Rache und Gefühle

Leon:
Gelangweilt saß ich auf einem der Plätze, trommelte leise mit meinem Kulli auf den nahezu winzigen Tisch vor mir. Ab und zu sah ich durch das Fenster zu meiner Linken nach draußen.

Vor ungefähr zehn Minuten war Elly mit meinem Auto auf dem kleinen Parkplatz vorgefahren. In meinem Auto!

Schnell warf ich einen Blick auf meine Armbanduhr und dann zurück zum Fenster. In fünf Minuten sollte dieses Seminar beendet sein, dann würde ich endlich zu meiner Freundin gehen können.

Obwohl...

Eigentlich wäre es nur fair, wenn sie jetzt so sehr leiden müsste, wie ich. Und da Elly schon immer die Ungedult in Person gewesen war, ließ ich mir heute extra viel Zeit. War der Letzte aus meiner Seminargruppe, der den Raum verließ.

Auch, als ich schließlich die Treppe hinunterging, war ich der mit Abstand langsameste Student in der ganzen Uni, wenn nicht sogar in ganz Dänemark.

An der Tür des Haupteingangs blieb ich kurz stehen. Mittlerweile musste es schon mindestens 10 nach halb 7 sein. Perfekt, um Elly zu ärgern.

Damit sie -hoffentlich- nicht sofort merkte, dass das hier ein kleiner Versuch einer Racheaktion war, schulterte ich meinen Rucksack, schob meine Hände in die Hosentaschen und schlenderte nahezu nach draußen.

Ganz langsam. Schritt für Schritt. Aber trotzdem möglichst lässig. Schließlich musste ich ja etwas Haltung bewahren.

Meine Freundin hatte gerade den Blick auf ihr Handy gesenkt, vermutlich, weil das die einzige Beschäftigung für sie war.

Unwillkürlich begann ich zu grinsen. Verdammt, was machte sie nur mit mir? Mittlerweile konnte ich nicht einmal an sie denken, ohne, dass ich zu lächeln begann.
Darauf hatte Mary mich neulich 'freundlich' hingewiesen.

Vorsichtig legte ich meine Arme um Elly, welche sich sofort an mich kuschelte. So, wie jedes Mal.

Kuschelmonster!

„Ich dachte schon, du verbringst die ganze Nacht da drin!“, begrüßte sie mich mit einem Hauch Ärgernis über mein Zuspätkommen in der Stimme. Gleichzeitig hörte ich jedoch auch den Vorwurf heraus.

Na warte...

Ich legte eine Hand an ihre Wange und beugte mich zu ihr herunter, was Elly mal wieder mit einem beleidigten Brummen kommentierte.
Vielleicht sollte ich sie doch nicht ganz so damit ärgern, wie klein sie war.

„Als würde ich mir jemals die Chance entgehen lassen, dich zu sehen“.

Das meinte ich übrigens völlig ernst. Also, nur mal so am Rande erwähnt und...

„Vergiss es, Elisa! Ich fahre!“.

Egal, wie sehr ich meine Freundin auch liebe, aber wenn es um mein Auto geht, dann muss ich auch durchgreifen. Oder etwa nicht?

Naja, wie auch immer. Nach einer erneuten -laaangwierigen- Diskussion über dieses Thema, setzte sie ich einfach auf den Sitz hinter das Lenkrad. Schweren Herzens ging ich um mein Auto herum und nahm neben ihr Platz.

Manchmal frage ich mich ja, wie Elly und ich es schaffen, uns nicht gegenseitig an die Gurgel zu springen. Denn als sie zwangsweise an diesem Abend mit mir zum nächsten Fastfood-Restaurant fuhr, stand groß auf ihrer Stirn geschrieben, dass sie genau das gerne getan hätte.

Und ihre Stimmung besserte sich auch erst wieder, nachdem ich ihr gesagt hatte, dass ich sie liebe.
Aber ganz ehrlich, was hat meine Prinzessin denn auch erwartet?

Der Tag endete schließlich damit, dass wir gemeinsam in meinem Bett lagen -weil mein Zimmer angeblich wärmer war, als ihres...zumindest laut Elly- und ich kurz davor war einzuschlafen.

Plötzlich machte sich meine Freundin neben mir bemerkbar, tippte mir vorsichtig an die Schulter.

„Leo?“.

Müde, wie ich nunmal war, reagierte ich nicht.

„Leooo? Leeeoooo...“.

Verschlafen drehte ich mich auf den Rücken und drehte meinen Kopf in ihre Richtung. „Hm? Was ist los, Prinzessin?“.

„Ich liebe dich...“.

Es war das erste Mal, dass sie sowas zu mir sagte. Mal abgesehen von ihrem Liebesgeständinis vor ein paar Wochen. Unwillkürlich begann mein Herz schneller zu schlagen.

Eigentlich wollte ich sie an mich ziehen und küssen, doch da hörte ich bereits ihr leises Schnarchen. Grinsend drehte ich mich auf die Seite, sodass wir zueinander gedreht in meinem Bett lagen.

„Ich weiß, Schnarchnase. Ich liebe dich auch!“.

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