Kapitel 13
Ich weinte, als könnte ich niemals aufhören. Die Tränen strömten aus mir, als hätte mein ganzer Körper darauf gewartet, sich zu befreien – von all dem Schmerz, von der Qual, die ich so lange ertragen hatte. Die Erinnerung an das, was ich getan hatte, brannte wie ein glühendes Messer in meiner Brust. Wie hatte ich fast meinen eigenen Bruder getötet? Wie konnte ich nur ein Monster geworden sein?
„Warum... warum habe ich das getan?" stieß ich hervor, meine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern zwischen den Schluchzern. „Warum habe ich dich fast getötet, Yuichiro? Du bist mein Bruder! Du bist mein Bruder, mein Zwilling!"
Yuichiro hielt mich weiter fest, als wäre er die einzige Sache, die mich noch aufrecht hielt. „Es ist in Ordnung, Muichiro", sagte er, obwohl seine Stimme zitterte. „Es ist vorbei. Du bist wieder hier, bei mir. Du hast mir nicht wehgetan. Es tut nicht mehr weh, Bruder. Wir sind zusammen."
„Aber ich hätte dich fast getötet!" Ich riss mich von ihm los, so schnell, dass mir der Kopf schmerzte. „Ich hätte dich einfach... einfach so zerstören können! Was für ein Monster bin ich?!" Ich schlug mit der Faust auf den Boden, ohne Rücksicht auf die Schmerzen, die der Schlag in meine Handgelenke jagte.
„Du bist kein Monster", sagte Yuichiro sanft und zog mich wieder in seine Arme. „Du bist Muichiro. Du bist immer noch mein Bruder, der, den ich immer geliebt habe, den ich immer lieben werde. Du bist nicht dein Dämonenanteil. Du bist nicht das, was du getan hast. Du bist immer noch der Junge, der an meiner Seite war. Der Junge, der mich nie verlassen hat."
„Aber ich habe dich fast getötet, Yuichiro! Ich habe so viele Menschen getötet! Ich habe das alles getan... unter Muzans Einfluss... Ich war so schwach!"
„Du warst nicht schwach", sagte er mit fester Stimme, während er mich noch fester an sich zog. „Du wurdest manipuliert. Du hattest keine Kontrolle. Du warst... du warst nicht du selbst. Aber jetzt bist du wieder du selbst. Du hast dich von ihm befreit. Du hast ihn besiegt. Und du bist wieder bei mir, Muichiro. Du bist nicht allein. Du wirst nie mehr allein sein."
Seine Worte waren wie ein Licht in der Dunkelheit, doch sie konnten die Ketten, die mich festhielten, nicht ganz lösen. Der Schmerz, das Grauen, das ich in mir trug, war noch nicht verschwunden. Es war, als wäre ein Teil von mir immer noch von Muzan gefangen, als könnte ich nie wieder ganz ich selbst sein. Wie konnte ich je wieder gut machen, was ich getan hatte?
„Ich habe so viele Fehler gemacht", flüsterte ich. „So viele Fehler... So viele Leben zerstört... Ich wollte nie so sein. Ich wollte nie ein Monster sein."
„Du bist nicht das, was du tust, Muichiro", sagte Yuichiro leise und streichelte mir über den Rücken, als wollte er mich beruhigen. „Du bist immer noch mein Bruder. Und du wirst nie wieder so etwas tun müssen. Wir werden zusammen einen Weg finden, das wiedergutzumachen. Du wirst den Schmerz hinter dir lassen, Stück für Stück. Aber du darfst nie vergessen, dass du nicht allein bist."
Ich sah auf und starrte ihm in die Augen, die so viel Liebe, so viel Fürsorge für mich zeigten, dass es weh tat. Wie hatte ich das alles nur vergessen können? Wie konnte ich das, was wir hatten, überhaupt in Frage stellen? Ich hatte ihn fast verloren – den einzigen Menschen, der mir je wirklich etwas bedeutet hatte.
„Ich will das nicht mehr", flüsterte ich, die Tränen liefen mir immer noch unaufhaltsam über das Gesicht. „Ich will nicht mehr der Dämon sein. Ich will einfach nur... dein Bruder sein. Ich will einfach nur wieder... ich selbst sein."
„Du bist wieder du selbst, Muichiro. Und du wirst wieder der Muichiro, den ich kenne und liebe. Du hast dich befreit. Du hast Muzan besiegt. Und jetzt bist du endlich frei."
Aber die Last der Erinnerung an all das Blut, an die Menschen, die ich zerstört hatte, war noch da. Ich wusste, dass ich nie vergessen würde, was passiert war. Doch vielleicht, nur vielleicht, könnte ich lernen, zu leben, ohne mich selbst zu verfluchen. Vielleicht konnte ich noch etwas Gutes tun, um die Sünden der Vergangenheit zu tilgen.
„Ich... Ich weiß nicht, wie ich das je wiedergutmachen kann", murmelte ich, und der Schmerz schnürte mir die Kehle zu.
„Es ist nicht deine Aufgabe, alles wieder gut zu machen", sagte Yuichiro leise. „Wir müssen uns nicht immer selbst retten. Manchmal reicht es, wenn wir uns selbst vergeben. Du musst dir selbst verzeihen, Muichiro. Du musst wissen, dass du nicht allein bist."
Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Es fühlte sich immer noch nicht richtig an, aber vielleicht war das der erste Schritt – der erste Schritt, um mich wieder zu finden. Der erste Schritt, um den Schmerz loszulassen und vielleicht irgendwann wieder ein Leben zu führen, das mehr war als nur Reue und Trauer.
„Ich werde lernen, mir zu vergeben", flüsterte ich schließlich. „Ich werde lernen, für uns beide zu leben."
„Ja, das wirst du", sagte Yuichiro, und ich konnte die Wärme und das Vertrauen in seiner Stimme hören. „Ich werde immer bei dir sein, Muichiro. Immer."
Genya POV:
Ich starrte ungläubig auf die Szene vor mir, mein Herz setzte für einen Moment aus. Da stand Yuichiro, der Zwillingsbruder von Muichiro, und umarmte jemanden – jemanden, der es mir fast den Atem raubte. Muichiro. Mein Muichiro.
Doch... etwas stimmte nicht. Der Muichiro vor mir war nicht der, an den ich mich erinnerte. Nicht der strahlende, lebendige Muichiro, den ich geliebt hatte. Der Muichiro, den ich für tot gehalten hatte, war plötzlich hier – aber er weinte, wie ein Schatten seiner selbst.
Ich stand einfach da, regungslos. Meine Gedanken wirbelten durcheinander, ich konnte es kaum fassen. "Muichiro?" sagte ich dann, und meine Stimme war ein brüchiges Flüstern, das ich kaum selbst erkannte.
Yuichiro löste sich langsam von ihm und drehte sich zu mir. Es war die Antwort, die er mir gab, die mich erst wirklich erschütterte: „Er... er ist wieder bei mir, Genya."
Wieder bei mir? Was zum...? Was bedeutet das? Und warum hatte ich das Gefühl, als ob die Zeit stillstand?
„Ich... ich dachte, du wärst tot", stieß ich hervor, immer noch nicht in der Lage, zu begreifen, was da vor sich ging. Die Verwirrung, die in mir tobte, machte mich beinahe verrückt.
Muichiro sah mich an, doch seine Augen waren leer, leerer als ich es je gekannt hatte. Er blinzelte, als ob er sich überhaupt nicht erinnern konnte, wer ich war. Als ob er mich zum ersten Mal sah.
„Wer bist du?" fragte er mit einer fremden, kalten Stimme, die nicht die war, die ich gekannt hatte. Der Klang seiner Worte ließ mein Herz in meiner Brust erstarren.
„Muichiro... du... du weißt es nicht mehr?" fragte ich, der Schmerz war deutlich in meiner Stimme zu hören. Er kann sich nicht erinnern?
Er schüttelte den Kopf, der Ausdruck auf seinem Gesicht war unverändert, fast mechanisch. „Ich... ich weiß nicht, wer du bist", antwortete er langsam. „Aber du... du hast mir wehgetan. Ich erinnere mich."
Es war wie ein Schlag in mein Herz. Dieser Blick, den er mir zuwarf – es war, als ob er mich nicht mehr kannte. Es war, als ob alle Erinnerungen, all die Momente, die wir zusammen geteilt hatten, ausgelöscht waren.
„Was hast du mit ihm gemacht, Muzan?" rief ich plötzlich, als ein düsterer Verdacht in mir aufstieg. Es war klar. Er hat ihn verändert. Ich hatte keine Ahnung, was genau passiert war, aber ich wusste, dass Muichiro nicht einfach so diese Person geworden war. Dieser Dämon war nicht der Muichiro, den ich geliebt hatte.
„Muzan?" wiederholte Muichiro, und seine Stimme klang verwirrt, fast interessiert, als ob das Wort neu für ihn war.
„Hör auf! Hör auf damit!" brüllte ich und trat einen Schritt auf ihn zu. „Du bist nicht... du bist nicht du! Du bist Muichiro! Du bist mein..." Aber ich konnte den Satz nicht beenden. Wie konnte ich es ihm erklären, wenn er sich nicht einmal an mich erinnerte?
Yuichiro stellte sich zwischen uns und sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. „Genya, du musst verstehen. Muichiro... er hat sich verändert. Wir müssen ihm Zeit geben."
„Nein!" Ich packte ihn an den Schultern und rüttelte an ihm. „Du verstehst es nicht! Du bist nur blind vor deinem eigenen Schmerz! Dein Bruder ist nicht der, den du kennst! Er ist ein Dämon! Er erinnert sich nicht an dich! An uns!"
Muichiro schien uns gar nicht mehr wahrzunehmen. Er stand da, völlig still, und starrte ins Leere. Es war, als ob er in einer anderen Welt war, in einem anderen Zustand, der mich von ihm trennte.
„Er ist noch nicht verloren, Genya", sagte Yuichiro leise, seine Stimme zitterte. „Wir müssen ihm helfen, sich wieder zu erinnern. Wir müssen ihm die Zeit geben, sich von Muzan zu befreien."
„Du... du bist verrückt", zischte ich, während ich mich abwandte und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. „Muichiro hat uns nicht mehr. Er ist jetzt ein Werkzeug von Muzan. Ein Werkzeug, das alles, was es berührt, zerstört. Und ich... ich werde das nicht zulassen."
Ich spürte die Wut in mir brodeln, die sich mit der Verzweiflung vermischte. Ich wollte nicht zulassen, dass der Muichiro, den ich liebte, verloren war. Aber was konnte ich tun, wenn er sich nicht an mich erinnerte? Was konnte ich tun, wenn er jetzt zu einem Monster geworden war?
Ich wusste, dass der Weg, den ich vor mir hatte, nicht einfach sein würde. Dass es keine Garantie gab, dass ich ihn je zurückbekommen würde. Doch ich konnte nicht aufgeben. Ich konnte nicht zulassen, dass Muichiro für immer verschwinden würde.
„Ich werde ihn zurückholen", murmelte ich entschlossen. „Ich werde ihn zurückholen, Yuichiro. Und wenn ich dafür Muzan vernichten muss, dann werde ich das tun. Aber Muichiro... ich werde nicht zulassen, dass er so endet."
Yuichiro sah mich an, sein Blick voller Sorge und Trauer. „Du kannst es nicht alleine tun, Genya. Wir müssen zusammenarbeiten."
„Ich weiß", antwortete ich, und die Kälte in meiner Stimme war wie ein Versprechen, das ich nicht brechen konnte. „Ich weiß es, aber ich werde ihn zurückholen. Egal, was es kostet."
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