ℕ𝕖𝕦𝕟𝕦𝕟𝕕𝕕𝕣𝕖𝕚ß𝕚𝕘

Nach der Achterbahnfahrt, zogen wir weiter ins Spiegel-Labyrinth. Immer wieder musterte ich unterdessen aufmerksam das Gesicht von Dylan, um einzuschätzen, ob er sich wohl fühlte. Allerdings ließ seine Mimik keinerlei Rückschlüsse zu, weshalb ich einfach hoffte, er würde tatsächlich Spaß haben.

Dylan und ich schafften es vollkommen außer Atem vor Megan und Kyle aus dem Labyrinth zu entkommen, weshalb wir anschließend vor dem Ausgang auf die beiden warteten. Obwohl die Geräuschkulisse verdammt laut war, konnte ich meine beste Freundin im Inneren schreien hören.

»Du solltest sie mal auf der Geisterbahn erleben«, meinte ich irgendwann lachend zu meinem Begleiter und deutete vielsagend hinter mich.

»Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das wirklich will«, antwortete er nun ebenfalls schmunzelnd. »Deine Freunde scheinen aber in Ordnung zu sein«, schob er hinterher und ich konnte nicht anders, als erleichtert auszuatmen.

Bevor ich jedoch dazu kam, etwas zu erwidern, stolperte Megan endlich aus der Attraktion, dicht gefolgt von Kyle. Kurzerhand entschieden wir, uns an einer der Buden etwas zu Essen zu holen. Auf dem Weg dorthin griff Dylan nach meiner Hand und entfachte somit mal wieder ein Feuerwerk in meiner Magengegend.

»Also, Dylan ...«, wandte sich Megan nur wenig später an ihn, nachdem wir uns an einem der Foodtrucks Tacos gekauft hatten, »du kommst doch aus England, richtig?«

Oh Gott, bitte lass sie jetzt nicht in den Verhör-Modus schalten.

»Aus Folkestone, um genau zu sein«, antwortete Dylan gelassen, während ich innerlich bereits mit den Augen rollte. Immerhin wusste sie ganz genau, woher er ursprünglich kam.

»Ich wollte auch schon immer mal nach England.« Megan nahm einen herzhaften Biss von dem Taco, bevor sie mit vollem Mund fortfuhr: »Wie lange wirst du eigentlich noch hierbleiben?«

»Keine Ahnung. So lange, bis meine Eltern mich zurückholen«, gab er nachdenklich zurück und ich war dankbar, als Kyle das Gespräch in eine andere Richtung leitete.

»Megan hat erzählt, dass du auch auf meiner Party warst«, wandte er sich nun direkt an Dylan, »ich war wahrscheinlich zu voll, denn ich erinnere mich überhaupt nicht an dich.«

»Geht mir nicht anders«, erklärte Dylan daraufhin mit einem Seitenblick zu mir. »Ehrlich gesagt kann ich mich kaum daran erinnern, wie ich an dem Abend nach Hause gekommen bin.«

Wir standen noch eine Weile zu viert vor dem Foodtruck, bevor wir entschieden, uns langsam auf den Weg zu machen. Kyle hatte zwar angeboten, dass wir noch bei ihm einen Film schauen konnten, aber ich schlug vor, es auf einen anderen Tag zu verlegen. Erstens wollte ich Dylan nicht überfordern und zweitens hoffte ich insgeheim darauf, noch ein wenig Zeit alleine mit ihm verbringen zu können.

»Hat mich gefreut, dich kennenzulernen«, merkte Megan schließlich an und fiel Dylan zur Verabschiedung um den Hals. »Lasst uns das auf jeden Fall wiederholen.«

Als wir uns endgültig voneinander verabschiedet hatten, entfernten sich Kyle und Megan Händchen haltend von uns. Ich sah ihnen noch einen Augenblick nach, bevor Dylan und ich den Kirmestrubel ebenfalls hinter uns ließen.

Wir spazierten ein Stück die Promenade herunter, während ich den bisherigen Abend in meinem Kopf Revue passieren ließ. Insgeheim fragte ich mich, ob er wohl oft an Greg gedacht hatte? Wenn dem so war, hatte er es gut verbergen können.

»Ist alles in Ordnung?« Die Stimme von Dylan riss mich aus meinen Gedanken und erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn die ganze Zeit über angestarrt hatte.

»Ja, alles bestens«, antwortete ich ein wenig zu schnell, woraufhin er nach meiner Hand griff. Mit einer schnellen Bewegung zog er mich zu sich heran, sein fragender Blick scannte aufmerksam mein Gesicht. Die Nähe zu ihm ließ mein Herz rasen und ich fragte mich, ob sich dies wohl jemals ändern würde.

»Sicher?«, vergewisserte er sich erneut und plötzlich fühlte ich mich schlecht, weil er sich um mich zu sorgen schien.

»Es ist nur ... ich habe mich gefragt, ob du Spaß hattest oder ob es ... vielleicht zu viel war?«, rückte ich nun doch mit der Sprache raus. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich kaum merklich, aber doch so weit, dass es mir auffiel.

»Claire«, er ließ seine Finger sanft über meine Wange streichen, während sein intensiver Blick meine Knie ganz weich werden ließ. »Ich bin okay – wirklich. Und ich fand es schön, deine Freunde kennenzulernen.«

Er meinte es ehrlich, das konnte ich fühlen. Anstelle einer Antwort, schloss ich zu ihm auf. Sehnsüchtig legte ich meine Lippen auf seine und er erwiderte meinen Kuss mit solch einer Hingabe, dass ich kurz befürchtete, einfach umzufallen.

Gleich im Anschluss setzten wir unseren abendlichen Spaziergang fort. Ganz selbstverständlich griff er nach meiner Hand, während wir in Richtung der Brücke liefen. »Morgen muss ich arbeiten«, seufzte ich irgendwann wehleidig. Ich hatte mich furchtbar schnell an die reduzierte Arbeitszeit gewöhnt, so dass ich meine Abende am liebsten nur noch mit Dylan verbringen wollte.

»Ich kann dich abholen, wenn du willst«, erwiderte er ganz selbstverständlich, woraufhin sich augenblicklich ein Lächeln auf meinem Gesicht bildete.

»Das klingt nach einem guten Plan.«

Als wir direkt vor dem Zugang zur Brücke standen, zog mich Dylan plötzlich auf den Fußgängerweg. Überrascht folgte ich ihm, auch, wenn mir noch immer unwohl dabei war. Zwar war dies der Ort, wo wir uns das erste Mal begegnet waren, allerdings löste er auch eine nicht zu definierende Unruhe in mir aus.

»Du springst aber nicht wieder über das Geländer, oder?«, flüsterte ich ängstlich, als wir beinahe den höchsten Punkt erreicht hatten. Das Rauschen des Wassers drang zu uns vor und ich wagte es nicht, zu atmen.

Anstelle einer Antwort, zog er ein Stück Papier aus seiner Hosentasche. Ohne es genauer ansehen zu müssen, wusste ich, um was es sich handelte: Sein Brief an Greg.

Jenes Schriftstück, welches ich länger als nötig in meinem Besitz gehabt hatte.

Dylan betrachtete sein Schreiben einen Moment lang nachdenklich, bevor er es mit einer gezielten Bewegung ins Wasser warf – und endlich loszulassen schien.

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