Kapitel 18 - Drayk
„Wo warst du denn?", fragte ihn Aven, als er sein Quartier wieder betrat und sich bemühte, sich nicht die Enttäuschung anmerken zu lassen.
„Bei den Toiletten.", antwortete er nur mürrisch.
„So lange? Ich meine, ich bin vor zwei Stunden kurz aufgewacht und da warst du auch nicht in deinem Bett."
Er stöhnte genervt und verdrehte die Augen.
„Dann hast du wohl genau die Zeitpunkte erwischt, in denen sich meine Blase gemeldet hat."
Beschwichtigend hob Aven beide Hände vor seine Brust.
„Wie auch immer. Egal wo du warst, sei vorsichtig."
„Bin ich. Wo ist Gold?"
„Da, wo du gerade angeblich herkommst."
„Lass es sein, Aven. Ich bin kein Kind, das nicht auf sich alleine aufpassen kann."
Genervt legte er sich auf sein Bett, schloss die Augen und bemerkte wie erholt sein Körper dennoch war. Er hatte erstaunlich gut geschlafen, obwohl Cease zwischendurch auf seinem Arm gelegen hatte und er seine Position ändern musste. Und dann hatte sie sich noch an ihn geschmiegt, so sanft wie eine Lothalkatze.
Vielleicht war das aber auch der Schlaf gewesen, den er dringend gebraucht hatte. Aber was das Thema vor dem Schlaf anging, da konnte er seine Gedanken nicht von lassen. Cale mochte Cease, sehr, und er tat es auch noch in diesem Moment, jedoch mit Enttäuschung. Sie hatte ihm einen wundervollen Abend oder was auch immer geschenkt, auch wenn sie beide nachher direkt eingeschlafen waren; aber er hatte ein wenig mehr über sie erfahren und mehr Zeit mit verbringen können.
Dennoch fühlte er sich so enttäuscht wie schon seit langem nicht mehr.
Es war nicht die Tatsache, dass sie jemandem schon auf diese Weise nahe gewesen war, aber es störte ihn, mit wem es gewesen war. Aber wie hätte er reagiert, wenn sie es ihm bereits vorher gebeichtet hätte?
Darauf hatte er keine Antwort.
Jedoch wusste er, dass Cease mehr und mehr Platz in seinem Herzen fand und er sich nicht dagegen wehren konnte, auch wenn er wütend war. Und sein Herz sich nach ihr sehnte.
Verdammt, er wollte wütend und enttäuscht sein wegen ihr, doch nun begann er wieder über all das Schöne an ihr nachzudenken. Denn sie war das Schöne.
Gedanklich schüttelte er den Kopf.
Trotzdem wollte er jetzt miese Laune haben.
Und das gelang ihm vielleicht, wenn Aven ihn noch weiter mit all seinen neugierigen, nervenden Fragen belästigte.
Aber machte nicht gerade das ihre Freundschaft aus?
***
Cease betrat die Brücke mit einem nervösen Magen. Sie hatte Bauchschmerzen, ihre Hände waren schwitzig und allein bei dem Gedanken, Drayk und all ihr ehemaliges Team retten und mit Verlusten rechnen zu müssen, stach es ihr in die Brust. Sie hatte dieses Kapitel eigentlich abschließen wollen, aber die Vergangenheit war schneller als sie gewesen und versperrte ihr nun den Weg.
Tahlee bedachte sie mit einem musternden Blick, als sie neben Seyda trat, dessen Augenringe auf ihren wenigen Schlaf deuteten. Er wusste, dass das Thema der 546sten noch immer frisch war und an ihr haftete, doch so sehr sie es auch tadeln wollte, verstand sie es gleichzeitig mehr als sich selbst.
„Hallo, Seyda. Ich hoffe du konntest vielleicht etwas schlafen.", begrüßte sie ihre Schülerin, auch wenn sie die Antwort darauf bereits kannte. Seitdem sie die Krankenstation verlassen durften, hatte sie sie nicht mehr gesehen.
„Ein paar Stunden, ja. Den Rest werde ich ein anderes Mal nachholen, wenn uns mehr Zeit bleibt."
„Nun ja, an erster Stelle steht erstmal ein neuer Job, junger Padawan.", erwiderte Tahlee darauf und bedachte sie mit einem Blick, der Cease von früher zu bekannt war.
Ihr eigener Blick verfinsterte sich leicht.
„Sie wollte damit sagen, dass sie dies nur bei einer Gelegenheit tun wird, die ausreichend Zeit zur Verfügung stellt."
Als sie der Blick ihres Meisters traf, merkte plötzlich schmerzvoll, dass sich ihr Verhältnis mehr und mehr anspannte - ihren ehemaligen Meister zu einer Person machte, die sie als übermäßig belehrend und zu direkt empfand.
Sie war nicht länger die Cease, die stumm Befehle entgegen nahm. Aber sie wusste auch nicht, ob sie die neue Cease mögen sollte.
„Wie dem auch sei. Wir werden in einer halben Standardstunde Lothal erreichen."
„Was ist geschehen?"
Dieses seltsame Gefühl im Magen machte ihr allmählich Sorgen.
„So genau wissen wir es nicht. Wir haben versucht Kontakt mit Commander Drayk aufzunehmen, was uns gelungen ist. Ehe er jedoch fortfahren konnte, uns einen Lagebericht mitzuteilen, zerrte ihn etwas vom Transmitter weg und das Bild erlosch."
„Habt Ihr bereits versucht zu anderen Soldaten Kontakt herzustellen?"
„Ja, aber der Funkverkehr wird gestört, ich schätze, dass sich entweder Grievous' oder Dokuus Droideneinheiten über den Planeten her machen und alles ausradieren, was ihnen in den Weg kommt."
„Was war denn der eigentliche Auftrag der 546sten?", fragte Seyda und trat ein Stück näher heran. Ihr Haar war an diesem Tag streng zurückgebunden und sie hatte eine neue, gewaschene Robe an.
Tahlee seufzte.
„Der Geheimdienst konnte zuvor einen Funk der Separatisten abhören bezüglich einer geplanten Übernahme Lothals. Sie wurden dorthin entsandt, aber seit einer Stunde haben wir den Kontakt verloren. Uns ist nur ihr letzter Standpunkt bekannt."
„Und der wäre?"
Ihr ehemaliger Meister tippte Koordinaten ein, ehe eine Karte erschien - Ein leichtes Gebirge mit Schluchten, ansonsten war der Bereich offen, kahl und mit nichts als trocken aussehendem Gras bewachsen. Tahlees Finger deutete auf die Schlucht, bei der Cease bereits am Anfang schlucken musste.
„Hier. Womöglich stecken sie dort fest."
„Es sieht ganz so aus als wurden sie dort reingelockt, wenn man ihren ursprünglichen Startpunkt beachtet. Seht ihr? Die Schlacht begann vor diesem Gebirge... und nun stecken sie dort drin fest.", fügte Seyda hinzu und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
„Stang, was haben sie sich dabei nur gedacht?", fluchte Cease und ging unruhig hin und her. Es war ihre Mannschaft, die dort unten starb, es waren ihre Freunde, die Hilfe benötigten und Cease wusste, dass sie womöglich einige Stunden zu spät erscheinen konnten.
„Cease, beruhige dich jetzt. Ich weiß, dass es deine Leute waren, aber persönliche Beziehungen bringen uns in dieser Sache nicht weiter. Sie waren deine Leute, jetzt nicht mehr.", gab Tahlee von sich und bedachte sie mit einem tadelnden Blick. „Wir werden sie da rausholen, aber sobald es auch eine Gefahr für unsere Truppen wird, brichst du diese Rettungsmission ab."
Einst hätte Cease die Arme trotzig vor der Brust verschränkt und den Blick gesenkt, aber nun hielt sie den Blick ihres Meisters stand und war in der Lage ihm in die Augen zu schauen. So leicht gab sie sich ihm nicht mehr hin.
„Vielleicht ist es das, was der Rat will, oder der Senat, oder das, was ihr wollt. Aber wenn diese Soldaten Hilfe benötigen, dann werden sie diese auch bekommen, was es auch Kosten mag. Und wenn Ihr der Meinung seid diese Mission abzubrechen, dann könnt ihr persönlich diesen Männern an Bord sagen, weshalb sie ihre Brüder nicht retten dürfen!"
Das Gesicht des Mannes verfinsterte sich. Aber zu ihrer Verwunderung blieb er zuerst still und lief um den Holotisch herum.
„Meister Yoda hatte recht, als er sagte, dass es eine schlechte Idee war, mich zu dir zu schicken."
Und mit diesen Worten verließ er die Brücke.
Sie starrte seinen Rücken an, wie er auf die Tür zu ging, welche sich zischend hinter ihm schloss, und ballte ihre Hände zu Fäusten.
Kurz flammte ein Ansturm von Zorn in ihr auf, aber sobald sich Seyda mit einem besorgten Blick vor sie stellte, verflogen ihre Emotionen.
Auch die anderen Soldaten auf der Brücke hatten sich zu ihr umgedreht.
„Ihr beide habt keine gute Verbindung zueinander gehabt, oder?"
„Nein...", seufzte sie. „Und ich denke so wird es auch nie sein."
Sie riss zusammen, versuchte diesen Zorn zu verbannen bis sie schließlich merkte, dass der dunkle Nebel aus ihrem Herzen verschwand. Sie musste jetzt klar denken können.
„Was ist geschehen?"
„Wenn es an der Zeit ist, werde ich es dir erzählen. Jetzt werden wir vorerst Hammer besuchen und ihm von unserer Mission berichten. Ach ja, wie versteht ihr euch beide mittlerweile?", fragte sie und lächelte amüsiert, vielleicht noch etwas gezwungen, als Seyda ebenfalls schmunzeln musste und die Arme vor der Brust verschränkte.
„Ganz gut, denke ich."
„Und?"
„Und was?"
Das Mädchen zog ihren Mund trotzig zu einer Linie.
„Ich dachte du würdest mir erzählen, dass er manchmal ein bisschen eitel sein kann und dir den Rang als Kommandantin nicht zutraut, andererseits aber nett ist und sein Charme nicht übersehbar ist... Aber naja, wenn du meinst."
Cease' Worte brachte nichtsdestotrotz ihre Schülerin wieder zum Lächeln.
„Ihr seid schrecklich wenn ihr Personen lesen wollt. Wir sind einfach zwei Commander. Okay, zugegeben missachte ich seine Befehle, aber befolgen muss ich sie auch nicht! Er kann mir keine Befehle erteilen!"
Um ihre Schülerin zu besänftigen, legte sie ihr eine Hand auf die Schulter und führte sie langsam in Richtung des Lifts, damit sie nicht zu viel Zeit verschwendeten und endlich Hammer und die ganze Mannschaft auf den bevorstehenden Job vorbereiten konnten.
„Das weiß ich... Weißt du, damals als ich noch in deinem Alter war, da existierte die Klonarmee vielleicht noch nicht, aber Tahlee hatte einen engen Freund mit einem Padawan, er war genau mein Alter. Wir wurden nicht selten zusammen auf Aufträge geschickt. Das Problem war nur, dass beide Meister ihn als erfahrenerer als ich ansahen, somit durfte er mir Befehle erteilen. Ich habe es gehasst... Er war genau wie ich und doch durfte er mir Befehle erteilen... Und er hatte auch nicht mehr Erfahrung als ich. Aber Seyda: In dem Fall ist es so, dass Hammer weit aus mehr Erfahrung besitzt was das Schlachtfeld betrifft. Er kennt die Gefahren, ebenso seine Befehle und verschiedene Taktiken. Ich weiß, dass es sehr unangenehm ist, aber die oberste Priorität in diesem Krieg ist, dich am Leben zu halten. Wenn die Macht mich dir nicht zugewiesen hätte, dann würde ich wohl nie einen Padawan annehmen, nicht solange dieser Krieg noch läuft."
Sie standen im Lift, als Cease ihren Vortrag beendete. Es war still, doch sie sah, wie Seyda sie von der Seite musterte, als sie ihr Ziel eingab und die Türen sich schlossen.
„Ich verstehe, Meisterin. Hammer ist nicht so schlimm wie ich ihn beschrieben habe... wirklich. Nur... eitel."
Beide fingen an zu lachen und das Wissen, das Hammer nicht mal wusste, dass sie über ihn redeten, machte es umso besser.
***
Zugegeben hatte sich die Laune nicht wirklich verbessert, als uns ein schriller Ton aus dem Schlaf gerissen hatte, während Vec hochgeschreckte und sich den Kopf an der Bettkante des Bettes über ihm gestoßen hatte. Silver hatte ihn darauf ausgelacht, was nur dazu geführt hatte, dass sowohl Ghost, als auch Sergeant Flak ihm sehr ungemütlich befohlen hatten, die Klappe zu halten. Um ehrlich zu sein, lautes Gelache von Silver tat meinem dröhnenden Schädel nicht gerade gut.
Im nächsten Moment öffnete sich die Tür zu dem Schlafsaal unseres Zugs und Hammer, als auch Cale, Aven und Gold traten hinein, um uns mit verschränkten Armen zu mustern. Gold wirkte wie immer mürrisch und auf seine eigene Art niedergeschlagen, während Aven mit dem Fuß zappelte und sich zu Cale rüber lehnte, auf dessen Nase ein Bactapad klebte, um ihm was ins Ohr zu flüstern.
„Aufwachen, Jungs, es wird nicht mehr geschlafen!", brüllte Hammer quer durch den Raum, sodass auch die letzten sich aufrichteten und mit halb geöffneten Augen zu ihm sahen.
„Auch wenn ihr gerade erst unterwegs wart, brauchen wir gleich ein paar Männer, die Captain Bels Kompanie etwas unter die Arme greifen! Und das seid ihr! Das Bataillon von Commander Drayk ist in die Enge getrieben worden und wir haben weder Funkkontakt, noch sonst irgendwelche Meldungen!"
„Dann gehen wir da praktisch blind rein? Das ist doch Selbstmord!", erklang es von vorne und stimmte Hammer nicht gerade glücklicher.
„Wir haben der Republik unsere Treue geschworen, und damit sind wir auch eine Verpflichtung gegenüber unseren Brüdern eingegangen. Jeder von euch würde sich wünschen gerettet zu werden, jeder von euch würde sich wünschen, dass er nicht wie Abfall dort gelassen wird - Und das werden wir auch nicht tun! Also bewegt euch!"
Das war das Zeichen von Hammer, damit sich alle Männer in Richtung der Waschräume begaben, Ghost folgte mir dicht. Noch bevor Hammer seine Ansprache beendet hatte, war Ghosts Laune bereits im Keller gewesen - Dieser Auftrag war nicht leicht für ihn. Denn ich wusste, dass er tief in ihm diesen Hass hegte, Hass darauf, dass er auf Geonosis beinahe zurückgelassen wurde, und dass er, sowohl jeder andere Klon, nicht wissen wollte, wie viele Männer an jenem Tag zurückgelassen wurden.
Ich bemühte mich, mich nicht umzudrehen und nach Ghost zu sehen, aber als ich den Waschraum betrat, mich auszog, konnte ich es nicht vermeiden Ghost anzusehen - Sein Gesichtsdruck, der genauso wenig Emotionen zeigte wie Gold, wie er dreinschaute, als hätte man ihn mit einem Eimer Wasser aus dem Schlaf gerissen. Er bemerkte mein Starren nicht, zugegeben verurteilte ich mich selbst dafür, und ging noch vor mir zu den Duschen. Und ich folgte ihm. Ich drehte die Dusche neben ihm an, stets aus einem Augenwinkel beobachtend, was sein Gesicht aussagte. Aber ich wurde daraus nicht schlau. Und ein guter Beobachter war ich dazu auch nicht.
„Was habe ich an mir, dass du mich so plötzlich anstarrst?", murrte mich Ghost an.
„Tue ich das?", antwortete ich, versuchte mir nichts anmerken zu lassen, denn ich wusste, dass es nicht gut enden würde, wenn ich Ghost auf dieses Thema ansprechen würde.
„Lass es einfach. Mir geht's gut. Hört einfach alle mit diesem fürsorglichen, brüderlichen Scheiß auf.", knurrte er und rieb sich die Seife aus den Augen.
Ich wusste zwar nicht, wie es war, zurückgelassen zu werden, aber ich konnte mir den Schmerz vorstellen, den er noch immer ertragen musste. Unser Trupp wusste zwar nicht mehr als das, was ich auch über Ghost wusste, allerdings waren wir uns einig, dass er bei uns diesen Schmerz nicht aufs Neue erleben musste.
Wenn er Schmerz erleben musste, dann war es ein anderer Schmerz. Ein Schmerz, den er wieder erleben würde, wenn einer unseres Trupps uns verlassen würde. Ich wusste nicht genau, was er nach Straights Tod empfunden hatte, jedoch wusste ich zu gut, was ich empfunden hatte. Ich wusste noch, dass ich zurück auf dem Kreuzer die Tränen nicht zurückhalten konnte und nicht mal die Worte von Hunt, Vec, Arrow, Blackout oder all den anderen diesen Schmerz lindern konnte. Ein paar Stunden später konnte ich nicht mehr weinen. Und seitdem hatte ich es auch sonst nicht mehr getan. Jedoch war mir noch immer danach zumute, wenn ich an die Erinnerungen mit Straight dachte und nicht wollte, dass es sich nun lediglich um Erinnerungen handelte.
Es waren nur Breaker, Straight und ich in diesem gewesen, die sich seit unserer Geburt kannten und die gleichen Erinnerungen teilten. Aber auch wenn der Rest andere Erinnerungen hatten, so war es doch Tatsache, dass auch wir alle zusammen schon einige davon teilten. Vec konnte sich kaum mehr an seinen alten Trupp erinnern, Arrow und Blackout waren die letzten Überlebenden gewesen, sowie Ghost, und Silver hatte alles schon ausgeblendet, weil er zugab, dass dieser Trupp der einzige ist, den er je leiden konnte. Wir waren alle unterschiedlich und gingen ebenso mit unseren Erinnerungen um. Mich schmerzte jeder Gedanke an Straight, Silver war es egal ob er sich an seine alten Trupps erinnerte oder nicht, doch während ich unter der Dusche stand und Ghost in die Augen sah, erkannte ich darin einen unvergessen und nicht gelinderten Schmerz, der vermutlich nie vergehen würde. Ghost hatte mit mir nicht oft über das gesprochen, was auf Geonosis passiert war, was ich ihm auch nicht übel nahm. Einige von uns, meistens Hunt, hatten versucht dieses Thema anzusprechen, jedoch vergeblich. Es waren erst drei Jahre seit Geonosis gewesen und da war das Trauma noch frisch in unseren Köpfen. Denn Ghost hatte vermutlich etwas erlebt, was sich nur die wenigsten von uns vorstellen konnten.
Drei Jahre und 2 Monate zuvor:
Sand klebte an dem Öl auf seinem Visor. Fluchend wischte Ghost es sich ab, verschmierte aber damit nur seine Sicht und rückte kurz von Ince ab, um sich hinter einen Felsen zu kauern und seinen Helm abzunehmen. Seine Hand griff in die kleine Tasche an seinem Gürtel und holte einen Lappen hervor mit dem er den Dreck und das Schmieröl von seinem Visor wischte, jedoch nicht ohne eine Parade von Flüchen, die seinem Mund verließen.
„Also wenn man in deiner Nähe ist lernt man noch echt was dazu, was Schimpfwörter angehen."
Es war Dyle, der plötzlich neben ihm hockte und sein Gewehr nachlud.
„Langsam kann ich dieses ganze Altmetall nicht mehr ausstehen. Ich würde lieber gegen Fleisch und Blut kämpfen, anstatt gegen dieses rostige Blech, das die Frechheit besitzt auf uns zu schießen. Es ist erniedrigend von so einem Schrott getötet zu werden."
„Da geht's mir genauso! Wo ist Ince?"
„Irgendwo da vorne. Komm, steh auf."
Ghost gab ihm eine Hand und half ihm beim Aufstehen, während er sich den Helm wieder aufsetzte und wieder zu Ince stieß, der neben einem Läufer stand und gerade über einen zerschrotteten Droiden stieg.
Er legte sein Gewehr wieder an, fokussierte einen Droiden und schoss. Ein paar Mal weichte er entgegenkommenden Laserbolzen aus, die ihn sonst getroffen hätten und stolperte nicht selten über Teile von Droiden, die verstreut auf dem Boden lagen.
Er schwitzte stark unter seiner Rüstung, welche eigentlich seine Körpertemperatur regulieren sollte, aber da irgendetwas seinen Regulator am Rücken getroffen hatte, war es unerträglich warm für ihn. Geonosis war nicht mehr als eine rote, staubige und heiße Kugel auf der fliegende Insekten lebten und sonst nicht sehr einladend war.
Explosionen ertönten durchgehend hinter seinem Rücken, gefolgt von Schreien und Rufen im Komkanal, aber das alles blendete er aus, wenn er schoss und Droiden zu Boden stieß.
„Sergeant Spider, bitte kommen.", ertönte es nun lauter im Komkanal seines Helms.
„Höre."
„Wir brauchen ihren Trupp östlich von ihrer Position. Ein paar Jungs sind von den Blechbüchsen eingekesselt worden. Melden Sie sich, wenn es Probleme gibt. Ich übermittle Ihnen die Koordinaten."
„Verstanden."
Der Sergeant drehte sich zu ihnen um, sein Helm war mit Öl und Staub beschmiert, und deutete Richtung Osten auf ein Gebiet vieler kleiner Felsformationen.
„Ihr habt den Captain gehört! Bewegung!"
Dann rannten sie. Bei jedem Schritt merkte Ghost, wie seine Gelenke schmerzten, wie seine Beine ihn kaum mehr tragen wollte und es unerträglich stickig war unter seiner Rüstung. Er versuchte auf seinem HUD mehrmals die Ursache herauszufinden, weshalb seine Temperaturregelung ausgefallen war und seine Rüstung ihm kein Schmerzmittel mehr injiziert wollte, aber sobald er den Blick vom Boden abwandte, stolperte er über die nächsten Droidenteile. Er fluchte laut.
„Was ist los, Ghost?", fragte ihn Spencer, der vor ihm lief.
„Meine Temperaturregelung ist ausgefallen und ich kriege kein Schmerzmittel."
„Versuch es mal mit 'ner Schadensmeldung!"
„Die sagt mir auch nichts!"
„Ich schau mir das an, wenn wir den Job erledigt haben, aber bis dahin musst du es ertragen!", mischte sich Sergeant Spider mit ein.
„Ja, Sir!", antwortete er.
Sie ließen das Schlachtfeld mehr und mehr hinter sich und bahnten sich ihren Weg zwischen gesprengten AT-TEs, toten Soldaten und zerschrotteten Droiden - Das was ihre Front beim Vorrücken hinterlassen hatte.
Die Felsen kamen ihnen immer näher und Ghost war froh, als Spider vor der ersten Felskluft stehenblieb. Seine Lungen brannten, seine Brust hob und senkte sich heftig, während er versuchte Luft zu kriegen.
Sogar Dyle neben ihm atmete heftig.
„Was machen die Jungs so weit hier draußen?", fragte Swimmer hinter ihm und blickte auf die Felsformationen vor ihnen, die ihnen kein gutes Gefühl gaben. Die Wege waren zu eng, zu unüberschaubar, zu verwinkelt, um gute Chancen bei einem Feindangriff zu haben und sogar ihr Sergeant schien dies zu bemerken.
„Vielleicht haben sie ein paar Droiden gejagt.", antwortete Spider, legte das Gewehr an und lief langsam weiter, stets bereit für den Fall, dass ein Droide hinter der nächsten Ecke wartete.
Es war totenstill zwischen den hohen Felsen. Der Weg, den sie nahmen, glich mehr und mehr einer engen Schlucht und Ghost musste laut schlucken.
„Mir gefällt das hier nicht."
„Du mit deiner Platzangst.", stichelte Dyle.
Er verpasste diesem einen Tritt in die Ferse.
„Ruhe jetzt, Jungs!", zischte Spider nur. „Ich gehe voran, ihr bleibt dicht hinter mir! Ich will keinen von euch ebenfalls suchen müssen!"
Die Schlacht, die sie nun hinter sich gelassen hatten, war kaum mehr als ein Rauschen und Beben, das von den engen Schluchten verzerrt wurde, beinahe unheimlich klang, jedenfalls für Ghost. Er folgte stumm seinem Trupp, während Spider voran lief, das Gewehr alarmbereit nach vorne gerichtet und es wirkte fast schon so als wüsste er ganz sicher, dass er nach der nächsten Abbiegung schießen müsste. Und so war es auch. Ghost sah nicht mal etwas, denn Spider hatte sich schon um den nächsten Fels geschlichen, und es war ein Schuss zu hören. Dann war es wieder still. Spider stoppte seine Männer mit der Hand nicht zu ihm zu springen.
„Ruhig. Nur ein Droide."
„Nur einer?", fragte Swimmer und sah zwischen seinen Brüdern hin und her. „Droiden sind nie allein."
„Er muss sich wohl verlaufen haben.", gab Dyle hinzu.
„Ruhe! Dieser eine Droide bereitet mir gerade mehr Bauchgrummeln als das Essen auf dem Kreuzer.", zischte Spider und ließ Ghost nur schwer schlucken. „Und jetzt weiter!"
Ghost schaffte es nicht mal zwei Schritte zu machen, als ein weiterer Schuss ertönte. Der Laserbolzen traf etwas neben ihm und als Antwort darauf ertönte ein lautes Jaulen, fast schon ein erstickter Aufschrei, und ehe er sich versah sackte Ince mit der Hand an seiner rechten Seite zu Boden.
„Runter!", brüllte Spider, und Ghost riss Dyle und Swimmer mit sich zu Boden. Ein metallisches Scheppern ertönte hinter ihm, dann war es still.
„Avel, Back, ihr gebt uns Rückendeckung! Dyle, hoch mit dir! Und du auch, Swimmer! Haltet den Weg vor uns im Auge.", befahl Spider, zog die Männer neben Ghost am Arm auf die Beine und nahm ihre Plätze ein. Und als er auch noch seinen Helm abnahm, um sich Ince zu widmen, wusste Ghost, dass sie mächtig in einer Fall steckten.
„Ince, hörst du mich? Öffne die Augen."
Ince blinzelte, wälzte sich aber vor Schmerzen auf dem Boden und hielt seine Hand vor das Einschussloch an seiner Seite.
„Ruhig, ganz ruhig. Nimm die Hand mal weg."
Spider zog dessen Hand weg und fluchte leise.
„Ghost, gib mir mal Schmerzmittel. Schnell!"
Er ließ sein Blaster fallen, öffnete seine Tasche an seinem Gürtel und gab dem Sergeant mit fast schon zittriger Hand die Spritze. Ince stöhnte auf als Spider ihm die Nadel in den Hals rammte, wälzte sich noch einige Male, doch nahm dann die Hand weg und beruhigte sich vollends.
„Diese verfluchten Blechbüchsen."
Steine bröckelten plötzlich hinter ihnen ab, nicht ohne dass Schüsse ertönten und Avel und Back laut aufbrüllten.
„Wir müssen hier weg!"
Sofort war Spider auf den Beinen, Ghost sah nur zwischen den Beinen seiner Brüder wie sich hinter ihnen ein Dutzend Droiden den Weg zu ihnen bahnten.
„Helft Ince hoch! Swimmer, Dyle, ihr geht voran!! Lauft!"
Ghost zog Ince hoch, legte sich zusammen mit Smasher dessen Arm um die Schultern und folgte den zwei Männern vor ihnen.
Laserbolzen trafen die Steine dicht neben ihren Köpfen, hinter ihnen brüllte Spider etwas bei dem Ghost nicht zuhörte, denn er merkte plötzlich wie Ince' Kopf an seine Brust sackte und dessen Beine ihn nicht mehr hielten. Kurz taumelten er und Smasher.
Sie schlugen sich hinter die nächste Ecke, als vor ihnen Dyle und Swimmer ebenfalls auf etwas schossen.
„Wir werden eingekesselt!", brüllte Dyle so laut durch den Komkanal, dass Ghosts Ohren kurz schmerzten. Er merkte deutlich, wie Ince wieder zurück ins Bewusstsein katapultiert wurde, denn sein Kopf schreckte hoch, schnappte nach Luft, während seine Arme zitterten.
„Hilfe."
„Ganz ruhig, Ince. Versuche langsam zu atmen. Wir kommen hier schon wieder raus.", versuchte Ghost seinen Bruder zu beruhigen. Und ehe Ince antworten konnte, fiel er wieder zurück in die Ohnmacht.
„Überlass ihn mir, ich werde ihn tragen. Hilf du den anderen.", meinte er zu Smasher und ging in die Hocke, um sich Ince über die Schultern zu legen. Erst danach konnte er sich wieder einen Überblick über die missliche Situation verschaffen, in der sie gerade feststeckten. Spider, Dyle und Swimmer schossen durch die Schlucht vor ihnen auf zwei Dutzend Kampfdroiden, während Avel, Back und Smasher sich die B1-Einheiten vornahmen, die hinter ihnen immer näher kamen.
Nur links von ihnen gab es einen kleinen Durchgang, der zwar zu klein für Kampfdroiden war, aber noch immer groß genug für B1- Einheiten.
„Spider! Links von Ihnen!", brüllte er und veranlasste, dass dieser sich hektisch umdrehte und kurz stoppte.
„Los Jungs, nach links!", kam es schließlich und er sah, wie Spider im Durchgang zwischen den Felsen verschwand. Dyle und Swimmer folgten ihm.
Doch dann bekam Ghost Panik - Er hatte Ince auf seinen Schultern und so würde er keineswegs hindurch passen. Nun stand er bewegungslos vor dem Durchgang und wusste nicht mehr, was er tun sollte.
„Ghost, mach schon!"
Es war Avel.
Und Avel riss ihm Ince von den Schultern, gab ihm dessen Hände und sagte: „Zieh ihn dadurch, das müsste passen!"
Aber hätte Ghost wissen müssen, dass seine kurze Bewegungslosigkeit Avel das Leben kostete? Hätte er stattdessen Ince fallen lassen und einfach gehen, ihn zurücklassen sollen?
Ince oder Avel?
Ince oder Avel?
Ince oder Avel?
„Mann am Boden!", schrie Back und versuchte Ghost mit Ince durch den Durchgang zu schieben.
Dabei war es nur das wenige Blut gewesen, dass aus Avels Kopf schoss, als ein Laserbolzen seinen Schädel durchbohrte und sein Körper zu Boden sackte. Es war nur diese kleine Menge an Flüssigkeit gewesen, die Ghost bewusst machte, dass nicht mal der beste Sanitäter oder Chirurg ihn wieder zurück ins Leben holen könnte. Dass man ihm diese Schuld nie wieder von den Schultern nehmen könnte.
„BEWEG DICH!", kam es Ghost von Back entgegen - Es waren die einzigen Worte, die ihn in diesem Moment veranlassten Ince an den Händen durch den schmalen Spalt zu ziehen.
Unter seinem Helm rannten ihm stumm die Tränen über die Wangen, während er hörte, wie Ince' Helm immer wieder gegen die Felswände schlug.
Als er es endlich hindurch geschafft hatte, sah er panisch zurück.
„Los, macht schon!", brüllte Spider durch den Komkanal zu Smasher und Back, die sich durch den Spalt zwängten.
Und dann geschah das, was gerade Spider vermeiden wollte - Die B1-Einheiten schossen in den Spalt, welcher so eng war, dass es unmöglich für die beiden Soldaten war, auszuweichen. Erst sackte Back in sich zusammen, nachdem er einen erstickten Laut von sich gab, und als nun auch Smasher in der Schusslinie war, wandte Ghost seinen Blick ab. Er wollte seinen Helm vom Kopf reißen, damit er nicht den Schrei hören musste, den Smasher von sich gab, als Laserbolzen seinen Körper durchbohrten. Er wollte einfach wieder auf Kamino sein - Den gleichen Tagesablauf haben: Aufstehen, Essen, Trainieren, Lernen, Schlafen. Auf diese Situation nun, fühlte er sich überhaupt nicht vorbereitet.
Es war Spiders Arm, der ihn aus seinem Schock riss.
„Weiter!", brüllte dieser. Erneut zischten Laserbolzen an ihm vorbei.
Spider blieb nichts anderes mehr übrig als mit seinen verbliebenen Soldaten die Flucht zu ergreifen.
Ghost schnappte sich wieder Ince und legte sich ihn um die Schultern, während er sich mühevoll zwang, nicht zurück zu sehen.
Sein Herz raste in seiner Brust - Er hatte Angst. Und es war das erste Mal, dass er dieses Gefühl verspürte, sodass auch dieses Gefühl ihm weitere Angst bereitete. Es war ein Teufelskreis.
Ein weiterer Teufelskreis war dieses Labyrinth aus Felsen in dem sie nun gefangen waren. Ghost hinterfragte nicht mehr die Richtungen, die Spider einschlug, sondern rannte einfach seinen Brüdern hinterher.
Mach wenigen Minuten blieben diese ruckartig stehen. Er stolperte, als er versuchte, stehen zu bleiben.
„Was ist los?", keuchte er.
Als er seinen Blick wieder nach vorne richtete, standen sie vor einer Landschaft aus mehreren Plateaus, die nicht wenige Meter tief waren, ein nahezu offenes Gelände, das geradezu das Todesurteil für sie war. In dem Moment war Ghost die Schlucht lieber, doch er hörte bereits die metallischen Schritte hinter ihnen.
„Verdammt!", entfuhr es Spider und schlug mit der Faust gegen einen Felsen.
„Sarge... Wir müssen uns was einfallen lassen oder wir sind tot!", kam es von Swimmer. Die Angst in seiner Stimme war nicht zu überhören.
„Glaubst du, ich weiß das nicht?"
Tatsächlich waren es die letzten Worte gewesen, die er jemals von Spider gehört hatte. Und bis zu diesem Tag, vermisste er ihn noch immer. Genauso wie Smasher, Back, Swimmer, Avel, ja einfach seinen gesamten Trupp, seine Brüder.
Erst dachte er, dass Ince in einen Krampfanfall erlitten hatte und er deshalb von einer gewaltigen Kraft nach vorne gestoßen wurde. Aber der laute Knall einer Explosion verriet ihm etwas ganz anderes.
Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, was genau passiert war, denn es waren nur Bilder im Kopf, wie er auf dem Boden lag, die Kante des Felsvorsprungs erblickte, die er runtergeschleudert wurde, Körperteile in weißer Rüstung, Spiders Helm, der neben ihm lag und Ince auf ihm drauf.
„Ince!"
Ghost wusste noch genau, wie er dessen Namen gekeucht hatte. Wie er gesehen hatte, dass Blut unter dessen Platten herausquoll. Wie er noch deutlich den letzten Atemzug seines Bruders hörte, bevor Stille herrschte. Zusammengekauert unter dem Vorsprung, mit Ince in den Armen, ließ er den Tränen und dem Schmerz freien Lauf, während die metallischen Schritte näher kamen. In diesem Moment hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht als jemanden, der ihn von dort rettete, die Droiden zerstörte und ihm sagte, dass alles nur ein böser Traum gewesen war.
Doch es kam nichts.
Erst dann, als Ince' Blut trocken und sein Körper kalt war.
Ja, es konnte sich vermutlich wirklich niemand vorstellen, welchen Schmerz Ghost einst durchgemacht hatte. Doch mich beruhigte zu wissen, dass wir, unser Trupp, nun eine Chance hatte, ihm diesen Schmerz zu nehmen. Und so wandte ich schließlich meinen startenden Blick von Ghost ab und griff nach dem Handtuch.
Vri'lia wirkte heute erstaunlich nervös - Wie sie neben Hammer stand und ihm zuhörte, wie er uns unseren Job erklärte, wie sie ihr Gewicht vom einen auf den anderen Fuß verlagerte, wie sie kaum zuzuhören schien. Ja, sie wirkte sehr nervös. Dabei war es für uns nur eine Rettungsmission. Was für sie dahintersteckte, wusste ich nicht.
„Hey, Trueblood.", flüsterte ich ihm zu und stupste ihn neben mir an.
„Ja?"
„Warst du nicht in der 546sten gewesen?"
Trueblood stießt lächelnd die Luft aus.
„Ja, das war ich."
„Und?"
Er sah mich verdutzt an.
„Was, und?"
„Na wie fühlst du dich dabei? Ist das nicht komisch deine alte Legion retten zu müssen?"
„Hm... Ein bisschen vielleicht. Komisch wäre es eher wenn ich Drayk persönlich retten müsste."
„Drayk?"
„Commander Drayk. Er und Vri'lia sind gute Freunde."
Ah. Deswegen wirkte sie so nervös.
„Interessant. Hab noch nie was von ihm gehört."
„Ein sturer Typ, nicht mehr. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft er sich schon mit irgendwelchen Generälen und Vorgesetzten angelegt hat. Ein Wunder, dass er nicht zurück nach Kamino geschickt wurde. Ganz zu schweigen von seinen Mutationen."
„Mutationen?"
„Ja, du wirst es merken, wenn du ihn siehst. Alles, was ich weiß, ist, dass bei seinen Genen etwas schiefgelaufen ist. Nicht drastisch meine ich, aber er sieht etwas anders aus. Helle Augen, etwas größer als durchschnittlich und sein Gesicht sieht auch irgendwie anders aus, keine Ahnung. Habe noch nie wirklich drauf geachtet."
„Klingt heiß.", warf Silver von hinten ein und grinste teuflisch. „Wer könnte da widerstehen?"
Sein Blick lag dabei auf Vri'lia.
„Ach halt die Klappe, du Idiot.", konterte Trueblood. „Niemals."
„Und wenn doch?", warf ich dazu.
Trueblood war Kurz still und sah dann Vri'lia an.
„Hm. Keine Ahnung. Auf mich wirkte es jedenfalls nie so."
„Sag niemals nie. Eine junge Generälin... und ein heißer Kommandant... Sowas könnte auch in einer Seifenoper laufen.", mischte sich Silver wieder ein und legte uns beiden die Hände auf die Schultern, um seinen Kopf zwischen uns beide zu stecken und Vri'lia zu beobachten. „Hässlich ist sie nicht, das muss man Drayk schon lassen."
„Ach halt die Klappe, Silv. Vri'lia würde niemals gegen die Regeln verstoßen.", zischte ich zurück.
„Wenn du wüsstest wie viele sie schon missachtet hat.", meinte Trueblood stattdessen und zog die Augenbrauen hoch.
„Ey, ich hab gehört, dass sie und Tahlee deswegen nicht miteinander auskommen.", schaltete sich nun auch Arrow ein.
Ich stöhnte genervt auf.
„Hört doch mal auf so einen Blödsinn zu erzählen! Wir sind hier nicht in der 79sten.", antwortete diesmal Hunt darauf, sodass ich mich zusammenreißen musste, um nicht jedem einzelnen von ihnen an den Ohren zu ziehen.
„Sagt mal über was redet ihr da eigentlich die ganze Zeit? Ich will mitreden.", kam schließlich Vec noch dazu. Das hatte uns gerade noch gefehlt.
„Sie reden darüber wie unwiderstehlich Commander Drayk ist.", mischte sich dann auch noch Ghost ein und schließlich war es das mit der geheimen Unterhaltung zwischen mir und Trueblood. In diesem Trupp war Klatsch die Tagesordnung.
„Klappe halten, Chaos.", zischte Cale aus der ersten Reihe.
Und auch Dox schien unser Gerede nicht besonders lustig zu finden.
„RUHE!"
Oh ja, spätestens jetzt waren alle ruhig.
Und erneut schämte ich mich für diesen Trupp. Wenn ein Trupp ständig angebrüllt wurde, Strafen bekam und immer komische Blicke erntete, dann war es unser. Und ich fand, dass der Name Chaos dem ziemlich gerecht wurde.
Hammer war immerhin der einzige, der uns beschmunzelte.
„Okay, wenn wir nun alle wieder ruhig sind, würde ich gerne weitermachen. Wie schon gesagt, wird unser Fokus auf der Rettung und Bergung von Verletzten liegen. Das heißt, dass wir solange nicht vorrücken werden, bis alle Verletzten auf dem Weg zum Kreuzer sind.
Unser größtes Problem hierbei wird immer noch diese Schlucht sein.", fuhr dieser fort und deute auf das Hologram vor ihm.
„Wir wissen nicht genau wo sie sind, ob sie noch leben oder in dieser Schlucht sind. Das bedeutet: Wenn wir dort ankommen verschaffen wir uns einen Überblick. Das Gebiet vor der Schlucht ist eine offene Fläche, was uns die Sache erleichtern wird. Finden wir niemanden, werden wir vorrücken und Suchtrupps in diese Schlucht schicken. Diese Aufgabe werden die Jungs von Sergeant Flak, Maze, Delta und Hunt übernehmen. Es werden je zwei Trupps zusammenbleiben, damit niemand verloren geht oder eingekesselt wird, klar?".
„Ja, Sir!", erklang es.
Natürlich waren es wieder wir, die die Selbstmordmission bekamen.
„Gut. Wenn die Lage nicht allzu aussichtslos erscheint, lautet unser Befehl, da weiterzumachen, wo die 546ste aufgehört hat, was bedeutet, die Klappergestelle in die Flucht zu treiben. Sonst noch Fragen?"
Es blieb still.
„Wunderbar. Ab in die Boote."
Die Kompanie verteilte sich wieder.
Lieutenant Cale war wieder der erste, der auf uns zu kam.
„Hey! Was sollte das, Chaos? Müsst ihr mich immer so blamieren?", zischte dieser mit wütendem Gesichtsausdruck und sah mich und Trueblood an. „Euch Tratschtanten sehe ich im Trainingsraum, wenn der Job vorbei ist. Und das gleiche gilt für dich, Silver."
„Was?", entgegnete Silver schockiert. „Ich habe nichts gemacht!"
„Ich habe gehört, wie du nicht aufhören konntest über Commander Drayk zu schwärmen. Und JA, ich habe alles gehört, Chaos. Vielleicht verbringt ihr eure freie Zeit mal damit, an eurer Treffgenauigkeit zu arbeiten, anstatt sich an Klatsch zu begeistern. Wegtreten."
Blackout lachte, als Cale außer Hörweite war.
„Na da habt ihr wieder ordentlich einen auf den Deckel bekommen. Bravo, Jungs."
Ich schmunzelte Trueblood nur an und auch er schien sich nicht allzu sehr über die zusätzliche Trainingseinheit zu ärgern.
„Kommt jetzt, ihr Labertaschen.", meinte Hunt schließlich und drückte uns in Richtung der Kanonenboote.
Wir waren gerade dabei ins Schiff zu steigen, als plötzlich Vri'lia von der Seite auf uns zu kam und Trueblood am Arm berührte.
„Trueblood? Kann ich dich kurz auf ein Wort entführen?", meinte sie mit ihrer sanften Stimme, doch etwas schwang in ihrem Ton mit, das nicht sehr entspannt klang.
„Natürlich, Ma'am."
Trueblood sah mich mit zuckenden Schultern an und folgte ihr schließlich. Sie bleiben ein Stück weiter weg stehen und Vri'lia begann dann mit besorgtem Blick zu reden.
„Weißt du, was sie will?", fragte mich Hunt.
„Nein, keine Ahnung."
***
Ihr Bauch schmerzte fürchterlich an diesem Tag. Die Übelkeit verschlug ihr fast die Sprache, als Trueblood sie mit erwartungsvollen Augen ansah und endlich wissen wollte, was so wichtig war, das sie veranlasste, mit ihm unter vier Augen zu reden.
„Trueblood... Ich weiß, dass du hin und wieder noch mit deinen Brüdern aus der 546sten Kontakt hast. Und ich frage deshalb nur dich, da du hier die einzige Person ist, aus der ich Informationen raus kriege. Also: Was war die eigentliche Mission der 546sten?"
Trueblood sah sie verwundert an.
„Ich... weiß es nicht, Ma'am. Zugegeben habe ich schon eine ganze Weile nicht mit jemandem dort gesprochen. Das letzte Mal erzählte mir Lyke, dass sie in den Outer Rim versetzt werden."
„Stang.", fluchte Cease und fuhr sich angespannt mit der Hand durchs Haar.
„Ist alles in Ordnung, Ma'am?"
„Nein. Du weißt ebenso wie ich, dass Drayk niemals einfach so in diese Schlucht gehen würde, ohne jegliche Aufklärungseinheiten. Und aus Tahlee kriege ich auch keine Informationen raus. Dieser alte Mistkerl..."
„Ma'am.", sagte Trueblood. „Wir werden Drayk finden. Es wird ihm gut gehen. Und er wird euch sagen, auf wessen Befehl er dies getan hat...."
Es blieb ein paar Sekunden still.
„Ich weiß, wie Ihr zu Drayk steht. Und das wisst Ihr auch. Doch ebenso Ihr, noch ich, noch jemand anders kann an dieser Situation etwas ändern. Wir sollten uns vorerst nur auf ihre Rettung konzentrieren. Alle Fragen können später geklärt werden.", fuhr Trueblood fort. „Und ich verspreche euch, dass ich meinen Mund halten kann. Es ist eure Sache, was Beziehungen zu Menschen oder Soldaten angehen."
Sie nickte seufzend.
„Danke, Trueblood. Das weiß ich zu schätzen."
„Möchtet ihr, dass ich gezielt nach Drayk suche?"
„Nein... Danke. Aber das ist nötig. Komm, man wartet schon auf uns.", bedankte sie sich und deutet auf das Kanonenboot.
Alle Augen lagen auf ihr, als sie das Kanonenboot betrat und sich in die Ecke stellte. Und sie versuchte auch den Blick von Cale zu ignorieren, der ein paar Meter weiter stand und sie ansah.
Sie konnte ihm jetzt nicht in die Augen sehen. Nicht wenn ihre einzige Sorge gerade Drayk war. Denn das hätte Cale nicht verdient.
Noch immer verfluchte sie sich selbst, dass sie ihm überhaupt einen Grund gegeben hatte, sauer auf sie zu sein. Noch nicht mal 24 Stunden waren es gewesen, in denen sie sich nahe waren und schon war es eskaliert. Zwar konnte sie nicht voll verstehen, was für eine Bedeutung die Tatsache hatte, dass sie schon zuvor mit Drayk geschlafen hatte, aber sie kannte schließlich nicht Cales Gefühle und Gedanken. Sie hatte nicht das Recht, seine Wut in Frage zu stellen.
„Alles klar, wir sind startbereit!", sprach Hammer in sein Komlink am Arm und setzte den Helm auf. „Ab zur 546sten."
Die Türen schlossen sich und dann durchfuhr das Schiff ein Ruck, als es abhob und aus dem Hangar schoss.
„Hammer?"
„Ja, Ma'am?"
„Konnten Sie inzwischen Kontakt zu Commander Drayk oder jemand anderem herstellen?"
„Negativ, General. Wir erreichen niemanden. Jedoch konnten wir auf den Scans Lebensformen vor und in der Schlucht ausmachen. Wir werden uns den Weg freischießen, Überlebende retten und dann Suchtrupps in die Schlucht schicken, natürlich nach umfangreicher Begutachtung der Lage."
„Okay, klingt nach einem guten Plan. Wann erreichen wir die Atmosphäre?"
„In 3 Standardminuten, Ma'am."
Cease nickte.
„Dann hoffen wir mal, dass wir nicht zu spät sind."
Dann schloss sie für die restlichen wenigen Minuten die Augen und versuchte sich nur auf die Macht zu konzentrieren, ihr rasendes Herz zu beruhigen. Und ihr gelang dies nur, indem sie sich an die schönen Momente mit Drayk erinnerte.
2 Monate zuvor:
Das Knurren in ihrem Magen und ihre Bauchschmerzen verleiteten Cease schließlich dazu, die Kantine aufzusuchen, ganz gleich, ob die Schlange an der Essensausgabe bis zum Eingang reichte oder nicht. Es waren nur noch wenige Tische frei und sie bezweifelte, dass die vielen Männer vor ihr noch alle einen freien Tisch finden würden. Cease schnappte sich ein Tablet, wartete geduldig und kam ihrer alten Angewohnheit nach, die Knöchel im Stand zu überkreuzen. Ihr Meister hatte sie schon als Padawan ermahnt, dass sie sich gefälligst richtig hinstellen sollte, doch nach diesem langen Tag hatte sie nicht mehr die Nerven kerzengerade zu stehen. Sie sah sich um, als sie einen durchdringenden Blick auf sich spürte, der ihr Gänsehaut bereitete und stockte, als sie Drayk neben Captain Law und weiteren Offizieren sitzen und sie anstarren sah. Drayk bemerkte ihren Blick, stützte sein Kinn auf den ineinander verschränkten Händen ab, aber lächelte nicht, als sie sich dazu zwang. Sein Blick schweifte über ihren Körper, das spürte sie. Dabei hatte sie ihre Robe an, die nichts von ihrem Körper Preis gab. Aber sie wusste, dass Drayk in seinen Gedanken gerade ganz andere Dinge sah.
Als sie erneut zu ihm sah, zwinkerte er ihr zu.
Und dann geschah es.
Sie errötete. Hitze stieg in ihre Wangen.
In dem Versuch es zu vertuschen, tat sie so, als wäre ihr warm und zupfte an ihrer Robe herum und rieb sich die Wangen, um der Röte einen Sinn zu geben. Gleichzeitig spürte sie, wie Drayk sich sehr darüber amüsierte. Sie sah, wie er mit diesen weißen, geraden Zähnen teuflisch grinste und nicht daran dachte damit aufzuhören, sie schon mit seinen Blicken auszuziehen.
Hinter Cease räusperte sich ein Soldat und sie hatte bemerkt, dass die Schlange vor ihr schon weitergegangen war.
Qualvolle Sekunden vergingen, in denen sie nur wartete und versuchte Drayk zu ignorieren. Schließlich nahmen ihre Qualen ein Ende, als sie endlich die Essensausgabe erreichte und sich wieder auf etwas anderes konzentrieren konnte, als darauf, nicht erneut zu erröten. Dann, mit dem Tablett in der Hand, sah sie sich nach einem freien Tisch um, doch noch bevor sie einen entdecken konnte, winkte Drayk ihr bereits zu.
„General.", sagte er zu ihr, als sie sich am Rande des Tisches neben ihm niederließ und sich plötzlich unwohl zwischen Captain Law, Lieutenant Rain und weiteren Offizieren am Tisch fühlte, während Drayk es nicht lassen konnte, sie mit ihrer Verlegenheit oder Vorsicht aufzuziehen. Das, was er tat, grenzte an Provokation.
„Ich hoffe, ich störe nicht. Heute ist es hier so schrecklich voll.", murmelte sie.
„Keine Sorge, uns einzuschleimen werden wir wohl nicht versuchen. Eine Gehaltserhöhung bekommen wir so oder so nicht.", erwiderte Law, der gegenüber von ihr saß, und der Tisch brach in schallendes Gelächter aus.
Schweigend stocherte sie in ihrem Essen herum, steckte sich die Gabel in den Mund und verpasste Drayk einen Tritt, als sie bemerkte, wie er sie anstarrte. Aber das ließ ihn nur grinsen.
Cease versuchte sich nicht auf ihn, sondern auf Laws Tipps, was das Aufsuchen einer Bad anging, zu konzentrieren.
Nach wenigen Minuten machte ihr jedoch eine Hand auf ihrem Oberschenkel einen Strich durch die Rechnung. Sie bewegte sich. Und als wäre es nicht schlimm genug, sah sie noch hin, als Drayk ihr eine Botschaft in Form von Handzeichen unter dem Tisch gab.
Seit heute Morgen kann ich nicht aufhören an dich zu denken.
In Gedanken verdrehte sie die Augen. Um sie herum waren Soldaten und Drayks kaum vorhandene Vorsicht ließ sie langsam wütend werden.
In den nächsten Minuten beachtete sie ihn kaum, außer er unterhielt sich mit einem der Offizieren oder warf einen Scherz in die Runde.
Als sie ihre Mahlzeit beendet hatte, verließ sie fast schon fluchtartig die Kantine und hechtete in schnellem Schritttempo durch die Gänge, als sie Drayk in einiger Entfernung hinter sich spürte. Sie verschwand in ihrem Quartier und keine Minute später öffnete sich wieder die Tür.
„Du bist geflüchtet."
„Ja. Vor dir. Und deiner aufdringlichen Hand."
Jetzt hob sich äußerst amüsiert seine Augenbraue. Seine blauen Augen sahen auf sie herrisch hinab, als sie sich auf ihr Bett setzte und seufzte. „Du musst vorsichtiger sein, Drayk. Reicht es nicht, wenn wir in diesem Raum privaten Dingen nachgehen? Du kannst mich in diesem Raum berühren und mich anzüglich anlächeln, aber nicht in einer überfüllten Kantine. Du weißt, dass wir es eigentlich nicht zu dürften und das macht es umso gefährlicher..."
Einen Moment lang stand er weiter so lässig da, mit einem Arm an der Wand abgestützt, den anderen in die Hüfte gestemmt. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
„Bist du dann fertig mit deinem Vortrag?"
„Drayk!", fauchte sie und griff nach dem Kissen, um ihm damit einen Schlag zu verpassen. Aber er war schneller, packte es und warf es zurück aufs Bett.
„Glaub mir, gleich wirst du dir wünschen ein Kissen zu besitzen."
Cease schnaubte, als er anfing sich aus seiner Rüstung zu schälen. „Oh, nein, nein, nein. Ich werde dich nicht noch für dein unangemessenes Verhalten belohnen!"
Aber diese Worte prallten bei ihm nur ab. Er stapelte seine Rüstung nicht mal ordentlich wie er es sonst tat, sondern zog sich darauf das Oberteil des Druckanzuges aus und griff nach dem Kissen.
„Gut, dann also kein Kissen.", sagte er mit einem Schmunzeln auf den Lippen und setzte sich zu ihr aufs Bett.
Cease sah ihn mit einem genervten Blick an.
„Ich werde nicht mit dir schlafen, Drayk."
„Ach, ist das so?", stieß er hervor. Sein Daumen berührte ihr Kinn, strich sanft über die Haut, nur damit er den Kopf zu ihr senkte und sie zwang ihn anzusehen. „Wer sagt denn, dass wir schlafen?"
Er küsste sie. Cease versuchte seinen Lippen zu entkommen, aber er packte ihre Handgelenke und drückte sie auf die Matratze bis er vollends auf ihr lag.
„Ich weiß, dass du es magst. Erinnerst du dich an letzte Nacht? Du hast mich angefleht nicht aufzuhören, du hast dich sogar auf mich gesetzt. Und ich muss sagen, dass ich den Ausblick sehr genossen habe."
Sie bedachte ihn mit einem gelangweilten Blick.
„Bist du dann fertig deiner Schwärmerei?"
Drayk grinste teuflisch und fuhr durch ihr Haar.
„Möchtest du was Schönes sehen?"
Sie sah ihn verdutzt an.
„Schönes?"
„Komm mit.", meinte Drayk schließlich, stand auf und zog sie an den Händen aus dem Bett.
Zuerst ging sie aus der Tür und als sie niemanden auf dem Gang sah, kam auch Drayk schließlich heraus.
„Glück gehabt." scherzte er und erntete ein Stoß ihres Ellbogens in seine Rippen, die nun nicht mehr von einer Rüstung geschützt wurden.
Cease folgte Drayk schließlich aus der Kaserne und eine Weile liefen sie einfach nur neben ihr her bis Drayk um eine Ecke lief und stoppte. Er sah eine befestigte Leiter an Fassade der Kaserne hoch.
„Ich hoffe, dass sich deine Höhenangst gebessert hat."
„Idiot.", lachte Cease und schob ihn am Hintern die Leiter hoch ehe sie ihm folgte.
Und Drayk hatte nicht gelogen: Vom Dach aus hatte man einen atemberaubenden Blick über Coruscant, dessen Himmel im Sonnenuntergang bunt leuchtete, und die glitzernden Wolkenkratzer machten dieses Bilder nur noch schöner.
„Wow... Du hast ja recht gehabt.", meinte sie zu ihm und ließ sich neben ihm nieder.
„Ich habe immer recht.", entgegnete er und ließ zu, dass sie seine Haare verstrubbelte.
„Du mit deinem Ego."
Drayk sah sie schließlich mit seinen hellen, im Licht nahezu leuchtenden blauen Augen an und beugte sich zu ihr.
„Weißt du, was das tolle an diesem Ort ist? Hier kann uns niemand sehen."
Dann küsste er sie. Lange. Und Cease konnte nicht anders, als ihm auf der Stelle für sein aufdringliches Verhalten zu verzeihen. Denn so war er nun mal. Schon das erste Mal, als sie ihn gesehen hatte, ihn kennenlernte, war seine Sturheit und sein Charme unüberschaubar gewesen. Sie hatte sofort gewusst, dass dieser Mann ihr noch einige Probleme bereiten würde.
Jetzt war die Liste der Probleme unerdenklich lang, doch trotzdem zog sie Drayk näher und umklammerte seinen Oberschenkel. Dieser Mann war so stur und trotzig wie ein Bantha und trotzdem liebte sie ihn so sehr, dass es ihr die Sprache verschlug.
„Kann man einen Menschen gleichzeitig lieben und hassen?", hauchte sie an seine Lippen. Er sah sie belustigt an.
„Ah, du meinst mich? Naja, solange du mich liebst, darfst du mich auch hassen."
„Du bist so ein Idiot."
Damit zog sie ihn in eine feste Umarmung. Drayks Arme legten sich um ihren Rücken und sie merkte, wie er sein Gesicht in ihren langen Haaren vergrub.
Er war der Grund weshalb sie in diesem aussichtslosen Krieg noch nicht aufgegeben hatte, und wenn sie es doch wollte, dann erinnerte sie sich immer wieder daran, dass es Menschen gab, die sie gleichzeitig mit dem zusammen aufgeben müsste. Entweder kämpfte sie und blieb bei Drayk, sorgte dafür, dass er in den Schlachten nicht umgebracht wurde, oder sie ging und ließ alle Personen in der Armee zurück, die ihr etwas bedeuteten.
„Drayk... Ich liebe dich."
„Ma'am?"
Cease schreckte hoch. War sie wirklich so weggetreten gewesen?
Sie sah wie Hammer den Helm aufsetzte und schließlich erklang die Stimme des Piloten im Mannschaftsraum.
„Habe Kontakt mit der 546sten. Heftiger Feindbeschuss."
Ihr Herz raste. Das Schiffe schwankte heftig zur Seite, als der Pilot Schüssen auswich und sie hörte bereits nicht weit entfernte Explosionen und das Staccato von feuernden Blastern.
„Okay, dann wollen wir mal! Also Jungs: Wir sterben alle, aber nehmt euch vor der Letzte zu sein! Luken auf!"
Dann ging alles ganz schnell. Die Seitentüren des Schiffes öffneten sich mit einem Zischen und Cease blieb nichts anderes übrig als dem Strom von Soldaten in weißen Rüstungen zu folgen. Und sie war erleichtert, als sie in einigen Metern Entfernung Männer sah, die nicht zu ihrer Legion gehörten und noch immer unermüdlich kämpften.
Cease zwang sich, sich auf die Laserbolzen zu konzentrieren, die auf sie zu rasten, doch sie konnte mich anders, als jeden einzelnen Klon zu betrachten, der reglos auf dem Boden lag - Von Drayk war keine Spur.
Einige Male knickte sie auf dem Boden mit Geröll fast um und stolperte, bis sie Hammer sah, der hinter einem kleinen Felsen Feuerschutz suchte und an seinem Blaster rumfummelte und rannte zu ihm.
„Konnte sie schon zu Commander Drayk Kontakt herstellen?", schrie sie, während fast direkt neben ihr eine Rakete einschlug.
„Diese miesen Blechbüchsen...", fluchte Hammer. „Nein, General! Aber ich habe mit Captain Law gesprochen! Niemand weiß, wo er steckt!", beantwortete er schließlich ihre Frage.
„Wo ist Law?"
„Dort hinter dem Felsen!"
Hammer zeigte auf einen Soldaten mit blutroten Streifen auf der Rüstung.
Cease schämte sich fast schon, dass sie niemanden mehr in ihrer alten Legion erkennen konnte und auch nicht die Ausrede, dass es die neuen Rüstungen waren, die sie schwerer erkennbar machten, ließ ihr Schuldgefühl verschwinden.
Schließlich sprang sie wieder vom Felsen weg und wehrte Laserbolzen mit ihrem Lichtschwert ab, während sie zu Law hechtete.
„Captain!", schrie sie.
Als sie endlich den Felsen erreicht hatte, ließ sie sich auf den Boden sinken, um vollständige Deckung zu bekommen.
„General!", meinte Law erstaunt und hockte sich neben ihr hin. „Als es hieß, dass Verstärkung kommen würde, habe ich nicht mit euch gerechnet. Schön euch wiederzuhaben!", begrüßte sie Law, doch Cease schaffte es nicht zu lächeln.
„Weißt du wo Drayk ist? Hat ihn irgendjemand gesehen?", fragte sie stattdessen. Für eine Begründung war später noch Zeit.
„Nein, Ma'am, ein paar Männer suchen bereits nach ihm. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen hatte, befand er sich am Waldrand.", antwortete Law ihr und zeigte auf das entfernte Waldstück.
„Okay, danke! Pass auf dich auf!", meinte Cease schließlich, klopfte ihm wieder auf die Schulter und begab sich aufs offene Schlachtfeld.
„Hammer, bitte kommen."
„Ich höre euch.", erklang es an ihrem Arm.
„Ich entferne mich ein Stück und werde nach Commander Drayk suchen. Vielleicht kann ich etwas rausfinden. Kommst du zurecht?", sprach sie, während sie von einem Felsen zum nächsten rannte und mehrmals stolperte, als Explosionen den Boden bebten lassen.
„Ja, Ma'am! Sagt Bescheid, wenn ihr ihn gefunden habt."
Es dauerte länger an den Rand des Schlachtfeldes zu gelangen, als es Cease lieb war, doch als sie schließlich dort war, blieb sie stehen und sah sich die Umgebung genau an.
Überall waren Felsen, Gruben, der Wald begann sich einen Berg hinauf zu strecken und auf diesem Gebiet jemanden zu finden, war nahezu unmöglich.
Doch dennoch schaltete sie ihr Lichtschwert aus und lief einige Klippen entlang.
Cease kam nicht weit.
„General, wir haben den Commander.", ertönte es plötzlich an ihrem Arm und sie erstarrte. Sie wusste nicht, ob sie weinen oder erleichtert sein sollte, doch die Tatsache, dass man ihn gefunden hatte, gab ihr noch keine Garantie, dass er mehr am Leben war.
„Ich bin unterwegs."
Damit sprintete sie wieder zurück in die Schlacht.
Es kümmerte sie nicht mehr, ob auf sie geschossen wurde und sie ging auch nicht mehr in Deckung hinter einem Felsen, wenn sie eine Rakete in der Luft hörte. Nein, sie lief einfach durch die Männer in roten und gelben Rüstungen hindurch, stets Hammer im Auge, der hinter einem Fels kauerte und sich über jemanden beugte.
Und es war wirklich Drayk.
Allein die Präsenz in der Macht verriet ihr eindeutig, dass er es war und keine andere Seele.
„Drayk!", rief Cease und ließ sich neben dem Soldaten auf die Knie fallen. Der verletzte Kommandant hustete, als sie ihm den Helm vom Kopf riss und seinen Kopf auf ihrem zusammengerollten Mantel bettete.
Er lebte tatsächlich.
Doch er sah ganz und gar nicht gut aus, seine Gesichtsfarbe war blass, kühl und als sie ihre Hand auf seine Stirn legte, um sehen wie kritisch es um ihn stand, spürte sie seine glühende Haut, die feucht von Schweiß war.
„Einen Sanitäter!", brüllte sie zu Hammer.
„Cease..."
„Drayk, ich bin bei dir. Du musst nur wach bleiben, okay? Du musst wach bleiben."
In seinem Oberschenkel lag das Loch eines Laserbolzens, als sie ihn nach weiteren Verletzungen absuchte, und auch unter seinen Platten quoll Blut hervor.
„Wie fühlst du dich?"
„Ich... muss aufstehen.", gab Drayk stattdessen von sich, richtete sich mit dem Oberkörper in eine sitzende Position auf, doch hustete kräftig. Ohne Hilfe, schneller als sie sich versah, stand er aus eigener Kraft auf und hielt sich gerade so auf den Beinen. Cease und Hammer waren an seiner Seite und stützten ihn, als sie sich seinen Arm um die Schultern legte, doch während er einige Schritte geradeaus machte, schwankte er und schaffte es nicht richtig einen Fuß vor den anderen zu setzen.
„Mir geht's gut, ich bin okay.", sagte er ganz im Gegenteil zu seinem gesundheitlichen Zustand.
„Du musst dich setzen."
„Nein, mir ist nur schwindelig."
Damit hatte er recht. Sein Arm verschwand von seinen Schultern, er brach auf die Knie zusammen, um sich mehrmals zu übergeben.
Dann verschwand seine Kraft in den Armen und er ließ sich wieder auf den Rücken fallen.
„Okay, ganz ruhig. Versprich mir, dass du versuchst wach zu bleiben, okay?"
Drayk nickte benommen.
„Ma'am, die Sanitäter sind hier.", meinte Hammer zu ihr und zwei Klone mit rotem Symbol knieten sich zu Drayk.
Sie begannen sein Bein abzutasten und vorsichtig seine Rüstung vom Körper zu schälen, und er stöhnte schmerzerfüllt auf, als sein angeschossenes Bein freigelegt wurde.
Ein anderer Sanitäter nahm eine kleine Taschenlampe und zog Drayks Augenlider hoch, um seine Pupillen zu betrachten.
„Pupillen sind unterschiedlich groß, sehr wahrscheinlich eine Hirnverletzung.", meinte dieser schließlich. „Er muss sofort auf den Kreuzer gebracht werden, Ma'am."
„Okay...", stieß Cease hervor. „Könnte es eine Hirnblutung sein?"
„Das ist nich auszuschließen, General. Ein Krankentransporter ist bereits eingetroffen."
Sie sah zu Hammer auf.
Dieser kannte ihre nicht ausgesprochene Frage bereits und es brauchte nur ein Nicken von ihm.
„Es ist in Ordnung, Ma'am. Wir haben die Lage hier unter Kontrolle.", meinte er zu ihr. „Die feindlichen Jäger wurden bereits ausgeschaltet, ihr solltet also freie Bahn haben."
„Ich danke dir.", antwortete sie.
Dann überließ sie Drayk den Sanitätern, die ihn auf die Trage legten, und folgte diesen abschließend.
„Alle herhören: Gibt uns Feuerschutz!", hörte sie Hammer noch brüllen, doch ihre Augen galten nur Drayk, der sich vor Schmerz auf der Trage wandte. Cease sah zur Schlucht und bemerkte, dass Hammer gute Arbeit geleistet hatte, denn es waren nur noch einige Dutzende an Droiden in der Ferne zu sehen. Doch je weiter sie sich zurückzogen, desto mehr Sanitäter mit Verletzten kamen ihr entgegen, Soldaten, die reglos am Boden lagen, es sah noch immer wie ein Massaker aus, in das die 546ste geraten war. An die Verlustzahlen wollte sie erst gar nicht denken.
Nicht mal Drayk war unverletzt - Und das war ein schlechtes Zeichen.
Als sie das Kanonenboot betraten und Drayk auf den Boden gelegt wurde, nahm sie seine Hand.
„Wie stark sind die Schmerzen?"
Der Mann mit den blauen Augen verzog mit geschlossenen Augen das Gesicht.
„Eine acht. Vielleicht auch eine neun, wenn ich mich nicht zusammenreiße.", keuchte er angestrengt. „Sag mir, dass du hier bleibst."
Cease sah sich um. Keiner schien ihn Aufmerksamkeit zu schenken.
„Drayk, ich werde dich nicht allein lassen. Ich bin hier."
Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf seine Lippen.
„Vorsicht!", ertönte es plötzlich hinter ihr. Und eine Präsenz durchfuhr sie nahezu ruckartig, als sie sich nicht mehr auf Drayk konzentrierte.
Als sie sich umdrehte, sah sie Cale vor dem Schiff stehen - mit einem verletzten Soldaten der 546sten. Ein Sanitäter half ihm den Trooper ins Schiff zu bringen und erst dann bemerkte Cale sie und sah sie an.
Sein Blick galt ihrer Hand, die auf der von Drayk lag.
„Cease?", keuchte Drayk.
Sie sahen sich noch immer in die Augen.
Erst als Drayk schmerzerfüllt laut aufstöhnte, drehte sie sich wieder zu ihm.
„Krieg ich noch etwas Schmerzmittel?"
Sie nickte und als sie den Sanitäter fragen wollte, sah sie nur wie Cale noch immer dort stand, sie ansah, doch anschließend wegging - Sein leichtes Kopfschütteln war nicht überschaubar.
Und Cease wusste auch, dass Cale nun klar geworden war, mit welcher Person sie sich, vor ihm, schon einmal nahe gewesen war.
Drayk.
_______________________________
Tja... Was soll ich sagen? I'm back!!!
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie lange ich mir schon gewünscht habe, endlich dieses Kapitel rauszubringen! Ich hoffe, ihr nehmt mir meine Auszeit nicht allzu übel ;)
Eure Hen_Lux
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