24
Deku
"Ich will dich!"
Diese Worte schwirrten mir noch immer durch den Kopf. Obwohl es mitten in der Nacht war, konnte ich nicht schlafen. Katuskis Worte hatten mich aufgewühlt, mehr als ich zugeben wollte. Doch es erklärte so vieles. Ich merkte erst jetzt, wie viel ich eigentlich über die Zeit verdrängt hatte.
Er kam mir ständig zu nah, war relativ ruhig in meiner Nähe, küsste mich, doch wenn ich unter Drogeneinfluss stand, rettete er mich und verlor fast den Verstand, wenn ich Angst vor ihm hatte. Das Bild einer Frau mit grüngefärbten Haaren kam mir in den Sinn. Ich hatte sie zwar nur kurz gesehen, doch Katsuki hatte bestimmt mit ihr geschlafen. Zumindest ihre Haarfarbe war meiner sehr ähnlich. Vielleicht stand er auf sowas?
Aber ich war keine Frau. War er wirklich bi oder spielte ihm da sein eigenes Gehirn einen Streich? Ich wollte einfach nicht wahr haben, dass er sich wirklich ernsthaft für mich interessieren könnte. Es war absurd. Diese ganze Situation war absurd.
Dennoch fürchtete ich mich nicht mehr vor ihm. Ich verstand selbst nicht wieso, doch durch seine impulsive Handlung hatte der Blonde einen Schalter in mir umgelegt. Erst die Panik und die Wut war aus mir ausgesprochen, dann die Verzweiflung und Trauer. Gefühlt stundenlang hatte ich in seinen Armen gelegen und geweint. Ich hatte mich an ihn geklammert, als wäre er meine letzte Hoffnung, doch das war er nicht. Er war kein Beschützer. Er war kein Retter. Er war Bakugou Katsuki, Dynamight, Mitglied der Yakuza.
Doch wieso zwang er mich dann zu nichts? Wieso tat er mir dann nicht weh? Wieso hatte er mich einfach nur ins Bett gebracht, als ich aufgehört hatte zu weinen, mir etwas zu essen gebracht und war gegangen?
Noch immer Stand die mittlerweile kalte Suppe auf dem Nachtschränkchen neben mir. Sie roch verführerisch, aber ich bekam keinen Bissen hinunter. Fröstelnd zog ich mir die Decke bis ans Kinn und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Ich brauchte einen Plan. Das würde mir bestimmt Sicherheit geben. Aber was sollte ich tun? Was wollte ich überhaupt erreichen?
Ich könnte Katsuki nach Iumi fragen. Er wusste bestimmt, was mein Bruder getrieben hatte und was von den Vorwürfen wahr war. Vielleicht wusste er sogar, wo er war. Wenn ich das überhaupt wissen wollte.
Dann könnte er mir seine Arbeit zeigen. Hatte er mir nicht versprochen, mich überall mit hinzunehmen, wo ich wollte? Und dass ich mir alles anschauen durfte? Es irritierte mich zwar noch immer, dass er mir so ein Vertrauen entgegen brachte, aber auf der anderen Seite, ging er wohl davon aus, dass ich nie die Gelegenheit bekommen würde, es jemandem zu erzählen. Wenn das schon so war, musste ich diese Pille schlucken. Aber nur weil mein Schicksal bei einem eventuell notgeilen Gangster war, hieß das nicht, dass ich nicht das Beste daraus machen konnte.
Froh, endlich meinen Optimismus wiedergefunden zu haben, kletterte ich aus dem Bett. Ich war viel zu aufgedreht, um Schlafen zu können, also konnte ich die Zeit auch sinnvoll nutzen. Ich griff nach dem erst besten Kleidungsstück, welches auf dem Boden lag -einen weißes T-shirt mit dem Schriftzeichen "T-shirt".
Leise zog ich die Zimmertür hinter mir zu und ging den Gang entlang. Es war schwieriger als gedacht mich daran zu erinnern, wo sich dieses Arbeitszimmer befand. Auf meiner Suche öffnete ich alle Türen, die ich fand, doch außer einem Fitnessraum, einer Bibliothek und zwei weiteren Gästezimmern entdeckte ich nichts hilfreiches. Dieses Haus war aber auch unnötig groß. Unschlüssig blieb ich vor der letzten Tür stehen. Der Logik nach musste es Katsukis Schlafzimmer sein, da ich es bisher nicht gefunden hatte und sich unten nur der eine große Raum befand. Auf der anderen Seite, wollte ich dieses Arbeitszimmer finden und da ich mir sicher war, dass wir auf dem Hin- und Rückweg keine Treppen benutzt hatten, musste es hier sein.
Zögerlich öffnete ich die Tür einen Spalt und spähte in das Zimmer. Das schwache Licht, welches vom Flur hereindrang, ließ mich lediglich auf eine Bücherwand schauen.
Plötzlich vernahm ich ein Knurren aus einer Ecke des Raumes. Vor Schreck zuckte ich zusammen, konnte im Dunkeln jedoch nichts erkennen. Stark hämmerte mein Herz gegen die Brust. Dennoch hörte ich seine raue Stimme sofort. "Deku? Komm her." Katsukis Stimme jagte mir einen Schauer den Rücken hinab. Sie klang so tief und heiser und erinnerte mich an einen schmutzigen Film, den ich vor langer Zeit einmal gesehen hatte.
Nur ungern erinnerte ich mich daran, dass ich schon öfter festgestellt hatte, dass ich den Blonden nicht nur heiß sondern auch anziehend fand. Er sprach mein dummes Herz an, doch das würde ich verhindern.
Unsicher kam ich der Aufforderung nach, trat gänzlich in den Raum und schloss die Tür hinter mir. Dunkelheit umfing mich.
"Was tust du hier?", Katsukis Stimme klang näher als zuvor. War er etwa aufgestanden? Blind blickte ich durch den Raum, versuchte etwas zu erkennen, als ich eine Hand an meiner Schulter spürte und aufschrie. Ich hatte nicht damit gerechnet und fiel beinahe über meine eigenen Füße. Doch starke, warme Arme umfingen mich und statt auf dem Boden landete meine Wange an einer warmen Brust. Katsuki trug kein Oberteil. Jetzt war ich froh um die Schwärze, die die Röte in meinem Gesicht verstecken konnte. Ich sollte nicht hier sein. Was hatte ich mich nur dabei gedacht?
"Deku? Kannst du nicht schlafen?", fragte der Blonde und klang dabei so einfühlsam, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Hastig wand ich mich aus seinen Armen. Er ließ es geschehen.
"N-nein ich... ich wollte in das Zimmer und lesen.", gestand ich leise und spielte nervös an meinen Fingern. Bevor ich mir die Haut zu sehr kaputt machen konnte, legten sich seine Hände über meine.
"Okay. Dann komm."
Seit dem Vorfall heute Mittag war Katsuki wie ein anderer Mensch. Es irritierte mich zunehmend.
Sanft zog er mich in eine Richtung, dann blendete uns Licht. Instinktiv kniff ich die Augen zusammen und öffnete sie nur langsam wieder. Katsukis breite Brust erstreckte sich vor mir und ich zwang mich selbst dazu, meinen Blick nicht tiefer wandern zu lassen.
"Sieh mich nicht so an.", befahl er, doch es klang gepresst.
"Wieso?", fragte ich ohne Nachzudenken.
"Weil es mir dann echt schwer fällt mich zu beherrschen."
Der Schock musste mir ins Gesicht geschrieben stehen, als ich meinen Blick hob und Katsuki direkt in die roten Augen sah. Wie fast immer schienen sie Funken zu sprühen. Sein Blick lag auf mir und erst jetzt wurde mir bewusst, wie wenig ich eigentlich an hatte. Nur ein Tshirt und eine Boxershorts war nun wirklich nicht die beste Idee gewesen. Schließlich machte er keinen Hehl daraus, was er von mir wollte. Doch ich war absolut nicht bereit dazu ihm das zu geben!
"Ehm...", ich räusperte mich leicht, wusste nicht mal so ganz was ich sagen wollte, doch das musste ich auch nicht. Katsuki schien aus seinem Starren gerissen und wandte sich um. Noch immer hielt seine Hand meine fest, sodass ich gezwungen war ihm hinterher zu stolpern. Selbstsicher schritt er auf die Regalwand mit den Büchern zu und drückte irgendwo gegen. Es knirschte und eines der Regale öffnete sich wie eine Tür.
Mit riesigen Augen starrte ich darauf. "Cool, oder?", raunte eine tiefe Stimme mir ins Ohr und verpasste mir eine Gänsehaut. Schnell flüchtete ich mich durch die versteckte Tür, hinter der tatsächlich das Arbeitszimmer lag.
"Wieso versteckst du es?", fragte ich schüchtern und trat hinter den Schreibtisch. So war zumindest etwas Platz zwischen uns.
"Weil hier Dinge zu lesen sind, von denen nie ein Mensch erfahren sollte.", antwortete er mir knapp und kommentierte meine Flucht mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ich wusste, ich verhielt mich wie ein Kleinkind, aber er schüchterte mich nunmal ein!
"Und wieso darf ich es dann sehen?" Irgendwann würde mein vorlautes Mundwerk mich noch umbringen, das wusste ich.
"Weil es dich beruhigt und weil du es eh nie jemandem wirst erzählen können." Er klang so sicher dabei und wieder fragte ich mich, wieso er das alles tat. Was ging nur in ihm vor?
"Weil ich für immer dein Eigentum sein werde?"
"Exakt."
Ich schluckte bei diesen Worten schwer. Es war so endgültig und lag tonnenschwer auf meinen Schultern. "Dann sollte ich meine Zeit nutzen, oder nicht?", versuchte ich mir selbst Optimismus einzureden und wandte mich den Büchern zu.
Titel wie "Umsätze 2020" und "Exporte 2020-2021" krönten das ganze Regal. Ich wusste zwar nicht worum es in den Akten ging, aber mit "Käufer" konnte ich zumindest etwas anfangen, also zog ich den Ordner heraus. Er war schwer und ich musste mit zwei Händen danach greifen, damit er nicht herunter fiel.
"Ich wüsste da zwar etwas viel besseres, um dir die Zeit zu vertreiben, aber bitte. Wenn du etwas brauchst, du weißt, wo du mich findest.", kommentierte Katsuki und verschwand wenige augenblicke später wieder aus der Tür.
Die nächsten Stunden verbrachte ich mit Lesen und versuchte so viel wie möglich zu verstehen. Doch ich kannte mich nicht mit Buchführung aus und der Großteil war in riesigen Tabellen, die mit großen T's in eine S-Seite und eine H-Seite unterteilt waren und Zahlenkombinationen als Überschriften trugen. Dazu nur Abkürzungen, die ich nicht kannte, und Summen. Ziemlich hohe Summen nebenbei bemerkt, dennoch verstand ich nur Bahnhof. Bisher hatte ich mich nicht getraut den Computer einzuschalten, schließlich war Katuski direkt nebenan und auch wenn er vielleicht schlief, war mir die Chance zu groß, dass er mich dabei erwischte, wie ich versuchte mir Hilfe zu holen. Wie hätte ich das auch anstellen sollen? In Foren posten? Als ob mich da jemand ernst nehmen würde. Und Katsuki würde mich wahrscheinlich wirklich verschwinden lassen, wenn ich versuchen würde, zu entkommen.
"Gefunden, was du gesucht hast, Nerd?", ertönte es da plötzlich von der Tür und ließ mich aufschrecken. Katsuki lehnte im Rahmen, hatte die Arme verschränkt und beobachtete mich. Wie schon heute Nacht trug er kein Shirt, sodass ich unbegrenzte Sicht auf seine Muskeln hatte. Bis hin zu einer gut sichtbaren V-Linie, die sich im Bund seiner schwarzen Boxershorts verlor. Wie lange stand er dort schon? Ich spürte, wie ich rot wurde und sah auf den Boden, der über und über mit aufgeschlagenen Ordnern gepflastert war. "Ich verstehe nichts hiervon.", gab ich verlegen zu und schloss den Ordner, der auf meinen Beinen lag.
"Ich kann es dir erklären. Aber nicht jetzt. Du musst essen." Schon wieder hatte er diese sexy Morgenstimme und ich fragte mich, ob er mit Absicht so sprach oder nicht.
Nur wackelig kam ich auf die Füße. Vom langen Sitzen und kurzen Klamotten war ich ausgekühlt und meine Beine eingeschlafen. Als ich Anstalten machte, über die Ordner zu klettern, hielt der Blonde mich kurzerhand auf, in dem er selbst einen Schritt zu mir machte und so dicht vor mir stand, dass ich seine Wärme spüren konnte.
"Du musst besser auf dich aufpassen.", brummte er und hob mich mit einer Bewegung hoch. Intuitiv schlang ich meine Arme und Beine um ihn, um nicht zu fallen. "Ich kann selbst laufen.", stammelte ich und presste mein Gesicht in seine Schulter. Ich war schon wieder rot wie eine Tomate. Es gefiel mir nicht, dass er mich wie ein Kind herum trug. Das war keine Fürsorge und auch nicht süß! Auf gar keinen Fall!
"Du bist eiskalt.", erwiederte Katsuki ohne auf meinen Kommentar einzugehen. Ohne weitere Worte trug er mich in sein Zimmer. Ich hatte erwartet, dass wir es nur durchqueren würden, doch stattdessen setzte er mich auf seinem Bett ab. Sogleich versank ich in den weichen Larken. Es wunderte mich, dass er nicht auf einer harten Matratze schlief. So weich und flauschig wie sein Bett war, schien es eigentlich nicht sein Stil zu sein.
Mit einem schelmischen Grinsen kniete er vor mir und beugte sich leicht über mich. Sofort wich ich zurück und landete mit dem Rücken auf der Decke. Ein Funkeln stand in seinen Augen, während ich nicht mehr im Stande war zu denken.
Erst als er über mich griff und eine Decke über meinen Körper zog, realisierte ich, dass ich die Luft angehalten hatte. Hektisch atmete ich ein und aus, doch Katsuki beachtete mich nicht länger.
Selbstsicher wie immer kramte er etwas aus einem verdammt großen Schrank und hielt es mir hin. Es war ein grünes ziemlich großes Stück Stoff.
"Was ist das?", fragte ich unsicher. Auch wenn meine größte Angst verblasst war, war da immer noch mein gesunder Menschenverstand.
"Ein Pulli. Zieh dich um und komm dann runter.", befahl er und schmiss ihn aufs Bett, ehe er den Raum verließ.
2.076 Wörter
Was soll ich sagen? Ich wollte das Kapitel kürzen, habs aber nicht übers Herz gebracht. Und es würde meine gesamte Kapitelübersicht zerstören, die so wunderbar aufgeht gerade... Ihr seht, ich hatte keine Wahl. Also genießt es ;)
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