.
„Als ob du vorhattest, mich bei dir schlafen zu lassen", gab er wissend zurück, während Leticia die Flasche und das Glas einsammelte. Als sie sich von ihm abwandte, hielt er sie auf. „Warte doch jetzt mal", forderte er und schaute ihr prüfend ins Gesicht. „Also, wolltest du das echt? Oder ärgerst du mich gerade?"
Sie grinste.
„Was denkst du denn?"
Er schüttelte ungläubig grinsend den Kopf.
„Aber nur, wenn du deine Finger bei dir behältst", fügte sie hinzu. Er lachte abermals.
„Das kannst du nun echt nicht von mir verlangen!", protestierte er.
„Schade", sagte sie schulterzuckend. „Dann wird es wohl doch die Couch für dich."
Kurz darauf fand sie sich tatsächlich neben ihm in ihrem Bett wieder. Es war ein seltsames Gefühl, dass er sich zu ihr gelegt und sie beide zugedeckt hatte; einerseits vertraut, andererseits genoss sie die neugewonnene Harmonie noch mit Vorsicht. Seine Augen funkelten in der Dunkelheit, als er sich ihr zudrehte und ihr ins Gesicht schaute. Sein Blick war so durchdringend, dass sie einen Moment lang erschauderte. Mit jeder Sekunde, die er sie einfach nur anschaute, schlug das Herz in ihrer Brust schneller. Sie hielt den Atem an, als er sich ihr schließlich entgegenbeugte, doch noch bevor sie küssen konnte, überbrückte sie die letzte Distanz und küsste ihn zuerst. Ihre Lippen kribbelten, als sie ihre Hand an seine Wange legte und ihn ein zweites Mal küsste. Maxim ließ es einfach geschehen, erwiderte den Kuss und zog sie etwas dichter zu sich heran. Doch bevor er den Kuss intensivieren konnte, löste sie sich wieder von ihm. „Schlaf gut, Babe."
Seid ehrlich, die beiden sind schon süß zusammen, oder? Es könnte also endlich alles gut werden, findet ihr nicht auch?
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