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Als Thomas verlobte ihn fand, war er bereits mehr tot als lebendig - sie wollte mit einigen anderen Zimmermädchen und Putzfrauen der kleinen Pension von Thomas in jenem verlassenen Schuppen eine geheime Party feiern und ist daher rein zufällig auf ihn gestoßen. Als ich von Oliver die Nachricht bekam, dass Thomas wieder aufgetaucht war, folgte ich ihm heimlich im Dickicht des Walds, verborgen vor den Augen der besorgten hofbewohner und denen der Rettungskräfte. Oliver kam jedenfalls zu spät, Thomas verlobte hingegen hatte das Glück noch ein paar letzte Worte mit ihm wechseln zu können - bevor er in ihren Armen starb. Oliver kauerte am dreckigen, lehmigen waldboden neben der Leiche seines Sohns, ein gebrochener Mann, so, wie ich es mir immer gewünscht habe. Der Wald war ganz still, als hielte er den Atem an. Tränen rannen seine Wangen hinab, ich habe ihn vorher noch nie weinen gesehen. Mein Plan war letztendlich aufgegangen, ich habe ihm den Menschen genommen, der ihm am meisten bedeutet, wie du mir, so ich dir. Einen Menschen seelisch zu zerstören, war schwer, wenn man es nachhaltig machen wollte - man musste ihm auch den letzten Rest Hoffnung nehmen, dass irgendwann wieder alles gut werden würde. Jetzt, wo ich Oliver neben seinem toten Sohn knien sah, wusste ich, dass es mir gelungen war. Er hatte kapituliert, er war am Boden. Dort wollte ich ihn schon immer haben. Es tat gut ihn so zu sehen, den zersplitterten stolz in seinen Augen, die nun rot geweint und wässrig waren. Der Geruch nach Angst und zorn, Schweiß und Adrenalin. So hat es sich für mich auch angefühlt neben meiner toten Mama zu stehen - so und nicht anders. Manchmal muss man Menschen auf die harte Tour zeigen, was sie einem angetan haben, denn nur dann verstehen sie es. Man musste den Schmerz, die Sorgen, die Vorwürfe, all das, am eigenen Leib spüren, sonst konnte man eine solche Situation gar nicht beurteilen. Ein kleines, aber feines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, ich hatte gesiegt. Das Spiel ist aus, die Maus ist tot. Ich habe mich innerlich befreit, all mein Hass auf Oliver wurde umgewandelt, auf ihn transferiert und äußerte sich nun in tiefster Verzweiflung. Es war schön zuzusehen, wie er litt - mit jeder faser seines Körpers. Ich hatte ihn in den Abgrund gestoßen, der Fall hatte einige Tage lang gedauert, aber nun war er unten aufgeprallt, mitten in den Scherben aus denen nun sein Leben bestand. Es würde lang dauern bis er wieder aufstehen und weiter kämpfen würde, gegen mich. Vielleicht würde es auch nie geschehen. Vielleicht war ich der ultimative Sieger. Vielleicht kein Sieger mit einem Heiligenschein, aber wer brauchte so einen Quatsch auch schon?! Ich habe mich schon lang nicht mehr so frei und befriedigt gefühlt, seit Jahren nicht mehr. Nun konnte ich endlich ohne Ballast durchs Leben gehen - denn meine Vergangenheit war endlich abgeschlossen. Ich empfand nicht mal mehr Hass gegen Oliver, höchstens etwas Abscheu, seine Taten waren gesühnt worden. Ich konnte die schlimmste Phase meines Lebens hinter mir lassen. Mein Herz atmete auf und meine Seele genoss diesen neuen, friedvollen Zustand.
Was sagt ihr dazu, dass Thomas an den Folgen der Entführung gestorben ist?
Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen
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