Kapitel 21
Es war gefährlich und es war unvernünftig in absoluter Dunkelheit mit Spitzhacken auf eine Wand von Geröll einzuhauen, aber es war noch unvernünftiger, nichts zu tun. Sie wechselten sich ab. Immer zwei arbeiteten, die anderen lauschten. Und auch Fenian konnte die Geräusche auf der anderen Seite hören.
Er konnte an nichts anderes denken als „Sie holen und raus! Sie holen uns raus! Wir sind ihnen nicht egal!"
Leben, Licht, Luft, Liebe... alle Guten Dinge begannen mit L.
Und dann – nach Stunden oder Tagen oder Ewigkeiten – brach ein schwacher, gelblicher Schimmer durch die staubige Schwärze. Ein Loch. Noch so ein brillantes Wort mit L.
„Hier! Wir haben euch was zu Essen und zu Trinken mitgebracht!"
Zwei kohleschwarze Gesichter blickten hinein in den Hohlraum, in dem die sechs Männer festgesessen hatten. Sie wischten sich den Schweiß von der Stirn und bleckten die weißen Zähne zu einem Grinsen. Keiner der sechs konnte sich dem entziehen. Pakete mit Sandwiches und Wasser wurden herübergereicht und sie aßen und tranken gierig.
Es dauerte noch mehrere Stunden, ehe das Loch in der Geröllwand groß genug war, sodass die sechs hindurch klettern konnten, aber am Ende stiegen sie hinaus aus ihrem Gefängnis, verschwitzt, erschöpft, verdreckt und etwas wacklig auf den Beinen. Arbeiter standen Spalier im Stollen und klatschten Applaus, während sie dem Licht am Ende des Tunnels entgegengingen. Sie fühlten sich wie Helden, obwohl sie nichts geleistet hatten, wie Sieger oder Bezwinger einer wilden Bestie.
Fenian sah sich um, aber erkannte kein bekanntes Gesicht. Er war zu geblendet und zu aufgeregt und zu glücklich, einen leichten Windhauch um die Nase zu spüren. Wenn er sich in den letzten Stunden unsicher gewesen war, was Freiheit war, dann wusste er es jetzt ganz genau. Gleich war er draußen. Die Menschen lächelten ihn an, weil sie nicht wussten, dass er es gewesen war. Sie munterten ihn auf. Er würde seine Freunde wieder sehen und sie würden lachen und vielleicht eine Revolution anzetteln.
Er konnte überhaupt nichts sehen. Es war zu hell und die Augen schmerzten ihn, aber das war egal. Es war egal. Die Welt brach nicht über ihm zusammen. Er würde Gwen wieder sehen und ihren Vater. Sie würden sich streiten, aber er würde das alles nicht mehr so ernst nehmen. Eher sportlich. Und er wusste, dass er ein Gewinner war, weil er das hier überstanden hatte.
Und noch etwas anderes erleichterte sein Herz: Er hatte niemanden umgebracht. Niemand war wegen ihm gestorben. Er war nicht schuldig. Es war nichts geschehen. Keine Frau hatte ihren Mann und kein Kind seinen Vater verloren. Alles konnte weitergehen wie bisher, dachte er, als sich eine schwere, kräftige Hand auf seine Schulter legte. Freundschaftlich glaubte Fenian zuerst, doch dann griff sie nach seinem Nacken und sie war grob, rau und, wie er zu spüren glaubte, schmutzig – nicht nur vom Kohlestaub.
„Betrachten Sie sich als verhaftet, Mister McKenna", sagte Sam Meyer.
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