Silas - Kapitel 2

„Und das letzte Team besteht aus Joshua, Silas, Jessie und... Valerie. Euch gehört das letzte Feld."

Joshua klopft mir auf den Rücken und geht dann in Richtung des Feldes davon, auf dem schon zwei Mädchen stehen, die ich mal als Valerie und Jessie identifiziere.

Wer von beiden wer ist, weiss ich jedoch nicht.

Ich folge meinem besten Kumpel und stelle mich dann neben ihn, hinter uns sind die beiden Mädchen.

Und ich könnte schwören, die blonde wirft Joshua immer wieder deutliche Blicke zu, während ihre Freundin sich darüber amüsiert.

An ihrem Gesicht bleibe ich etwas länger hängen, und stelle fest, dass sie ziemlich blaue Augen hat. Ich mag blaue Augen. Ich wünschte, ich hätte selbst blaue Augen, aber meine sind nur in ein langweiliges Grau getaucht.

Ich drehe mich wieder nach vorne und versuche, mich auf den Ball zu konzentrieren. Joshua spielt an, und unsere Gegner – Malik, Sid, ein Mädchen welches ich nicht kenne und noch ein Junge den ich nicht kenne – spielen erstaunlich gut.

Sid grinst mich an als er einen Punkt für sein Team erzielt, doch als ich uns den Punkt wieder zurückerobere grinse ich. Ich kenne ihn seit dem Kindergarten, und eigentlich gehört er zu meinen besten Freunden. Malik und Jay gehören auch noch in unser Grüppchen.

„Sie hat geschummelt!"

Die hohe Stimme eines Mädchens aus der gegnerischen Mannschaft lässt mich herumfahren, und ich entdecke ein Mädchen mit ziemlich sicher blondierten Haaren, eindeutig zu viel Schminke im Gesicht und langen, pinken Fingernägeln.

Diese zeigen übrigens gerade anklagend auf das Mädchen mit den blonden Haaren in meinem Team, die entweder Valerie oder Jessie heißt.

Valerie/Jessie hebt belustigt die Augenbrauen und wirft ihrer Freundin einen vielsagenden Blick zu. Joshua verdreht bloss die Augen, und auch Malik und Sid scheinen etwas verwirrt zu sein.

„Wann denn? Ich habe nur gesehen, dass sie deinen grässlichen Pass echt gut abgewehrt hat" sagt Sid schlussendlich, und Blondchen sieht aus, als würde sie gleich einen hysterischen Anfall kriegen.

„Der Ball hat den Boden berührt!"

Ich verkneife mir ein Lachen.

„Jelena, der Ball kam von oben, und noch bevor er auf Höhe von Jessies Gesicht war, das sich übrigens um die hundertsechzig Zentimeter über dem Boden befindet, hat sie ihn schon wieder rüber gespielt. Ich würde dir dringend einen Termin beim Optiker empfehlen."

Joshua grinst und hebt die Hand, und das Mädchen schlägt ein. Da sie das andere Mädchen neben ihr Jessie genannt hat gehe ich davon aus, dass sie Valerie ist.

Jessie hebt in aller Ruhe den Ball auf, den Jelena ihr vor die Füße geworfen hat, und klemmt ihn sich unter den Arm. „Nun, da Jelena ihren kleinen Ausbruch ausgelebt hat – können wir weiterspielen?"

Valerie wirft Jelena noch einen triumphierenden Blick zu, während Malik und Sid nicken. Der dritte Junge, den ich nicht kenne, nickt ebenfalls gleichgültig, und Jessie stellt sich wieder auf ihre Position. Valerie stellt sich neben sie, und auch ich begebe mich wieder zu meinem Platz.

Das Spiel verläuft soweit ganz gut, und wir liegen in Führung. Wahrscheinlich war es auch das, was Jelena gestört hat. Also wieder eines dieser typisch klischeehaften Mädchen, die eine Krise bekommen, wenn sie einstecken müssen.

Plötzlich jedoch schmeißt Jelena den Ball rüber, und kurz darauf kreischt Valerie hinter mir auf.

Jelena hat ihr den Ball mit ziemlich viel Schuss ins Gesicht geworfen.

„Val!" Jessie stürmt auf ihre Kollegin zu, die sich ihre Hand vor die blutende Nase hält. „Oh, tut mir leid" sagt Jelena, doch man sieht ihr an, dass es ihr nicht leidtut.

„Red keinen Mist" zischt Joshua, und Jelena hebt eine Augenbraue. „Also ich finde, für den grossen Mund geschieht das deinem heiligen Cousinchen recht."

Cousinchen?

Ich schaue Joshua fragend an, der Jelena wütend anfunkelt, dann dreht er sich jedoch zu Valerie um, die immer noch auf dem Boden sitzt. Die Sportlehrerin kommt auf uns zugestürmt und beugt sich zu Valerie runter, und Jessie entfernt sich etwas.

„Musste das sein?" höre ich Malik wütend hervorzischen, und drehe mich halb zu unseren Gegnern um. Sid sieht besorgt zu Valerie, und der immer noch fremde Junge verdreht bloss die Augen und sieht gelangweilt zu Jelena rüber.

„Du begleitest sie bitte zur Krankenstation."

Ich drehe mich wieder zu Valerie, die mich etwas verwirrt anstarrt, und dann erst realisiere ich, wer sie begleiten wird.

Ich.

Ich nicke bloss und halte Valerie dann etwas hilflos meine Hand hin. Sie greift danach und ich ziehe sie vorsichtig auf die Füße, und Joshua wirft mir einen Blick zu, der so viel sagt wie „kümmere dich gut um sie." Ich nicke stumm und begleite Valerie dann aus der Halle.

„Du bist Valerie, oder?" Sie nickt und sieht mich dann aus ihren blauen Augen an. „Aber Val oder Vale oder so reicht. Und du?"

„Ich nenn' dich einfach Valy. Ich bin Silas. Und das reicht auch vollkommen."

Valerie nickt grinsend, und ich grinse zurück. Gut zu wissen, dass sie trotz ihrer blutigen Nase Humor hat.

„Was ist eigentlich mit dieser Jelena?" frage ich, weil es mich doch irgendwie interessiert, wieso Jelena sich Valy ausgesucht hat. Diese schnaubt so gut sie kann, ohne dabei eine Blutspur zu legen.

„Sie will was von Josh und ich bin ihr ein Dorn im Auge. Dabei ist Joshua mein Cousin, ich habe absolut keinen Grund, was von ihm zu wollen." Ich schaue sie ungläubig an.

„Die denkt, dass ihr trotz der Verwandtschaft etwas am Laufen hättet?" frage ich dann, und Valy nickt. „Komisch, oder?" fragt sie dann, und ich nicke.

„Noch komischer ist, dass sie doch wissen sollte, dass Joshua seine Mädchen wie Unterwäsche wechselt." Valy lacht leise.

„Da sie das bei Typen auch tut sieht sie wohl eine Art Artgenosse oder so in ihm."

Ich lache und Valy grinst mich frech an. Ich mag ihre Art irgendwie, sie scheint nicht so aufgesetzt und falsch zu sein wie diese Jelena zum Beispiel.

„Da vorne wartet die Ärztin ja schon auf uns" bemerkt Valy plötzlich mürrisch, und ich entdecke die etwas rundlichere Frau ebenfalls.

„Es wird schon nicht gebrochen sein" sage ich nur, und Valy nickt. „Hoffentlich, das würde mir jetzt gerade noch fehlen."

--

„Ich wusste gar nicht, dass deine Cousine hier auf die Schule geht."

Ich sitze neben Joshua und ziehe an meiner Kippe, die ich dann an Sid weiterreiche.

„Ich frage mich was für ein Problem diese komische Puppe auf dem Feld mit Valerie hat. Ihr sind fast die Augen rausgefallen als du sie begleiten musstest."

Ich ziehe eine Augenbraue hoch und lächle dann.

„Und das nächste Klischee" grinst Joshua, und diesmal hebt Sid eine Augenbraue. „Vergiss nicht, dass du dich ziemlich ausgiebig an diesen Klischees bedienst."

Ich unterdrücke ein lautes Lachen und höre Joshua neben mir seufzen.

„Die Klischees besagen eben auch, dass sie gut im Bett sind" rechtfertigt er sich dann, und Sid nickt übertrieben. „Aber natürlich" sagt er nur mit einem fetten Grinsen im Gesicht, und ich grinse breit.

Ich mag meine Freunde wirklich. Sid und ich haben uns früher nicht ausstehen können, doch mittlerweile sind wir ehrlich gesagt ziemlich scheisse drauf, wenn wir uns streiten. Was deshalb auch sehr selten vorkommt.

Malik und Jay habe ich in der Grundschule kennengelernt, und Joshua kam vor etwa zwei Jahren dazu. Es war schnell klar, dass unsere Gruppe wohl lange bestehen wird, da wir alle die ungefähr gleichen Interessen zeigen und uns mittlerweile fast auswendig kennen.

Betonung auf fast, denn bis heute wusste ich nicht, dass Joshuas Cousine auf diese Schule geht. Die anderen Jungs anscheinend schon, aber ich rechtfertige mich mal damit, dass wir uns eigentlich nur bei der Strecke treffen.

Außerdem erzählt Josh nur selten etwas von seiner Familie.

„Ey Sil, wie läuft's eigentlich mit Luna?" Ich schaue verwirrt zu Sid, der mich breit angrinst.

„Sil? Ernsthaft?"

Sid lacht und zuckt dann mit den Schultern. „Ist mir gerade eingefallen, fand ich ganz gut. Und jetzt hau schon raus."

Ich schüttle grinsend den Kopf. „Mit Luna ist alles im grünen Bereich, wir haben uns zwar lange nicht gesehen in den Ferien, aber sie ist ja seit letzter Woche wieder hier." Sid nickt und beißt von seinem Sandwich ab.

„Wie lange seid ihr nochmal zusammen?"

Ich rechne kurz und hebe dann selbst erstaunt die Augenbrauen. „Bald zwei Jahre" sage ich dann, und lächle.

Ich habe Luna bei einem Praktikum kennengelernt, das wir von der Schule aus machen mussten. Sie geht leider nicht auf meine Schule, aber ich glaube der Abstand tut uns ab und zu sogar gut. Wir sehen uns dafür oft an Wochenenden.

Ihre Eltern sind stinkreich und finden mich nicht passend als Schwiegersohn, weil ich außerhalb ihrer Events (oder einfach Geburtstage und anderen Feiern) eben ein stinknormaler Junge bin, der zur Schule geht und mit seinen Freunden auch mal Scheisse baut.

Und was ihnen gar nicht passt ist, dass ich Motocross fahre, aber das kann mir wirklich niemand wegnehmen. Wenn ich Ablenkung suche, dann finde ich sie auf meinem Bike.

Luna sieht alles etwas lockerer, aber ich glaube nicht, dass sie mal zu einem Rennen kommen würde. Sie geht fürs Leben gerne auswärts essen und natürlich shoppen, aber nur die Boutiquen sind ihr gut genug.

Aber sie hört mir zu. Sie ist für mich da und versucht mich zu unterstützen, und das rechne ich ihr hoch an.

„Ich frage mich immer noch, wie du die aufgegabelt hast. Mit den Eltern? Als du das erste Mal zu ihr gingst wäre ich fast mitgekommen um die Eltern zu köpfen, bevor sie es bei dir tun." Sid sieht mich mit gespielter Besorgnis an, und ich lache.

„So schlimm sind sie nun doch wieder nicht" sage ich grinsend, und Sid hebt eine Augenbraue, was mir zeigt, dass er mir nicht ganz glaubt.

„Und was läuft bei dir?" frage ich Sid, und er grinst. „Immer noch ein hoffnungsloser Fall" sagt er dann, und nimmt den letzten Bissen seines Sandwiches in den Mund. „weswegen ich jetzt auf der Suche nach einem ebenfalls hoffnungsvollen Fall bin" nuschelt er noch, und Josh lacht leise.

„Valy wäre einer, aber die beschütze ich lieber vor dir." Sid wirft seinem Kumpel einen bösen Blick zu und Malik lacht nur, während ich wieder an das Mädchen mit diesen blauen Augen denke.

Sie scheint nicht so schüchtern und zurückhaltend zu sein, und diese Eigenschaften mag ich an neuen Personen. Vielleicht, weil ich selbst weder zurückhaltend noch wirklich schüchtern bin, vielleicht aber auch, weil ich als Spanier eigentlich so aufgewachsen bin.

Meine kleine Schwester hat von meiner Mutter schon mit sechs Jahren gelernt, dass sie mir mit ihren kleinen Schuhen in der Hand nachrennen muss, wenn ich etwas falsch mache, und sie ist leider verdammt gut darin.

Schade, dass Mom das nicht mehr sehen kann, sie wäre unglaublich stolz.

„Was starrst du so missmutig vor dich hin?"

Malik rammt mir seinen Ellbogen in die Seite, und ich keuche kurz erschrocken auf.

„Ich weiss nicht, was du meinst, aber du wirst gleich missmutig vor dich hinstarren, wenn du das nochmal machst" sage ich und drehe mich drohend zu Malik um. Dieser jedoch reibt sich nur lachend den Ellbogen und entlockt mir doch noch ein Grinsen.

„Ihr seid verrückt" sage ich nur, und Sid grinst. „Deshalb bist du ja bei uns."

Eine Weile sagt keiner was, was bei Sid jedoch eigentlich bedeutet, dass er vorbeilaufende Menschen mit komischen Kommentaren beschreibt oder gar nachäfft, was uns hin und wieder wirklich zum Lachen bringt. So ist Sid eben.

„Sagt mal, kommt ihr heute Abend alle?" Joshua sieht kurz in die Runde, und wir nicken. „Klar doch, als ob ich dir die Chance geben würde, meinen Rekord zu brechen" murrt Sid, und Joshua grinst.

„Ich würde es nie wagen" sagt er dann, und Sid nickt. „Gut so. Wann fängt das Rennen morgen an?" Joshua überlegt kurz. „Halb sieben" sagt er dann, und ich seufze.

Genau dann wollte Luna nochmal vorbeikommen.

„Sag bloss, du hast was vor" murmelt Malik, doch ich schüttle den Kopf. „Lässt sich verschieben" sage ich nur, da ich jetzt schon weiss, dass Luna nie im Leben mit zur Rennstrecke kommen würde.

Da wäre es das kleinere Übel, eine Stunde früher zu kommen, um sich ihren Spaß zu holen.

„Kommt Val auch?" fragt jetzt Sid, und Joshua nickt. „Aber natürlich, sie wartet schon darauf mich wieder über die ganze Strecke anzuschreien."

Wir lachen, und jetzt erinnere ich mich wieder daran. Valy stand mit ihrer Freundin – Jessie – an der Bande und hat Joshua die komischsten Beleidigungen an den Kopf geworfen, weil er nicht in Führung lag.

Dann hat sie einem Mädchen eine verpasst, weil sie ihr gesagt hat, sie würde nicht auf Joshuas Gesundheit achtgeben. Jetzt weiss ich auch, wieso Valy mir in der Halle irgendwann bekannt vorkam.

„Ich feier sie deswegen" sagt Sid grinsend, und Joshua verdreht die Augen. „Sag bloss, das ist mir ja mal neu."

Ich lache, und Malik gibt mir endlich die Kippe, die einen kleinen Rundgang gemacht hat, wieder, von der ich noch genau einen Zug nehmen kann.

Was man nicht alles macht für seine Freunde...

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Soo, hier das erste Kapitel aus Silas' Sicht :)

Wie findet ihr ihn?

- Xo, Zebisthoughts

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