38 | EIn Schritt zu weit
Ihr Süßen, schöne Grüße aus dem Urlaub. Viel Spaß beim nächsten Kapitel. Es wird dramatisch...
Maxim ließ gedankenverloren seinen Blick durch das angesagte Szene-Restaurant schweifen. Eigentlich hatte er dieses Jahr an seinem Geburtstag zuhause bleiben wollen, doch irgendwie war es seinen Jungs gelungen, ihn davon zu überzeugen, zu seinem Lieblingsargentinier zu gehen und reinzufeiern.
Noch immer hatte er niemandem von Leticia und Noemi erzählt. Eigentlich hatte er das heute nachholen wollen, doch als sie nun zusammensaßen, brachte er es einfach nicht über die Lippen. Bereits vor ein paar Tagen waren die beiden gefahren und er vermisste Noemi wahnsinnig.
Nach ihrem überraschenden Liebesgeständnis hatte er Angst gehabt, ihr zu sagen, dass er ihr leiblicher Vater war, also hatte er gemeinsam mit Leticia entschieden, diese Enthüllung zu offenbaren, bis ihnen eine gute Begründung dafür eingefallen war, weshalb er bisher kein Teil ihres Lebens gewesen war. Statt Noemi also die Wahrheit zu sagen, hatten sie die verbleibende Zeit zusammen verbracht. Mit Leticia hatte er bis zum Schluss nur das Nötigste gesprochen.
Der Moment, in dem sie den Umschlag geöffnet hatten, hatte für ihn alles verändert. Selbst er hatte nicht damit gerechnet, dass er sich ihr derart verschließen würde. Tief in seinem Herzen fühlte er sich sogar ein bisschen schäbig, weil er sie, nach all der Nähe, die er bereits zugelassen hatte, nun wieder von sich weg und damit vor den Kopf stieß. Doch die Gewissheit, Noemi einen Grund für seine Abwesenheit schuldig zu sein, quälte ihn.
„Was ist los mit dir?"
Ricos Stimme riss Maxim aus seinen Gedanken. Er seufzte innerlich auf, als er seinen langjährigen Freund anschaute.
„Nichts", log er und setzte dabei einen möglichst überzeugenden Gesichtsausdruck auf.
„Verarsch mich nicht. Du bist voll komisch heute", erwiderte Rico und zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. Maxim schüttelte energisch den Kopf.
„Nee, ehrlich", versicherte er.
„Du hättest sagen können, dass dir nicht nach Feiern zumute ist", konterte Rico mit schief gelegtem Kopf und musterte ihn argwöhnisch. Maxim zuckte mit den Schultern.
„Was gibt's da schon zu feiern? Dem Tod wieder ein Stück näher", kommentierte er missmutig.
„Ist es wegen dieser Leticia?"
Rico sah ihm gespannt ins Gesicht.
„Bullshit. Wie kommst du denn darauf?", probierte Maxim, ihn abzuwimmeln.
„Seit du sie vor ein paar Wochen besucht hast, redest du nicht mehr von ihr", stellte Rico fest.
„Weil sie nicht wichtig ist", erwiderte Maxim abweisend, griff nach seinem Glas Cola und nippte daran. Doch Rico kannte ihn lang genug, um den Braten zu riechen, also zog er erwartungsvoll eine Augenbraue hoch und hielt seinen Blick auffordernd auf ihn gerichtet. Kurz zögerte er, dachte über seine nächsten Worte nach, dann jedoch gab er seinen Widerstand schließlich auf. Er konnte es sowieso nicht sein Leben lang für sich behalten.
„Leticia ist die Mutter meiner Tochter."
Es fühlte sich wie eine Befreiung an, es offen auszusprechen, auch, wenn sich die Augen seines Gesprächspartners perplex weiteten.
„Du hast sie geschwängert?", platzte es fassungslos aus Rico heraus.
„Vor sechs Jahren", ergänzte Maxim trocken.
„Alter!", entfuhr es Steven ächzend. „Wann wolltest du uns von ihr erzählen? Wenn sie achtzehn wird?"
Es war offensichtlich, dass er aufrichtig enttäuscht war. Vermutlich ging er davon aus, dass Maxim seinen Freunden diese Information tatsächlich über Jahre verschwiegen hatte, also hob er beschwichtigend die Hände.
„Ich weiß es selbst erst seit ein paar Monaten", offenbarte er.
„Monaten?", wiederholte Rico, ehe er den Kopf schüttelte. „Alter, ich habe mit vielem gerechnet, aber das übertrifft selbst meine kühnsten Erwartungen."
„Leticia und ich hatten schonmal was miteinander. Ist schon länger her...", erklärte Maxim knapp und kippte den Rest seiner Cola seine Kehle hinunter.
„Etwas mehr als sechs Jahre eben", kommentierte Rico trocken.
„Vor ein paar Monaten habe ich sie zufällig wiedergesehen. Anschließend haben wir uns ein paar Mal verabredet", beschönigte er die Tatsache, dass er sie zunächst nicht einmal wiedererkannt hatte. „Plötzlich stand dann dieses kleine Mädchen in ihrer Wohnung vor mir. Als ich sie zur Rede gestellt habe, hat sie mir gebeichtet, dass Noemi meine Tochter ist", fuhr er fort, in der Hoffnung, Rico würde sich mit dieser dürftigen Erzählung zufriedengeben.
„Und du hast ihr das einfach so abgekauft?", hakte Rico fassungslos nach. Maxim zog vielsagend die Augenbrauen hoch.
„Wir haben einen Test gemacht. Es stimmt. Noemi ist meine Tochter."
Automatisch schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen, während seine Augen zu leuchten begannen.
„Und das hat sie dir nie erzählt?", platzte es kopfschüttelnd aus Steven heraus.
„Sie hat gedacht, ich wäre ein schlechter Einfluss und möglicherweise noch gar nicht bereit für ein Kind...", erzählte Maxim knapp. Steven schüttelte mit abschätzigem Gesichtsausdruck den Kopf.
„Unfassbar...", kommentierte er, bevor er einen Schluck trank.
„Wie sieht sie denn aus? Hast du ein Foto von ihr? Und wie geht das jetzt mit euch weiter?", wollte Rico wissen. Maxim lachte, auch, wenn ihm gar nicht danach zumute war.
„Nicht mal Noemi stellt so viele Fragen wie du", antwortete er. Rico runzelte misstrauisch die Stirn.
„Also ist das jetzt was Ernstes zwischen euch?"
„Sie hat ihm fast sechs Jahre seine Tochter vorenthalten. Wie soll er sich auf so eine Frau einlassen?", hinterfragte Steven verständnislos. Maxim seufzte schwer.
„Er hat recht. Ich kann das nicht einfach vergessen, selbst, wenn ich wollte. Ich will einfach nur Verantwortung für Noemi übernehmen und ihr ein guter Vater sein. Sie soll es besser haben als ich damals", erklärte er.
„Also hast du keine Gefühle für sie?", bohrte Rico tiefer. Maxim überspielte das Chaos in seinem Herzen mit einem Lachen.
„Bist du jetzt unter die Therapeuten gegangen?"
„Ich meine ja nur... Ihr habt eine Tochter zusammen. Das ist verdammt ernst."
„Sie hat mir jahrelang mein Kind vorenthalten, weil sie geglaubt hat, ich wäre ein schlechter Einfluss für sie oder würde sie in Schwierigkeiten bringen. Wie soll ich mit ihr eine ernsthafte Beziehung führen?", fragte Maxim enttäuscht, legte den Kopf schief und musterte Rico hilflos. Der zuckte mit den Schultern.
„Na und? Sie hat es immerhin für die Kleine getan."
„Deshalb bemühe ich mich ja trotzdem um ein gutes Verhältnis zu ihr. Aber die Tatsache, dass sie mir nicht einmal eine Chance gegeben hat, diese Entscheidung zu treffen oder ihr zu zeigen, dass sie falsch liegt, das stößt mich einfach ab – weil Noemi deshalb keinen Vater hatte. So, wie ich damals auch keinen hatte..."
„Willst du wissen, was ich denke?", fragte Rico ernst. Maxim seufzte.
„Du sagst es mir ja sowieso."
„Ich denke, dass Leticia dir schon sehr wichtig ist, wenn ihr Verhalten dich so aus der Bahn wirft", analysierte Rico treffsicher. Sein Herz zog sich angesichts der Worte seines besten Freundes schmerzhaft zusammen.
„Okay, ich gebe es zu. Ich hatte Gefühle für sie, aber seit wir das Testergebnis bekommen haben, halte ich sie auf Distanz."
„Das kann ich verstehen", räumte Rico ein. „Trotzdem denke ich, dass du herausfinden solltest, ob das mit euch möglicherweise doch etwas Ernstes werden kann."
„Das kann er auch noch morgen. Heute hat er Geburtstag und da vorne wartet schon eine ziemlich heiße Braut auf ihn, die sich nur allzu gern von ihm flachlegen lassen will", warf Steven ein und deutete mit einem Kopfnicken auf eine scharfe Dunkelhaarige in einem grünen Kleid, die bereits seit Stunden immer mal wieder zu ihnen herübersah. Auch Maxim war sie schon aufgefallen. Sie hatte lange Beine, große Brüste und schöne, volle Lippen. Eigentlich hatte er kein Interesse, aber vielleicht konnte es nicht schaden, auf andere Gedanken zu kommen, statt sich abermals den Kopf über Leticia zu zerbrechen. Er wollte mit ihr abschließen, also war es doch vollkommen in Ordnung, sein Leben weiterzuleben und sich abzulenken, bevor er einen Rückzieher machen und wieder ins Grübeln kommen konnte. Er spürte, dass das Gespräch mit seinen Freunden drohte, ihn erneut nachdenklich zu machen, also war es höchste Zeit, gegenzusteuern.
Also schaute er nicht weg, als die junge Frau seinen Blick bemerkte. Als sie ihm ein freches Lächeln schenkte, das ihre perfekten Zähne zeigte, und er dieses gewisse Feuer in ihren Augen auflodern sah, wusste Maxim, dass er Gefahr lief, sich an ihr zu verbrennen.
Mies, was soll ich euch sagen? Glaubt ihr, er kriegt die Kurve noch?
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