Trauer hat viele Gesichter
(19.07.2015 – London, England)
Am Ende der nächsten Woche hatte ich genug, selbst in der Klinik, bei meiner Arbeit hatte ich keine ruhige Minute gehabt, in Gedanken war ich immer bei Sherlock und seinem unvorhersehbaren und beinah manischen Verhalten. Jeden Tag hatte ich Angst das wenn ich nach Hause kam die nächste Katastrophe auf mich wartete, bis jetzt hatte er den Schritt zu den Drogen nicht genommen aber ich sah doch das es nur eine Frage der Zeit war.
Es gab Tage da vergrub er sich in seinem Zimmer, lag dem Mangel an Geräuschen nach zu urteilen nur in seinem Bett, umgeben von Rebeccas Sachen. An anderen Tagen spielte er stundenlang auf seiner Geige immer wieder dasselbe Stück oder komponierte neue Noten dazu. Doch zu meist war er versunken in seinen, nennen wir es mal Ermittlungen zu Moriarty. Dafür verließ er sogar ab und an mal die Wohnung. Dennoch Gesund war nichts davon, es war so ein großer Umschwung von seinem Verhalten als Becky noch gelebt hatte und selbst im Vergleich mit seinem Lebensstil vor ihr war sein neuer Zustand bedenklich.
Er würde verhungern, verdursten und vollkommen vergehen, wenn ich ihn nicht mit Mrs Hudsons Hilfe dazu zwang etwas zu sich zu nehmen, zu duschen oder seine Kleider zu wechseln. Ganz davon abgesehen in welchen Zustand er sein Schlafzimmer gebracht hatte. Überall lagen Ausdrucke und ähnliche Dinge zu seinen Ermittlungen welche keinen Platz mehr an seinen Wänden gefunden hatten. Dazu kam noch das er seine Drohung wahrgemacht hatte und alles von Rebecca nunmehr in seinem Zimmer war, Gott sogar ihre Tasse, welche ich ihr zum Geburtstag geschenkt hatte stand auf seinem Nachttisch.
Wie hatte er annehmen können ich hätte sie entsorgt. Tränen wollten in meine Augen treten bei dem Gedanken das es keinen Monat her war seit ich sie ihr gegeben hatte. So viel hatte sich innerhalb dieser kurzen Zeit verändert. Wir hatten uns verändert.
Ich hielt mich aufrecht da ich mich um Sherlock, unsere Wohnung und meine Patienten kümmern musste. Immerhin war ich zur Zeit der Alleinverdiener. Sherlock weigerte sich andere Klienten als sich selbst zu sehen. Behauptete er müsste sein ganzes Wissen, seinen kompletten Verstand für diesen Fall nutzen. Es war ja nicht so das ich es ihm verdenken konnte, auch ich wollte Jim hängen sehen für das was er uns angetan hatte, zu was er Becky getrieben hatte aber ich konnte nicht gutheißen was es mit meinem Freund machte.
Und ich wusste zu einhundert Prozent das sie das nicht gewollt hätte. Das Sherlock sich zu Grunde richtete, beinah daran zerbrach, dem Druck sie nicht zu enttäuschen, ich wusste er tat es zu einem großen Teil weil er sich die Schuld an ihrem Tod gab. Verdammt auch ich gab mir, zumindest Teilweise, die Schuld aber ich musste besser damit umgehen.
Am Schlimmsten war wohl das ich nicht einmal wusste ob Sherlock voran kam oder nicht, er sprach ja nicht mit mir. Er hatte einmal gesagt er würde besser denken wenn er laut sprach aber ich hatte in den letzten Tagen kaum seine Stimme gehört. Gott ich vermisste es beinah wie er mich einen Idioten nannte und Klienten beleidigte in dem er sie deduzierte. Als ich hörte wie er etwas in seinem Zimmer gegen die Wand warf berichtigte ich mich mental, ich vermisste es definitiv und würde alles geben um seine Wunden zu heilen.
Doch all meine Versuche ein Gespräch aufzubauen das über die üblichen Floskeln zu Alltäglichen Dingen hinausging wurden abgeschmettert. Ich musste an die arme Molly denken, ihr bestürzter Gesichtsausdruck und ihre Tränen nachdem Sherlock die verbal angefahren hatte. Das arme Ding, sie war verliebt in ihn und hatte ihre Chance nutzen wollen ihm aufzufallen und gleichzeitig an seine Vernunft zu appellieren. Hätte sie ahnen müssen das es so nach hinten los gehen würde? Vielleicht, zumindest schien sie nunmehr etwas auf Abstand gegangen zu sein.
Wenn ich keine dringenderen Probleme hätte wie namentlich Sherlocks Selbstzerstörungskurs und einen möglichen Rückfall in die Klauen der Drogen würde ich ihn zwingen sich bei der armen Pathologin zu entschuldigen oder zumindest etwas nettes für sie zu tun.
Noch mehr gepolter war gedämpft aus Sherlocks Zimmer zu hören, ich seufzte meinen Kopf in den Nacken legend. Seine Wutausbrüche, wahrscheinlich verursacht durch eine Sackgasse im Fall Moriarty oder einen Anflug von Trauerphase Zwei, waren unvorhersehbar und dauerten zuweilen Stunden. Er schrie, warf Dinge um sich oder stürmte aus dem Haus. Jedes Mal hatte ich Angst er würde nicht oder nur verletzt zurückkommen.
Aber schreie waren nicht alles was ich aus seinem Zimmer hörte, manchmal und ich wusste er würde sich dafür schämen wenn er wüsste das ich es wusste, weinte er so laut das mein Herz jedes Mal aufs Neue brach. Er klang so gequält, teilweise als würde er gefoltert.
Ein Klopfen am Türrahmen holte mich aus meinen Gedanken, ich hob meinen Kopf und sah das gezwungen lächelnde Gesicht unserer Vermieterin. Sie hielt ein Tablett mit Tee, Plätzchen und anderen Dingen in der Hand. Pflichtbewusst und dankbar stand ich auf, nahm es ihr ab und bat sie sich zu setzen als wir einen anderen Knall hörten. „Kein guter Zeitpunkt ihn zu stören" stellte ich das offensichtliche fest, sie nickte wissend.
Ich goss etwas Tee in ihre Tasse, danach befüllte ich meine. „Ich habe etwas für euch Jungs" sagte sie leise und gab mir einen Bilderrahmen. Es war ein Bild von Rebecca darin, aufgenommen an ihrem Geburtstag. Sie strahlte in die Kamera, ihre blauen Augen funkelten voller Leben und Vorfreude. Ich erlaubte mir ein kurzes Lächeln bei dieser Erinnerung an sie.
„Vielleicht hilft es ihm zu sehen dass auch wir sie nicht vergessen haben." Sie sprach leise, ich wusste dass sie um unseren Streit über Rebeccas Sachen wusste. Dies musste ihre Art sein eine Brücke zu bauen. Keine Schlechte Idee, vielleicht sah er dann das ich sie weder Löschen noch Verschweigen wollte. Nach kurzem Überlegen stellte ich das Foto auf unseren Kaminsims. So stand sie in gut sichtbarer Höhe. „Danke sehr Mrs Hudson"
Sie winkte ab, ein kleine Träne fortwischend. Ein lautes Poltern entzog uns dem Moment. Es war wohl Zeit die großen Kanonen rauszuholen.
*
Nein, Nein, Nein, Verdammt. Das durfte doch nicht wahr sein. Ich warf etwas ziemlich schweres gegen die Wand, nicht mal schauend was es war. So knapp, es war so knapp gewesen, beinah hätte ich ihn gehabt, ihn auf frischer Tat erwischt, mir einen Vorteil verschafft aber ich war zu spät gewesen. Frustration pulsierte in meinen Adern und drang aus allen Poren an die Oberfläche.
Ich schrie wie ein angeschossenes Tier auf, riss einige Artikel von den Wänden, alles was mittlerweile nicht mehr von Nutzen war, wie oft würde er mich noch rein legen? Wie oft würde ich noch Scheitern bis ich ihn endlich da hatte wo ich ihn wollte? Was nützte es, wenn ich einige seiner Geschäfte verhinderte oder zumindest erschwerte, wenn mich dies keinen Millimeter näher an ihn heranbrachte.
Er hatte mir das wichtigste genommen was ich gehabt hatte, ihm finanziell zu schaden reichte nicht, ich wollte ihn brennen sehen. Wollte ihn leiden sehen, er sollte spüren was es heißt zu verlieren.
Ich riss alles von meinem Bett und schleuderte es davon, ein weiterer knurrender Laut kämpfte sich aus meiner Kehle. Ein poltern schreckte mich auf, das Bettzeug hätte ein solches Geräusch nicht verursachen sollen, mit großen Augen sah ich mich um. Keuchte als ich sah was ich getan hatte.
Als wäre alle Kraft aus meinen Gliedern gesaugt worden fiel ich auf die Knie. Ihre Tasche hatte offen auf dem Bett gelegen, in meinem Ärger hatte ich sie nicht wahrgenommen. Mit zittrigen Fingern legte ich den Schaden frei, betrachtete was ich getan hatte.
Ihr Notizbuch war gegen die Kommode geprallt, einige der Seiten waren umgeknickt und der Einband war nunmehr eingedellt. Reue ergriff mich, das hatte ich nicht gewollt, wie hatte ich das tun können. Sonst merkte ich mir immer wo ihre Sachen waren damit ich in einem Anflug von Wut nur meine umherwarf, niemals Rebeccas.
Doch nun hatte ich genau das getan, ich hatte sie nicht retten können und nun zerstörte ich auch noch ihren Besitz. Mit feuchten Augen versuchte ich den Schaden zu beheben, die Seiten zu glätten, doch als ich ihre Handschrift sah musste ich mich zusammennehmen keine Tränen auf das Papier fallen zu lassen.
Ich besah mich der Seite die wie ein Fächer zusammengefaltet worden war. Die gröbsten Knicke hatte ich glattgestrichen aber sie würde nie mehr wie vorher aussehen, beinah wie es mein Leben tat. Ich fing an zu blättern. Das Papier war fest und kühl unter meinen Fingerspitzen.
Bisher hatte ich das Buch nicht angerührt, wissend was auf der letzten beschriebenen Seite stand aber mir war nicht klar gewesen was sich noch darin verbarg. Mehr als ihre letzten Worte an mich oder meine Deduktionen. Zu jedem Fall hatte sie Datum, Uhrzeit, Name des Opfers, Adresse des Tatorts und meine Feststellungen niedergeschrieben aber auch ganz zufällige Gedanken die sie gehabt haben musste, hatte sie zu Papier gebracht.
Ein tränenersticktes Lachen entkam mir als ich Anderson ist ein Idiot mit schlechter Frisur las oder sowas wie Manchmal frage ich mich ob NSY überhaupt Qualifikationen verlangt. Ich musste schmunzeln als ich andere Dinge las wie Sherlocks Haare sehen verboten gut aus oder Warum müssen Tote immer nach dem Frühstück gefunden werden. Mir ist schlecht.
Aber da war noch mehr als das. Nach unseren Fällen schien sie sich immer Zeit genommen zu haben eine kurze Zusammenfassung zu schreiben. Versehen mit ihren Gefühlen und Eindrücken zu dem Fall oder dem Tag im Allgemeinen. Es war kein Tagebuch im klassischen Sinne aber es bedachte mich dennoch mit einigen ungewohnten und schmerzlich vermissten Einblicken in ihre Gedankenwelt.
Wie sehr ich sie doch vermisste...
*
(23.07.2015 – London, England)
Als wären seine Launen und sein Verhalten nicht schon schlimm genug gewesen nun schleppte er auch noch ihr Notizbuch mit sich herum, las stundenlang darin. Immer wieder dieselben Seiten, dabei musste er doch schon nach einem kurzen Blick auf die Seiten gespeichert haben müssen was darauf geschrieben stand. Ich schüttelte müde meinen Kopf, das Bild auf dem Kaminsims war auch nur bedingt eine gute Idee gewesen. Ich mochte es wenigstens ab und zu ihr Gesicht zu sehen, nicht das ich sie sonst vergessen würde aber es war schön an die guten Zeiten erinnert zu werden.
Denn ohne jeden Zweifel hatten wir diese gehabt. Ich erinnerte mich mit einem ehrlichen Lächeln gerne an die Momente zwischen uns, wie sie mich umarmt hatte, kurze Zeit nach unserem Kennenlernen, wie sie gelacht hatte wann immer wir billiges Unterhaltungsfernsehen geschaut hatten, wie sie darauf bestanden hatte in den Park zu gehen um Fotos zu machen und das strahlen ihrer Augen wann immer ich ihr etwas Süßes vom Einkaufen mitbrachte.
Jedoch schien Sherlock keinen Komfort in ihrem Bild zu finden, es änderte sich nichts an seinem Selbstzerstörungskurs. Meinen Stolz herunterschluckend beschloss ich Mycroft anzurufen, welcher sich, zu meiner Überraschung noch nicht wieder hatte blicken lassen. Ohne jeden Zweifel hatte er ein Auge auf uns und wusste um den Zustand seines Bruders aber seine kontrollierenden Besuche waren ausgeblieben. Immer noch: Merkwürdig.
Ich wusste das es nicht daran lag das auch er trauerte, ein humorloses Lachen entkam mir, nein ganz bestimmt nicht. Er hatte sie weder richtig gekannt noch gemocht. Vielleicht fühlte er sich schuldig das er sie nicht hatte retten können oder besser gesagt er wollte sich ersparen von seinem Bruder erneut deswegen angefahren zu werden, denn tief in mir wusste ich das ein Mycroft Holmes keine Schuldgefühlte hatte, für nichts.
Dennoch brauchte ich seine Hilfe, so ungern ich das auch zugab. Ich kannte Sherlock besser aber sein Bruder kannte ihn länger. Vielleicht gab es ja etwas um ihn zurückzuholen an das ich nicht dachte weil es in einer Zeit vor mir passiert war.
Eine dünne Hoffnung aber die einzige die ich noch hatte. Mich räuspernd lauschte ich dem regelmäßigen tuten das signalisierte das mein Anruf verbunden wurde. Erstaunlicherweise brauchte er ungewöhnlich lange um ranzugehen. Man würde meinen er wäre in Anbetracht der Lage in der sich sein Bruder befand angespannter, immer zum Einsatz bereit quasi.
„Dr. Watson" grüßte er mich, ich zuckte kaum merklich zusammen, da ich nicht mehr geglaubt hatte er würde noch rangehen. Er klang seltsam aber ich konnte nicht ausmachen was es war, dafür war er ein zu großes Mysterium.
„Ä-Ähm ja" ich raffte mich zusammen, es ging mir um den anderen Holmes Bruder, ich verbannte also alle Gedanken an den Zustand von dem denn ich am Telefon hatte. „Es geht um Sherlock"
„Was ist passiert?" nun klang er alarmiert, das kannte ich. Jetzt wirkte er wieder wie der Mann der uns die Nationalgarde schicken würde sollte es nötig sein. „E-Er" vielleicht hätte ich mir meine Worte vor dem Anruf zurechtlegen sollen, wie sagte ich es am besten? Ich konnte die Ungeduld des Eismannes beinah hören. „ich denke Sie sollten vorbei kommen."
„Warum denken Sie dass das nötig sein wird?" Nicht weil ich glaubte das eine Umarmung von einem Familienmitglied seine Probleme lösen würde, soviel war ja wohl klar. Aber er klang zögernd, das war neu. Warum sprang er nicht auf die Gelegenheit seinen Bruder überwachen zu können?
„Kommen Sie einfach und sehen ihn sich an." knurrte ich, meine Nerven waren dünn gezogen durch die vergangenen Tage. Er würde schon sehen was ich meinte wenn er seinen Büro Menschen Hintern endlich her bewegen würde.
„Ich werde in einer Stunde da sein" waren seine letzten Worte bevor er auflegte. Warum zur Hölle würde er eine Stunde brauchen, nicht weil er noch ein Meeting vorziehen musste, er würde die Welt brennen lassen für Sherlock das hatte sogar Rebecca in wenigen Monaten rausbekommen. Und sein Büro war in der Innenstadt, an einem Donnerstagnachmittag würde er gewiss dort sein? Oder? Es machte keinen Sinn aber genau so wenig machte es weiter darüber nachzudenken. Er würde vorbeikommen das war das Wichtigste.
*
Pünktlich eine Stunde später hörten wir das grade ziehen des Türklopfers und bekannte Schritte auf den siebzehn Stufen zu unserer Wohnung. Ich fragte mich ob er extra im Wagen gewartet hatte um so ekelhaft pünktlich zu sein, es war ihm sowohl zuzutrauen als auch nicht zuzutrauen.
Sherlock hatte sich vor wenigen Minuten zu mir ins Wohnzimmer gesetzt. Zusammengekauert auf seinem Sessel, bekleidet mit seinem Pyjama und dem blauen Morgenmantel den ich nicht zu waschen gewagt hatte weil er als letztes vor dem Detektiv von Rebecca getragen worden war, keine Chance das er noch nach ihr roch aber ich glaubte das der Detektiv mich häuten würde sollte ich auch nur versuchen ihm das Kleidungstück abzunehmen. In seinen blassen Händen lag wie so oft in den letzten Tagen das rosa Notizbuch und seine Augen klebten förmlich an den Seiten.
„Eine Stunde Bruder, auf die Minute." stellte er fest als Mycroft die Tür öffnete, noch bevor eben jener die Chance hatte etwas zu sagen. Ich seufzte, natürlich hatte er mitbekommen wie ich angerufen hatte, warum versuchte ich eigentlich Dinge vor ihm zu verheimlichen? Das konnte wahrscheinlich niemand. Niemand außer Mycroft Holmes vielleicht, dachte ich, nur um in nächsten Moment widerlegt zu werden.
„Ich hoffe du hast dich gebührend von ihr Verabschiedet." sagte mein Mitbewohner als dieser nunmehr endlich zu seinem Bruder aufgesehen hatte. Das Buch zugeschlagen und sicher zur Seite gelegt. Ich war verwirrt, von was bitte sprach Sherlock da und hatte Mycroft kurz erschrocken drein geblickt?
„Ich weiß nicht von was du sprichst." sagte die britische Regierung nachdem er sein Gesicht wieder zu der kalten Mine verzogen hatte die wir doch alle so sehr liebten. Doch Sherlock ließ nicht locker, er stand sogar auf um ihm entgegenzutreten.
„Ich bitte dich" sagte er augenrollend und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer bei der Feststellung dass er zum ersten Mal wieder wie er selbst klang. Die Arroganz die er daraus zog immer mehr zu wissen als jeder andere im Raum tropfte beinah aus seinen Poren. Es war als lockerte sich der Stein in meiner Brust als ich beobachte was weiter geschah. „Wenn du mich hättest täuschen wollen hättest du zwei Stunden daraus machen sollen."
Sie sahen einander an, ich blickte zwischen ihnen hin und her. „Das du dich nicht umgezogen hast wird dir zum Verhängnis." Er schloss die Distanz zu seinem Bruder und nahm etwas von seinem Jackett, ich konnte nicht recht erkennen was es war aber Gott sei Dank liebte Sherlock es anzugeben. Gut zu sehen dass er unter all dem Schmerz und der Trauer noch derselbe war.
„Was machst du wohl mit einer blond gefärbten Frau unter ein Metersechzig in einem Landhaus außerhalb von London?" Kaum merklich zuckten Mycroft's Gesichtsmuskeln, ich konnte es nicht glauben. Eine Freundin? Deshalb hatte er so lange gebracht und uns ewig nicht belästigt? Ich schüttelte mich kurz bei dem mentalen Bild das sich wieder meines Willes in meine Gedanken drängte.
„Ich habe eine neue Sekretärin" sagte er, der Griff um seinen Schirm verstärkte sich kaum wahrnehmbar. Ich sah es nur weil ich darauf achtete. „Gelogen" erwiderte Sherlock. Er war in seinem Element.
„Woher willst du das wissen?" der ältere Holmes wirkte genervt von dieser Konversation. Sherlock hingegen blühte auf „Ganz einfach" begann er zu erklären „Alle deine Sekretärinnen, Assistentinnen und Agentinnen tragen Make-up. Da sind jedoch keine Spuren davon auf deiner Kleidung. Und damit das Haar so fest an dir gehaftet hat muss sie dich umarmt haben allein das schließt schon eine professionelle Verbindung zwischen euch aus. Sie könnte neu sein und nicht wissen wer du bist und in welchem Ruf du stehst aber wie gesagt kein Make-up. Ich würde sagen du hast dir einen Goldfisch zur Unterhaltung gesucht und es ist dir peinlich das zuzugeben."
Mir stand beinah der Mund auf und ich war froh das niemand auf mich achtete.
„Ihre Größe und das gefärbte Haar schließe ich aus der Position von eben jenem auf deiner Kleidung. Dazu kommt das hier ein kleiner Ansatz zu sehen ist. Sie ist noch nicht lange Blond. Dafür ist es zu gesund und gleichmäßig gebleicht. Ihren Wohnort schließe ich aus deinem Geschmack für Immobilien und die Zeit die du gebraucht hast um her zu kommen."
*
Ich roch kurz an meinem Bruder, nicht was ich jemals gedacht hatte das ich tun würde und von wollen kann keine Rede sein aber ich roch auch an Leichen und es war irgendwie schön ihn zappeln zu sehen, beziehungsweise ihn zu ärgern mit etwas dessen er sich anscheinend wirklich schämte. Es half irgendwie mein Genie kurzweilig für etwas anderes als meinen Fall anzuwenden.
„Sie ist jung" stellte ich weiterhin fest, jeder der ihn nicht kannte würde annehmen Mycroft wäre die Gleichgültigkeit in Person aber ich sah da einen Schimmer von Nervosität. „Sie trägt nicht viel Parfüm aber was davon noch wahrnehmbar ist entspricht einem Duft für Frauen unter dreißig, sehr fruchtig und süß. Beinah wie" ich stockte und es war als würde Eiswasser über meinen Kopf gegossen. Es roch anders aber es erinnerte mich an Kokosnuss und Vanille, was mich zwangsläufig wieder an meine Frau erinnerte. Nicht das ich sie jemals vergessen würde, so verlockend dieser Gedanke, in Hinblick auf mein gebrochenes Herz, auch war.
Ich sah meinen Bruder an, anders als zuvor. Konnte es sein? Hatte er sich verliebt? Und wenn ja wer war ich, nach allem was ich erlebt hatte ihn zu verurteilen oder bloßzustellen. Vielleicht wollte er sie beschützen und deshalb sprach er nicht von ihr und traf sie heimlich.
Nach allem was ich verloren hatte sollte ich glücklich für ihn sein aber es tat weh, so sehr. Ich wusste nun warum er nicht her gekommen war all die Tage in denen ich auf der Kippe stand, er wusste ich würde es sofort Deduzieren, so wie ich es auch getan hatte. Er hatte mich beschützen wollen, meiner Wut aus dem Weg gehen und mir Raum geben.
Tausend Emotionen, eine unerwünschter als die davor rasten durch mich. Doch ich atmete tief durch und dachte an Rebeccas lächelndes Gesicht als sie die Goldsworths auf ihrer Hochzeit beobachtet hatte, wie glücklich sie für die Beiden gewesen war. Darüber hinaus hatte sie Frieden mit Mycroft geschlossen gehabt also beschloss ich einmal im Leben das sensible und richtige zu tun. Ein besserer Mensch zu sein. Der Mann denn sie in mir gesehen hatte.
„Sag es ihr, wenn du" ich stockte und räusperte mich, es war schwerer offen zu sein als sich wie ein Arschloch aufzuführen. Scham über meine vorangegangene spottende Art überkam mich aber ich würde mich nicht entschuldigen, stattdessen würde ich ihm einen Rat geben, von dem ich mir wünschte ich hätte ihn befolgt. „wenn du sie liebst sag es ihr und verschwende keinen Moment."
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