Valerie - Kapitel 3


„Auaa!"

Ich halte mir meinen Ellbogen, und im gleichen Moment schließt Josh die Haustüre.

„Alles okay?" fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen, und ich nicke gequält. „Hab mir nur den Ellbogen gestoßen" zische ich, und Joshua lacht leise.

„Deine Tollpatschigkeit hat also wieder mal zugeschlagen" stellt er dann amüsiert fest, woraufhin ich ihm nur die Zunge rausstrecke.

„Warte nur bis sie dich trifft" murre ich, und mache mich auf den Weg in mein Zimmer. Ich schmeiße meine Tasche in irgendeine Ecke und lasse mich dann bäuchlings auf mein Bett fallen.

„Ich hab' dich vermisst" murmle ich in meine Decke, und ziehe sie eng an mich, drehe mich dann aber doch auf den Rücken.

So kann ich wenigstens atmen.

Der erste Schultag ist gerade mal so durch und ich fühle mich schon wieder mehr als ferienreif. Wie können andere immer so motiviert zur Schule kommen?

Ich denke an den heutigen Sportunterricht und daran, wie verwirrt Silas geschaut hat, als er vernahm, dass ich Joshuas Cousine bin.

Soweit ich weiss gehört er auch zum Freundeskreis meines Cousins, wobei ich ihn noch fast nie gesehen habe. Liegt wohl daran, dass außer Sid kaum Freunde von Josh hierherkommen.

Ich fasse mir vorsichtig an meine Nase und stelle fest, dass es ihr soweit gut geht. Ich habe kaum Schmerzen.

Die Ärztin hat gesagt, dass es wohl blau werden kann, aber nichts gebrochen oder gar verschoben ist. Zum Glück.

Jelena hat eine ziemliche Standpauke von Sid bekommen, und obwohl ich ihn nur flüchtig kenne bin ich froh darüber.

Jelena hatte absolut keinen Grund, mir den Ball direkt ins Gesicht zu jagen.

„JESSIE IST DA" schreit Joshua plötzlich von unten, und ich stöhne genervt auf. Ich war fast dabei, einzuschlafen.

„SIE SOLL RAUFKOMMEN" schreie ich dann zurück, und höre, wie Joshua etwas sagt.

Einige Sekunden darauf vernehme ich das typische Poltern, wenn Jessie die Treppen raufkommt, und frage mich wie sie es bei ihrer Größe und ihrem Gewicht schafft, wie ein verdammter Elefant zu klingen.

Wir sind zwar gleich groß, aber sowas schaffe ich nur, wenn ich die Treppe runterfalle.

„Nicht schlafen!"

Irgendwas wirft sich rittlings auf mich drauf, und an der Stimme erkenne ich, dass Jessie mich erreicht hat.

„Bitte nicht" murmle ich und halte die Hände vor mich, doch Jessie grinst teuflisch und fängt dann auch schon an, mich zu kitzeln.

Ich schreie und lache laut auf und versuche mit allen möglichen Mitteln, Jessie von mir runterzubekommen, doch es klappt nicht.

Sie sitzt auf mir und ihre kleinen Hände greifen immer wieder in meine Seite, bis sie plötzlich innehält.

„Ich dachte schon ich sterbe hier" keuche ich erleichtert und lasse mich erschöpft auf mein Kissen fallen.

„Kann es sein, dass du abgenommen hast?"

Ich hebe den Kopf verwirrt und zucke dann mit den Schultern. „Mag sein, immerhin mache ich ja immer noch Sport" sage ich, und Jessie nickt etwas misstrauisch.

Ihr steckt der Schock von vor zwei Jahren mindestens noch so in den Knochen wie mir selbst.

Dass Joshua mich zum Sport überredet hat war meine letzte Rettung.

„Jess, mir geht es gut" murre ich so überzeugend wie möglich, und schliesse die Augen. Jessie legt sich seufzend neben mich, und ich rutsche etwas zur Wand.

„Ich bringe Jelena übrigens um" sagt sie dann, und ich lache. „Ich helfe dir."

Auch ohne zu meiner besten Freundin zu schauen weiss ich, dass sie dümmlich grinst. Weder sie noch ich können Jelena wirklich ab, und das seit wir auf die Highschool gehen.

Also seit zwei Jahren.

Sie versucht sich seit dem ersten Tag an Joshua ranzumachen, und die beiden waren sogar mal ein Paar.

Für ungefähr zwei Monate, danach ging das ganze eher in eine F+ über, und seit etwa einem Jahr läuft nichts mehr.

Jelena schiebt die Schuld dafür auf mich, da ich seine böse kleine Cousine bin die ihn nur ganz für sich haben will, doch mir ist es ziemlich egal. Soll sie doch.

„Kinder, kommt bitte mal!"

Ich rapple mich müde auf, und Jessie folgt mir. Aus dem Zimmer mir gegenüber kommt Joshua mit verwirrter Miene.

„Hast du was ausgefressen?" frage ich ihn, und er zuckt mit den Schultern. „Ich habe so einiges ausgefressen, aber ich glaube nichts davon sollte Mom zu einem Gespräch mit dir und mir verleiten."

Ich nicke nur und gehe die Treppe runter, wo Maria wartet.

Mit einem Mann neben sich.

„Mom?" Joshua sieht den Mann prüfend an, und er räuspert sich.

„Ähm, hallo, ich bin Juan."

Spanier.

Ich reiche Juan meine Hand mit einem sehr verwirrten Blick – und einem gezwungenen Lächeln Juan gegenüber – zu Maria.

Joshua und Jessie begrüßen den mysteriösen Mann ebenfalls, und dann stehen wir uns wieder alle gegenüber.

„Mom was ist los?" Joshua entgeht die Nervosität seiner Mutter keinesfalls, und Maria blinzelt.

„Juan und ich werden zusammenziehen."

Das war direkt.

Sehr direkt.

Für meinen Geschmack, etwas zu direkt.

Aber mich fragt man nicht.

„Wie – was?"

Joshua sieht verstört zwischen Juan und seiner Mom hin und her, und Jessie räuspert sich leise. „Ich... sollte vielleicht gehen?" murmelt sie dann zu mir, doch ich schüttle den Kopf.

„Nichts da, wenn wir uns nicht aus dieser peinlichen Situation retten dürfen, dann darfst du das auch nicht" flüstere ich ihr zu, und sie nickt.

„Und wann genau?" fragt Joshua immer noch sprachlos, und diesmal meldet Juan sich. „Wir werden morgen ein Haus besichtigen gehen. Mit meinem Sohn zusammen."

Er hat einen Sohn. Na toll.

„Kinder, was sagt ihr dazu?" Maria steht ihre Angst vor unserer Reaktion ins Gesicht geschrieben, und ich versuche, meine Gesichtszüge etwas weicher aussehen zu lassen.

„Ich – keine Ahnung, Maria. Wenn es dich glücklich macht, dann will ich dir nicht im Weg sein."

Joshua sieht mich lange an, dann nickt er. „Ich schliesse mich Val an" murmelt er leise, doch jeder hört es.

„Aber eine Frage" sagt er dann doch, und sieht seine Mutter an.

„Wie lange seid ihr schon zusammen und wie alt ist dein Sohn?"

Juan bringt ein schiefes Lächeln zustande, und sieht dann zu Maria. „Wir sind seit einem halben Jahr zusammen, und mein Sohn ist gerade achtzehn geworden. Außerdem habe ich noch eine kleine, zehnjährige Tochter, aber die wird morgen nicht mitkommen."

Ich nicke nur, und Josh fährt sich durch die Haare. „Und das erzählst du uns erst jetzt?" fragt er dann an Maria gerichtet, welche leicht beschämt nickt.

„Das glaub ich nicht" murmelt er, und ich berühre ihn leicht am Arm. Irgendwie verstehe ich Maria.

„Joshua, es ist okay. Ich denke sie hat es so lange nicht gesagt, weil sie vor genau dieser Reaktion Angst hatte, oder?"

Maria nickt wild, und Joshua seufzt ergeben.

„Tut mir leid, Mom. Wann ist denn die Besichtigung? Ich muss am Abend nämlich zur Strecke, wir fahren ein Rennen."

Juan sieht Joshua etwas verwundert an, sagt aber nichts. Wahrscheinlich fragt er sich, was Maria davon hält, doch sie nickt nur und lächelt.

„Wir sind um drei verabredet. Ihr könnt also direkt nach der Schule kommen."

Joshua und ich nicken, dann drehe ich mich um. „Können wir dann gehen?" frage ich, und Maria nickt.

Gerade wollen Jessie und ich wieder rauf, als Joshua mich zurückhält.

„Danke" murmelt er, und ich grinse, ehe ich ihn kurz umarme. „Immer gerne. Gehst du heute zur Strecke?" Joshua nickt.

„Eigentlich jetzt" sagt er dann, und ich sehe vielsagend zu Jessie, die sofort nickt.

„Wir kommen mit" sage ich mit einem breiten Grinsen, und Josh nickt grinsend.

--

„Das darf doch wohl nicht wahr sein!"

Ich klammere meine Finger in die Bande und hoffe, dass Joshua meinen Blick spüren kann.

„Du sollst doch einfach nur Gas geben und nicht mal das bekommst du hin! Ich versteh es bei Mathe, ich versteh es bei Politik oder sowas. Aber hier musst du doch einfach nur Gas geben! Zu was hat Maria dich denn erzogen?!"

Und dabei fährt er nicht mal das Rennen.

Ein leises Lachen ertönt hinter mir, und ich brauche mich gar nicht umzudrehen, denn Silas stellt sich neben mich und stützt sich mit den Unterarmen auf der Bande ab.

Gerade will er etwas sagen, doch bevor er einen Ton rausbringt, wird er unterbrochen.

„Val! Du bist ja auch da!"

Sid kommt auf uns zu gehüpft und springt Silas dabei ohne Vorwarnung auf den Rücken.

„Heilige Scheisse, willst du mich tot sehen?"

Sid ignoriert seinen Kumpel und grinst mich breit an, während er sich an Silas klammert, der ihn wohl oder übel tragen muss.

Ich schüttle schmunzelnd den Kopf. „Ja, ich bin auch da. Immerhin muss ja hier jemand meinem Cousin Feuer unterm Arsch machen, während du fröhlich in der Gegend rumhüpfst."

Silas grinst und Sid zeigt sowieso immer ein breites Lächeln.

„Wo ist eigentlich Jessie? Die stand doch eben noch hier." Sid schaut verwirrt in der Gegend rum, und ich zeige hinter mich zum Ausgang. „Die ist gerade eben gegangen, weil ihre Mum angerufen hat."

Sid nickt und legt seinen Kopf dann auf Silas' Schulter, der sich langsam aber sicher daranmacht, seinen Kumpel abzuschütteln.

„Ist ja schon gut, ich geh runter" lacht Sid, und klettert von Silas.

Als er auf den Boden hüpft stelle ich fest, dass die beiden gleich groß sind, und eigentlich auch ziemlich gleich gebaut, weshalb ich Mitleid habe mit Silas.

Ich wäre nicht gerade glücklich darüber, mich selbst auf dem Rücken zu haben.

„ALTER JETZT FAHR DOCH ENDLICH DIESE SCHEISS STRECKE SO, WIE ICH SIE DIR BEIGEBRACHT HABE" schreit Sid plötzlich quer über das Feld, und Joshua hält seinen Mittelfinger hoch, gibt dann aber tatsächlich etwas Gas.

„Bring mir sofort dein Geheimnis bei" sage ich mit offenem Mund zu Sid, der zufrieden grinst.

„Das Geheimnis liegt darin, dass ich der Rekordhalter bin und Joshua mich eines Tages schlagen will" sagt er, und grinst.

„Was er mit diesem Schneckentempo aber niemals hinbekommen wird, sogar Babys krabbeln schneller."

Ich lache und auch Silas schüttelt grinsend den Kopf. „Sidney, du bist einfach zu eingebildet" sagt er dann, und Sid sieht seinen Kumpel gespielt beleidigt an.

„Sil, das war jetzt nicht nett. Außerdem musst du gar nicht so tun, immerhin hast du morgen dein erstes Rennen bei uns."

Sil?

Silas lacht nur.

„Dann bist du also der Neue im Team" stelle ich fest, und Sid nickt grinsend, während er Silas derartig auf den Rücken klopft, dass er zusammenzuckt und kurz hustet.

„Der hat echt was auf dem Kasten, wenn du ihn also bitte mit „Mister" ansprechen würdest." Ich grinse breit und warte, bis Silas wieder zu Atem kommt. Dann setze ich eine ernste, ehrfürchtige Miene auf.

„Aber natürlich, Mister -"

„Garcia. Es ist mir eine Ehre, Miss -"

„Jones."

Sid sieht uns fragend an.

„Das war ein Witz" murmelt er dann, und wir lachen.

„Was du nicht sagst" sagt Silas sarkastisch, und klopft Sid als Rache für eben mindestens doppelt so stark wie er ihm auf den Rücken, woraufhin Sid einen Satz nach vorne macht.

„Du bist also Spanier?" Silas nickt, und ich lächle.

„Sil, die steht bestimmt auf Spanier" murmelt Sid plötzlich, wofür er einen Schlag auf den Oberarm von mir bekommt.

„Au!"

Ich verziehe keine Miene und schaue wieder auf die Strecke, doch die Fahrer sind bereits beim Ende.

„Jetzt habe ich gar nicht mitbekommen ob mein Mäuschen, das gleich was erleben wird, erster geworden ist."

Sid sieht mich etwas erstaunt an, dann grinst er. „Mäuschen?" fragt er dann lachend, und ich grinse.

„Maria nennt ihn heimlich immer so" sage ich dann, und jetzt schmunzelt auch Silas.

„Du hast mir da eine wertvolle Information gegeben" sagt Sid, als er sich wieder etwas eingekriegt hat, und ich grinse noch breiter. Das war ja schließlich das Ziel.

„Kommt, wir gehen mal hin." Ich will hierbleiben und drehe mich gerade wieder zur Bande, als Sid zurückkommt, mich an der Hand packt und mitnimmt.

„Dachtest du etwa ich halte unserem Mäuschen eine Standpauke ohne dein Beisein?"

Ich lache und schüttle den Kopf. Wir kämpfen uns durch einige Jungs, bis wir dann bei Joshua angelangt sind.

Er sieht Sid etwas unsicher an, als dieser direkt auf ihn zusteuert, und als er mich auch noch erblickt, stöhnt er mit zusammengekniffenen Augen frustriert auf.

„Sid ist ja schon gut, aber wenn Val da auch noch mitkommt... Malik, eine Schaufel bitte. Ich hebe mir mein Grab aus."

Ich und Sid halten uns ohne Absprache synchron gespielt beleidigt die Hand ans Herz, und lachen los.

Silas klopft Joshua auf den Rücken und grinst breit.

„Nun, Mäuschen, wir haben einiges mit dir zu besprechen."

Soo haha hier bin ich wieder :)

Sorry dass gestern nichts kam, aber ich hab meinen Geburtstag gefeiert & ausnahmsweise nichts hochgeladen.

Na, was haltet ihr so von unseren Mäuschen? xD

- xo, zebisthoughts

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top