(Un)Bekannter Ort
(13.05.2015 - ???, England)
Mein Schädel fühlte sich an als würde jemand versuchen ihn mit einer Axt zu spalten, hinter meinen Augen pochte der Schmerz im Takt meines Herzens. Ich stöhnte auf, die Hände vor mein Gesicht haltend, das Licht im Raum war zu viel für mich. Was war passiert? Ich versuchte mich zu erinnern, an das letzte was ich gesehen hatte, wir waren im Yard gewesen, Sherlock hatte mich zum Schlafen gezwungen, er hatte mir seinen Mantel gegeben, nein, erst hatte er mich damit zugedeckt, später hatte er ihn mir angezogen, mir war kalt gewesen, ja wir hatten auf ein Taxi gewartet.
Mit einem Schlag kamen die Bilder zurück, wir waren im Taxi gewesen, Jim hatte uns in eine Falle gelockt, ich setzte mich auf, ich bemerkte das ich den Mantel noch immer anhatte, der beruhigende Duft von Sherlock haftete immer noch an ihm, ich genoss ihn einen kurzen Augenblick bevor ich erneut versuchte meine Augen zu öffnen.
Die Formen im Raum waren erst doppelt bevor sie sich zu einem zusammentaten, mir war als wäre alles dumpf, mussten Nachwirkungen des Gases sein. Es gab kleine Fenster in dem Raum in dem ich mich befand, sonst war nicht viel darin, eine Leiter, paar Farbeimer, ein Besen und einige zugeklebte Kisten, wieso kam mir es mir so bekannt vor? War ich bereits einmal hier gewesen?
Ich hatte auf dem nackten Betonboden gelegen beziehungsweise saß ich nun darauf, hinter mir war eine Wand. Langsam blinkte ich als der Schmerz hinter meinen Augen abebbte. Als ich versuchte aufzustehen bemerkte ich das mir ein Schuh fehlte, dieser Irre kannte keine Grenzen in seinen Metaphern, ich hatte ihn nicht einfach verloren, das war mir klar, nein der Ball war vorbei, der Kürbis hatte mich abgeholt und ein Schuh ging an meinen Prinzen.
Mir war schlecht vor Angst, mich überkam ein zittern am ganzen Körper, ich bezweifelte das ich es schaffen würde erfolgreich hier rauszukommen, selbst wenn ich es schaffen würde dem guten alten Jim, meiner schlechten Fee, eins mit dem Besen überzuziehen, er handelte gewiss nicht allein, ich wäre schneller wieder Bewusstlos als ich schreien könnte. Das einzige dessen ich mir sicher war: er würde mich nicht töten bis Sherlock da war, wenn er mein Leben beenden würde wollte er auch das Sherlock es sah und nicht verhindern konnte.
Dieser Gedanke beruhigte mich dennoch nur bedingt, ich hatte immer noch eine scheiß Angst vor dem was er alles mit mir anstellen könnte. Ich zwang mich so ruhig wie möglich zu bleiben. Panik klang zwar mit jedem meiner rapiden Herzschläge verlockender aber würde mich nicht weiter bringen. Als ich sicher war das meine Beine nicht unter mir nachgeben würden trat ich langsam von der Wand weg.
So leise wie möglich ging ich durch den Raum, wollte hinauszögern das er bemerkte das ich wach war, ich wusste um Hilfe rufen würde mir nichts bringen. Er hatte das alles so genau geplant, das er mich nicht in einem Keller unterbringen würde von dem aus man meine Schreie hören würde. Ich war zu klein um aus den schmalen deckennahen Fenstern zu sehen, alles was ich erkennen konnte war das die Nacht vorbei war, meiner Laien Meinung nach war es wahrscheinlich früher Morgen.
Noch bevor ich die Chance hatte den Inhalt der Kisten anzusehen öffnete sich knallend die Tür und Jim zeigte sein wahres Gesicht. Ich erschreckte mich und presste mich wieder gegen die Wand, so weit wie möglich entfernt von der Stelle an der er den Raum betrat. Ich kämpfte gegen den Impuls meine Augen zu schließen oder mich in Sherlocks Mantel zu vergraben, das würde nur kindische Schwäche zeigen.
„Gut geschlafen Prinzessin?" säuselte er und kam näher, ich versuchte so aufrecht und sicher wie möglich dazustehen, die Angst pulsierte in Wellen durch meine Adern. Meine Zunge war wie gelähmt, ich brachte kein Wort hervor. Bei Hannah hatte ich gewusst das weniger als zwanzig Meter von mir entfernt Hilfe auf dem Weg war, das sie aus einem Impuls heraus handelte das hier war geplant, ich war auf mich allein gestellt. Und ich fühlte mich als könnte ich nur verlieren.
„Komm schon sei nicht langweilig. ANTWORTE" vom weinerlichen hatte er schlagartig ins schreien gewechselt, mein Kopf hatte unsanft mit der Wand hinter mir Bekanntschaft gemacht so sehr hatte mich sein Ausbruch erschreckt. Zischend zog ich Luft ein, versuchte gegen den neuen Schmerz zu atmen.
„Das werden sie noch bereuen." das war das Erste was mir einfiel, Sherlock würde mich finden, er würde diesem Irren Einhalt gebieten und dann würde Moriarty sich wünschen er wäre niemals nach London zurückgekommen. Vermutlich nicht das klügste was ich sagen konnte aber allein diese Gedanken hielten mich aufrecht.
„Sie an sie spricht" sein Lächeln war beunruhigender als wenn er schrie, meine Hände zitterten, ich presste sie flach hinter mich an die Wand. Launenhaft, so hatte er sich selbst vor Sherlock beschrieben, nun sollte ich erfahren warum.
„Also sag mir: Was ist so besonders an dir?" verwirrt riss ich die Augen auf, was meinte er damit, nichts was besonders an mir. Er blickte mich lange an, als suche er nach etwas, mir wurde unwohl bei der intensiven Art mit der er mich betrachtete, ich wollte mich zusammenrollen oder verstecken aber ich zog Sherlocks Mantel enger um mich und blieb stehen wo ich war. Auch wenn ich mich nackt unter seinem kalten Blick fühlte.
„Ich meine sieh dich an" er gestikulierte von meinem Körper zu meinem Gesicht. „Kannst du dir vorstellen wie überrascht ich war als ich davon erfuhr das eine Frau in 221B Baker Street eingezogen ist?" er ging einen Schritt zurück und ich war dankbar dafür, es gab mir Raum zum Atmen. Erst verzögert kamen seine Worte bei mir an, zu sehr hatte mich die Angst in seiner Nähe paralysiert.
Gott sei Dank wollte er keine Antwort von mir denn er sprach nach einer kurzen Kunstpause weiter „Und was er nicht alles für dich getan hat." Er schnalzte mit seiner Zunge, mir wurde wieder schlecht. "Hat dir deine kleinen Hobbys ausgetrieben, dein Leben gerettet, dich zu Tatorten mitgenommen, dich eingekleidet, gefüttert und am Ende hat er dir sein Herz und seine Jungfräulichkeit geschenkt." Er lachte, ein furchtbar schriller Laut, ich wollte mir die Ohren zuhalten aber meine Hände bewegten sich keinen Millimeter von der Wand weg.
Mit einem Mal war er direkt vor meinem Gesicht, uns trennten weniger als zwei Zentimeter, ich ließ einen ängstlichen Laut hören und versuchte mich weiter in die Wand hinter mir zu drücken. Doch die Ziegelmauer in meinem Rücken war so unnachgiebig wie der Mann vor mir. Zufrieden grinste er als er meine Reaktion sah, hätte ich noch Platz in mir für Wut hätte sie mich gepackt bei seinem stillen Spott.
Seine Worte hatten die Übelkeit in mir nur angefacht, ich hatte das Bedürfnis zu schreien aber nur ein weiteres wimmern kam über meine Lippen. Tränen sammelten sich in meinen Augen, beinah war ich dankbar dass ich deshalb für einen Moment nur noch seine Umrisse sah. Als die Tränen meine Wangen hinunterliefen versuchte ich mich mit Gedanken an Sherlock zu beruhigen.
Er würde mich finden.
Er würde nicht ruhen bis er mich wieder hatte.
Er hatte es geschworen.
Er würde mich retten, das tat er immer.
Ich bemerkte wie Jim wieder einen Schritt zurücktrat. Ich war erleichtert dass ich seinen Atem nun nicht mehr auf meinem Gesicht spürte. Dennoch war er noch zu nah für meinen Geschmack.
„Niemand ist je so nah an ihn herangekommen, wortwörtlich" er lachte erneut über sein eigenes Wortspiel. Er genoss es mich leiden zu sehen, es gab ihm einen Kick zu wissen das er uns reingelegt hatte. Ich hatte geglaubt ich könnte nie jemanden mehr hassen als Dave aber nun wusste ich mein Hass auf diesen kinderschändenden Mistkerl war nichts im Vergleich mit der Abscheu die ich für dieses Monster empfand.
„Ich dachte immer er steht über den Menschen und ihren schmutzigen kleinen Bedürfnissen." Wieder sah er an meinem Körper hinab, ich hasste jede Sekunde davon. Doch dann sagte er die Worte die etwas Verstecktes in mir weckten: "Armer dummer Sherlock. Statt einem Jahrhundert Genie ist er nun nichts weiter als ein einfältiger Narr."
„Das ist er nicht" entfuhr es mir, ich blickte in die Augen des Bösen, der Abgrund direkt vor mir in seinen kalten Pupillen aber niemand beleidigte Sherlock. Die Lautstärke und Festigkeit meiner Stimme hatten mich selbst überrascht. Es war wie bei Hannah, meine Überlebensinstinkte hatten mich kurzweilig verlassen.
„Sie haben ihn nur wütend gemacht." spuckte ich ihm entgegen, mein Herz schlug mir bis zum Hals, mein Gesicht war glühend heiß aber da war kein zittern in meinen Worten „Sie mussten warten bis er müde war, um überhaupt an mich heran zu kommen und dann haben sie sich nicht einmal getraut ihm in die Augen zu sehen als sie mich mitnahmen. Sie mussten ihn betäuben weil sie ihm nicht gewachsen sind. Waren sie nie und bald schon, wird er ihnen genau das beweisen."
Ein kleiner Teil von mir schrie mich an die Klappe zu halten aber ich hatte jedes Wort genau so gemeint. Zu meiner Überraschung wurde er nicht wütend sondern er legte seine Hände um mein Gesicht, ich kämpfte darum nicht zu sehr zusammenzuzucken. Seine kühlen Finger auf meiner Haut fühlten sich falsch an, in mir brodelte die Wut im gleichen Maß mit der Übelkeit bei dieser pervertierten Geste.
Hinter Jims Berührung steckte reine Bosheit, sein Griff war fest und seine Augen hatten ein verrücktes Flimmern. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen, ich hatte Angst Ohnmächtig zu werden bevor ich ihn sagen hörte:
„Da ist sie ja, die Frau der Sherlock verfallen ist." seine Finger streichelten über meine Wangen, es war als würde er eine brennende Spur auf meinem Gesicht hinterlassen. „Wusste doch dass da mehr zu dir sein muss." endlich ließ er von mir ab und trat in den Raum hinein, weg von mir.
Es war ein Kampf nicht erleichtert nach vorn zu sacken. Ich erlaubte mir lediglich mit den Ärmeln des gestohlenen Mantels über meine Wangen zu wischen, versuchend mit etwas von Sherlock die Spuren von Jim wegzuwaschen.
"Ich habe eine Aufgabe für dich"
Das konnte nichts Gutes bedeuten, nicht das es irgendetwas Gutes an dieser Situation gab. Auf ein Pfeifen hin öffnete sich die Tür und ein Mann trat in den Raum. Er war größer als Moriarty und bei weitem kräftiger, er könnte mich in der Mitte durchbrechen, dessen war ich mir sicher. Nun fühlte ich deutlich wie mir der Angstschweiß über den Rücken lief. Ich zwang mich nicht zu hyperventilieren.
Der Schlägertyp brachte ein Telefon, einen alten Holzstuhl und einen Zettel zu uns in den Keller. Ich ahnte was passieren würde, eine Nachricht für Sherlock, ich schloss kurz die Augen: Gott das würde ihm die Luft aus den Lungen schlagen. Mir würde es zumindest so gehen. Ich wusste ich musste meine Stimme so ruhig wie irgend möglich klingen lassen.
Tatsächlich wies Moriarty mich an auf dem Stuhl Platz zu nehmen. So unauffällig wie möglich versuchte ich mir zu merken wie der fremde Mann aussah, das würde ich später, sollte es ein später für mich geben, alles bei der Polizei aussagen müssen. Ohne ein Wort zu sagen gab mir der Kerl den Zettel.
Vergiss mich nicht mein Prinz. Du findest mich am ersten Tatort, dem ersten Tatort meines Lebens.
Nur du und John dürfen kommen und mir meinen Schuh zurück bringen.
Nachdem du mich so schutzlos meinem Schicksal überlassen hast.
Alles was folgt ist deine Schuld.
Erkenntnis traf mich wie ein Blitz, ich wusste wo ich war, warum mir dieser Raum so bekannt vorkam. Unglaube mischte sich mit purem Hass, wie konnte dieser Irre es wagen. Er hatte hier nichts zu suchen, dies war kein Spielplatz für seine kranken Fantasien. Das war mein zu Hause. Ich war nach über zehn Jahren das erste Mal zurück in meinem Elternhaus. Der erste Tatort meines Lebens, dies war der Ort an dem meine Kindheit endete.
Dieser Keller hatte immer nur als Ort zum Aufbewahren von allem möglichen Kram gedient. So leer hatte ich ihn nie gesehen und deshalb auch nicht gleich erkannt. Wie hatte ich das nicht kommen sehen können, natürlich würde er da zuschlagen wo es mich am meisten schmerzen würde.
„Ja es war an der Zeit für die Prinzessin nach Hause zu kommen" säuselte Jim als er erkannte dass ich es rausgefunden hatte. Ein eiskalter Griff legte sich um mein Herz, mir war als könnte ich nicht atmen. In all den Jahren hatte ich mir meine Heimkehr niemals so vorgestellt, in aller Ehrlichkeit hatte ich eigentlich nicht gedacht dass ich jemals wieder in diesem Haus stehen beziehungsweise sitzen würde.
Ich fragte mich wem es gehörte, ob dieser Jemand wusste was hier passiert war oder in diesem Moment passierte.
Er zwang mich die Nachricht für Sherlock vorzulesen, ich tat es aber den letzten Teil weigerte ich mich auszusprechen, ich warf das Papier von mir. Es war weniger die Tatsache das der Fremde mich schlug als der Schwung mit dem er es tat, der mich überraschte, es fegte mich glattweg auf den Boden. Mir blieb keine Chance mich abzufangen. Ich keuchte schmerzerfüllt auf als ich dafür wieder Luft in den Lungen hatte, meine Wange fühlte sich heiß an, der Schmerz war erst glühend und verwandelte sich dann in ein dumpfes Pochen, ich hatte keinen Zweifel daran das ich einen schönen Handabdruck auf meinem Gesicht hatte.
Tränen sammelten sich erneut in meinen Augen aber statt zu weinen, musste ich, noch bevor ich es verhindern konnte, loslachen, selbst in meinen Ohren hörte es sich fremd an und was mich ritt wusste ich selbst nicht. „Böser Fehler" murmelte ich, Jacob hatte mich bloß anfassen wollen, wir alle wissen was Sherlock mit ihm gemacht hat und der Mann von der Brücke hatte Glück gehabt das er sein Ende so friedlich gefunden hatte.
„Interessant" wieder reagierte Jim anders als erwartet, nun sah er nachdenklich aus. "Komm Prinzessin, der nächste Teil wird dir gefallen. Du wartest schon so lange darauf." er bot mir seine Hand an, ich nahm sie, warum auch immer, er half mir aufzustehen. Sherlocks Mantel wie eine Rüstung tragend ging ich genau drei Schritte bevor ich die Nadel in meinem Hals spürte sowie fremde Arme um meinen Körper. Dann wurde die Welt wieder schwarz.
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