Kapitel 2
Ich war aufgebracht. Mein Schwert war weg, und ich wusste genau, dass Yuichiro es war, der es irgendwo versteckt hatte. So ein direkter Schritt konnte nur von ihm kommen, also suchte ich ihn.
Er saß auf dem Balkon und starrte in die Dämmerung. Als er mich kommen hörte, drehte er sich langsam zu mir um, mit diesem unergründlichen Blick, den er manchmal hatte, wenn er wusste, dass ich ihm nichts vormachen konnte.
„Wo ist mein Schwert, Yuichiro?" fragte ich scharf, meine Stimme ließ keinen Zweifel an meiner Entschlossenheit.
Er zog die Augenbrauen hoch, als wäre es die selbstverständlichste Frage der Welt. „Es ist sicher."
„Wo?" Ich verschränkte die Arme und starrte ihn an, ohne eine Sekunde nachzugeben. „Gib es mir zurück."
Yuichiro ließ sich Zeit, bevor er antwortete. „Wenn du es wirklich so sehr willst, musst du durch die Wand hier brechen." Er nickte in Richtung der Wand hinter ihm, als würde er mich zu einer Herausforderung einladen. Doch ich wusste, dass er nicht nur einen Scherz machte.
„Warum versteckst du es?" fragte ich und trat einen Schritt näher.
„Weil du es selbst nicht tun würdest", sagte er ruhig. „Du würdest losziehen, egal wie verletzt du bist, und dir wahrscheinlich noch mehr wehtun."
„Du kannst mich nicht einfach einsperren, Yuichiro", erwiderte ich, die Wut in meiner Stimme war kaum zu überhören. „Ich bin die Nebelsäule. Ich nehme Aufträge an. Du hast mir nicht zu sagen, was ich tun darf und was nicht."
„Oh doch", sagte er plötzlich, stand auf und sah mir direkt in die Augen. „Ich habe das Recht, dich aufzuhalten, Muichiro. Du bist mein Bruder, und du bist mir wichtiger als irgendwelche Aufträge oder deine Verantwortung als Säule."
Seine Worte trafen mich unerwartet, und ich blieb einen Moment lang stumm. Doch das hieß nicht, dass ich einfach aufgeben würde. „Du kannst mir nicht einfach Befehle erteilen. Du hast nicht das Recht, über mein Leben zu entscheiden."
„Vielleicht nicht", sagte er, aber seine Stimme war entschlossen. „Aber ich kann dich daran hindern, dich selbst zu zerstören. Und genau das wirst du tun, wenn du weiterhin so handelst."
„Du hast mein Schwert weggenommen", erwiderte ich wütend. „Was willst du sonst noch tun? Mich einsperren?"
Er sah mich einen Moment lang an, dann nickte er ruhig. „Ja. Ab heute hast du Hausarrest. Du gehst nirgendwohin, bis ich der Meinung bin, dass du dich wieder erholt hast."
„Hausarrest? Du machst Witze, oder?" Ich konnte kaum fassen, was er da sagte. „Ich bin die Nebelsäule, und du glaubst ernsthaft, du kannst mich hier festhalten?"
„Ja, das glaube ich", sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken. „Du bist nicht unbesiegbar, Muichiro. Und wenn ich es tun muss, werde ich dich dazu bringen, auf dich selbst zu achten."
Ich konnte die Wut in mir kaum zügeln. „Du bist unmöglich!" rief ich, doch er blieb ruhig.
„Dann komm, zeig mir, dass du stärker bist", sagte er ruhig, aber mit einem leichten Funkeln in den Augen. „Aber ohne Schwert, ohne irgendwelche Waffen. Und wenn du versagst, gehst du wieder ins Zimmer."
Ich starrte ihn an, mein Kopf raste. Er wollte mich herausfordern, wusste er doch genau, dass ich in diesem Zustand nicht gewinnen konnte. Aber ich wusste auch, dass er mich nicht einfach in Ruhe lassen würde.
„Das ist nicht fair", sagte ich schließlich und drehte mich weg. „Aber du wirst es mir noch leidtun."
„Ich hoffe, du wirst das eines Tages verstehen", rief er mir hinterher. „Du bist nicht alleine, Muichiro. Du hast mich. Und ich werde dich immer vor dir selbst beschützen."
Ich ging wortlos zu meinem Zimmer, die Wut in mir brodelte. Doch tief in mir wusste ich, dass er, auch wenn er mich fesselte, es nur aus Liebe tat. Vielleicht war das, was mich am meisten schmerzte – dass ich es nicht wirklich abweisen konnte.
Der Tag nach unserem Streit war nicht, wie ich es erwartet hatte. Statt mich von Yuichiro zu entfernen und ihn zu meiden, lag ich den ganzen Tag im Bett, als ich plötzlich hohes Fieber bekam. Der Kopf brannte, die Glieder fühlten sich schwer wie Blei an, und mein Körper schmerzte bei jeder noch so kleinen Bewegung. Ich versuchte, meine Augen offen zu halten, doch das Fieber war zu stark. Die Welt verschwamm um mich herum, und ich schloss die Augen, um dem entgegenzuwirken.
Ich hatte das Gefühl, dass ich im Dunkeln lag, als ich plötzlich das Geräusch von Schritten hörte. Die Tür öffnete sich, und ich hörte die vertraute Stimme von Yuichiro. „Muichiro?"
„Lass mich in Ruhe", murmelte ich, meine Stimme rau und schwach.
Er ignorierte meine Worte und kam trotzdem näher. Ich hörte, wie er sich setzte und dann meine Stirn berührte. „Du bist glühend heiß", sagte er besorgt. „Was hast du nur angestellt?"
„Ich bin nicht krank", flüsterte ich, versuchte, mich zu wehren, obwohl es mir schwer fiel, die Augen offen zu halten. „Das ist nichts."
„Das ist definitiv etwas", sagte er, seine Stimme war fest, aber auch besorgt. „41 Grad Fieber, Muichiro. Du hast keine Chance, das selbst in den Griff zu bekommen."
„Ich... brauche keine Hilfe", murmelte ich, doch meine Worte klangen schwach, fast wie ein hilfloses Flüstern.
Er nahm einen kalten Waschlappen und legte ihn auf meine Stirn. „Du hast keine Wahl. Und ich werde nicht zulassen, dass du einfach so in den Kampf gehst, während du halb tot im Bett liegst."
Ich versuchte, ihm zu widersprechen, doch der Kälte des Waschlappens und die Berührung seiner Hand auf meiner Stirn ließen mich mehr und mehr zur Ruhe kommen. Langsam kehrte ich in den schwachen Zustand zurück, den ich kannte, wenn das Fieber zu stark war. Ich konnte nicht länger gegen die Wärme und den Schmerz ankämpfen.
„Du bist ein Idiot, Yuichiro", sagte ich leise, als er mir einen weiteren kalten Waschlappen an die Wange hielt. „Warum kümmerst du dich so um mich?"
Er antwortete nicht sofort, sondern fuhr fort, mich zu versorgen, ohne einen weiteren Kommentar zu machen. Ich konnte ihn in seiner Stille hören, als er meine Decke richtete und mit sanften, fürsorglichen Bewegungen versuchte, mich irgendwie zu beruhigen.
„Weil du mein Bruder bist", sagte er schließlich, und seine Stimme war sanft, obwohl ich den Hauch von Müdigkeit darin hörte. „Weil du alles alleine tragen willst, und es mich verrückt macht, dich so zu sehen."
„Ich... brauche niemanden, Yuichiro", flüsterte ich, als das Fieber mir wieder die Kontrolle überließ.
„Ich weiß", antwortete er leise. „Aber trotzdem bin ich hier."
Er wischte mir sanft den Schweiß von der Stirn und versuchte, das Fieber mit kaltem Wasser zu senken. Ich hörte, wie er immer wieder tief einatmete, als versuche er, seine eigene Sorge zu kontrollieren. Es war merkwürdig. Irgendwie beruhigte mich seine Anwesenheit mehr als alles andere, obwohl ich es nicht zugeben wollte. Ich schloss meine Augen, um mich für einen Moment zu entspannen, und hörte auf, mich zu wehren.
„Du musst dich ausruhen, Muichiro", sagte er, als er mich erneut mit der Decke zudeckte. „Du bist zu schwach, um dich selbst zu versorgen. Lass mich auf dich aufpassen, nur diesmal."
„Ich bin keine Last", murmelte ich, doch die Worte klangen nicht mehr so überzeugend, als das Fieber mich zu übermannen begann.
„Bist du doch", sagte er ruhig, und ich konnte den Hauch eines Lächelns in seiner Stimme hören. „Aber das ist okay. Weil wir das zusammen durchstehen."
Ich wollte ihm widersprechen, wollte sagen, dass er sich nicht um mich kümmern musste, doch der Gedanke verschwand fast so schnell wie er gekommen war, und mein Körper begann, den Frieden des Schlafes zu suchen. Das Fieber brannte weiterhin heiß in mir, doch Yuichiro war da, und für den Moment war das genug.
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