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Deku
Nachdem sich die Tür hinter den Beiden geschlossen hatte, konnte ich endlich wieder freier atmen.
Lediglich die Kaffeebecher auf dem Tisch erinnerten noch an das, was hier gerade passiert war.
Meine Kopfhaut schmerzte von dem eisernen Griff, genauso wie mein Kinn. Die Panik, die blanke Furcht vor dem Tod, saß mir tief in den Knochen.
Sollte ich nicht doch zur Polizei gehen? Auch wenn sie mir nicht glaubten, mussten sie mich doch trotzdem beschützen, oder? Das könnten sie doch. Oder? Ich hatte immer vollstens Vertrauen in die Polizei gehabt. Natürlich waren sie auch nervig und man war nervös, wenn sie in der Nähe waren, auch wenn man gar nichts gemacht hatte. Aber sie waren die Hüter des Gesetzes, Beschützer und faire Schiedsrichter.
Doch sowohl gestern als auch heute hatten mich in diesem Glauben stark erschüttert.
Ich hatte nicht das Gefühl, dass man mir glaubte. Eher, dass man mich für einen Täter hielt. Wahrscheinlich hatte Bakugou recht und sie würden mich für verrückt halten. Würden sie mich dann vielleicht einweisen? War ich in einem Krankenhaus sicher vor diesen Typen? Wer waren die überhaupt? Hatte mein Bruder tatsächlich Kontakte zu so gefährlichen Kerlen? Wenn das stimmte, war ich verdammt am Arsch.
Sollte ich mich an ihre Spielregeln halten? Würde ich dann überleben? Ungewiss. Genauso wie meine Chancen, wenn ich zur Polizei ging.
Was war, wenn diese Beiden Kontakte bei der Polizei hatten? Und wenn es nur jemand war, der ihnen sagte, dass ich dort war. Ich wäre tot, sobald ich das Gebäude verließ.
So oft hatte ich im Fernsehen von solchen Geschichten gehört und so oft im Internet Dinge darüber gelesen. Wahrscheinlich wäre der Tod ein Geschenk, wenn sie mit mir fertig waren. Wäre dann ein schnelles Ende nicht gütig? Sollte ich es vielleicht selbst beenden? Nein.
Ich wollte Leben.
Nie zuvor hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, ob es mir wirklich wichtig war zu leben. Ich hatte sogar gedacht, dass es spannend sein würde, herauszufinden, was nach dem Leben kam. Doch das würde ich früher oder später sowieso und bis dahin wollte ich so lange wie möglich genießen auf dieser Erde zu sein. Wer wusste schon was danach kam? Niemand, richtig.
Möglicherweise konnte ich den Blonden dazu bewegen mich nicht umzubringen. Es gab bestimmt einen Weg einen Deal mit ihm zu machen. Er schien zumindest der Boss oder etwas in der Art zu sein. Das war doch schon mal ein Plan. Weder ein Guter noch ein besonders Cleverer, aber etwas, an das ich mich klammern konnte.
Jetzt musste ich nur noch etwas finden, was ich ihm anbieten könnte, und versuchen mir Ochako vom Hals zu halten.
Sie sollte auf gar keinen Fall involviert werden. Warnen konnte ich sie nicht, die Wahrheit kam auch nicht in Frage. Wahrscheinlich würde jedes Gespräch, jede SMS, jeder nähere Kontakt genügen, dass sie auch bedroht wurde. Wenn nicht schlimmeres. Sie war eine außergewöhnliche, hübsche und liebe Frau, die viel zu schnell Fremden vertraute und ihr Herz verlor. Ich würde nicht zulassen, dass man sie da mit rein zog.
Kurzerhand stellte ich mein Smartphone aus und warf es unter ein Kopfkissen auf dem Sofa. Frei nach dem Motto: aus den Augen aus dem Sinn.
Anschließend schloss ich die Haustür ab und verdunkelte jegliche Fenster mit den Vorhängen, die ich fast nie benutzte. Das Licht ließ ich ebenfalls aus, wodurch es extrem dunkel wurde. Das wiederum machte mir Angst. Ich musste mich irgendwie ablenken... Aufräumen. Putzen. Das waren gute Möglichkeiten sich abzulenken.
Bis spät in die Nacht schrubbte ich erst meine Küche und dann das Bad, bis mir jede Faser meines Körpers schmerzte. Mit einem Blick auf die Uhr gab ich resigniert auf, denn mein Körper war am Ende und es war mitten in der Nacht. In der Küche machte ich mir noch einen Kräutertee zur Beruhigung. Ich hatte mal gelesen, dass Baldrian beruhigend sein sollte und in dem Tee war zumindest etwas davon, also half es vielleicht. Viel schlimmer konnte es auf jeden Fall nicht mehr werden, denn trotz meiner Erschöpfung fühlte ich mich gehetzt und rastlos. Mein Kopf sagte mir, dass ich fliehen musste und diesem Drang zu wiederstehen war wirklich schwer.
Letztendlich hatte der Tee rein gar nicht geholfen. Könnte aber auch an dem Nachtlicht gelegen haben, welches ich mich nicht hatte überwinden können, auszuschalten. Die Schatten machten mir noch mehr Angst, als im Rampenlicht zu liegen.
Völlig übermüdet verbrachte ich die nächsten 2 Tage bei geschlossenen Türen und Fenstern damit, mein gesamtes Haus auf den Kopf zu stellen und jegliche Kleinigkeit zu putzen. Bis meine Putzmittel so langsam ausgingen. Und wenn ich nicht verhungern wollte, musste ich auch dringend einkaufen. Da ich eh keinen Appetit hatte und nur das Nötigste aß, hatten die 2 Instant-Rahmen in der hintersten Ecke meines Vorratsschrankes und Reis mit Sojasoße reichen müssen. Aber auch das ging zu neige. Ich konnte mich nur schlicht nicht überwinden die Tür zu öffnen.
Frische Luft hätte bestimmt gut getan, denn ich merkte, dass meine Kopfschmerzen unter anderem durch den Sauerstoffmangel stammten. Doch selbst ein Fenster zu öffnen, schien mir zu gefährlich zu sein. Mein Handy hatte ich auch noch nicht wieder eingeschaltet und war einfach froh, dass mich bisher noch niemand aufgesucht hatte. Der Postbote, der einmal da war, hatte mir schon einen halben Nervenzusammenbruch beschert. Wenn ich den nicht schon die ganze Zeit hatte. Mein ganzes Leben stand Kopf und ich wusste beim besten Willen nicht, was ich dagegen tun sollte.
Das plötzliche Klingeln der Haustür riss mich aus meinen Gedanken und völlig panisch lief ich davon weg. Als würde es einen Unterschied machen, wie weit ich von der Tür entfernt war.
"Midoriya Izuku? Hier ist die Polizei. Bitte öffnen Sie die Tür. Es gibt Neuigkeiten von Ihrem Bruder und wir hätten noch ein paar Fragen an Sie." Unfähig mich zu bewegen, verharrte ich an Ort und Stelle.
"Midoriya Izuku? Wir wissen, dass Sie hier sind!", riefen die Beamten und donnerten wieder gegen meine Tür. Wenn ich Ihnen öffnete, würde mich Bakugou oder Kiri oder irgendwer mit denen sie arbeiteten umbringen, doch wenn ich sie nicht herein ließ, machte ich mich verdächtig und das war ebenso beängstigend. Sie könnten mich erschießen, wenn sie dachten, dass ich Widerstand leistete, oder? Himmel, ich war wirklich paranoid geworden.
Vorsichtig schlich ich mich zur Tür und zog den Vorhang am Fenster daneben beiseite. Sofort schauten mir 3 grimmig dreinblickende Polizisten in Vollmontur ins Gesicht. "Ich will Ihre Marken sehen.", brachte ich hervor und hoffte, es war laut genug. Aber anscheinend war mein Haus nicht so schalldicht, wie ich immer gedacht hatte, denn einen Moment später wurden 3 Marken an die Scheibe gehalten. Ich kannte mich nicht mal im Ansatz mit sowas aus, dennoch beruhigte es mich. Nicht genug, um meine Ängste zu überwinden, aber genug, um mich selbst zu zwingen die Tür zu öffnen.
"Entschuldigen Sie. Ich... bin nur sehr nervös, seit der Sache mit Iumi. Dass ihn wirklich jemand bedroht hat.."
"Mein Name ist Aizawa Shota und das sind meine Kollegen Ookubo Suzaku und Kimai Daichi. Können wir reinkommen?", überging der Vorderste Beamten mich sofort und wartete gar nicht auf meine Einladung. Immerhin besaß er den Anstand seine Schuhe auszuziehen. Seine Kollegen taten es ihm gleich. Der Letzte, etwas jünger als die anderen, lächelte mich entschuldigend an.
"Kann ich Ihnen etwas anbieten?"
"Nein vielen Dank. Lassen Sie uns direkt auf den Punkt kommen. Wir haben das Blut Ihres Bruders getestet und konnten dazu Einträge in unserer Datenbank finden. Was genau wissen Sie über Midoriya Iumi?"
"Das ist doch gut, dass Sie es identifizieren konnten, oder nicht? Aber ich weiß wirklich nichts. Ich habe ihn seit 10 Jahren nicht gesehen. Alles was ich weiß, habe ich Ihnen erzählt." Die Morddrohungen, fiel mir zum Glück erst wieder ein, als es schon raus war. So hatte ich technisch gesehen ja nicht gelogen, oder?
"Wir fahnden nach Ihrem Bruder. Er wird unter anderem wegen Mordes und schweren bewaffneten Raubes gesucht. Können Sie uns irgendwas dazu sagen?"
Mein Bruder sollte ein Mörder sein? Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein! Aber es würde die finsteren Leute erklären.
"Das kann nicht sein. Mord? Iumi, wo bist du da nur rein geraten?", murmelte ich, ohne mir darüber bewusst zu sein.
"Midoriya-sama wir können verstehen, dass das aufwühlend für Sie sein muss, aber Sie müssen uns diese Fragen beantworten."
"Aber... Ich hatte keine Ahnung. Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht helfen. Ich wüsste nicht wie."
"Antworten Sie einfach auf die Fragen. Wussten Sie etwas von den Verbrechen Ihres Bruders? Hat er irgendwas Ihnen gegenüber erwähnt?"
"Nein. Also nur, dass er panische Angst vor jemandem hatte."
"Wussten Sie davon, dass Ihr Bruder Verbindungen zur Yakuza hat?"
"Die Yakuza? Wie Mafia?! Himmel nein!"
"Bitte bleiben Sie ruhig.
Hat Iumi Sie seit dem Tag kontaktiert?"
Ich schüttelte den Kopf. Es fiel mir schwer mich auf diese ganzen Fragen zu konzentrieren.
"Sagt Ihnen der Name Dynamight etwas?"
"Dynamight? Nein ich... doch irgendwas... Ich habe den Namen schon mal irgendwo gehört..."
"Hat Ihr Bruder ihn eventuell erwähnt?"
"Ja! Ja Iumi hatte Angst vor ihm. Er ist es, der hinter ihm her ist!"
"Wissen Sie wieso?"
"Nein. Ich glaube, Iumi hat nur zusammenhangslose Dinge gemurmelt, aber... Ich glaube dieser Dynamight hat ihn bei irgendwas durchschaut oder verraten. Er hat irgendwas von Verrat erzählt."
Hilfesuchend sah ich die Ermittler an, doch ihre ernsten Gesichter beruhigten mich keineswegs. Ich fühlte mich wie ein Schwerverbrecher im Kreuzverhör.
"Und Sie hatten keinen Kontakt zu Ihrem Bruder in den letzten Jahren? Wie sieht es bei Ihren Eltern aus? Oder andere Verwandte? Er hat sich bei niemandem gemeldet?"
"Nein wir... wir dachten alle, er wäre tot."
"Gut. Wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen. Kommen Sie bitte mit uns aufs Revier."
Schockiert wich ich ein paar Schritte zurück, nur um fast über meinen Couchtisch zu stolpern.
"N-nein, das-das geht nicht. Können Sie mich das nicht auch hier fragen?", versuchte ich es verzweifelt. Ich war so tot, wenn ich diesen Beamten folgte. Bakugou oder dieser Dynamight würden es rausfinden und mir so schlimme Dinge antun, wie ich mir nicht mal vorstellen konnte. Sie gehörten zur Yakuza!
Doch in den Gesichtern der Drei konnte ich nur Entschlossenheit erkennen, die von dem Klimpern von Handschellen unterstrichen wurde. Wollten sie mich etwa verhaften?
"Hören Sie, Midoriya-sama. Ihr Bruder ist ein gesuchter Schwerverbrecher und mir müssen davon ausgehen, dass Sie entweder in großer Gefahr schweben oder aber selbst mit der Yakuza Geschäfte machen. Also leisten Sie bitte keinen Widerstand."
Ich wusste nicht, ob das rechtlich erlaubt war, doch ich wollte es lieber nicht darauf ansetzen. Bisher hatte ich noch nie Ärger mit der Staatsgewalt und das hatte ich eigentlich auch nicht vor zu ändern.
1.775 Wörter
Was würdet ihr von einer Lesenacht halten? Irgendwie hätte ich Lust dazu und es würde zu den nächsten 5 Kapiteln ganz gut passen.
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