ওKapitel 7 ✓
Oliver's Pov.
Ich schreckte auf, nachdem Eve sich selbst mit ihrem wutgeladenen Vortrag geweckt hatte und mir somit den Boden unter den Füßen wegriss. Ich hatte das verdient, das wusste ich. Aber ich hatte noch nie erlebt, dass jemand so schwer zu knacken war, wie sie. Ein paar zärtliche Berührungen, ein Lächeln, ein sanftes Flüstern. Normalerweise ließen Menschen - vorallem Teenager-Mädchen - sich so wunderbar manipulieren. Man musste ihnen bloß etwas einflüstern, sie küssen und schon glaubten sie es selbst. Mit Eve war das nicht so einfach. Unter anderen Umständen hätte ich daran durchaus Gefallen gefunden, aber nicht in der Lage, in der ich momentan war.
Ich setzte mich auf, streckte mich und griff nach meinem Handy, um meine Schwester anzurufen.
Es dauerte keine 2 Sekunden, bis sie abnahm. "Hat es geklappt?",fragte sie direkt. Ich fuhr mir durch die Haare und seufzte. "Nicht mal annähernd. Kurz dachte ich, ich hätte sie am Haken, aber dann wurde sie wütend. Sie ist schlauer, als ihre Vorgängerinnen."
Kurz herrschte Stille auf der anderen Seite, bis sie schließlich antwortete:"Ich hätte dich vielleicht vorwarnen müssen. Sie war nämlich auch schon vor dem Einschlafen ziemlich wütend."
"Das ist meine Schuld. Sie ahnt etwas und hat mich zur Rede gestellt. Natürlich musste ich sie anlügen. Nur leider bin ich darin nicht sehr gut".
Ihr Lachen ertönte. "Über 500 Jahre Übung und trotzdem ein schlechter Lügner".
Ich zog meine Beine an und knipste die Lampe auf meinem Nachttisch an. Ihr warm-weißes Licht erinnerte mich ein bisschen an den Sonnenuntergang aus Eves Traum. Er hatte mir gefallen."Du bist nicht besser, Schwesterchen".
"Oh doch. In all den Jahren bin ich noch nie aufgeflogen", prahlte sie und obwohl ich nur ihre Stimme hörte, sah ich ihr freches Grinsen genauestens vor meinem inneren Auge.
Dann herrschte wieder Stille.
"Vielleicht sollten wir was anderes versuchen, um sie...unschädlich zu machen", erwägte meine Schwester irgendwann zögerlich und ich schluckte. Mir war klar, was sie damit meinte. Wir konnten sie zwar nicht töten, aber ein Leben für sie in Gefangenschaft wäre eine Alternative zu unserem jetzigen Plan. Und das war auch schien die einzige Alternative zum momentanen Plan, die uns blieb.
"Nein, das geht nicht", beschloss ich. So schwer Eve mir mein Leben auch machte...ich konnte sie doch nicht einfach wegsperren.
"Warum nicht?" Sie lachte wieder. "Magst du sie etwa?"
"So ist das nicht. Es ist einfach... würden wir sie auf andere Weise unschädlich machen, wären wir die Bösen. Das können wir nicht tun."
"Du bist viel zu weich für diese ganze Sache".
Ich antwortete nicht. Vielleicht war ich wirklich zu weich. Ich brachte es ja nichtmal zustande, diesem Mädchen eine glaubwürdige Lüge aufzutischen.
"Wir reden ein andermal weiter, okay?"
"Okay, tschüss", kam es von ihr.
"Mach's gut, Annabelle".
Und ich legte auf.
Eve's Pov.
Der Traum war seltsam. Aber da Träume zu den Sachen gehörten, die in letzter Zeit noch am ehesten erklärbar waren, verzichtete ich darauf, mir auch noch darüber den Kopf zu zerbrechen. Es war doch nur natürlich, dass ich so etwas träumte, nachdem Oliver mich so wütend gemacht hatte. Würde ich jetzt noch anfangen hinter meinen Träumen Verschwörungen zu vermutlich, konnte man mich endgültig in die geschlossene Anstalt bringen. Deshalb schlief ich noch eine Weile und versuchte, den Traum zu vergessen.
Und es gelang mir. Nur die Tatsache, dass ich und Oliver uns in meinem Traum beinahe geküsst hätten, verunsicherte mich. Klar, er war hübsch, das konnte ich nicht leugnen. Das war Fakt, völlig objektiv. Aber dennoch würde ich niemals einen Kuss von ihm wollen.
Als ich am nächsten Morgen in die Schule ging, beschloss ich, Oliver wieder zu ignorieren. Ich ging davon aus, dass auch ihm das sehr Recht wäre. Umso mehr überraschte es mich daher, als er plötzlich an meinem Spind stand.
"Hey, Eve", sagte er und lehnte sich an eine benachbarte Spindtür, auf der einige BTS Sticker prangten. Er gehörte Maline, einem Mädchen aus unserem Jahrgang.
"Hey, du Lügner", antwortete ich und lächelte zuckersüß.
Er lächelte bitter. "Ich habe das verdient - dass du sauer auf mich bist, meine ich. Ich habe nicht gelogen, aber du solltest wissen, dass mein grober Ton dir gegenüber gestern nicht persönlich gemeint war. Ich rede einfach nicht gerne über meine Familie. Vielleicht verstehst du das ja irgendwie."
"Und obwohl er sich entschuldigt, verleugnet er es noch immer",trällerte ich.
"Ich weiß nicht, wovon du sprichst". Er spielte den Unwissenden. Mal wieder. "Oh doch, weißt du". Mit verengten Augen sah ich ihn streng an.
"Wir drehen uns im Kreis, Eve. Sollen wir nicht einfach neu anfangen? Was würdest du sagen, wenn ich dich heute zum Schwimmtturnier einladen würde?" Ach ja, das Schwimmtturnier war ja heute. Bei all den Gedanken in meinem Kopf hatte ich das total vergessen.
Das Schwimmtturnier war im Grunde eine Art Staffel-Schwimmen, bei dem unsere Schule gegen eine andere antrat. Eigentlich sehr unspektakulär. Aber, da Tyler, mein bester Freund, Teil der Schulmannschaft war, war ich jedes Jahr im Zuschauerraum dabei.
Dass Oliver auch im Team war, hatte ebenfalls die Runde gemacht. All die Mädchen, die über seinen Körperbau schwärmten, waren kaum zu überhören. Wie traurig für sie, dass sie nichts wichtigeres zu besprechen hatten.
"Ich würde sagen, dass ich sowieso dort bin. Wegen Tyler", erwiderte ich und grinste ihm mit schief gelegtem Kopf hämisch entgegen.
Oliver setzte ein schiefes Lächeln auf, das mich kurz aus dem Konzept brachte. Dass er gut aussah, ließ sich wirklich nicht leugnen. Er hatte blondes Haar, blaue Augen, volle Lippen und eine gerade Nase. Wenn ich so drüber nachdachte, sah er vielleicht sogar ein bisschen zu perfekt aus. Er war so unnatürlich schön, dass es schon fast eher abstoßend, als anziehend wirkte.
"Dann sei doch einfach wegen mir dort",schlug er mit seiner melodischen Stimme vor und zwinkerte mir zu.
"Nein danke". Ich musste zugeben, dass es mir eine kleine Freude bereitete, ihn abblitzen zu lassen. Nun hatte sich wohl das Blatt gewendet, sodass ich diejenige war, die ihm das verwehrte, worauf er hinauswollte.
"Eve. Bitte.",versuchte er es erneut und sah mich bettelnd an. Ich erkannte eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihm und Holly, der Hündin meiner Nachbarin, wenn diese unbedingt ein Leckerchen haben wollte.
"Sie hat nein gesagt, du Pfosten. Sie will nicht mit dir ins Bett, verstanden?", unterbrach Tyler, der plötzlich neben mir stand.
Ich erwartete, dass Oliver sich rechtfertigen würde. Dass er antworten würde:»Ins Bett? Darum ging es doch gar nicht.« Aber stattdessen sagte er das gemeinste, was er in dieser Situation hätte sagen können.
"Mit dir auch nicht, Tyler."
Und dann brach das Chaos aus.
Tyler fing aus dem Nichts heraus an, auf Olivers Gesicht, seine Schultern und seinen Magen einzuschlagen.
Ich rief nach Tyler, sagte ihm, dass er aufhören sollte, aber er überhörte mich. Ich versuchte auch, ihn wegzuziehen, doch stattdessen erwischte sein Ellbogen hart meine Schulter, was mich zurückschrecken ließ.
Oliver schlug überraschenderweise nicht zurück. Irgendwann aber, schubste er Tyler von sich weg, wobei mein bester Freund auf dem Boden landete.
"Du weißt gar nichts", zischte Tyler, die Wut schlängelte sich durch seine Augen, wie ein loderndes Feuer, und stand auf.
"Ich weiß so einiges",behauptete Oliver. "Außerdem kannst du sie ja auch einfach fragen". Tyler sah mich kurz an, bevor er wieder anfing auf Oliver einzuschlagen. Ich sah den Schmerz in seinem Blick.
Mein Herz rutschte mir herunter.
Und zum ersten mal wurde es tatsächlich zu viel. Alles, was sich aufgestaut hatte, wurde einfach zu viel. Die Tatsache, dass ich gestorben war, die ganze Sache mit Oliver und meine Situation mit Tyler, die Angst ihn zu verlieren. Diese Schlägerei brachte das Fass zum überlaufen. Alles brach in diesem Augenblick über mir ein und verschüttete mich. Und ich hatte nicht genug Kraft, um es aufzuhalten.
Ich ließ mich an der Wand herunterrutschen und fing bitter an zu weinen, während sich vor mir noch immer eine Prügelei abspielte, die ich durch den Tränenschleier jedoch kaum noch wahrnahm.
Ich verbarg mein Gesicht in meinen Händen und versuchte keinen Mucks zu machen. Die Tränen liefen und liefen, rannen mir heiß über mein Gesicht, brannten auf meiner Haut, wie der Schmerz in meinem Herzen und sorgten dafür, dass ich mich so schwach fühlte, wie schon lange nicht mehr.
Irgendwann ertönte die Stimme einer Lehrerin:"Tyler Jones bitte zum Direktor".
Dann wurde es ruhiger. Stille. Sie fühlte sich endlos an. Ich war in einem Loch, fiel und fiel, immer tiefer. Wartete auf den Aufprall, der nicht kam. Ich war unter Wasser, wartete, darauf, dass mir die Luft ausging, doch es geschah nicht. Ich hörte ein eintöniges Lied, sah die Noten, die sich, wie ein ewiges Muster, völlig ohne Sinn und Bedeutung, über tausende Papiere erstreckten, die auf mich hinabregneten und mich verschütteten.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich plötzlich eine Hand auf meinem Knie spürte, die alles beendete. Wie auf Knopfdruck. Ich atmete auf und stellte erst jetzt fest, dass ich es über all die Zeit vergessen hatte.
"Eve. Hey, Eve", flüsterte jemand sanft. Es war Oliver. Ich schaute zu ihm auf. "Lass mich in Ruhe. Es ist alles deine Schuld. Du machst mich fertig", platzte es mit brüchiger Stimme aus mir heraus.
Er streichelte über mein Knie und obwohl ich ihn dafür hasste, obwohl er nicht das Recht hatte, mich zu berühren, wusste ich, dass ich es brauchte. Ich hatte Angst, sonst wieder in das Loch zu fallen. "Du machst mich auch fertig, ob du es glaubst oder nicht". Dabei lächelte er schmal und es wirkte irgendwie... bedauernd.
"Warum hast du das zu Tyler gesagt?". Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann meine Stimme zuletzt so verheult geklungen hatte.
"Ich dachte...", fing er an, aber ich unterbrach ihn harsch:"Nein. Du hättest dich da nicht einmischen dürfen."
Nein, das hätte er wirklich nicht. Trotzdem spürte ich, dass ich einfach keine Kraft mehr zum wütend sein hatte. Ich fühlte mich schlaff und ausgelaugt. Wieder fing ich an zu weinen und Oliver entfernte mit seinem Daumen eine neue Träne auf meiner Wange.
"Shhh, alles wird gut, Eve", flüsterte er.
Und obwohl ich mich strickt gegen dieses Gefühl wehrte, da es absolut keine Daseinsberechtigung hatte...war ich zum ersten mal froh darüber, dass Oliver da war.
Das Ganze war zwar seine Schuld und ich war sauer auf ihn, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren, dass seine Stimme und seine Berührung gerade Balsam für meine Seele waren. Auch, wenn ich es hasste.
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