Kapitel 4

Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich ausschlafen und wurde nicht von lauten Dienern oder dem König aus dem Bett geworfen. Mit Sicherheit wollte der König mich so gut es ging von allem fernhalten, womit ich ihm mit meinem langen Schlaf gehörig in die Karten spielte. Die Sonne strahlte durch die Vorhänge in mein Zimmer und erhellte den Raum, was tatsächlich etwas von dem berüchtigten Schlossleben hatte, was man aus Filmen oder Büchern kannte. 

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass die Mittagszeit bereits begonnen hatte und damit in weniger als einer halben Stunde das Mittagessen serviert werden würde. Ich schlug mir die Decke vom Körper, als ein leises Klopfen ertönte und wenige Momente später Niall in der Tür stand. Wieder schenkte er mir sein bezauberndes Lächeln und schaute sich einmal in meinem Zimmer um. „Ein ganz schönes Upgrade, nicht wahr?", sagte ich lachend und löste mich jetzt endgültig von der Wärme des Bettes indem ich aufstand.

 „Es ist definitiv besser als im Kerker, aber noch besser wäre es ganz aus dem Schloss rauszukommen." Nialls Lächeln fiel eine Sekunde, bis er sich wohl erinnerte, dass er nicht ohne Grund hier war. „Der König hat mich geschickt. Du sollst zum Mittagsessen in den Speisesaal kommen. Du hast schon beim Frühstück gefehlt und er will die ganze Adoptivsache aufrecht halten, was nicht funktioniert, wenn du nie da bist", rückte er jetzt mit der Sprache raus und wandte sich zum Gehen. Kurz vor der Tür drehte er sich nochmal um.

 „Du solltest dich an Louis und Harry halten. Sie können dir vielleicht helfen, hier rauszukommen. Du musst den beiden nur ein bisschen Vertrauen schenken." Mit einem etwas schief sitzendem Lächeln im Gesicht verließ Niall jetzt endgültig das Zimmer und ließ mich alleine mit seinen Worten. Wie sollte ich Harry und Louis vertrauen, wenn ich die beiden erst seit gestern kannte? Kopfschüttelnd zog ich mich um und betrat 10 Minuten später den Speisesaal. Alleine Harry und Louis saßen an dem langen Tisch und schienen in ein ernstes Gespräch vertieft zu sein. Seufzend ging ich auf die beiden zu uns ließ mich auf meinen Platz fallen.

 „Hey Liam, wie geht's deiner Hand", begrüßte mich Louis und deutete auf den Verband. „War schonmal besser", antwortete ich schlicht. Unsicher kaute ich auf meiner Lippe herum. Sollte ich die zwei wegen gestern ansprechen? Allerdings müsste ich dann auch zugeben, dass ich sie belauscht und ihnen hinterherspioniert hatte. Schnell vertrieb ich also den Gedanken wieder und konzentrierte mich stattdessen auf die Unterhaltung die Harry startete. Nach fünf Minuten betraten auch die Erwachsenen den Saal und nahmen anders als erwartet nicht am Ende des Tisches Platz, sondern neben uns, sodass Johanna rechts von mir und Harry links von mir saß, während Louis zwischen dem König und meiner Mutter festsaß. 

Mehrere Diener kamen in den Saal gelaufen, beladen mit Tabletts voller Essen, die vor uns abgestellt wurden. Es entstanden mehrere Gespräche, an denen ich mich nicht im Geringsten beteiligte. Erst eine Frage, ausgehend von Louis brachte mich dazu meinen Kopf zu heben. „Was befindet sich eigentlich hinter dieser dicken Holztür im ersten Stock?" Beinahe verschluckte ich mich an meinem Wasser. Mein Blick huschte zum König, der sichtlich angespannt sein Glas umklammerte. „Das geht euch nichts an", sagte er streng, räusperte sich aber sofort, „Ich denke nicht, dass euch ein alter Keller sehr interessiert. Ich weiß ja nicht, was ihr hinter der Tür erwartet, aber ich halte mir sicher keine Hausdrachen."

 Während der König und Johanna ausgiebig lachten, wanderte Louis Blick zu Harry. „Wir müssen Z schicken." Erschrocken ließ ich meine Gabel fallen, die mit einem lauten klirren Bekanntschaft mit dem Boden machte. Soviel zu „Keine Aufmerksamkeit erregen." Der König starrte mich einen Moment böse an, wandte sich aber wieder seinem Essen zu. Das würde definitiv noch ein Nachspiel haben. Harry, der meinen ängstlichen Blick bemerkt hatte, musterte mich besorgt, sagte aber zum Glück nichts. Das Mittagessen zog sich in die Länge wie ein Kaugummi. Erst eine Stunde später lag ich wieder auf meinem Bett und starrte Löscher in die Luft. Meine Ruhe wurde allerdings durch das Aufschwingen der Tür unterbrochen. Ein wütender König stürmte ins Zimmer und schlug mit einem lauten Knall die Tür zu.

 „Habe ich dir nicht strikte Regeln gegeben?", fragte er leise, aber mit einem aggressiven Unterton, der einem eine Gänsehaut entfachte. „Du hattest einfache Anweisungen und nicht mal die konntest du befolgen und denkt ja nicht, ich wüsste nichts von der Vase im Flur!" Mit einer Hand zerrte er mich in eine stehende Position, sodass ich jetzt genau vor ihm stand. „Was waren die Regeln, die ich dir gegeben habe, Liam?", fragte er bedrohlich und trat einen Schritt auf mich zu. „I-Ich soll euren A-Adoptivsohn spielen u- und keine unnötige Aufmerksamkeit erregen", flüsterte ich schon fast und starrte den Fußboden an. „Und was sollte dann die Aktion mit der Vase?" Schmerzhaft packte er mein Kinn und drückte meinen Kopf nach oben, sodass ich gezwungen war ihn anzusehen.

 „I-ich weiß nicht", stotterte ich und versuchte mich aus seinem festen Griff zu befreien. „Nicht ein Tag. Nicht mal einen verdammten Tag hast du durchgehalten, ohne wieder irgendeinen Mist zu machen! Ich hätte dich einfach im Kerker lassen sollen! Da hättest du wenigstens niemanden gestört!" Seine Hand verließ mein Kinn und landete stattdessen an meinen Kragen, an dem ich sogleich hochgehoben wurde. Ein Schmerzlaut verließ meinen Mund, als er mich mit dem Rücken gegen die nächste Wand presste. „Du hättest nie geboren werden sollen! Wenn du nicht wärst, gäbe es keine Probleme!" Der Druck auf meinen Hals verstärkte sich, sodass mir langsam aber sicher die Luft abgedrückt wurde. „Ich kann auch nichts dafür, dass du nicht gut genug für Mum bist und sie dich betrogen hat." Woher diese selbstmörderische Sicherheit kam wusste ich nicht, aber ich wusste, dass dieser Satz meinen Mund niemals hätte verlassen sollen. Der König schnaubte wütend und warf mich auf den Boden. Zeit um über meinen nächsten Schritt nachzudenken hatte ich nicht, da in dieser Sekunde eine Faust in meinem Gesicht und ein Fuß in meiner Magengrube landete.

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