Valerie - Kapitel 17

Malik zieht mich durch die Menge, und ich frage mich, wie Silas es geschafft hat, so viele Menschen in eine Etage zu zwängen. Die Musik dröhnt in meinen Ohren, und ich frage mich, wie Joshua bei dem Lärm schlafen kann. Obwohl, wahrscheinlich braucht man dazu nur genug Alkohol zu trinken.

„Lass uns tanzen!" Sid zieht aufgeregt am Ärmel meines Shirts, und ich verdrehe die Augen. Dann verschwinde ich mit Sid irgendwo im Raum, wo einige Leute sich zur Musik bewegen und fange an, mich ebenfalls mit Sid zu bewegen. Ich muss zugeben, es macht mehr Spaß als gedacht, und immerhin muss ich mir keine Sorgen darum machen, völlig bescheuert auszusehen, da ich seit Jahren tanze.

Sid bringt ein paar Moves, die ich von ihm nicht erwartet hätte, und irgendwann erfahre ich, dass er ebenfalls Hip-Hop tanzt. Wir tauschen uns über die verschiedenen Sachen aus, die wir gelernt haben, wobei Sidney auch noch ein paar seiner typischen Kommentare bringt. Ich lache und fühle mich merkwürdig wohl, obwohl ich die Hälfte der Leute in meinem eigenen Haus nicht mal kenne.

Sind die wirklich alle von meiner Schule? Ich schaue durch die Menge, wobei ich mir in meiner Jeans und meinem Shirt etwas underdressed vorkomme, und entdecke eine Menge knutschender Pärchen. Hoffentlich liegen hier morgen keine Kondome oder so rum.

Gerade will ich mich wieder Sid zuwenden, der mir gerade über seine erste Tanzstunde berichtet, als mein Blick an blonden Haaren und grünen Augen hängen bleibt. Nick steht mit einem anderen Mädchen in einer Ecke und beugt sich gerade zu ihr runter, um sie zu küssen.

Ganz toll. 

So viel zum Thema, das mit uns könnte was werden. Ich verspüre einen Stich in meiner Brust und merke, wie sich ein Kloss in meinem Hals bildet. Ich wusste zwar, dass Nick ein Player ist, aber nicht einer der heftigen Sorte. Trotzdem hätte ich wissen müssen, dass er sich auf einer Party keine Gelegenheit entgehen lässt. Ich habe einfach gehofft, dass ich vielleicht was Besonderes bin für ihn, und dass er vielleicht nicht mehr so offensichtlich mit anderen Mädchen rummacht.

Unwillkürlich hallen Hunters Worte von früher in meinem Kopf wieder, und ich kneife die Augen zusammen. Meine Stimmung ist definitiv gekippt, und ich drehe mich seufzend zu Sid um, der gerade mitten in seiner Erzählung ist, doch das ist mir egal.

„Ich brauche Alkohol." Sofort stoppt Sid mit erzählen und sieht mich aus grossen Augen an. „Du? Alkohol?" Ich nicke mühsam und kämpfe gegen die Enttäuschung in mir an. Ich habe mich einfach viel zu schnell gefreut, mehr nicht. Das ist nichts, was ich nicht kenne.

Tut aber trotzdem weh.

Sidney sieht mich eine Weile zweifelnd an. „Sidney, bitte" sage ich, und Sid nickt dann. „Okay, aber ich gebe dir keinen harten Alkohol. Ich will nicht, dass du mir auf der Stelle umkippst." Ich nicke nur dankbar, denn jeder Alkohol ist gerade besser als keiner. Sid greift nach meiner Hand, und wir schlängeln uns zur Küche durch. Hier ist es immer noch so ruhig wie eben, als ich Silas und Joshua hier angetroffen habe, und ich hole tief Luft.

Sidney lässt mich los und macht sich daran, irgendwelche Flaschen hochzuhalten und etwas auf ihnen abzulesen. Dann greift er nach einer weißen Flasche und einem Saft, mit dem er etwas mehr als die Hälfte eines Glases füllt. Den Rest füllt er dann mit der durchsichtigen Flüssigkeit, die aus der weißen Flasche kommt. Er schwenkt das Glas einige Male vorsichtig hin und her, dann reicht er es mir.

„Was ist das?" frage ich, und Sid zeigt mir die Flasche. „Malibu mit Ananassaft. Für den Anfang ist das glaube ich ganz angebracht." Ich lächle und nehme einen Schluck. „Das ist nicht das erste Mal, dass ich trinke, Sid." Sid lehnt sich neben mich an die Theke und grinst. „Ich weiss, aber trotzdem habe ich kein Bock darauf mir morgen von Silas und Josh eine Predigt darüber anhören zu dürfen, wieso ich nicht auf dich aufgepasst habe und so weiter. Außerdem ist eine Party auch geil ohne viel Alkohol."

Ich nicke und trinke einen weiteren Schluck. Wir schweigen, und als das Glas leer ist, stelle ich es neben Joshuas Glas. „Ich gehe in den Garten, frische Luft schnappen. Ruf mich an oder so wenn was ist, mein Handy hab ich bei mir." Sidney nickt, und ich schlängle mich wieder durch die Menschen, bis ich bei der Terassentür angelangt bin. Ich schiebe sie schnell auf, schlüpfe in die kühle Nachtluft raus und schliesse sie schnell wieder, bevor noch jemand auf die Idee kommt, mir zu folgen und die Party nach draussen zu verlegen.

Trotz der lauten Musik von drinnen ist es hier erstaunlich ruhig, und ich gehe ein paar Schritte. Trotz dem Drink eben schleicht sich das Bild von Nick und dem Mädchen wieder in mein Hirn, und ich schüttle heftig den Kopf. Vielleicht etwas zu heftig, denn für eine kurze Zeit schwankt alles um mich rum etwas. Dann habe ich wieder eine klare Sicht, weshalb ich auch die Person erkenne, die langsam auf mich zu kommt.

„Val?"

Ich würde gerne wegrennen, doch meine Beine bleiben stehen.

„Jupp, wer denn sonst?"

Nick kommt grinsend auf mich zu und bleibt dann neben mir stehen. „Kann ich mit dir über etwas sprechen?" Ich drehe mich zu Nick, der mich bittend ansieht, und schlucke. „Klar" murmle ich, und Nick setzt sich ins Gras. Ich mache es ihm nach, und stütze mich mit den Händen hinter mir ins Gras.

„Ich... keine Ahnung, wie ich das sagen soll. Ich glaube, bei mir ist irgendwie etwas anders, als bei den anderen Jungs." Ich schaue verwirrt zu Nick, der gerade mit seinen Worten kämpft. „Ich bin nicht super scharf drauf, ein Mädchen nach dem anderen flachzulegen. Klar ist es schon ein gutes Gefühl Sex zu haben, aber es ist für mich nicht so berauschend wie für andere. Eben habe ich ein Mädchen geküsst und dabei überhaupt nichts gefühlt. Das meine ich nicht in Richtung Liebe, sondern eher in Richtung allgemeiner Gefühle. Es war mir egal. Ich hätte genauso gut alleine in einer Ecke stehen können, es wäre mir egal gewesen."

Ich schlucke und glaube zu wissen, auf was Nick hinauswill. „Ich bin schwul, Val."

Shit.

„Oh" murmle ich, und schaue eine Weile auf meine Schuhspitzen. „Oh?" fragt Nick, und ich versuche, die richtigen Worte zu finden. „Ich... naja, hätte es einfach nicht erwartet. Aber ich finde es gut, dass du das sagst, also, dass du dir dessen bewusst bist und es nicht leugnest oder so. Ich bin sogar sehr stolz auf dich, dass du es jemandem sagst. Es ist nur..."

„...du willst was von mir?"

Peinlich berührt nicke ich und bin froh darüber, dass es Nacht ist, und man meinen hochroten Kopf nicht sehen kann. „Also... ich bin nicht verliebt, aber ich habe mich schon einige Male dabei erwischt, wie ich mir vorgestellt habe, dass du mein Freund wärst." Nick sieht mich eine Weile stumm an, dann legt er unerwartet seine Arme um mich. „Das tut mir leid, Val" murmelt er in mein Haar, und ohne wirklich zu wissen wieso, bahnen sich einzelne Tränen den Weg über mein Gesicht.

„Das muss dir nicht leidtun Nick" murmle ich, und lege meinen Kopf auf seine Brust. „Bitte lass dich davon nicht irgendwie aufhalten oder sowas. Mir geht es gut. Ich bin froh, dass du mir das gesagt hast und hoffe, dass du es auch den anderen sagen kannst." Nick schiebt mich ganz leicht von sich und lächelt. „Dann bist du nicht wütend oder so?" Ich lache leise und schüttle heulend den Kopf.

Ja, das muss ein wahrhaftig komischer Anblick sein.

„Nein, natürlich nicht. Das wäre völlig unberechtigt dir gegenüber. Und eigentlich hat das ganze was Gutes an sich – wenn ich dich nicht kriege, tun es die anderen Mädchen auch nicht."

Nick lacht und zieht mich wieder in eine Umarmung. „Ich hab' dich lieb Val. Es freut mich wirklich, dass du trotzdem so reagierst." Ich lächle und versuche, meine Tränen zu unterdrücken. „Aber du musst mir was versprechen" murmle ich, und warte nicht auf Nicks Antwort.

„Du wirst mein schwuler bester Freund."

Nick lacht leise und drückt mir einen Kuss auf den Kopf. „Liebend gerne. Ich bin jetzt dein persönlicher Berater, der dir in allen Lebenssituationen hilft und mit dem du zusammen Jungs Zeitschriften anschauen kannst." Ich lache leise und nicke. „Genau das brauche ich."

--

Eine Stunde später tanze ich mit Silas. Nick hat sich verabschiedet, und kurz darauf hat Silas mich immer noch heulend im Garten vorgefunden. Daraufhin hat er mich reingezogen, und jetzt tanzen wir. Ich kann ein Gähnen nicht unterdrücken, was auch Silas bemerkt, denn er grinst mich an. „Komm, ich bring dich hoch."

Ich will abwehren, doch als ich fast torkelnd gegen ein anderes Mädchen stoße, bin ich dann doch ganz glücklich über Silas' Arm, der sich um mich legt und mich aus dem Wohnzimmer schiebt. „Du musst das nicht tun" sage ich müde, doch Silas hebt eine Hand. „Nichts da, ich bringe dich hoch, und wenn ich dich tragen muss." Ich lache leise und lehne mich in meinem leichten Rausch etwas gegen den Jungen neben mir.

„Ich schaff das nicht" murre ich dann demotiviert, und schaue die Treppe feindselig an. Daraufhin lacht Silas und verstärkt den Griff um meine Hüfte. Ich trete auf die erste Stufe und schaffe dann tatsächlich die meisten, doch auf der letzten stolpere ich über meine Füße und fliege nach vorne. Mit der Erwartung, gleich den Fußboden unter mir zu spüren, lege ich meine Arme schützend vor mein Gesicht, doch zwei Hände packen mich an der Hüfte und heben mich hoch.

„Du kannst den Boden gerne später knuddeln, aber du musst jetzt echt schlafen gehen." Ich klammere mich an Silas' Oberkörper und lege meinen Kopf auf seine Schulter. „Danke" murmle ich nur, und spüre Silas' Lachen bis hierhin. Ich krame etwas umständlich nach einem Schlüssel, und als ich dann endlich einen zu fassen bekomme, halte ich ihn Silas hin.

„Das ist meiner" murmelt er, und ich seufze. Gerade will ich nach dem zweiten Schlüssel suchen, als Silas sein Zimmer aufschließt und mich dann in seinem Zimmer abstellt. „Ist ja nicht das erste Mal" meint er nur, und schließt von innen wieder ab. Den Schlüssel legt er auf die Kommode, und ich setze mich auf Silas' Bett. Silas setzt sich neben mich und mustert mich eine Weile.

„Was war eben los?" fragt er dann, und ich wende den Blick von seinen grauen Augen ab. „Nichts Wichtiges" lüge ich, und erschrecke etwas, als ich zwei Finger an meinem Kiefer spüre. Silas dreht mein Gesicht mit ernster Miene zu sich, und blickt mir prüfend in die Augen. „Du hast geheult."

Ich seufze frustriert und senke meinen Blick. „Nick... er hat ein anderes Mädchen geküsst. Daraufhin habe ich etwas getrunken – nicht viel, Sid hat gut aufgepasst – und dann bin ich in den Garten. Kurz darauf ist Nick auch gekommen und hat mich gefragt, ob wir reden können.."

„Sag bloss, er hat dir gesagt, dass er schwul ist?"

Etwas verwundert schaue ich Silas an, und er seufzt. „Er hat es mir heute gesagt."

Ich nicke langsam und spüre, wie mir doch wieder die Tränen kommen. „Er hat es mir gesagt, und ich... freue mich für ihn, wirklich. Ich bin stolz auf ihn, dass er sich das getraut hat."

„Aber es tut trotzdem weh?"

Ich nicke und gebe meinen Wiederstand auf. Eine Träne rollt über meine Wange, und ich schaue schnell weg. „Es tut weh. Ich liebe ihn nicht, also nicht so sehr wie man das in einer richtigen Beziehung und so tut, aber ich glaube, ich hätte mir schon was mit ihm vorstellen können. Gleichzeitig komme ich mir aber auch wahnsinnig dumm vor." Silas zieht verwirrt die Augenbrauen zusammen.

„Wieso dumm?" fragt er dann, und ich lache humorlos und leise auf. „Weil... naja, wer würde mich schon wollen" murmle ich leise, und spüre, wie mein Gesicht knallrot anläuft. Erzähle ich Silas hier gerade wirklich von meinen Problemen? Silas, der eigentlich unten seine Party feiern sollte? „Du musst runter. Das ist doch deine Party. Ich will dich nicht aufhalten."

Ich will gerade aufstehen um richtig ins Bett zu schlüpfen, als Silas mich am Arm aufhält und zurück auf das Bett befördert. „Das ist mir egal, Valy. Wer hat dir gesagt, dass man dich nie wollen würde?" Ich schlucke hart und wische mir erfolglos ein paar Tränen weg.

„Hunter" flüstere ich dann mit zitternder Stimme, und schliesse die Augen.

Zwei Hände legen sich an meine Wangen und ziehen mich an eine Brust. Ich lege meine Arme um Silas und spüre, wie seine Finger an meinen Hinterkopf wandern, und dort langsam auf und ab fahren. Sein anderer Arm hält mich fest umschlossen.

„Weißt du Valy, Hunter ist ein richtiger Idiot. Du bist wunderschön, lass dir nie was Anderes sagen. Ich glaube, eine Menge Jungs würden dich wollen."

Ich atme zitternd aus und spüre, wie sich eine wohlige Wärme in mir ausbreitet.

„Silas, du bist betrunken."

Silas schüttelt nur den Kopf und schiebt mich etwas von sich, um mich mit seinen grauen Augen genau zu mustern.

„Ich würde das auch nüchtern sagen. Du bist wunderschön, Valerie."

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Soo die Szene aus dem Klappentext :)

Was haltet ihr von Nicks Statement? Hättet ihr damit gerechnet?

Und was haltet ihr von Silas' Reaktion?

- Xo, Zebisthoughts

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