chapter 12 - sun(shine)day
♫ track no. 12
𝘼𝙈𝙔𝙂𝘿𝘼𝙇𝘼 𝘣𝘺 𝘼𝙜𝙪𝙨𝙩 𝘿
YOONGIS AUGEN flatterten entgegen des trüben Lichts, das durch die Fenster seines Zimmers fiel. Sein Kopf fühlte sich so schwer an wie schon lange nicht mehr. Ob er zwischendurch eingedöst war? Oder war das hier vielleicht sogar schon ein Traum? Unmöglich, da er immer noch die körperliche Nähe jener anderen Person spürte. Oder rührte die sich gerade? War er deshalb wieder halbwegs bei Verstand?
»Ich mag es, in deiner Nähe zu sein... Ich glaube, ich mag es sogar mehr, als ich sollte.«
Viel zu spät realisierte Yoongi, dass ihn ein paar warmer Rehaugen eindringlich musterten. Er konnte sich kaum auf Jimins Gesicht fokussieren, so müde war er. Alles, was er registrierte, war, dass er nicht von ihm abgelassen hatte. Da ruhte immer noch eine Hand zwischen seiner Brust und seinem Bauch und er spürte fremde Beine durch den Stoff seiner Jogginghose.
»Du... bist wach«, nuschelte er und versuchte mit aller Macht, seine Sicht zurückzuerlangen. »Geht es dir... gut?«
»Du warst die ganze Nacht auf, oder?«, stellte Jimin leise die Gegenfrage und ignorierte Yoongis dabei völlig. »Du hattest immer die Augen offen, wenn ich aufgewacht bin...«
Er klang nüchtern, aber trotzdem sehr geschafft. Yoongi legte sich seine Hände ins Gesicht und wischte sich inmitten eines unaufhaltsamen Gähnens darüber. Danach sackte er wieder wie ein leerer Kartoffelsack in sich zusammen.
»Schlaf«, murmelte Jimin durch ein angestecktes Gähnen hindurch. »Bitte... schlaf.«
Als hätte er damit eine Blockade in Yoongis Kopf gelöst, klappten diesem in unaufhaltsamer Erleichterung die Augen zu. Die Laken saugten ihn förmlich in sich ein, genau wie die Wärme, die ihn umgab. Ehe er sich versah, war er versunken, tief gefangen in einem traumlosen Schlummer, der sich so intensiv in ihm festsetzte, als würde die Decke über ihm plötzlich das Fünffache wiegen.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er weg gewesen war, als sich sein Bewusstsein langsam wieder in seinen Körper schlich. Was er allerdings registrierte, war, dass er die Position, in der er sich befand, nicht aufgeben wollte. Eine wohlige Wärme ging von dem Kissen aus, in das er seinen Kopf gebettet hatte, genauso wie ein vertrauter lieblicher Geruch.
Yoongi vergrub die Nase darin und atmete tief ein. Langsam aber sicher erinnerte er sich wieder daran, dass er gestern eine Schicht im VIBE gehabt hatte. Der verdammte Tinnitus, der nach wie vor dumpf in seinen Ohren festsaß, war ein Souvenir, das er allwöchentlich mit in die Sonntage hinein verschleppte. Komisch nur, dass er heute einem gewissen Rhythmus unterlag. Boom-Boom... Boom-Boom... Boom-Boom...
Ein leises Grummeln, das nicht seiner eigenen Kehle entsprungen war, weckte letztendlich die noch vor sich hindösenden Gehirnzellen, die die Erinnerungen an die letzte Nacht abgespeichert hatten. Yoongis Augen öffneten sich flatternd. Nur langsam wurde ihm bewusst, dass das, worin er gerade sein halbes Gesicht vergraben hatte, Jimins Halsbeuge war. Fuck.
Wenn er die Wahl gehabt hätte, wäre er einfach so liegengeblieben und hätte so getan, als wäre er ausversehen im Schlaf in diese Position gerutscht. Dies entsprach ja sogar der Wahrheit. Leider brachte Yoongi die reine Aussage dazu relativ wenig, wenn Jimin beim Aufwachen beschloss, es ihm einfach nicht zu glauben.
Es brach ihm förmlich das Herz, einen typischen, im Schlaf ausgeführten Lagewechsel vorzutäuschen und Jimin den Rücken zuzudrehen. Das nächste Problem, mit dem er sich darauf konfrontiert sah, war die Tatsache, dass dessen Arm nach wie vor unter ihm lag. Vielleicht in erster Linie etwas, das nun Jimin zum Verhängnis werden könnte, sofern es ihm denn peinlich war. Leider übte Yoongis Positionswechsel genug Druck aus, um bei dem Jüngeren eine Reaktion hervorzurufen. Jetzt hatte er ihn also geweckt. Herzlichen verfickten Glückwunsch und einen wunderschönen Sonntagmorgen.
Jimin gab ein herzhaftes Gähnen von sich und das Rascheln der Laken verdeutlichte, dass er wirklich aufgewacht war. Zu Yoongis Überraschung machte er keine Anstalten, seinen Arm unter ihm hervorzuziehen. Trotzdem traute er sich nicht, sich zu ihm umzudrehen. So zu tun, als würde er noch schlafen, wog ihn dafür noch viel zu sehr in einer selbst eingeredeten Sicherheit.
Es war Bomis Pfeifen, das letztendlich Bewegung in Jimin brachte. Sie begann gerne damit, herumzubrüllen, wenn sie bemerkte, dass ein waches Wesen in Reichweite war, das die Fähigkeit dazu besaß, ihren Käfig zu öffnen. Yoongi hob blinzelnd den Kopf und beobachtete Jimin dabei, wie er leise vom Bett rutschte und auf sie zu ging. Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fielen, verwandelten seine zerzausten Haare in ein Flammenmeer und wurden von seiner Haut absorbiert wie von goldenem Honig.
Selbst in Yoongis ausgeleiertem Shirt und den Jogginghosen wirkte er, als könnte man genau so ein Fotoshooting mit ihm abhalten. Er war schöner als alles, was Yoongi je gesehen hatte.
»Oh, hab ich dich geweckt? Tut mir leid...«
Er hatte vor lauter Starren nicht bemerkt, dass Jimin sich zu ihm umgewandt hatte. Ein mildes Lächeln umspielte seine Lippen, auch wenn seine Augen von der letzten Nacht gezeichnet waren.
Yoongi nuschelte etwas Undeutliches und untermalte es mit einem Kopfschütteln. Mehr brachte er nicht zustande. Nicht angesichts dessen, was sein Hirn gerade alles verarbeiten musste. Bomi eilte ihm mehr oder weniger zu Hilfe, indem sie wild zwischen den zwei Stangen in ihrem Käfig hin und her flatterte und durch lautes Schimpfen wieder auf sich aufmerksam machte. Wie immer, wenn man es wagte, sie auch nur eine Sekunde zu ignorieren.
»Sie möchte rausgelassen werden, oder?«, fragte Jimin eine Spur verunsichert. Die Faszination, mit der er den grauen Wellensittich betrachtete, ließ Yoongi unter der Decke förmlich dahinschmelzen.
»Ja... du kannst ihr ruhig das Tor aufmachen. Aber nicht erschrecken...«
Jimin zögerte nicht, sondern tat sogleich zaghaft wie geheißen. Ihm entfuhr dennoch ein überraschtes Geräusch, als Bomi wie das Geschoss einer Gewehrkugel aus dem Käfig stürzte und erst einmal ein paar Runden durch das Zimmer flatterte. Ihren Unmut über die lange Wartezeit tat sie mit weiterem Gezeter kund, ehe sie schlussendlich auf einem der Äste landete, die Yoongi in zwei Ecken des Zimmers für sie aufgehängt hatte. Sie liebte es, so hoch wie möglich zu sitzen.
Jimin keuchte mit großen Augen auf, ein Lächeln auf seinen Lippen. »Wow, sie ist...«
»...die größte gefiederte Nervensäge in der ganzen östlichen Hemisphäre, ganz richtig«, beendete Yoongi seinen Satz und ließ sich zurück in die Kissen sinken. Sein Herzschlag nahm radikal an Fahrt auf, als Jimin plötzlich wieder zu ihm herüberkam und mit einem müden Seufzen seinen ursprünglichen Platz neben ihm vereinnahmte. Abzüglich des Körperkontakts.
»Sie ist süß, wollte ich sagen«, murmelte er vor sich hin, ehe er sich in eines der Kissen kuschelte und den Kopf zu Yoongi herumdrehte. Er öffnete den Mund erneut, als wollte er etwas anfügen, stockte dann jedoch und grinste peinlich berührt. »Ich wollte fast schon sagen, so süß wie du letzte Nacht, aber das wäre schon ziemlich schwul, oder?«
Yoongi spürte, wie sein Brustkorb sich zusammenzog und ihm das Atmen mit einem Mal enorm erschwerte. Hatte er ihn gerade süß genannt?! Wirkten diese verdammten Drogen immer noch?
»I-ich versteh nicht, worauf du hinauswillst.«
»Naja... ich erinnere mich, um ehrlich zu sein, nicht so gut... aber ich weiß, was passiert ist und dass du... Du hast dich um mich gekümmert und... und mich hierhergebracht... Und dann bist du die halbe Nacht wach geblieben und hast aufgepasst...«
Jimin senkte verlegen den Blick. Sein Lächeln war längst verblasst. »Tut mir leid für diese ganzen Umstände... Ich wollte dir nicht irgendwie Angst machen... Ich meine, ich hätte einfach besser auf meinen Drink aufpassen müssen und ihn nicht so ewig da rumstehen lassen sollen... Das war alles so dumm, es tut mir so unfassbar –«
»Nein, lass das.«
»... was?«
Jimin schaute wie ein verschrecktes Reh. Yoongi schüttelte nur den Kopf, als könnte er so die unnötigen Entschuldigungen aus dem Raum verscheuchen. Als Jimin erneut ansetzen wollte, fiel er ihm schnell ins Wort.
»Wie geht es dir inzwischen?«
Der vom Schlaf gezeichnete Student atmete tief durch und schloss die Augen, als würde er im Stillen einen Ganzkörperscan durchführen. »Mir geht's eigentlich gut, aber... keine Ahnung.«
»Niedergeschlagen?«
»Ja, irgendwie.«
»Das ist der Serotonin-Mangel.«
Jimin brummte vor sich hin und zog die Decke wieder über sich. »Ich würde mich am liebsten gar nicht mehr bewegen...«
»... aber?«
»Naja... ich sollte langsam echt nach Hause... Ich muss eigentlich noch lernen und ich will dir nicht dein Wochenende ver–«
»Nein!«, unterbrach ihn Yoongi und hätte sich darauf am liebsten die Hand auf den Mund geschlagen. »Ich meine... du kannst gerne hierbleiben... wirklich. Vielleicht... wäre das Auskatern hier sogar besser. Und das Lernen. In Gesellschaft, meine ich.«
War das wirklich gerade er, der da gesprochen hatte? Was hatte dieser Typ bitte mit ihm angestellt, dass er ihn darum bat, zu bleiben? Wann hatte Yoongi überhaupt jemals jemanden um so etwas gebeten?
Jimin starrte ihn für einen Moment mit leicht geöffneten Lippen an. In dieser Zeit hing die bisher totgeschwiegene Körpernähe, die in dieser Nacht vorgeherrscht hatte, wie ein schwerer Schleier über ihnen... zumindest bildete Yoongi sich das ein. War er mit seinem Vorschlag zu weit gegangen? Hatte er sich selbst verraten? Oder stand es ihm ohnehin ins Gesicht geschrieben, dass er das Gefühl von Jimins Körper so dicht an seinem definitiv eine Spur zu sehr genossen hatte?
»Ich... also wenn es keine Umstände macht... ich würde echt ungern so fertig bei meiner Mutter aufkreuzen...«
Yoongis Mundwinkel zuckten unschlüssig, bis ihm die folgenden Worte ohne einen Funken Reue über die Lippen rollten.
»Du kannst bleiben so lange du willst.«
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»Du bist echt so ein unfassbarer Kultur-Banause, weißt du das eigentlich?«
Jimin kicherte und wischte sich dabei etwas Mandarinensaft vom Mund. Yoongi erwiderte das Lachen, fügte jedoch nicht an, dass er sich gerade vorstellte, wie es wäre, eben jene Lippen genau jetzt mit dem Geschmack von Ferien auf ihnen zu küssen.
»Der Name Breakfast Club klingt eben nicht wie etwas, was man schauen muss«, erwiderte er nur achselzuckend.
»Verurteile einen Film nicht anhand seines Namens«, flötete Jimin altklug und ließ seinen Kopf wieder in das Kissen fallen, das irgendwie so halb auf Yoongis Oberkörper lag. Der Duft seiner frisch gewaschenen Haare vermischte sich mit dem der Mandarinen und brachte den Älteren fast um den Verstand. Yoongi war es immer noch ein Rätsel wie sie beide es unentdeckt nacheinander geschafft hatten, ins Bad zu springen und den letzten Dreck der vergangenen Nacht abzuwaschen... wenn gleich die Vorstellung, dass Jimin nackt unter seiner Dusche gestanden hatte, das noch einmal klar überwog.
»Gib's zu, du fühlst dich verbunden zu Allison«, stichelte Jimin weiter und piekte ihn dabei in die Seite. »Müssten wir uns selbst im Club einordnen, wärst du definitiv sie.«
Yoongi riss empört den Kopf zu ihm herum. »Was soll denn das heißen? Bin ich in deinen Augen so ein Freak?«
Jimin giggelte ungerührt weiter. »Alli ist kein Freak... und wenn dann ein verdammt cooler.«
»Hast du mich jemals ein Sandwich mit Zucker und Cornflakes essen sehen? Oder meine Haarschuppen zu Kunstschnee umfunktionieren?«
»Wer weiß, vielleicht sind das ja deine geheimen Hobbies.«
Yoongi konnte ihm keinen Millimeter böse sein. Gerade widerstand er nur dem elendigen Drang, Jimin in neckender Manier in seine Arme zu ziehen und mit ihm zu raufen wie verliebte Pärchen es eben taten, wenn sie sich sonntags nicht aus dem Bett bewegten.
Halt stopp! Wenn ihr eins nicht seid, dann verliebt und schon gar kein Pärchen. Du hast die Grenzen schon zur Genüge ausgereizt, Yoongi. Übertreib's nicht!
Und Yoongi wollte es wirklich nicht übertreiben. Das hier, das war schon genug Himmel auf Erden. Mit Jimin hier zwischen den Laken einen amerikanischen Film aus den Achtzigern zu schauen, während sie das Sonnenlicht mit den Vorhängen fast gänzlich ausschlossen, übertraf jegliche Traumvorstellung, an die er sich je herangewagt hatte. Die sich langsam häufenden Nachrichten seiner Mitbewohner ignorierte er dabei geflissentlich. Er wollte diese Zweisamkeit so lange wie möglich hinauszögern. Und wenn es bedeutete, dass sie nie wieder dieses Zimmer verlassen würden.
»Und wer bist du dann im Club?«, stellte Yoongi schließlich die Gegenfrage, auf die er eigentlich schon eine Antwort parat hatte. »Ich würde ja schwer behaupten Claire.«
Jimins Lächeln fiel ein wenig in sich zusammen und ließ ihn sofort daran zweifeln, ob seine Aussage angemessen gewesen war.
»Schön, reich und gefesselt vom Gruppenzwang?«, fragte er und senkte den Kopf fast schon eine Spur verlegen. »Zumindest ersterem Punkten kann ich absolut nicht zustimmen.«
»Wie bitte?« Yoongi richtete sich etwas auf und starrte Jimin aus erhöhter Position ungläubig an. »Also reich sei mal so dahin gestellt... aber denkst du ernsthaft, du würdest nicht gut aussehen?«
Jimin verdrehte die Augen und erwiderte seinen Blick vorwurfsvoll. »Hast du mal meine Zähne gesehen? Außerdem sind meine Backen immer total aufgeplustert und ich hab immer Augenringe...«
Yoongi war sofort bewusst, dass das hier kein fishing for compliments war. Alles an Jimins Körpersprache deutete auf das genaue Gegenteil hin. Vielleicht wollte er nicht einmal hören, dass seine verirrten Vorstellungen von sich selbst nicht der Wahrheit entsprachen. Und doch hatte Yoongi noch nie in seinem Leben solch einen Drang verspürt, seinem Gegenüber mitzuteilen, wie gegenteilig er empfand.
»Du...«, kam es ihm brummend über die Lippen, doch da verließ ihn auch schon wieder die entscheidende Portion Mut. »Du... also...«
Jimin legte träge den Kopf schief und verzog die Lippen in missbilligender Erwartung. »Du musst jetzt nichts sagen wie Stimmt doch gar nicht und Du bist toll so wie du bist.«
»Ich weiß... das wollte ich auch gar nicht sagen.«
»Was dann?«
Yoongi spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen kroch. »Es ist nur... Du... naja... Vielleicht war dein Aussehen auch eines dieser Dinge, weswegen ich... dich anfangs nicht wirklich mochte.«
Jimins Augenbrauen zuckten überrascht in die Höhe. »Wie meinst du das?«
»Ich hab mich nur gefragt... wie zur Hölle kann ein Mensch in der Lotterie so viele Treffer gelandet haben? Es erschien mir... irgendwie unfair.«
Yoongi wich seinem Starren aus und spielte dabei am Saum der Decke herum. Auf dem Bildschirm seines Laptops spielte gerade der ikonische Song Don't You (Forget About Me) von Simple Minds an, während der Breakfast Club die Schule verließ. Allison küsste Sport-Ass Andrew... und Claire küsste den Rebell John.
»Hyung, ich... es tut mir leid.«
»Was?«
»Ich wollte dir gerade mit Allison nicht sagen, dass du ein Freak oder sonst irgendwie komisch bist...«
Yoongis Mundwinkel zuckten, ehe er dem Laptop zunickte. »Sie hatte ihr Make-Over... wenn auch ein ziemlich verstörendes.«
»Weder sie noch du bräuchten eins, hörst du mich?«
»Wird das jetzt so eine Art Spiel, in dem wir versuchen, gegenseitig unser klägliches Selbstbewusstsein zu retten?«
Jimin lächelte zaghaft und legte Yoongi eine Hand auf den Arm. Dieser konnte sich nur schwer davon abhalten, scharf die Luft einzuziehen. Im Hintergrund marschierte John Bender gerade übers Football-Feld und riss die Faust in den Himmel. Jimin bekam es nicht mit. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, Yoongi direkt in die Seele zu schauen. Zumindest fühlte es sich so an.
... Vielleicht sah er dort allerdings ein paar Dinge, die letztendlich dafür sorgten, dass das Lächeln auf seinen Lippen langsam bröckelte und er vorsichtig seine Hand wieder zurückzog.
»Ich wollte das eigentlich nicht noch einmal ansprechen... aber letzte Woche hast du meinem Selbstbewusstsein einen ziemlichen Tritt verpasst mit Yeji.«
Yoongi spürte, wie sein Inneres ein paar Etagen absackte. Die Dankbarkeit, die er wahrscheinlich darüber empfinden sollte, dass Jimin endlich freiwillig ansprach, was wie eine Mauer zwischen ihnen stand, kämpfte sich nicht wirklich durch. Da war nur Angst und Schuld. Viel zu viel davon.
»Es... es tut mir so leid, ich... ich war so unfassbar betrunken und ich...«
Und ich was? Ich hab mir eigentlich vorgestellt, ich würde statt Yeji dich küssen?
»Weißt du...«, ergriff Jimin wieder das Wort, ohne seinem Blick zu begegnen. »Yeji und ich haben diesen Deal, dass wir... nun ja... machen können, was wir wollen, solange... naja, solange wir uns noch richtig kennenlernen. Ich hätte nur nicht gedacht, dass sie... und dass mich das dann so...«
Yoongi atmete zittrig durch und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. »Ich weiß nicht, was da in mich gefahren ist... Ich war an diesem Tag einfach...«
»Nicht bei Sinnen? So wie ich gestern Nacht?«
Yoongi gefror mitten in der Bewegung. »Wie... meinst du das?«
Der Ausdruck auf Jimins Gesicht fütterte all seine schlimmsten Befürchtungen. »Du warst nicht nur betrunken... oder?«
Yoongi stach sich unter der Decke mit dem Daumennagel schmerzhaft in seine Hand, um die Kontrolle zu bewahren. Noch war nicht alles verloren. Er konnte das hier immer noch zu seinen Gunsten wenden... oder?
»Wie... wie kommst du denn darauf?!«
»Naja... ich weiß, wie ich mich gestern gefühlt habe... Ich wollte irgendwie die ganze Welt umarmen und... es erschien mir irgendwie absurd, dass du einfach so Yeji... Und außerdem wusstest du sofort, was das in meinem Getränk ist, also...« Er hob den Kopf und bedachte Yoongi mit einem unsicheren Blick. »Wieso kanntest du dich so gut damit aus, Hyung?«
Yoongi öffnete den Mund... nur um ihn gleich darauf wieder zu schließen. Seine Zunge war wie gelähmt. Alles, was er jetzt noch sagen konnte, würde vielleicht dafür sorgen, dass Jimin ihn verurteilte. Ob nun für das, was er tat oder seine offensichtlichen Lügen.
»Du sagtest, MDMA macht einen bedingungslos glücklich...«, wisperte Jimin. »Ist... ist es das?«
»Ich... ehm...«
»Hyung.«
Yoongi zuckte zusammen, als Jimin plötzlich wieder seine Hand dorthin bettete, von wo er sie gerade noch zurückgezogen hatte. Der Blick des Jüngeren war voller Sorge, doch alles, was Yoongi sich darin einbildete, war Vorwurf.
»Das... das war eine einmalige Sache...«, versuchte er zu retten, was er noch zu retten glaubte. »Denk ja nicht, ich wäre jemand, der –«
»Hyung! Ist doch okay. Denkst du, ich bin sauer auf dich?«
»Solltest du das nicht sein?«
»Wenn dann bin ich das auf die Person, die dir das Zeug gegeben und dir weisgemacht hat, es würde dir irgendwie durch diesen Tag helfen.«
Yoongi schwieg. Er wollte Jimin nicht sagen, dass diese Person er selbst ganz alleine war. Dafür war er auch viel zu eingenommen von der Art, wie dieser nachdenklich über seinen Arm strich und ihm letztendlich voller Entschlossenheit direkt in die Augen blickte.
»War es nur das bisher? Und wie oft... hast du es wirklich schon probiert?«
Verdammt. Yoongi wusste, dass dies eine einmalige Chance war, um reinen Tisch zu machen. Ein für alle Mal klarzustellen, in welcher miserablen Kondition er sich wirklich seit dem Tod seiner Mutter befand, wo er seinen Sommer wirklich verbracht hatte und dass Jimin einen erstaunlich großen Einfluss darauf besaß, wie viel und was er letztendlich konsumierte. Aber Yoongi wusste auch, dass all dieses Wissen in Jimins Ohren dafür sorgen könnte, ja, höchstwahrscheinlich dafür sorgen würde, dass er den nächstbesten Bus nach Hause nahm. Und Yoongi wollte dieses Risiko nicht eingehen. Unter keinen Umständen wollte er das.
»Es... es war nur das... und das auf deiner Party war nur das dritte Mal... wenn man die anderen Male überhaupt zählen kann. Ich hab damals kaum etwas gespürt...«
Yoongi zwang sich dazu, nicht weiter auszuschweifen. Schlimm genug, dass er Jimin diese Lüge so souverän auf dem Silbertablett serviert hatte. Aber in dieser Hinsicht hatte er leider Erfahrung im Verbreiten der Unwahrheit. Er hatte schon viel zu oft von solchen Ausreden Gebrauch machen müssen.
Es versetzte ihm einen kleinen Stich, als Jimin betreten auf die Bettdecke zwischen ihnen starrte. Alleine diese mickrige Aussage schien den Jüngeren bereits zu schockieren. Nun gut... immerhin wusste Yoongi nun, was die Wahrheit ihm in diesem Fall genützt hätte: einen Scheißdreck.
»Können wir einen Deal machen?«, fragte Jimin plötzlich. »Auch wenn er... vielleicht etwas seltsam und abstrus klingt?«
»Was für einen Deal?«
»Du versprichst mir, dass du nie wieder versuchst, dein Trauma mit einer Droge zu kompensieren... und ich verspreche dir, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um dir zu zeigen, wie –«
Weiter kam er nicht. Er wurde unterbrochen von dem lauten Ton der Tür, die mit einem Mal aufschlug und Namjoons erzürntes Gesicht offenbarte. Vor Schreck richtete sich Yoongi ruckartig aus ihrer halb liegenden Position auf und beförderte Jimins Hand sowie das Kissen, auf dem dieser seinen Kopf gebettet hatte, von seinem Körper. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis der Ausdruck auf dem Gesicht seines besten Freunds von Wut zu Erstaunen wechselte.
»Oh... ich... ich dachte...« Namjoon schluckte und schüttelte hastig den Kopf. »Ich dachte nur... Jin meinte nur gerade... Tut mir leid, ich wollte nicht...«
Yoongi starrte ihn mit verkrampften Gliedmaßen an. Aus irgendeinem Grund wusste er genau, was Jin gemeint haben musste. Wahrscheinlich war ihm ein Scherz entwischt, dass Jimin und er sein Zimmer bestimmt in eine Hotbox verwandelt hatten und einen Joint nach dem anderen rauchen würden. Dass er Jimin bestimmt zu irgendwas verleitet hatte, nachdem dieser gestern Abend mehr als offensichtlich higher als der Lotte Tower gewesen war. Tae hatte seine Fresse gegenüber Jin sicher nicht halten können.
»Nevermind«, brummte Yoongi und schälte sich mit glühenden Wangen aus seiner Decke. »Ich wollte ohnehin eine rauchen gehen.«
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»Also schieß los... Hat Taehyung in aller Ausführlichkeit bei Jin gepetzt?«
Yoongi konnte den Ärger in seiner Stimme nicht verbergen. Schnell griff er nach der verlorenen Schachtel Zigaretten, die wahrscheinlich er selbst auf dem Balkon vergessen hatte und steckte sich eine davon an. Er war froh, dass der WG-Älteste ihn bei seinem Sturm durch den Wohnbereich nicht von seinem Platz auf dem Sofa aus angesprochen hatte. Ein Gespräch mit seinem besten Freund war erstmal mehr als genug.
Namjoon rümpfte die Nase und lehnte sich an die grob verputzte und vom Smog gezeichnete Fassade des Hauses. »Ich weiß von Jin nur, dass er gestern die halbe Nacht damit totgeschlagen hat, euch im Club und später in ganz Hongdae zu suchen. Er hat sich wirklich Sorgen gemacht, bis Jimin ihm heute morgen geschrieben hat, dass alles gut ist und er bei dir gepennt hat. Was nebenbei schon gestern Abend eigentlich dein Job gewesen wäre.«
»Was genau hat Taehyung erzählt?«
»Dass Jimin auf irgendwas wäre, es ihm deswegen nicht gut gehen würde und du ihn daraufhin aus dem Club gebracht hast.«
»Und dein Auftritt von gerade soll heißen, dass du dachtest, dass ich –?!«
»Du kannst den Stacheldraht wieder runterfahren, es ist alles cool«, unterbrach ihn Namjoon zischend. »Wir wissen beide, dass du ihm nie was untergejubelt oder angedreht hättest.«
»Ach, echt?«, schnaubte Yoongi verächtlich und nahm einen Zug von der Kippe. »Klang gerade aber noch ganz anders.«
»Dass du ein schlechter Einfluss bist, steht außer Frage. Dementsprechend wäre es mir wirklich wichtig, zu wissen, was das gestern bitte war.«
Yoongi nahm genervt einen weiteren Zug von seiner Zigarette. »Jemand hat ihm was ins Glas gemischt und ich hab versucht, ihm dabei zu helfen, es auszukotzen. Hat nicht wirklich geklappt, also hab ich ihn aus dem Club und hierher gebracht, damit er in Ruhe ausnüchtern kann. Das Ganze hat ihn ziemlich... fertig gemacht.«
Namjoon hob die Augenbrauen und musterte Yoongi nachdenklich. »Und dann?«
»Was und dann?!«
»Ach, komm schon.«
»Was?!«
»Zwing mich nicht, es auszusprechen. Du weißt, diese Glastür und die Fenster dämpfen nicht alles.«
Yoongi erdolchte seinen besten Freund mit einem Blick und blies ihm dabei rücksichtslos den Rauch entgegen. »Er hat was mit Yeji, Punkt.«
»Aber sie sind nicht zusammen.«
»Hör auf damit.«
Namjoon schien innerlich einen Heidenspaß dabei zu empfinden, Yoongi so auf die Palme zu bringen. Und erst jetzt realisierte dieser, wie angreifbar er sich gerade gab. Das hier, das hatte er selbst zu verantworten. Durch seine eigene Verschlossenheit, seine Abwehrhaltung und Dickköpfigkeit.
»Hör zu«, zischte er, wohl darauf bedacht, so leise zu sprechen, dass nichts davon in die Innenräume dringen konnte. »Er ist nur hier, weil es eben nicht anders ging. Tun wir nicht so, als ob er wirklich hier sein wollen würde.«
»Aber ganz offensichtlich hat er sich ja noch nicht aus dem Staub gemacht.«
»Wer will schon so verkatert vor seine Mutter treten.«
»Du machst das bei deinem Vater sowohl verkatert als auch bis zum Himmel zugedröhnt. Außerdem lag er gerade ziemlich nah bei dir, alsooo...«
»Stopp!! Hör jetzt bitte einfach auf, okay?«
Yoongi hatte das Zittern aus seiner Stimme nicht heraushalten können. Die Hitze stieg ihm in die Wangen und er wich automatisch dem Blick seines besten Freunds aus. Namjoon registrierte schnell, dass er definitiv einen Schritt zu weit gegangen war. Es ging deutlich aus der Nuance hervor, die seine Stimme trug, als er wieder zu sprechen begann.
»Tut mir leid, Yoon... ich hab dich nur selten so durch den Wind erlebt in der Gegenwart von... irgendjemand. Nicht einmal bei Hyunjin.«
Yoongi schnaubte und drückte seine Zigarette so energisch aus, dass er sich dabei seine Finger verbrannte. »Und jetzt? Was willst du von mir?«
»Ich will, dass du mal wieder glücklich bist.«
Er hätte wohl mit allem gerechnet, aber nicht mit dieser Aussage. Yoongi vergaß für einen Moment, dass er den Stummel in seiner Hand längst hätte loslassen können. Als er seinen Arm nun eine Spur zu energisch zurückzog, blieb er an seinen Fingern kleben und fiel auf den Boden des Balkons. Zusammen mit Yoongis Fähigkeit, schlagfertige Antworten zu geben. War es nicht genau das gewesen, worüber er gerade noch mit Jimin gesprochen hatte? Glücklich sein?
»Genieß den Tag mit ihm«, fügte Namjoon hinzu und sah ihn dabei sehr ernst an. »Er wäre nicht mehr hier, wenn er dich nicht gernhaben würde.«
»Was soll das denn schon wieder –?«
»Nichts soll es heißen. Einfach nur, dass du dieser schicksalshaften Fügung, die ihn gestern ausgerechnet in deine Obhut geweht hat, nachgeben sollst und du endlich mal etwas Vernünftiges tust. Worauf auch immer es hinauslaufen wird. You'll never know if you'll never try.«
»Schieb dir dein Englisch sonst wo hin.«
Namjoon nahm Yoongis Fauchen nur mit einem milden Lächeln entgegen. Dann drehte er sich um und schnitt das Gespräch mit dem Öffnen der Balkontür ab. Von drinnen drang ihnen sofort Jins pausenloses Geschnatter an die Ohren. Das konnte nur eines bedeuten...
Yoongi fand Jimin in einer in sich eingesunkenen Position auf der Couch wieder, eine Tasse Tee in seinem Schoß, die er mit beiden Händen umklammert hielt. Er wollte sich das Bild in seinen Kopf einbrennen, wie er dort in ihrem Wohnzimmer saß, als wäre er schon lange Teil des WG-Innenlebens. Als Jimin seine Rückkehr bemerkte, machte sich ein scheues Grinsen auf seinen Lippen breit.
»Halt mal wieder den Rand, Jinnie«, säuselte Namjoon, der die Szenerie aufmerksam beobachtet hatte. »Ich denke, der Arme braucht eher mal was zu essen als überdramatisierte Erzählungen davon, wie heldenhaft du gestern jeden Stein in Hongdae nach ihm umgedreht hast.«
»Dafür hat er sich jetzt ein bisschen zu spät aus Yoongis Kabuff getraut«, erwiderte Jin eine Spur angesäuert und warf Yoongi dabei einen verachtenden Blick zu. »Was habt ihr da drin überhaupt getrieben? Ich hätte schwören können, ich hätte was gerochen, als ich –«
»Einen Film geschaut und halb gepennt haben sie«, kam ihm zu Yoongis Überraschung ausgerechnet Namjoon mit sachlicher Stimme zu Hilfe. »Und was soll das heißen, er ist zu spät? Hast du noch was vor oder was?«
»Bin verabredet. Aber Chim kann gerne mitkommen und ich besorg ihm Entschädigungs-Gimbap.«
Yoongi kam nicht umhin, ein wenig alarmiert den Kopf zu Jimin umzudrehen, um seine Reaktion zu sehen. Es fiel ihm förmlich ein Stein vom Herzen, als er die pure Überforderung auf dessen Gesicht ablesen konnte.
»Schon gut, Yoongi kann auch was kochen«, grinste Namjoon und sah dabei auffordernd zu seinem besten Freund. »Stimmt doch, Yoon, oder?«
Jin lachte höhnisch auf. »Also bitte. Wir wissen beide, dass er einzig und alleine die Fähigkeit besitzt, 'ne Scheibe Toast nur vom Ansehen zum Schimmeln zu bringen.«
»Ich bring dich gleich zum Schimmeln, wenn du dich nicht langsam verziehst«, schaltete sich Yoongi unbeeindruckt ein und schob sich an Jin vorbei in die Küche, um den Inhalt des Kühlschranks zu checken. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er seit Tagen zum ersten Mal wieder richtigen Hunger empfand. Lag wahrscheinlich daran, dass er nun schon eine beachtliche Zeit lang vollkommen nüchtern war. Eine Erkenntnis, die Yoongi für den Moment fast ein wenig vor den Kopf stieß... denn es fühlte sich okay an. Irgendwie.
Viel zu spät bemerkte er, dass Jin sich längst theatralisch von den Anwesenden verabschiedet und Jimin zu ihm in die Küche getreten war. Yoongi konnte sich gerade noch davon abhalten, nicht vor Schreck zusammenzuzucken, als das ätherische Gesicht des Jüngeren sich an die offene Kühlschranktür schmiegte.
»Erzählen die Eier gute Geschichten oder wieso starrst du sie so gebannt an?«, fragte er zaghaft grinsend.
»Sie erzählen mir, dass Kimchijeon eine ganz passable Idee wären... oder hast du was dagegen?«
Jimin schüttelte den Kopf, unbeirrt lächelnd. »Aber ohne Schimmel bitte.«
Yoongi konnte Namjoon hinter sich glucksen hören, ehe er Schritte wahrnahm. »Für mich auch zwei bitte. Kannst sie mir dann gerne aufs Zimmer bringen.«
Mit diesen Worten ließ er sie beide alleine.
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Yoongi wusste nicht, womit er so viel Glück nach dieser letzten beschissenen Woche verdient hatte. Die diesige Luft der Abenddämmerung, die Seoul einhüllte, hatte noch nie so gut gerochen. Fast so, als hätten die Kirschblüten ihr Comeback vom April in diesen sich langsam dem Ende zuneigenden Oktober verschoben. Aber da war nur Jimin, der blühte. Er blühte im wahrsten Sinne des Wortes nach der letzten nervenaufreibenden Nacht, während die Abendsonne hinter ihm durch die bunten Blätter der Eichen und Ginkgo-Bäume schimmerte. Yoongis weiter grauer Pullover und die Jogginghose, die er ihm geliehen hatte, zerstörten das ästhetische Bild dabei kein bisschen. Jimin hätte wahrscheinlich auch in einem Kartoffelsack ausgesehen wie das schönste Wesen, das dieser Planet je hervorgebracht hatte.
Wenn Yoongi daran zurückdachte, dass sie erst vor einer halben Stunde gemeinsam in der Küche gestanden und in reibungsloser Einigkeit gemeinsam gekocht hatten, kam es ihm vor wie ein Fiebertraum. Auch wie sie danach auf dem Balkon gegessen und auf die spontane Idee gekommen waren, ihre Last-Minute-Lern-Session in den nahegelegenen Janggunbong Park zu verlegen, für ein wenig mehr frische Luft. Frische Luft. Seit wann wirkte so etwas bitte so reizvoll auf Yoongi?
»Ich wünschte, morgen wäre keine Uni«, seufzte Jimin mit geschlossenen Augen. »Und 300 Abgaben und die Midterms am Dienstag könnten sie sich eigentlich auch sparen.«
Er hatte sich in voller Länge auf dem erhöhten Holzplateau des Pagoden-Pavillons ausgestreckt, unter dem sie sich mit Yoongis wüst niedergekritzelten Lernzetteln (die Jimin wie durch ein Wunder trotzdem einwandfrei lesen konnte) niedergelassen hatten. Der Klang seiner lieblichen Stimme mischte sich unter das Sirren der Zikaden und den weit entfernten Lärm der Innenstadt. Hier oben auf dem Hügel war es so friedlich. Zu friedlich, als das Yoongi es wirklich begreifen konnte.
»Ich wünsche mir einfach nur, der Tag würde nicht enden«, murmelte er und realisierte viel zu spät die Gefährlichkeit seiner Worte. Jimin allerdings nickte nur zustimmend.
»Nachdem es mir heute Morgen noch so bescheiden ging, hätte ich echt nicht gedacht, dass ich mich so schnell wieder so gut fühlen würde... du hast echt ganze Arbeit geleistet.«
»Aber ich hab doch gar nichts gemacht?«
»Du hast mich dableiben lassen... mich nicht beleidigt... bist nicht weggerannt... hast mich nicht verhungern lassen...«
»Ach komm, hör doch auf.«
Yoongi kam nicht umhin, zu lachen, als er Jimin in die Schulter knuffte. Der Jüngere reagierte kaum darauf. Stattdessen starrte er ihm ungeniert und mit einem schiefen Grinsen direkt ins Gesicht.
»Du hast so ein besonderes Lachen, Hyung. Ich frag mich immer wieder, ob das wirklich du bist, wenn ich es sehe.«
»...Allison-besonders?«
Nun lag es an Jimin, die Augen zu verdrehen und ihn spielerisch zu boxen. »Ich meine damit Mir-wird-ganz-warm-besonders.«
Yoongis Herz setzte bestimmt drei Schläge aus. War Jimin überhaupt bewusst, wie das gerade geklungen hatte? Oder war er nur mal wieder heillos am Überinterpretieren?
»Dir... wird ganz warm?«
Eine Stille entstand, die Yoongi letztendlich dazu brachte, trotz seiner wahrscheinlich ziemlich rosa angelaufenen Wangen hinüber zu Jimin zu sehen. Der Jüngere schien seine Frage vollkommen überhört zu haben. Sein Blick war wie erstarrt auf sein angewinkeltes Knie gerichtet. Bei genauerem Hinsehen realisierte Yoongi, dass sich ein gelber Schmetterling dort niedergelassen hatte.
»Oh Gott«, entwischte es Jimin auf eine fast schon erstickte Weise. »... Hyung... mach ihn bitte sofort weg.«
»Den Schmetterling?!«
»Siehst du etwa noch eine andere Ausgeburt der Hölle auf mir sitzen?!«
Yoongi öffnete den Mund, verkniff sich jedoch im letzten Moment noch einen belustigten Kommentar. Die Angst, die sich in Jimins Augen beim Anblick des Zitronenfalters abzeichnete, war dafür viel zu real und greifbar.
»Halt still.«
Vorsichtig streckte Yoongi eine Hand aus und legte sie sachte auf Jimins Knie neben das Insekt. Dann schob er sie ganz langsam in seine Richtung. Der Schmetterling machte zunächst zwei Schrittchen rückwärts, ehe er sich dazu auffordern ließ, auf seine Finger zu klettern. Kaum hatte Yoongi seine Hand mitsamt dem Tier von Jimin entfernt, durchfuhr diesen ein heftiger Ekel-Schauer.
»Fuck, ich hasse Schmetterlinge.«
Yoongi versuchte angestrengt, sich ein Grinsen zu verkneifen, während er den Falter auf seiner Hand begutachtete. »Aber sie sind so... so soft. Was haben sie dir getan?«
»Was sie mir getan haben? Ich würde gerne mal dich sehen, wenn dir mit vier Jahren so ein Teil in die Hose krabbelt und dich fast zu Tode erschreckt.«
»Ach komm, dieser hier ist sogar gelb. Gibst du nicht allem, was gelb ist, einen Namen? Vielleicht wäre das der erste Schritt zur Traumabewältigung.«
»Schön. Nennen wir ihn Satan.«
Jimin gab ein leises Quieken von sich, als der Falter sich mit einem Mal wieder in die Lüfte erhob und ganz knapp über ihn hinweg segelte. Als er in typischer Manier seiner Gattung eine unerwartete Wendung hinlegte und Jimin wieder gefährlich nah kam, warf sich dieser mit vollem Schwung zur Seite. Yoongi wusste nicht so recht, ob es ein Fluch oder ein Segen war, dass er dabei rückwärts an seine Brust krachte.
»Oh fuck, t-tut mir leid, ich...«
Yoongi wusste nicht so recht, welche Sicherung in diesem Moment in seinem Gehirn durchbrannte. Er zog Jimin die Kapuze über dessen Kopf, schlang einen Arm wie einen Schutzschild von hinten um dessen Oberkörper und zog ihn näher zu sich heran. Die in seinem Schädel vor Panik kreischende Stimme der Vernunft ignorierte er dabei völlig.
»Soll er nur nochmal versuchen, auf dir zu landen«, brummte er sachlich und funkelte den um sie kreisenden Zitronenfalter dabei gespielt böse an. Das Lachen, das gleich darauf aus Jimin platzte, wirkte wie ein Befreiungsschlag, genau wie seine Hände, die sich plötzlich an Yoongis Unterarm legten. Er zog sie nicht zurück, als Yoongi reflexartig wieder locker ließ.
»Ich weiß, das ist echt peinlich... aber diese Viecher haben mich echt fürs Leben traumatisiert.«
Yoongi hoffte, betete, dass Jimin seinen rasenden Herzschlag nicht bemerkte, als er seinen Kopf in einer bequemeren Position an seine Schulter lehnte. Er wirkte nicht so, als hätte er es eilig, seinen neuen Platz bald wieder aufzugeben. Yoongi war bewusst, dass sie für einen Passanten immer noch als Freunde mit einer Vorliebe für Skinship durchgehen würden. Dass es sich für ihn selbst nach so viel mehr anfühlte, konnte er beim besten Willen nicht verhindern. Da war so viel Aufregung, so viel Zuneigung in seiner Brust, dass es sich fast so anfühlte, als würde es bald seine Rippen sprengen.
»Wovor hast du Angst, Hyung?«, fragte Jimin plötzlich und mit einer Leichtigkeit, die fast schon an die Flügelschläge des Schmetterlings erinnerten. Unwissend, dass selbst diese dazu fähig sein konnten, woanders einen Sturm entstehen zu lassen.
Yoongis Brust verkrampfte sich unwillkürlich, kaum war die Frage in der diesigen Dämmerungsluft verklungen. Jimin musste es spüren, denn er drehte sofort den Kopf so weit zu ihm herum, wie es ihm in seiner Position möglich war. Sein Blick war unschlüssig, ja, vielleicht sogar ein bisschen besorgt.
»Tut mir leid, ich wollte nicht –«
»Nein... schon okay«, murmelte Yoongi und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Es ist nur... meine Amygdala mag mich nicht besonders.«
»Deine was?«
»Meine Amygdala. Der Teil des Gehirns, der Gefühle mit Bildern verknüpft... sie ist aber auch das Zentrum der Ängste und mitbeteiligt an der Festsetzung von Traumata... das heißt, wenn sie nicht richtig arbeitet.«
Jimins Augen weiteten sich angesichts dieses ihm wohl bisher unbekannten Fakts unmerklich. Eine gewisse Faszination spiegelte sich darin.
»Woher weißt du das?«
Yoongi zuckte ein wenig mit den Schultern. »Manchmal verliere ich mich in unnützem Wissen.«
»Aber das ist doch nicht unnütz!«
»Naja... bringen tut mir diese Information nichts.«
»Und deine Amygdala mag dich nicht, weil ...?«
»Sie... sie ist manchmal sehr laut, sagen wir es so.«
»Und was redet sie dir in diesen lauten Momenten ein?«
Yoongi musste blinzeln, um die sich in seinen Augen stauende Tränenhitze auszugleichen. Es war die Art, wie Jimin ihm diese Fragen stellte. Er hatte noch nie das Bedürfnis gespürt, mit jemandem über die Dysfunktionen bestimmter Areale seines Gehirns zu sprechen... bis jetzt.
»Es ist nicht so, dass sie mir etwas einredet... das schaff ich ganz alleine... es ist mehr so, dass sie wie ein unbeteiligter Zuschauer zulässt, dass immer wieder alles über mir einbricht. Sie weigert sich, irgendwas davon leichter zu machen, obwohl es ihr verdammter Job ist. Sie... sie verarbeitet nicht richtig... sie rettet mich nicht.«
Die Sonne schimmerte nun in einem intensiven Orange durch die Baumkronen und untermalte die Melancholie, die sich zwischen ihnen breitgemacht hatte. Yoongi war nun wirklich nach Weinen zumute, auch wenn seine Augen längst wieder trocken waren. Vielleicht schlug gerade auch einfach der Drogen-Kater ein, den er nun schon seit Tagen hinauszögerte.
»Ich... ich denk viel zu oft darüber nach, ob etwas mit mir nicht stimmt«, wagte er sich weiter in die Gefilde der Themen, die er nie laut ausgesprochen hatte. »Ich sehe etwas... etwas völlig Harmloses... und plötzlich macht es mir Angst. Ich sehe Gefahren, wo keine sind... immer und überall... und manchmal wird mein Kopf dabei so laut, er schreit so heftig, dass ich resultierend aus diesen Gefahren sterbe, dass ich...«
... dass ich es plötzlich willkommen heiße.
Yoongi durchfuhr ein eiskalter Schauer. Er konnte sich keinen Millimeter rühren, als Jimin sich aus seinem Arm löste und sich gänzlich zu ihm umdrehte. Der Ausdruck auf seinem Gesicht ließ darauf schließen, dass ein Echo jener Worte, die eigentlich nur in Yoongis Gedanken nachgehallt hatten, wohl auch bei ihm angekommen sein musste.
Sein Vorhaben, dem intensiven Blick des Jüngeren auszuweichen, ging gehörig schief. Jimins Augen wirkten wie gegenpolige Magnete und ließen ihn nicht mehr los. Yoongi fühlte sich so willenlos, ausgeliefert und nackt wie schon lange nicht mehr.
»Ich... ich wollte vorhin, dass wir einen Schwur eingehen, Hyung«, hauchte Jimin und griff dabei nach seiner Hand. »Lass es mich umformulieren, okay? Du versprichst mir und dir selbst, dass du nicht mehr versuchst, das mit Drogen zu retten, was deine... deine Amygdala nicht kann... Dafür verspreche ich dir, dass ich es versuchen werde.«
»Was versuchen?«
Jimin zog eine hinreißende Schnute und schielte zur Seite. »Na... dich retten? Fuck, das klingt richtig bescheuert, oder?«
Yoongi entwischte ein Lachen, das auch irgendwie als Schluchzen gewertet werden konnte. »Ja... ja, das tut es.«
Jimin verdrehte die Augen und deutete eine Ohrfeige an, die letztendlich nur in einem Poke in seine Backe endete. »Okay, dann sag ich es eben so, wie ich es ursprünglich sagen wollte. Ich verspreche dir im Gegenzug, dass ich mein Bestes geben werde, dir zu helfen, frei von all dem zu werden, was dich auf den Boden drückt. Ich werde dir die Tür aufhalten, auch wenn du am Ende alleine durchgehen musst. Und irgendwann... irgendwann wirst du merken, dass du zurückblicken kannst und trotzdem glücklich bist.«
Yoongi wusste nicht, wohin mit sich. Er starrte Jimin ausdruckslos an, während das Herz in seiner Brust so heftig schlug, dass es ihm wehtat. Dann, ganz langsam, kam Bewegung in seinen Körper... und er tat etwas, was er seiner Erinnerung nach zuletzt bei seiner Mutter getan hatte. Danach kein einziges Mal mehr... bis jetzt.
Er zog Jimin in eine Umarmung.
Dass diesen jene plötzliche, vielleicht auch etwas unbeholfene Geste überrumpelte, war offensichtlich. Es dauerte einige Sekunden, bis Jimin sie erwiderte. Yoongi konnte sich nicht zuückhalten, sein Gesicht an seiner Halsbeuge zu vergraben und in deren Dunkelheit zu versinken. Der Herzschlag, den er dort deutlich spürte, war wie ein Rhythmus, an den er sich klammern konnte. Etwas, was ihn daran hinderte, völlig den Kopf zu verlieren.
Aber tat er das nicht bereits?
Yoongi räusperte sich und löste die Umarmung wieder auf. Wie lang hatte sie überhaupt gedauert? Eine halbe Minute? Eine Stunde? Er konnte es beim besten Willen nicht einschätzen.
»Ich... ich wollte eigentlich sagen... Ich würde den Deal gerne eingehen.«
Jimin blinzelte, ehe sich ein schelmisches Grinsen auf seinen Blütenblätterlippen breitmachte. »So sachlich plötzlich?«
»Ich hab keine Ahnung, worauf du hinaus willst.«
»Ich wollte es bis eben nicht glauben, aber –«
»Halt stopp.«
»... aber die Kratzbürste Min Yoongi aus Daegu Town –«
»Ich warne dich.«
»... hat neben einer bockigen Amygdala auch ein ziemliches Softy-Herz!«
»Noch ein Wort und –«
»Schon gut, schon gut!«, lachte Jimin auf und brachte Yoongi mit seinen Halbmondaugen innerlich zum Schmelzen. »Das war ein guter Anfang. Besser als ein Handschlag.«
Yoongi hätte ihm gerne aus Trotz an den Kopf geschmissen, dass sie es auch gerne mit einem Kuss hätten besiegeln können, ihm wurde ein Glück aber schnell genug bewusst, dass das wohl der dümmste Konter gewesen wäre, den er in seinem ganzen schlagfertigen Leben hervorgebracht hätte. Also beließ er es bei einem Grunzen. Für den Moment wollte er ohnehin nur eines tun – Jimins Anblick gegen die Abendkulisse des Parks für immer in sein Gedächtnis brennen.
~⋆☽ ❊ ☾⋆~
»Brauchst du noch eine Jacke? Es ist echt frisch geworden.«
Yoongi wartete erst gar nicht ab, sondern drückte Jimin einfach seinen Sweater in die Hände. Jimin verzog mit einem abwehrenden Lächeln das Gesicht, protestierte jedoch nicht. Stattdessen senkte er den Kopf und scharrte unruhig mit seinen Boots über den Boden.
»Ich schätze, ich muss mich nochmal in aller Gesamtheit bedanken... für alles.«
»Och komm schon, haben wir das nicht –«
»Nein... ich denke, es war noch nicht deutlich genug.«
Yoongi schlang seine Arme um die Brust. Ein Glück hatte er Jimin, nachdem er den Rest seiner Sachen in der WG aufgelesen hatte, noch bis zur unteren Tür begleitet. Jin neigte dazu, Gespräche wie diese wie ein Recorder abzuspeichern und in übertriebenster Theatralik in den unpassendsten Situationen wiederzugeben.
»Danke, dass du mir geholfen hast... mich hierher gebracht hast und die ganze Nacht wach gewesen bist...« Jimin schielte zu ihm hoch, ein zaghaftes, aber auch bitteres Lächeln auf seinen Lippen. »Wer weiß, vielleicht hast du mir ja sogar letzte Nacht das Leben gerettet.«
Yoongi traf jene Aussage wie Basketball in die Brust. Er hatte die Umstände der vergangenen Nacht so gekonnt verdrängt, dass ihm Jimins gesundheitliche Warnungen völlig entfallen waren. Nun traf ihn die Erinnerung mit voller Wucht. Das »was wäre gewesen, wenn...« wollte er sich trotzdem nicht vorstellen.
Jimin hob nun gänzlich den Kopf und blickte Yoongi forschend an. Nachdenklich.
»Du hast mich nicht gefragt, wieso.«
»W-was?«
»Ich weiß, dass ich dir gesagt habe, dass ich... nun ja... keine Drogen nehmen darf. Du hast mich kein einziges Mal gefragt, wieso nicht.«
»Du... ehm... du hast nicht so gewirkt, als wolltest du darüber sprechen... Also nicht, dass es mir egal wäre!! Es war nur...«
Yoongi unterbrach sich, als Jimins Mundwinkel auf eine fast schon liebevolle Weise zuckten. »Wenn es dich nicht interessiert hätte, hättest du das wohl kaum so ernst genommen, oder?«
»Eh... ja... stimmt wohl.« Yoongi schluckte und presste seine Lippen für einen Moment zusammen. »... Willst du denn jetzt darüber reden?«
»Ich denke, ich will darüber reden... aber nicht hier und nicht jetzt.«
»Okay, dann... melde dich, wenn du... naja... dich danach fühlst.«
Yoongi hätte sich im Nachhinein am liebsten selbst geohrfeigt für diese plumpe Antwort. Wie bescheuert hatte das denn bitte geklungen? Schaffte er es jetzt tatsächlich noch, diesen Tag peinlich enden zu lassen?
»Mach ich, Hyung.«
Ihre Blicke begegneten sich für einen Moment. Yoongi bemerkte das Zögern, das sich zwischen Jimins dunklen Wimpernkränzen manifestiert hatte. Wollte er diesen Tag genauso wenig beenden wie Yoongi? Oder lag ihm noch etwas auf der Zunge...?
»Ich... ich sollte dann...«
»Ja, es ist schon spät...«
Jimin presste seine schönen Lippen aufeinander und fuhr sich durch die Haare. Yoongi wollte ihn packen und an sich reißen. Er wollte es so sehr, dass es schon wieder in seiner Brust schmerze. Und mit jenem Schmerz kam auch die Erkenntnis, wie viel tiefer dieser Tag Yoongi in das Kaninchenloch gezogen hatte.
Konnte man das hier wirklich noch einen Crush nennen? Oder war er nun endgültig für Park Jimin gefallen? War er tatsächlich... verliebt?
Yoongi sog bei jenem Gedanken scharf die Luft ein. Der Druck in seiner Brust hatte graduell zugenommen. Er musste hier weg, sonst würde er sich noch selbst verlieren. Aber warum wollte ihm nichts gehorchen? Weder seine Beine noch seine Zunge machten irgendwelche Anstalten, ihn aus dieser Situation zu retten.
Aber das Allerschlimmste... Jimin tat es auch nicht.
Da stand er auf dem Bordstein, nach wie vor ein Sinnbild der Unschlüssigkeit, ausgeleuchtet durch die Straßenlaterne, die sie beide überragte. Für einen kurzen Moment wirkte es so, als würde plötzlich nur noch diese eine Lampe brennen. Als wäre die ganze Straße verschluckt von Dunkelheit, bis auf den kleinen Lichtkegel, innerhalb dessen sie sich befanden.
»Also dann...«
Jimin lächelte ihm müde zu. Und Yoongi schickte sieben Gebete zum Himmel, dass er ihn zum Abschied zumindest umarmen würde. Er selbst traute sich nicht, auch nur einen Finger zu rühren.
»Ja... bis morgen dann... und erhol dich gut.«
»Versprochen.«
Der jüngere Student machte zwei Schritte rückwärts und winkte Yoongi zu, nach wie vor jenes Lächeln auf seinen Lippen. Dann, nach einigen Metern, drehte er sich in seiner typischen tänzerischen Leichtigkeit um und ging von dannen.
Yoongi blieb an Ort und Stelle stehen. Mit rasendem Herzen und dem dringenden Wunsch, das Ende jenes Tages mit irgendetwas Illegalem halbwegs erträglich zu machen. Doch da war auch noch das Versprechen, das er Jimin gegeben hatte. Das Versprechen, das sich erstaunlich robust zeigte angesichts der heftigen Wellen, die bereits dagegen schlugen...
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