Kapitel 15
In der Bibliothek war es nach Ansicht der Freundinnen viel zu voll. Wieso hatten so viele Schüler in der ersten Stunde keinen Unterricht? Econa hatte extra den Karton mitgenommen, da sie und ihre beste Freundin angenommen hatte, dass es in der Bibliothek ruhig zugehen würde. Doch dies war nicht der Fall.
„Hoffentlich leihen die sich alle ein Buch aus und gehen wieder". Doch Thalia war sich sicher, dass dieser Wunsch nicht eintreten würde. Eine halbe Stunde später war die Bibliothek jedoch fast wie leergefegt. Thalia und Econa zogen sich in eine ruhige Ecke zurück und öffneten den Karton ein weiteres Mal.
„Dann werfen wir mal einen Blick auf die Umhänge", kommentierte Econa und nahm den obersten aus dem Karton heraus.
„Gryffindor, wieso überrascht mich das nicht? Ach ja, weil das mit dem Zettel Sinn ergeben könnte. Vielleicht sind die beiden Worte die Passwörter", überlegte Thalia laut.
„Das macht Sinn", bemerkte Econa und nahm den zweiten Umhang heraus, ebenfalls von Gryffindor. „Hey, hier ist ein Zettel mit Name angesteckt, dein Name".
„Dann ist das wohl meiner", bemerkte Thalia. „Aber ich frage mich, wieso haben die Umhänge von Gryffindor?".
„Nicht nur Gryffindor, auch Slytherin". Econa hielt einen grün-schwarzen Umhang hoch. „Das sind wieder zwei". Sie reichte Thalia diesen und noch einen weiteren Umhang, beide zugehörig dem Hause Slytherin.
„Dann sind die vermutlich von Ravenclaw", bemerkte Thalia zu den letzten beiden Umhängen im Karton.
Econa hob sie hoch und nickte. Dabei fiel ihr ein Zettel entgegen. „Aha, hier steht: Slytherin, Makellos. Wer hat sich denn den Schwachsinn ausgedacht?".
„Derjenige, der sich die Passwörter ausdenkt nehme ich mal an", antwortete Thalia auf Econas rhetorische Frage.
„Dann wäre das ja geklärt. Okay, nächste Frage. Wieso besitzen die Doppelgängerzwillinge Umhänge der anderen Häuser? Oh, und auch Krawatten". Soeben fand Econa einen Krawattenhaufen am Boden des Kartons.
„Und ein Notizbuch". Thalia nahm das kleine Büchlein aus der Kiste und schlug die erste Seite auf. „Ahja".
„Komm schon, was steht da?", wollte ihre beste Freundin wissen.
„Keine Ahnung, ich kann kein Wort lesen. Das muss von deinem Doppelgänger stammen. Aber wir haben keine Zeit, es zu entziffern. Wir müssen den Karton zurück unter dein Bett stellen und zu Geschichte der Zauberei".
„Du bist so gemein", beschwerte sich Econa.
„Tja". Thalia legte das Notizbuch in den Karton und die Umhänge obendrauf. „Auf der ersten Seite standen die Passwörter für Dumbledores Büro", vertraute sie ihrer Freundin dann an.
Zufrieden nickte Econa, nahm die Kiste in die Arme und folgte ihre besten Freundin zum Schlafsaal der Hufflepuffs. Dann liefen sie wieder durch das Schloss und erreichten fünf Minuten zu spät das Klassenzimmer für Geschichte der Zauberei. Dafür zog Professor Binns ihnen jeweils fünf Punkte ab - das war ganz schön peinlich. Die Freundinnen setzten sic in die letzte Reihe und landeten neben Ron und Harry.
„Viel besser als diese Ravenclaw-Gören", murmelte Thalia und konzentrierte sich dann auf den Unterricht. Es ging noch immer um die Hexenverfolgung im Mittelalter.
Etwa nach der hälfte der Stunde beugte Ron sich zu Econa über den schmalen Gang. „Wie kann sie ihm zuhören?", fragte er.
„Was weis ich, so motiviert hab ich sie noch nie erlebt", antwortete Econa schulterzuckend. Noch nie war Thalia so interessiert am Unterricht gewesen. Jedenfalls nicht, seit Econa sie kannte.
Ron gab sich wohl mit dieser Antwort zufrieden, denn Sekunden später lag sein Kopf gelangweilt auf seinen Armen auf der Tischplatte.
Thalia machte sich Notizen, die Econa eifrig abschrieb. Da Professor Binns nicht wirklich darauf achtete, was seine Schüler taten, sondern einfach den Stoff durchzog, war das sogar sehr effektiv.
Gegen Ende der Stunde bemerkte Econa, das Draco garnicht da war. Sie stupste Thalia an. „Hey, Lia, schon bemerkte, dass Draco garnicht da ist? Da können wir ihn garnicht abfangen und ausfragen. Dazu hab ich nach gestern nämlich ziemlich große Lust", flüsterte sie ihrer Freundin zu.
„Nein, nicht bemerkt. Aber hey, bevor wir mit irgendwem reden, forschen wir noch ein bisschen nach".
„Okay. Das fühlt sich komisch an, wir sind gradmal drei Tage da und schon sind wie mitten in einem Abenteuer drinnen, obwohl wir nichtmal nen Plan haben, um was genau es eigentlich geht", redete Econa leise weiter.
„Ja, wenn wir wieder Zuhause sind, falls wir wieder zurück kommen, sollten wir ne TV Serie starten", bemerkte Thalia und lachte leise.
„Hast recht, wir würden Millionen damit einnehmen".
Als der Unterricht endete, begaben die Freundinnen sich auf den Innenhof und schauten sich neugierig zwischen den Schülern um. Vielleicht würde ja eine weitere Person auf sie zu kommen, von der sie mehr erfahren könnten, als von denen, die bis jetzt mit ihnen gesprochen hatten. Dies war jedoch nicht der Fall. Missmutig machten die Freundinnen sich auf den Weg zu Verteidigung gegen die dunklen Künste, einem Fach, vor denen es ihnen graute. Einerseits, da sie nicht zaubern konnten und dazu wenig Ahnung hatten, was auf sie zukommen würde - schließlich konnte in diesem Unterrichtsfach alles passieren - andererseits wurde das Fach von Professor Snape unterrichtet, den die Freundinnen überhaupt nicht einschätzen konnten. Er war wie ein wandelndes Mysterium, obwohl seine Taten durchaus nachvollziehbar waren.
Den Unterricht teilten sich Hufflepuffs und Slytherins. In der Hoffnung, nicht beachtet zu werden, sicherten die Freundinnen sich einen Platz in der hintersten Ecke. Snape stand vorne im Klassenzimmer und musterte sie alle.
„Der ist fast so gruselig, wie dieser Binns-Geist", bemerkte Thalia leise.
„Bitte, springt nicht auf und schrei, ein Herzinfarkt die Woche reicht". Econa blickte Thalia warnend an.
„Ist schon gut, das war ein Ausrutscher. Kann ich doch nix für, dass der einfach so durch Dinge schwebt", entschuldigte Thalia sich beleidigt.
„Ein Ausrutscher? Die Kröte hast du auch angeschrien", rief Econa ihrer besten Freundin in Erinnerung.
„Das war ein Versehen", verteidigte diese sich.
„Achso", sagte Econa unbeeindruckt.
„Ja, du hast auch geschrien". Thalia blickte ihre Freundin herausfordernd an.
„Ja, weil du geschrien hast. Hättest du nicht geschrien, hätte ich das auch nicht", wies Econa die Herausforderung von sich.
„Und was denken sie beide, tun Sie gerade?", fragte die jemand mir sehr ruhiger Stimme.
Ein drittes mal schrie Thalia überrascht auf, Econa zuckte zusammen und hielt sich die Ohren zu. Snape war vor ihrem Tisch aufgetaucht, wie aus dem Nichts.
„Meine Güte!", rief Thalia aus. Das waren echt nicht Thalias beste Tage.
Abwartend stand Snape da und blickte auf die Freundinnen herab. Seine Frage wiederholte er jedoch nicht. Stumm blickten die Freundinnen auf. Diese Situation war äußerst unangenehm, alleine schon dieser ruhige, abwartende Blick.
„Ähm, also...", weiter kam Thalia nicht, ihr fiel keine gute Erwiderung ein.
„Gespräch, reden. Wir und so", stammelte Econa mehr oder minder zusammenhangslos.
„Sie sollten sich lieber auf den Unterricht konzentrieren", bemerkte Snape.
Die Freundinnen nickten.
„Ein guter Plan", stimmte Econa zu.
Ohne ein weiteres Wort wandte der Professor sich ab und setzte seinen Gang durch die Reihen fort, während er seinen Vortrag fortführte. Er handelte von irgendeinem gefährlichen Trank.
„Es ist genauso schlimm, wie ich es mit vorgestellt habe", flüsterte Thalia ihrer Freundin zu.
„Noch viel schlimmer. Und Draco wirft uns dauernd schräge blicke zu. Harry und Ron waren viel netter".
„Der ist wieder da?".
„Jep", bestätigte Econa und deutete auf den blonden Slytherin auf der anderen Seite des Raumes.
„Sie sollten ihre Bücher aufschlagen", bemerkte Snape, der schon wieder vor den Freundinnen stand.
Beide zuckten sie zusammen. Dieser Mann schien sich beamen zu können. Nein, warte, er konnte sich ja beamen.
„Seite 73. Ich wiederhole mich nicht noch einmal".
Nickend nahmen die Freundinnen ihre Bücher zur Hand und schlugen besagte Seite auf. Der Unterricht ging weiter. Von nun an waren die Freundinnen auf der Hut, wenn sie redeten. Wie sie schon des öfteren bemerkt hatte, war Professor Snape ein gruseliger Mensch, der wie aus dem Nichts vor einem auftauchte.
„Wir sollten uns das Notizbuch aus dem Karton nehmen und durchblättern. Da steht bestimmt was interessantes drinnen", schlug Thalia leise vor.
„Ja, und mehr unter die Leute mischen, mal sehen, was wir so aufschnappen können", fügte Econa hinzu.
„Und Ordnung in unsere Köpfe bringen", merkte Thalia an.
Somit war es beschlossen. Nach dem Mittagessen und den letzten beiden Stunden würden die Freundinnen ein wenig durch das Schloss wandern und zuhören, was die Schüler von Hogwarts sich so zu erzählen hatten. Aber erst mussten sie die Doppelstunde Verteidigung gegen die dunklen Künste überstehen.
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