I've got my eye on you
Chan lief durch die stille, dunkle Straße, während die Nacht sich um ihn legte wie eine Decke.
Er hatte Y/N nicht gefunden, obwohl er sich in den letzten Stunden bemüht hatte, sie zu sehen. Sein Herz hämmerte immer noch in seiner Brust, seine Gedanken wirbelten durcheinander. Frustriert und verwirrt war er schließlich nach Hause gegangen, ohne die Antworten zu finden, nach denen er suchte.
Zuhause angekommen, schloss er die Tür hinter sich und lehnte sich schwer gegen das Holz. Die Stille in seinem Zimmer fühlte sich drückend an, fast unerträglich. Seine Augen wanderten zu dem Brief, der immer noch unberührt auf seinem Schreibtisch lag. Der Brief von Hyunjin. Warum hatte Hyunjin, der beliebteste Typ in der Schule, ihm überhaupt geschrieben? Sie hatten kaum Kontakt, außer den flüchtigen Begegnungen in der Schule. Hyunjin war immer von einer Gruppe von Freunden umgeben, während Chan oft im Hintergrund blieb, in der Masse verschwand.
Doch trotz dieser Unterschiede hatte Hyunjin ihm einen Brief geschrieben - einen, der mit Poesie gefüllt war und Chan auf seltsame Weise tief berührte. Er seufzte schwer und ließ sich auf sein Bett fallen. Was bedeutete das alles?
Die letzten Wochen waren so intensiv gewesen, vor allem wegen Y/N. Ihre Verbindung hatte sich langsam entwickelt, von kurzen Gesprächen in der Schule zu tiefgründigen Unterhaltungen und gemeinsamen Besuchen von Ausstellungen. Mit ihr fühlte er sich verstanden, fast so, als würde sie in ihn hineinsehen können. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, dass jemand ihn wirklich sah, nicht nur als den schüchternen Jungen, sondern als Chan, den Menschen mit all seinen Unsicherheiten und Gefühlen.
Trotzdem verstand er nicht, warum sie immer noch mit diesen Freunden herumhing - den Menschen, die ihn belächelten und ihm das Gefühl gaben, nicht dazuzugehören. Warum konnte sie nicht erkennen, wie sie ihn behandelten? Diese Frage nagte an ihm, immer wieder, als würde sie sich in seinen Kopf brennen. Y/N war anders, das wusste er. Und doch blieb sie bei diesen Leuten, die ihm wehtaten.
Chan schloss die Augen, als die Bilder der letzten Wochen vor ihm auftauchten. Ihre Gespräche, die gemeinsame Zeit. Sie hatten über Kunst gesprochen, über Musik, über Dinge, die ihm wirklich wichtig waren. Sie hatte ihm das Gefühl gegeben, wertvoll zu sein. Und jetzt das? Hyunjins Brief, der alles durcheinanderbrachte.
Er konnte nicht verstehen, warum Hyunjin ihm überhaupt so nahe kommen wollte. Hyunjin, der im Rampenlicht stand, während er, Chan, nur im Hintergrund blieb. War es wirklich möglich, dass Hyunjin Gefühle für ihn hatte? Und warum fühlte sich Chan so verwirrt? Hatte er Gefühle für Hyunjin? Oder war es nur der Brief, der ihn so berührte, weil er so wunderschön geschrieben war?
Die Unklarheit lastete schwer auf ihm. Warum war alles so kompliziert geworden? Die Welt, die er sich in den letzten Wochen mit Y/N aufgebaut hatte, schien plötzlich zu zerbrechen. Warum musste jetzt auch noch Hyunjin auftauchen? Nichts machte mehr Sinn.
Er griff nach dem Brief, öffnete ihn, und las die Worte erneut. Poesie, pure und schöne Poesie. Es war nicht die romantische Liebe, die ihn bewegte, sondern die Tiefe der Worte. Hyunjin hatte ihm etwas gezeigt, das er selbst nicht gesehen hatte - nämlich, dass er es wert war, geliebt zu werden.
Es war schon spät in der Nacht, als Chan ein sanftes Klopfen an seiner Tür hörte. Zögernd stand er auf und öffnete. Vor ihm stand Felix, mit einem besorgten Blick und einem schwachen Lächeln auf den Lippen. „Hey, ich dachte, ich komme mal vorbei," sagte er, während er in Chans Zimmer trat. „Du siehst aus, als hättest du jemanden zum Reden nötig."
Chan schloss die Tür hinter ihm und setzte sich auf sein Bett, während Felix es sich auf dem Stuhl neben dem Schreibtisch bequem machte. Der Raum war in dunkles Licht getaucht, die Atmosphäre schwer und still.
„Was ist los?" fragte Felix schließlich. Seine Stimme war ruhig, aber eindringlich. Chan konnte spüren, dass Felix wusste, dass etwas nicht stimmte.
Chan zuckte mit den Schultern. Wie sollte er erklären, was in seinem Kopf vor sich ging? „Es ist... kompliziert," murmelte er schließlich.
Felix hob eine Augenbraue. „Kompliziert? Du klingst, als würdest du eine schwere Matheaufgabe beschreiben." Er lehnte sich vor und sah Chan direkt in die Augen. „Also, erzähl mir, was wirklich los ist."
Chan seufzte schwer und begann, alles zu erzählen. Er sprach über Y/N, über ihre Freundschaft, die sich langsam in etwas Tieferes entwickelt hatte, und über die Verwirrung, die Hyunjins Brief in ihm ausgelöst hatte. Während er sprach, fühlte er, wie die Last auf seinen Schultern ein wenig leichter wurde. Felix hörte aufmerksam zu, unterbrach ihn nicht und ließ ihn ausreden.
Als Chan schließlich endete, war es für einen Moment still. Felix lehnte sich zurück und dachte nach, bevor er schließlich sprach. „Weißt du, Chan," begann er langsam, „manchmal machen wir Dinge komplizierter, als sie sein müssen. Die Frage, die du dir stellen solltest, ist: Was fühlst du wirklich?"
Chan runzelte die Stirn. „Was meinst du?"
Felix zuckte mit den Schultern. „Na ja, du redest viel über den Brief von Hyunjin, aber du hast nie wirklich gesagt, dass du etwas für ihn empfindest. Es klingt mehr so, als wärst du von seiner Art zu schreiben berührt, nicht von ihm selbst."
Chan dachte einen Moment lang nach. War es wirklich so einfach? War es nur die Poesie, die ihn so verwirrt hatte? „Vielleicht hast du recht," sagte er schließlich leise. „Es ist die Art, wie er geschrieben hat. Nicht... er."
Felix nickte. „Das macht Sinn. Du fühlst dich von seinen Worten angezogen, aber nicht von ihm. Und was Y/N betrifft... du musst dir darüber im Klaren werden, was du für sie empfindest. Willst du sie wirklich, oder hältst du an einer Vorstellung fest, die nicht real ist?"
Chan starrte auf den Boden, während Felix' Worte in ihm nachhallten. War es wirklich so einfach? Die Verwirrung, die in ihm tobte, schien sich für einen Moment zu lichten. Aber gleichzeitig fühlte er sich auch verletzlich, als hätte jemand die Barrieren um seine Gedanken durchbrochen. „Was, wenn ich mir über Y/N nie ganz sicher war?" flüsterte er fast mehr zu sich selbst als zu Felix.
Felix musterte ihn mit einer Mischung aus Mitgefühl und Ernst. „Es ist okay, sich nicht sicher zu sein, Chan. Gefühle sind selten klar. Aber wenn du das hier alles auflösen willst, musst du ehrlich zu dir selbst sein. Du hast die letzten Wochen viel über Y/N nachgedacht, und ich glaube, das bedeutet etwas. Denk nicht so viel darüber nach, was richtig oder falsch ist - fühl einfach."
Chan hob den Blick, seine Augen voller Fragen. „Aber wie soll ich wissen, was ich fühle? Hyunjin hat mich so verwirrt. Und Y/N..." Seine Stimme brach ab. Er spürte, wie die Last wieder schwerer wurde.
Felix stand auf und setzte sich neben Chan auf das Bett, legte eine Hand beruhigend auf dessen Schulter. „Es klingt so, als ob du versuchst, eine perfekte Antwort zu finden, aber es gibt sie nicht. Du musst dich darauf konzentrieren, was dich glücklich macht, was sich richtig anfühlt. Denk nicht daran, was Hyunjin oder irgendjemand anderes denkt. Frag dich nur: Was willst du wirklich?"
Chan blinzelte überrascht. Felix hatte es so einfach gesagt, und doch war es genau das, was er brauchte. Was wollte er wirklich? Er dachte an die Momente mit Y/N, wie sie ihm zugehört hatte, wie sie gelacht hatten. Diese Momente hatten ihm etwas gegeben, das er lange nicht mehr gespürt hatte - Nähe, Verstehen. Aber gleichzeitig hatte der Gedanke an Hyunjins Brief alles in Frage gestellt.
„Ich... ich weiß nicht, Felix," begann Chan langsam. „Mit Y/N war es immer so, als ob wir uns verstehen, als ob wir etwas teilen, das ich mit niemand anderem teilen kann. Aber dann kam Hyunjin, und... alles wurde so verwirrend."
Felix lächelte leicht. „Du hast gesagt, dass du mit Y/N etwas Besonderes teilst. Das bedeutet schon viel. Vielleicht ist es Hyunjins Art zu schreiben, die dich aus dem Konzept gebracht hat, nicht unbedingt er selbst. Du bist von der Tiefe der Worte beeindruckt, und das ist auch okay. Es bedeutet nicht, dass du Hyunjin lieben musst. Vielleicht hat er dir nur gezeigt, dass du fähig bist, dich von Dingen berühren zu lassen, die du vorher nicht bemerkt hast."
Chans Gedanken rasten. War es wirklich so? Vielleicht hatte er Hyunjins Brief zu viel Bedeutung beigemessen. Vielleicht war es wirklich nur die Kunst, die hinter den Worten steckte, und nicht Hyunjin selbst. Aber seine Gefühle für Y/N? Waren sie echt, oder war es nur der Wunsch, jemandem nah zu sein, der ihn verstand?
„Und was ist, wenn ich mir über Y/N auch nicht sicher bin?" fragte Chan zögernd. „Was, wenn ich nur jemanden will, der da ist, weil ich mich einsam fühle?"
Felix zog die Augenbrauen hoch und lachte sanft. „Das ist die schwierigste Frage von allen, mein Freund. Aber ich denke, du hast in den letzten Wochen genug Zeit mit Y/N verbracht, um zu wissen, dass es mehr ist als nur Einsamkeit. Menschen, die uns wirklich berühren, kommen nicht einfach so in unser Leben. Sie bleiben. Und Y/N ist geblieben, trotz allem."
Chan senkte den Kopf. Felix hatte recht. Y/N war geblieben, trotz all der Schwierigkeiten, trotz der Freunde, die Chan das Gefühl gaben, nicht dazuzugehören. Sie hatte ihm nie den Rücken gekehrt. Sie hatte ihn gesehen, wirklich gesehen. Und vielleicht war das das Wichtigste.
„Vielleicht hast du recht," sagte Chan schließlich leise. „Vielleicht war ich einfach nur zu sehr in meinen eigenen Gedanken gefangen, um zu erkennen, was ich wirklich fühle."
Felix stand auf, streckte sich und grinste. „Das ist schon ein guter Anfang. Jetzt musst du nur noch herausfinden, was du tun willst."
Chan nickte, aber die Unsicherheit nagte immer noch an ihm. Was wollte er tun? Sollten er und Y/N weitermachen, als wäre nichts geschehen? Oder war es an der Zeit, endlich ehrlich zu sein, sowohl zu sich selbst als auch zu Y/N? Die Antwort lag tief in ihm, und er wusste, dass er nicht länger davor weglaufen konnte.
„Ich werde mit ihr reden," sagte Chan schließlich fest. „Ich muss ehrlich zu ihr sein, bevor ich irgendetwas anderes tun kann."
Felix grinste zufrieden. „Das klingt nach einem Plan. Und keine Sorge, wenn du Hilfe brauchst, ich bin da."
Chan lächelte zum ersten Mal seit Tagen aufrichtig. Vielleicht würde alles doch noch gut werden.
Doch bevor er das Gespräch beenden konnte, legte Felix eine Hand auf seine Schulter und sah ihn ernst an. „Und Hyunjin?" fragte er sanft. „Du weißt, dass du dich ihm auch stellen musst, oder?"
Chans Lächeln verschwand, und die Schwere der Situation kehrte zurück. Hyunjin. Wie sollte er das bloß angehen? Der Gedanke, sich mit Hyunjin auseinanderzusetzen, war überwältigend. Aber Felix hatte wie immer recht - er konnte es nicht ignorieren. Hyunjin war ein Teil dieser Geschichte, und auch wenn es ihm schwerfiel, musste er sich den Gefühlen und der Situation stellen.
„Ich... ich weiß," flüsterte Chan schließlich. „Aber ich weiß nicht, wie ich das machen soll."
Felix nickte. „Du musst es auf deine Weise tun, Chan. Aber denke daran: Ehrlichkeit ist der Schlüssel, auch wenn es unangenehm ist. Hyunjin hat dir seine Gefühle offenbart. Du schuldest es ihm, ihm gegenüber ehrlich zu sein."
Chan schloss die Augen und atmete tief durch. Es war an der Zeit, die Wahrheit zu akzeptieren - sowohl für sich selbst als auch für Hyunjin.
𝒏𝒂𝒏𝒂 ❤︎
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