45

Deku

Sonne fiel an den Gardienen vorbei ins Zimmer und beleuchtete den Raum. Es musste bereits Mittag sein. Seit Stunden lag ich nun schon in Kacchans Gästebett, in dem ich auch geschlafen hatte, als ich noch unfreiwillig in seinem Haus gelebt hatte. Es fühlte sich noch immer merkwürdig an, hier zu sein und meine Schuldgefühle waren noch immer stark. Ich hatte es nicht verdient, so glücklich zu sein, wenn Iumi dafür gelitten hatte. Doch ich wollte auch nicht mein Leben in Trauer verbringen. Meine Mutter hatte bestimmt recht. Ich hatte dringend noch mehr Therapie nötig.

Fürs Erste jedoch versuchte ich das zu verarbeiten, was ich diese Nacht über Katsuki erfahren hatte. Es war schon 3 Uhr früh gewesen, als er mich ins Bett geschickt hatte. So sanft, hatte ich ihn zuvor noch nie erlebt. Es war, als wäre er ein neuer Mensch. Diese Entwicklung beunruhigte mich mindestens genauso sehr, wie sie mich freute. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich jetzt besser verstehen konnte, wieso der Blonde so war, wie er war.
Er war der verdammte Sohn der Vorsitzenden und soweit ich verstanden hatte, glich seine Mutter einem Drachen. Sie hatte stehts ihren eigenen Vorteil im Kopf und würde im Leben nicht daran denken, ihren Sohn bei irgendetwas zu unterstützen, was ihr nicht mindestens genauso nützlich war. Am Besten jedoch, es brachte ihr mehr als Katsuki. Es ging nur um Gewinn und Macht. Ein abscheuliches Spiel, von dem ich niemals Teil sein wollte.

Doch wenn ich mit Kacchan zusammen sein wollte, würde ich wohl oder übel Teil davon sein. Es war frustrierend, wie wenig Wahl ich noch immer in all dem hatte. Ich musste Ausstellungen geben und so tun, als wären meine Kunstwerke nur Deckwerk für Drogen oder Schlimmeres. Es machte meine Kunst zunichte und tat mir in der Seele weh. Egal, ob ich Kacchan dabei half. Egal, ob wirklich nichts von diesen Gerüchten stimmen würde. Es spielte alles keine Rolle, denn er würde den Anschein erwecken, meine Bilder wären zu nichts anderem zu gebrauchen, als um illegale Geschäfte zu decken. Ich beging zwar nicht direkt Straftaten, doch ich half, diese zu vertuschen, indem ich die Polizei ablenkte. Das sprach gegen all meine Grundsätze und mir stellen sich die Nackenhaare auf, wenn ich nur daran dachte. Ich wollte das nicht. Jede Faser meines Körpers wollte sich dagegen wehren. Doch was wäre die Alternative? Wieder weglaufen? Mich Kacchan entziehen? Mir fiel nichts ein. Also würde ich diese Pille schlucken. Nur für den Moment, bis mir etwas Besseres eingefallen war.

Angst, dass ich mich mit dem Blonden immer wieder um diesen Punkt streiten würde, keimte in mir auf. Ich solle akzeptieren, dass er die Yakuza in Tokio irgendwann leiten würde, dass er illegalen Geschäften nachging, dasss er Menschen wehtat, drohte oder sie sogar verschwinden ließ - ich wollte nicht weiter denken, was das hieß - und das alles nur, weil er nicht als feige gelten wollte? Ich würde mein Leben aufgeben müssen, meine Grundsätze und Prinzipien, und das nur, um mit einem Menschen zusammen zu sein. Ich liebte ihn, ja. Aber würde diese Liebe das überstehen können? Und wäre es nicht nur fair, wenn er für mich auch Kompromisse eingehen würde? Ich musste ihn dringend darauf ansprechen.
Gestern Nacht war es mir wichtiger gewesen, das große Ganze zu verstehen. Wer Kaminari und Hitoshi, Kiri und Mina wirklich waren und wer alles noch dazu gehörte. Das Ganze war größer als ich gedacht hatte. Wirklich erschreckend, was sich so in der Welt hinter dem eigenen Tellerrand so alles abspielte. Wie eine eigenes Universum mitten in dem Unseren.

Vor allem die Tatsache, dass Kiri einst meinen Bruder in die Organisation gezogen hatte, machte mich wütend auf ihn. Erst recht, dass er dann auch noch geholfen hatte ihn in den Selbstmord zu treiben. Hinter dieser fröhlichen Fassade verbarg sich ein wirklich schrecklicher Mensch. Doch das konnte man wohl auch über Kacchan sagen. Nur, dass der sich auch als Fassade niemals wirklich freundlich verhielt. Naja, zumindest war das bis gestern so gewesen. Ich musste sein neues Verhalten mir gegenüber dringend mit Ochako besprechen, wenn ich wieder zu Hause war.

Ein Klopfen an der Tür, riss mich aus meinen Gedanken. Ich zog mir die Decke bis zum Kinn hoch. "Herein!" Den Blonden wieder zu sehen, ließ mir die Röte ins Gesicht steigen. Das war doch absurd, wie peinlich ich mich verhielt! Ich war kein Teenager mehr. Dennoch... er hatte mir gestern ein Shirt von sich geliehen, welches wunderbar nach ihm roch. Ich konnte seinen Duft noch immer nicht anders beschreiben, als einfach Katsuki. Und ich badete seit Stunden in diesem Geruch, ich war in seinem Haus und er hatte mir mehrfach unmissverständlich klar gemacht, dass er gar nicht zufrieden damit war, dass ich darauf bestanden hatte, nicht in seinem Bett zu schlafen.

Auch jetzt sah Kacchan einfach umwerfend aus. Die Muskeln an seinen Armen traten deutlich hervor, da er sie vor der breiten Brust verschränkt hatte. Er trug mal wieder kein T-shirt, sondern nur eine tief sitzende Shorts, die mir viel zu tiefe Einblicke gewährte. Es viel mir schwer meinen Blick von dem Bund zu nehmen und ihm wirklich in die Augen zu schauen. Das Schmunzeln in seinem Gesicht verriet mir, dass er meinen Blick verstanden hatte, doch ausnahmsweise sagte er mal nichts dazu.

"Spielen wir jetzt wieder verstecken, ja? Komm runter, du hast genug geschlafen!", brummte er und lehnte sich gegen den Türrahmen. Unsicher krabbelte ich aus dem warmen Bett. Nur Boxershorts und T-shirt - dazu Beides nicht mein Eigentum - verhießen wenig Schutz gegen seine Musterung. Verlegen trat ich von einem Bein aufs Andere. Konnte ich ihn fragen? Er konnte hier nicht offen mit mir reden, war er deshalb wieder schroffer, oder war das Gestern nur ein merkwürdiger Moment gewesen, indem er nicht er selbst war?
"Ich kann dir an der Nasenspitze ansehen, dass du was willst, also raus damit, sonst zieh ichs dir raus!", befahl er, sodass ich zusammenzuckte.
"S-soll... ich mich... umziehen?"
"Nein. Und jetzt komm." Ich hatte es geahnt. Katsuki hatte gestern immer wieder betont, dass er mich beschützen müsse und dass er das nur konnte, wenn er mich klar, als seins darstellen konnte. Dazu gehörte wahrscheinlich auch seine Klamotten zu tragen. Nur... es erweckte auch den Anschein, als hätten wir Sex gehabt, oder nicht?

Hochrot stolperte ich dem breiten Rücken meines Freundes hinterher die Treppe herunter. Es fiel mir nach wie vor schwer zu realisieren, dass wir wirklich ein Paar waren.
Unten angekommen roch es verführerisch nach frischem Brot und Kaffee. Während meiner Zeit in Osaka hatte ich meine Abneigung gegen das Rauschmittel etwas verloren.
Tatsächlich war der Tisch reichlich gedeckt: sowohl eine Wurst- als auch eins Käseplatte mit verschiedenen Sorten, Marmeladen, Eier und ein großer Brotleib. Einfach alles, was zu einem typisch-europäischen Frühstück gehört. Zumindest das, was ich als solches kannte.

Und dahinter saßen schon zwei Männer auf den teuren Designerstühlen. Der Eine hatte lila Haare, die schrecklichsten Augenringe, die ich je gesehen hatte, und einen dazu passenden genervt-gelangweilten Gesichtsausdruck. Es ließ seine Gesichtszüge härter wirken, als sie waren. Noch dazu schien er ziemlich groß zu sein. Zumindest im Vergleich zu dem Mann, der neben ihm saß. Der Blonde war das absolute Gegenteil zu seinem Sitznachbarn. Er grinste bis über beide Ohren und seine Augen strahlten. Dazu hibbelte er auf dem Stuhl von Links nach Rechts, sodass seine blonden Strähnen wibbten. Die schwarzen Strähnchen darin schienen eine Art Blitz zu bilden. Das musste Kaminari sein, mit dem Kacchan auch gestern sprach. Dann war der Typ neben ihm...

"Guten Morgen. Ich bin Hitoshi Shinsou. Und dass ist mein Freund, Kaminari Denki. Schön dich endlich vernünftig kennenzulernen Midoriya." Hitoshi klang so gelangweilt, wie er aussah, sodass ich die Begrüßung kaum ernst nehmen konnte. Doch ich wollte nicht unhöflich erscheinen.
"Guten Morgen. Es freut mich auch."
"Dass du überhaupt noch laufen kannst, ist echt ein Wunder. Komm setz dich! Du hast bestimmt ordentlich Hunger. Und nenn mich Denki, ja?", sprudelte es aus dem Blonden hervor.
"Oh! Kannst du überhaupt sitzen? Shinsou hol ihm mal ein Kissen!"
"Nein nein! Es geht mir gut. Bitte macht euch keine Umstände." Überfordert fuchtelte ich mit den Händen in der Luft. "I-ich kann sitzen, Ka- ehm Denki. Aber danke für deine Fürsorge!" Schnell setzte ich mich. Dieser Mann war wirklich energisch und im Kontrast wirkte Hitoshi dazu noch eigenbrödlerischer.

"Bist du sicher? Na gut. Dann lasst uns doch essen. Schließlich haben wir das hier nicht nur zur Deko besorgt. Du brauchst Nährstoffe, wenn du unseren Boss weiterhin aushalten willst." Das zweideutige Augenbrauen-gewackel, welches der Blonde veranstaltete verhieß nichts Gutes. War Katsuki so hart im Bett? Musste ich mir Sorgen machen?
"Strapazier meine Nerven nicht mehr als nötig, du Idiot!", pampte Katsuki und ließ sich auf den letzten freien Stuhl neben mir nieder. Seine Hand landete sofort auf meinem Oberschenkel. Mit hochrotem Kopf sah ich ihn an. Es schien ihn jedoch nicht zu kümmern, da er schon dabei war sich eine Brotscheibe mit Käse zu belegen.

"Wirklich? Nicht mal nach dem Sex kannst du gute Laune haben? Also manchmal frage ich mich wirklich, wieso ich für dich arbeite." Geschockt sah ich Kaminari an. Hatte er den gar keine Angst vor dem Yakuza?
"Und manchmal frage ich mich, wieso du noch lebst. Also halt die Klappe bis ich gegessen habe, sonst überleg ich mir das nochmal genauer!", wütete mein Freund. Seine Hand kralle sich schmerzhaft in mein Bein. "Kacchan.", murmelte ich und sofort lagen alle Blicke am Tisch auf mir. Es war peinlich doch der Druck ließ nach, sodass ich aufatmen konnte.

Den Rest des Essens verbrachten wir schweigend. Ich bekam kaum etwas runter, da Kacchan es nicht lassen konnte mich immer wieder zu streicheln. Doch ich hielt die aufsteigende Erregung mühsam in Schach und rettete mich in seinem Büro angekommen auf denselben Sessel wie gestern Nacht. Ich zog die Beine an meine Brust, umschlang sie fest und bettete meinen Kopf darauf.
"Ach Gottchen! Du bist echt so verdammt süß, der Boss verdient dich echt nicht! Oder Shinsou? Lass ihn uns mitnehmen und als Haustier halten, ja?", sprudelte Denki, als er mich sah und bekam dafür eine Kopfnuss von seinem Freund.

Grummelnd ließ er sich auf dem Sofa nieder, welches zwischen den Sesseln stand und Hitoshi folgte ihm weiter schweigend. Sie waren wirklich komplette Gegensätze.
"Denk nicht mal dran. Er gehört mir!", bellte Kacchan und funkelte den Blonden böse an.
"Wissen wir. Also: warum sollten wir herkommen?", fragte der Lilahaarige und Denki nickte schnell. "Oh ja! Wie kann ich helfen?"
"Ich will" -Kacchan massierte genervt seine Nasenwurzel- "dass du Deku ein alternatives Schutzprogramm organisierst. Er will nicht länger über Kammeras überwacht werden. Also, was kannst du da möglich machen?"
"Oh...", machte der Springfloh und streckte die Beine auf dem Schoß seines Partners aus. "Ich könnte Kammeras installieren, die sich auf Sprach- und Druckbefehl aktivieren lassen, wie bei dir. Und ein Mikro und ne Kammera in ner Kette wäre auch möglich, damit er auch draußen geschützt ist. Ansonsten gibt's da noch Panikringe, aber ob die so ihren Zweck erfüllen?"
Erleichtert atmete ich auf. Diese Ideen klangen wie das, was wir uns schon überlegt hatten und würden mir mehr Privatsphäre geben.

"Kann man die Kammeras hacken? Und kannst du den Sprachbefehl auf bestimmte Stimmen programmieren?", fragte Kacchan nach. Er sah so ernst aus und wirkte unglaublich professionell, obwohl er weiterhin nur eine Jogginghose trug, dass mir der Kopf schwirrte. Das war heiß. Seit wann stand ich auf dominante Arbeitstiere? Wir waren hier doch nicht in Fifty shades of Gray.

Schnell sah ich wieder zu unserem Besuch. "Kommt aufs Geld an. Wenn du mir genug gibt's, krieg ich alles hin, was du willst.", gab Denki selbstsicher wieder.
"Gut. Wie lange brauchst du?"
"Sag ich dir heute Abend, wenn ich weiß, wann ich die Komponenten krieg. Soll ja wahrscheinlich alles wie zufällig in Einzelteilen damit der Drache nix merkt, right?"
"Dann erwarte ich heute Abend deinen Bericht. Mach dich an die Arbeit. Und Hitoshi: pass auf, dass ers richtig macht!"
"Geht klar Boss." Der Lilahaarige hob die Beine seines Freundes wieder auf den Boden und zog ihn auf die Beine.
"Müssen wir denn echt schon los? Ich will mich noch ein bisschen mit Izulein unterhalten.", quängelte Denki und grinste mich an.
"Ja. Ich ertrag dich nicht länger, also verschwinde!"
"Ist ja gut, ist ja gut! Dann bis wann anders Izulein. Hat mich gefreut dich kennenzulernen."
"Gleichfalls.", nuschelte ich und erwiderte Hitoshis Kopfnicken als Verabschiedung. Dann waren sie auch schon weg und ich blickte in zwei glühend rote Raubtieraugen.

2.077 Wörter

Ich bin nicht so happy mit dem Kapitel aber mir fehlt leider auch die Zeit es nochmal umzuschreiben...
Die Tage wird auch eine Umfrage noch hier erscheinen, denn ich plane ab Januar mit einem zweiten Projekt zu starten. Wenn ihr also Wünsche, Ideen oder so habt, haut sie gerne auch hier schon raus. Ich bin offen für alles :)

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top