Kapitel 3

Mitten in der Nacht wurde ich durch leise Stimmen geweckte, die durch das halb geöffnete Fenster in das Zimmer drangen. „Nichts. Sie haben die ganze Zeit nur darüber geredet, wie sie einen weiteren Krieg verhindern können." „Und der Junge?", fragte eine andere Stimme, die ich niemandem zuordnen konnte. „Auch nichts. Irgendwas stimmt hier nicht Z. Er weiß so gut wie nichts über das Schloss und er hat gesagt, dass er uns nichts erzählen darf. " Inzwischen war ich mir sicher, dass die Personen von mir redeten. „Ich kaufe denen nicht ab, dass er adoptiert ist ", sagte eine Stimme, die sich verdächtig nach Harry anhörte. „Vielleicht kennt er sich nur noch nicht so gut aus. Wir müssen nicht direkt den Teufel an die Wand malen." Leise schlüpfte ich aus meinem Bett und stellte mich an das Fenster. Es war dunkel und trotzdem konnte ich drei schwarze Silhouetten auf der Wiese erkennen.

Eine davon war definitiv Harry zuzuordnen. Selbst in dem schwachen Licht, welches von kleinen Lampen stammte, die überall im Garten verteilt waren, konnte man ihn an seiner Lockenpracht und der schlaksigen Figur erkennen und ich war mir sicher: Wo Harry war, konnte Louis nicht weit sein. Tatsächlich hatte die Silhouette, die links von dem Grünäugigen stand und dessen Hand hielt, dieselbe Größe wie Louis. Die dritte Person konnten meine Gedankengänge niemandem zuordnen. Weder die Statur, noch die dunkle Stimme kamen mir im Geringsten bekannt vor. Warum sprachen Harry und Louis mit diesem zwielichtigen Typen und noch viel wichtiger, was hatte ich damit zu tun?

 Während meine Gedanken abschweiften, merkte ich nicht, dass die drei aufgehört hatten zu diskutieren. Sie schauten umher und sahen so aus, als wären sie auf der Suche nach der Quelle eines störenden Geräusches. „Jemand belauscht uns." Erschrocken presste ich meine Handballen auf meine Ohren. Schon wieder hallte diese Stimme in meinem Kopf, aber diesmal war es eine andere Stimme als vor ein paar Stunden. Ich schrie kurz auf, da eine weitere Stimme in meinem Kopf ertönte. „Du musst hier verschwinden Z, bevor dich jemand sieht. Wir werden versuchen, mehr herauszufinden." Ein paar Sekunden verharrte ich in der Position, mit zugehaltenen Ohren, bis ich mir sicher war, dass die Stimmen vollständig verschwunden waren. Vorsichtig lugte ich aus dem Fenster, aber die drei Silhouetten hatten ihr Geheimsprechen beendet und waren wie vom Erdboden verschluckt.

 Waren das wirklich Louis und Harry? Was zur Hölle wollten sie herausfinden? Kurzerhand beschloss ich ihrem Zimmer einen Besuch abzustatten, um sicherzugehen, dass ich die zwei nicht umsonst beschuldigte. Ich zog mir ein dickes Paar Socken an, damit meine Schritte möglichst gepolstert und hoffentlich leise waren. Bevor ich mein Zimmer verließ, ging ich, mit einem Blick nach links und rechts im Flur, sicher, dass niemand in Sichtweite war. Die Flure waren menschenleer, was um drei Uhr nachts nicht verwunderlich war. Selbst die Angestellten des Königs waren um diese Uhrzeit schon in ihren Schlafräumen, auch wenn sie um sechs Uhr, in der Früh wieder aufstehen mussten, um das Frühstück zuzubereiten. Ich schlich planlos durch die leeren Flure, denn erst jetzt fiel mir auf, dass ich keine Ahnung hatte, wo sich Harrys und Louis Zimmer befand. Wütend über mich selbst fegte ich die Vase, die inklusive Rosen als Deko auf einem kleinen Tisch an der Wand stand, in einer fließenden Bewegung zu Boden.

 Ein stechender Schmerz machte sich in meiner Hand breit, die keine Sekunde später voller Blut war, welches tropfenweise von meiner Hand auf den Boden lief. Fluchend presste ich mit der anderen Hand auf die offene Wunde, was die Schmerzen allerdings nur verschlimmerte. Ein stumpfes Geräusch hinter mir ließ mich herumfahren. Harry und Louis standen nebeneinander im Gang und beobachteten mich mit großen Augen. Harry hatte die Augen fest zusammengepresst, während Louis seinen Kiefer ungewöhnlich stark anspannte. „Liam, was machst du um die Uhrzeit noch hier?", fragte Louis, was sich eher wie ein Hauchen anhörte. „I-Ich konnte nicht schlafen und bin deswegen ein bisschen durch die Flure gelaufen, wo ich mich an der Hand geschnitten hab", sagte ich und deutete unschuldig auf die Überreste der Vase, die verteilt auf dem Boden lagen.

 „Und warum seid ihr noch wach?" Ehe einer der beiden auf meine Frage antworten konnte, krallte ich meine rechte Hand schmerzhaft in die Wunde, da wiedermal Stimmen in meinem Kopf ertönten. „Er ist adelig! Scheiße, was ist das für ein Spiel?", schrie eine der Stimmen so laut, dass ich am liebsten meine Ohren abgehackt hätte „Sei ruhig", sagte eine zweite Stimme deutlich ruhiger. „Aber sein Blut-"„Halt die Klappe!" Das Gespräch verstummte und mein Blick richtete sich jetzt auf die blutende Hand, die sich durch meine Fingernägel, die sich immer noch in der Wunde befanden, wohl entzünden würde. „Du solltest das vielleicht verarzten", riet Louis und deutete auf meine Hand.

 „Danke, da wäre ich ohne deine Hilfe wirklich nicht draufgekommen", gab ich augenverdrehend zurück. „Ihr habt immer noch nicht meine Frage beantwortet. Was macht ihr hier mitten in der Nacht?" Unbemerkt trat Harry einen Schritt zurück und überließ so Louis das Antworten. „Wir haben uns nur das Schloss angesehen." „Mitten in der Nacht?", fragte ich misstrauisch und schaute Louis dabei starr in die Augen, die, wie ich erstaunlicherweise bemerkte, nervös zuckten. „Ja, wir wollten die ganzen Sachen hier eben auch mal im Dunkeln sehen", warf jetzt Harry dazwischen und griff dabei nach Louis Hand. „Du gehst jetzt wohl besser in dein Zimmer und versorgst die Wunde. Du willst doch nicht verbluten, oder?" Fragend zog Harry eine Augenbraue nach oben.

 Es würde auf jeden Fall viele Probleme lösen, sagte ich in Gedanken, schüttelte aber äußerlich den Kopf und machte mich auf den Weg zurück in mein Zimmer. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Die Familie Tomlinson hatte irgendwas zu verbergen. Im Badezimmer ließ ich erstmal kaltes Wasser über meine Hand laufen, damit ich den Schnitt besser sehen konnte und das Blut verschwand. Es war kein sonderlich großer Schnitt, aber schmerzhaft und anscheinend tief genug, um eine Menge Blut zu verlieren. Aus dem Schrank über dem Waschbecken holte ich Verbandszeug. Mit zusammengebissenen Zähnen desinfizierte ich die Wunde und verband meine Hand. Dann kletterte ich endlich wieder ins Bett. An Schlaf war aber lange nicht zu denken. Harry, Louis und der mysteriöse Typ verbargen etwas und ich war mir nicht so sicher, ob ich herausfinden wollte, was es war.

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