24 | Nächste Schritte
Ihr schönen Menschen, die letzten Tage waren etwas stressig, aber hier gehts mit dem nächsten Kapitel weiter :D
Maxim lehnte lässig an seinem Wagen, als Leticia aus der Ankunftshalle trat. Er war gerade noch in sein Smartphone vertieft gewesen, doch genau in dem Moment, als sie durch die große Tür ins Freie getreten war, hatte er aufgeschaut.
Obwohl sie lediglich ein schlichtes türkises Longtop, eine knackig-enge Jeans und bunte Sneakers trug, musste er sich verbieten, sie heiß zu finden. Ihre Haare hatte sie zu diesem schrecklichen Knäuel auf dem Kopf zusammengebunden. Jetzt sah sie erst recht komisch aus, da dieser seltsame Farbverlauf von hell- zu dunkelbraun noch viel offensichtlicher wurde.
Als sie ihn erblickte, lief sie mit einer kleinen Reisetasche in der Hand zielstrebig auf ihn zu. Er musterte sie kurz unschlüssig, als sie vor ihm stehenblieb. Zu seiner Zufriedenheit war sie heute wieder nur dezent geschminkt. Er mochte das.
„Hey...", begrüßte sie ihn unsicher.
„Hey...", erwiderte er und nahm ihr die kleine Reisetasche aus der Hand, öffnete den Kofferraum seines Wagens und verstaute sie darin.
„Hast den Flug ja überlebt", stichelte er. Er konnte sich einfach nicht verkneifen, sie mit ihrer Flugangst aufzuziehen.
„Danke, dass du mich abholst", überging sie seine Anspielung. Er warf den Kofferraumdeckel zu.
„Kein Problem", erwiderte er und ging um das Auto herum, öffnete dann die Fahrertür. Sie stieg auf der Beifahrerseite ein.
„Hast du Hunger?"
Er musterte sie eindringlich, während sie sich anschnallte und startete den Wagen.
„Ein bisschen."
„Dönerteller ist cool, oder?", fragte er und fädelte sich in den Verkehr ein.
„Ja, klar."
Während dem Essen versuchte Maxim, das Gespräch mit oberflächlichen Themen am Leben zu erhalten. Er hatte eigentlich keinen Bock auf Smalltalk. Trotzdem fand er den Dönerladen zur Besprechung der Fragen, die ihn seit ihrer letzten Begegnung beschäftigten, unpassend. Kein Wunder, dass er sich dabei erwischte, wie er sein Essen verschlang als hätte er tagelang keinen Bissen zu sich genommen. Er wollte so schnell wie möglich wieder ungestört mit ihr sein.
Die paar Tage mit seinem Vater hatten ihn darin bestärkt, dass er unbedingt die Wahrheit herausfinden musste. Inzwischen sah er die Sache nicht mehr so eng wie vorher und war offen für ihre Motive und Beweggründe. Er war zumindest bereit, ihr eine Chance zu geben und sich auf eine zwischenmenschliche Beziehung zu ihr einzulassen.
Er wusste, dass seine Ablehnung vor allem von Wut und gekränktem Stolz getrieben worden waren. Doch mit ein wenig Abstand und abgekühltem Gemüt war er in der Lage, rational an all das heranzugehen.
Als er sie angerufen hatte, um sie um ein Treffen zu bitten, war er davon ausgegangen, dass es ihr nicht möglich sein würde, und doch hatte sie es ohne Probleme eingerichtet.
Wenn er einmal all diese ganzen negativen Gedanken rund um ihre vermeintlich gemeinsame Tochter und ihre Geheimnisse ausblendete und Leticia einfach als das betrachtete, was sie im Augenblick war, musste er zugeben, dass sie zweifelsohne eine tolle Frau war und durchaus für eine langfristige Beziehung infrage kam. Sie war intelligent und teilte viele Werte, die ihm persönlich in einer Beziehung wichtig waren. Schon lang gab es auch keine Konkurrenz, da er sich von Frauen üblicherweise fernhielt, aber Leticia war es gelungen, zu ihm durchzudringen, auch, wenn er es eigentlich bisher nur bedingt zugelassen hatte.
Obwohl so viel Ungeklärtes zwischen ihnen stand, beruhigte ihn Leticias Gegenwart. Der Gedanke, dass sie als erste Frau seit Langem sein Haus betreten und damit einen ziemlich großen Schritt in sein Privatleben machen würde, löste jedoch ein mulmiges Gefühl in ihm aus.
Als sie nach dem Essen wieder in seinem Wagen saßen, war ihre oberflächlich entspannte Stimmung in Nervosität umgeschlagen. Ihre Finger spielten unentwegt mit dem Saum ihres Longtops. Kurzerhand entschied er, das Gespräch an einen neutraleren Ort als sein Zuhause zu verlegen und lenkte das Auto an der Kreuzung in die entgegengesetzte Richtung. Kurz darauf stellte er das Fahrzeug auf einem Schotterparkplatz an einem Waldrand ab. Sie sah sich angespannt um.
„Ich dachte, wir fahren zu dir."
„Ein kleiner Verdauungsspaziergang kann nicht schaden", lächelte er mild und löste den Sicherheitsgurt.
Sie folgte ihm zögernd zu einem kleinen Schotterweg, der schließlich in einen lehmigen Boden überging und geradewegs in den grünen Wald führte. Immer wieder brach das Sonnenlicht durch das Blätterdach und tauchte den Wald in ein schönes, gelbstichiges Licht.
„Was hast du deinen Eltern eigentlich erzählt, wo du hinfährst?", fragte er, als sie ein paar Meter gegangen waren, und drehte ihr neugierig den Kopf zu. Sie schmunzelte verlegen.
„Ich habe gesagt, ich habe einen Auftrag in Berlin", erwiderte sie. Er wurde ernst.
„Du hast sie also belogen", stellte er ernüchtert fest. Sie senkte unangenehm berührt ihren Blick.
„Ich habe ihnen nicht erzählt, wer du wirklich bist. Meinem Vater hat es sowieso schon nicht gefallen, dass du neulich so spät bei mir warst. Sobald wir über alles gesprochen und uns Klarheit verschafft haben, werde ich ihnen die Wahrheit sagen."
Er lief einen Augenblick schweigend neben ihr her.
„Glaub mir, ich lüge sie wirklich nur sehr ungern an. Ich möchte sie nur nicht unnötig beunruhigen. Mein Vater regt sich sehr schnell auf, wenn es um einen Mann geht und er ist nicht mehr der Jüngste. Er hat schon Probleme mit dem Herzen und-"
„Was ist mit seinem Herz?"
Seine Wut war verraucht, als er sie unterbrach. Sein aufrichtiges Interesse überraschte und berührte sie gleichermaßen.
„Er hatte vor etwa einem Jahr einen Herzinfarkt. Seitdem arbeitet er nicht mehr und ist frühzeitig in Pension gegangen. Deshalb haben sie sich auch in Spanien umgeschaut. Sie spielen mit dem Gedanken, sich dort dauerhaft zur Ruhe zu setzen, zum Glück noch nicht morgen..."
Während sie davon erzählte, wurde ihr Blick traurig. Plötzlich fühlte er sich ihr trotz all der verzwickten Umstände unheimlich nah und verbunden.
„Das tut mir leid", sagte er ehrlich. Sie lächelte schwach.
„Es ist mir wirklich nicht leichtgefallen, ihn anzulügen, aber ich-"
„Ich verstehe dich. Hör auf, dich dafür zu rechtfertigen", unterbrach er sie. „Das Wichtigste ist, dass es deinem Vater gut geht." Sie lächelte tapfer. Erst jetzt, während sie darüber sprachen, schoss ihm eine ganz andere Frage durch den Kopf. Er wusste nicht, wieso diese Vorstellung eine solche Unruhe in ihm auslöste.
„Und Noemi und du? Geht ihr mit nach Spanien?"
Er sah eindringlich in ihre Augen. Die Vorstellung, dass er seine Tochter, von der er gerade erst erfahren hatte, möglicherweise kaum sehen würde, machte ihn unruhig.
„Nein. Wir bleiben hier", antwortete sie zu seiner Erleichterung.
„Hast du nicht daran gedacht, mit ihr auszuwandern?", hakte er sicherheitshalber nach. Sie lächelte. „Nein. Ich habe mein Leben hier."
„Aber es wird sicher schwieriger, wenn sie dich nicht mehr so unterstützen können, oder?", wollte er wissen. Sie seufzte schwer. „Das...", sagte sie und schaute dann fest in seine Augen, „...kommt ganz auf dich an."
Maxim wich ihrem Blick nicht aus, blieb jedoch stehen und sah ernst in ihr Gesicht.
„Hör zu, Leticia, ich weiß ehrlich gesagt noch immer nicht, was ich glauben soll, aber ich will nicht ausschließen, dass ich damals tatsächlich dermaßen neben der Spur gewesen bin und mich an nichts erinnere. Wenn Noemi wirklich meine Tochter ist, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, ihr ein guter Vater zu sein. Aber vorher will ich einen Vaterschaftstest."
„Selbstverständlich. Du sollst schließlich sicher sein, dass ich dich nicht belogen habe."
Ihre sofortige Zustimmung beruhigte ihn. So kooperativ verhielt sich keine Mutter, die sich ihrer Sache nicht sicher war. Das traurige Funkeln, das sich in ihre Augen geschlichen hatte, berührte ihn auf eine ihm ungewohnte Weise. Ohne weiter darüber nachzudenken, strich er über ihr Gesicht. Für den Bruchteil einer Sekunde vergaß er seinen Vorsatz, sich zurückzuhalten, bis er Gewissheit hatte, und verlor sich in ihren Augen.
Also ich finde ja, besser kleine Fortschritte als gar keine... :D oder wie seht ihr das?
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