65💒
"Geht es dir gut?" fragt Alec sanft und haucht einen Kuss auf meine Stirn. Er blickt mir tief in die Augen und wartet auf eine Antwort. So wie jedes Mal wenn wir Sex hatten. Egal in welcher Form unsere Hingabe erfolgte. Immer ist es diese Frage die er mir stellt. Und immer macht mein Herz einen kleinen Hüpfer bei seinen Worten. Denn sie zeigen mir, dass es ihm wichtig ist wie es mir geht. Und gerade wächst mein schlechtes Gewissen in ungeahnte Höhen. Oft habe ich mich nach dem Sex zurückgezogen, Alec einfach alleine gelassen und nicht zu schätzen gewusst, wie besonders diese Worte sind.
"Was ist los?" fragt Alec skeptisch und ich atme einmal tief ein um genug Luft für die folgenden Worte zu haben.
"Es geht mir gut. Sogar sehr gut. Wie immer wenn wir miteinander geschlafen haben. Aber mir wird gerade bewusst, wie schrecklich ich mich dir gegenüber so oft verhalten habe. Das kann ich nicht wieder gut machen und es tut mir leid." sage ich mit immer leiser werdender Stimme und schaffe es nicht mehr Alec in die Augen zu sehen. Er nimmt mein Kinn zwischen seine Finger und drückt meinen Kopf wieder nach oben. Verdammt, da ist es wieder. Dieses Funkeln in den Augen und die Art wie seine Blicke mich durchbohren.
"Du lebst zu sehr in der Vergangenheit. Wenn das hier funktionieren soll, und ich hoffe, dass es das wird, dann musst du das hinter dir lassen. Das alles. Magnus, habe Vertrauen in dich und unsere Liebe. Auch, wenn du es nicht sagst, weiß ich, dass du mich auch liebst. Und ich liebe dich."
"Ich will ebenfalls, dass es funktioniert. Es fällt mir schwer blind zu vertrauen. Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich dir schon eine Menge Vertrauen entgegen gebracht ohne es bewusst zu wollen." antworte ich.
"Kleine Schritte Magnus." sagt Alec und haucht einen Kuss auf meinen Mund. Sein Daumen gleitet über meinen Kiefer und diese liebevolle Berührung löst einen wohligen Schauer aus. Selten habe ich mich so geborgen gefühlt. Eigentlich noch nie. Nicht bei einem meiner Partner. Das schaffte niemand. Vielleicht lag es auch daran, dass ich es nicht zugelassen habe. Es ist das erste Mal, dass ich zu meinen Gefühlen stehe und mein Herz öffne.
"Ich habe wirklich geglaubt dich verloren zu haben. Das hätte ich nicht ertragen." sage ich leise. Alec zieht mich in eine feste Umarmung und ich atme erleichtert aus. Ich bin angekommen. Hier gehöre ich hin. Ich spüre es ganz deutlich.
"Frohe Weihnachten Baby." flüstert Alec und unwillkürlich fange ich an zu kichern.
"Ist das nicht ein bißchen spät?"
"Dafür ist es nie zu spät. Wartet da nicht noch ein Geschenk auf mich?" fragt er wie beiläufig.
"Hmhm. Ein kleines. Nicht so toll wie deines. Das kann ich die nächsten vierzig Jahre nicht toppen." nuschele ich verlegen und vergrabe mein Gesicht noch tiefer in Alecs Brust. Sein unvergleichlicher Duft strömt mir entgegen. Es ist diese Mischung aus Meer und Alec und das salzige Aroma seiner sexgetränkten Haut. Ich liebe es. Und es bringt definitiv meinen Körper dazu, in den Sexmodus zu wechseln. Mein Körper ist ein mieser Verräter. Zuckend meldet sich mein Penis und Alec kneift mir kräftig in den Hintern. Ich stöhne wohlig und presse mich noch dichter an Alecs warmen Körper. Energisch drückt er mich von sich und ich sehe in seinen verdunkelten Augen, dass es eigentlich nicht das ist was er möchte. Aber die Vernunft übernimmt, wie so oft.
"Wir kleben. Lass uns duschen. Und dann möchte ich mein Geschenk auspacken." sagt Alec und frustriert nicke ich. Er hat ja recht. Aber einverstanden bin ich damit nicht.
"Danach führe ich dich aus. Ganz offiziell als Paar. Wie klingt das?" In meinem Magen sammeln sich sämtliche verfügbaren Schmetterlinge und beginnen aufgeregt wild umher zu flattern.
"Das klingt toll." sage ich leise und beiße mir verlegen auf die Unterlippe. Ein leichter Schmerz durchzieht meine Unterlippe und ich atme geräuschvoll aus. Angespannt beobachtet Alec jede meiner Reaktionen und ich schlucke trocken. Der dicke Kloß in meinem Hals schmerzt und führt dazu, dass meine Augen erneut von einer Flut salziger Tränen überschwemmt werden.
"Finde ich auch." antwortet Alec und verbindet unsere Lippen zu einem gefühlvollen Kuss. Jedes Mal entfachen seine Lippen auf meinen einen Sturm von Gefühlen und Emotionen. Und jedes Mal denke ich, es kann nicht schöner werden. Doch das Leben straft mich Lügen. Jede Berührung fühlt sich anders an. Neu, aber auch vertraut. Es liegt soviel Liebe und Hingabe in diesem Augenblick und ich wünschte, es würde niemals enden. Aber alles endet irgendwann. So auch dieser Kuss, der mich atemlos und mit geschwollenen Lippen zurücklässt.
Mit verklärtem Blick sieht Alec mich an und schließt kurz darauf seine Augen. Nur kurz, einen Wimpernschlag später und die Lust ist seinem Blick gewichen. Zurück bleibt Liebe und Fürsorge.
"Komm mit mir." sagt er sanft und reicht mir seine Hand. Gemeinsam verlassen wir die warme schützende Umgebung des Bettes und betreten mit ineinander verschränkten Händen das Badezimmer. Noch immer liegt ein letzter Hauch von Alecs Shampoo in der Luft. Fordernd drängt er mich in die gläserne Kabine und schließt die Tür. Seine Brust berührt nur leicht meinen Rücken und aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er das Wasser anstellt und wohlige Wärme aus dicken Tropfen auf uns hernieder prasselt. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und spüre Alecs starke Schulter die mir als Kissen dient. Ich fühle mich sicher und geborgen. Meine Entscheidung war richtig. Wie konnte ich nur je daran zweifeln?
Das Klicken einer Tube und der Geruch nach Meer und Salz, Algen und Freiheit vermischt sich mit dem Dunst der Wasserschwaden. Genüsslich schließe ich meine Augen und spüre bald darauf die starken Hände meines Mannes. Mit kreisenden Bewegungen verteilt er das duftende Gel auf meiner Haut und ich genieße seine sanften Berührungen.
"Lass uns ein paar Tage wegfahren." raunt Alec in mein Ohr und ich nicke. Seine Hände gleiten über meinen Bauch und ich schlinge meine Arme nach hinten. Meine Fingerspitzen berühren seinen festen wohlgeformten Po, Alecs Atem trifft auf meine Haut als er einen Kuss in meine Halsbeuge drückt.
"Nur wir zwei." antworte ich.
"Ja. Nur wir zwei. Ich zeige dir die Waldhütte von der ich dir erzählt habe. Morgen früh können wir los. Wenn du willst."
"Okay." hauche ich und kralle meine Finger fest in Alecs Hintern. Liebevoll gleiten seine Hände über meine Brust und den Hals. Selbst das Säubern meines verschwitzten Körpers erregt mich. Denn es ist nicht irgendein Mann der mich berührt. Es ist Alec. Mein Ehemann.
"Ich schreibe Jace und meinem Vater das wir dort sind."
"Warum?" frage ich irritiert. Was sollte es sie angehen wo wir sind?
"Nur für den Notfall. Die Hütte ist mitten im Nirgendwo. Wenn wir einschneien, dann möchte ich sicher gehen, dass mein Bruder weiß wo wir sind. Das Handynetz suchst du da vergeblich. Es gibt nichts weiter als jede Menge Bäume und der See ist sicherlich zugefroren. Sollten uns die Vorräte ausgehen, dann werde ich elendig verhungern. Für dich jage ich alles was mir vor die Flinte kommt. Aber ich werde das nicht essen." beantwortet Alec meine Frage. Wieder einmal bin ich über die Opferbereitschaft von Alec überrascht. Es erwärmt mein Herz und lässt mich selig lächeln. Er ist ein toller Mann.
Gemeinsam duschen wir zu Ende und Alec wickelt mich in eines der großen flauschigen Handtücher. Ich zittere leicht und einzelne Wassertropfen perlen aus meinen Haaren. Sie verschwinden im Blau des Stoffes welcher fest um meinen Körper gewickelt ist und Alec lächelt mich verschmitzt an.
"Kleine Frostbeule." sagt er liebevoll und rubbelt mit seinem Handtuch meine Haare trocken. Dass er nackt vor mir steht stört mich nicht im Geringsten. Und gerade als ich darüber nachdenke meine Lippen auf seine wohlriechende Brust zu legen, reißt die Klingel an der Haustür mich aus meinen sündigen Gedanken. Frustriert stöhne ich auf und innerlich verfluche ich den Menschen der vor der Tür steht.
"Ich geh schon. Trockne dich ab und zieh dich in Ruhe an. Ich kümmere mich um den ungebetenen Besucher." sagt Alec und verschwindet aus dem Bad. Als ein weiteres Mal das schrille Geräusch der Klingel ertönt sehe ich Alec im Vorbeilaufen sich das Shirt über den Kopf streifen. In seiner Eile muss er sich vergriffen haben. Die Jogginghose die er trägt ist an den Beinen zu kurz und somit meine. Innerlich kichere ich über den Anblick von Alec mit zu kurzen Hosenbeinen. Gedämpft dringen Stimmen an mein Ohr und verwundert registriere ich, dass Alec die Tür zum Schlafzimmer zugezogen hat. Verwundert darüber runzele ich die Stirn und frage mich unweigerlich, warum er das getan hat. Wir verschließen nie die Türen. Auch wenn ich nachts in meinem Büro sitze und mir die Finger wund tippe ist die Tür geöffnet. Genauso wie die zum Schlafzimmer.
Angezogen und mit wild klopfendem Herzen öffne ich die Tür und bleibe kurz stehen. Ich atme tief durch und sende ein kleines Gebet an wen auch immer der über uns wacht. Der Schatten einer Erinnerung blitzte soeben auf, als die laute Stimme Alecs von einer noch lauteren eindeutig männlichen Stimme überlagert wurde. Inständig hoffe ich, dass es ein Streich meines Verstandes war. Langsam und darauf bedacht keine Aufmerksamkeit zu erregen trete ich aus der Tür und kralle mich in den hölzernen Handlauf. Wie ferngesteuert tragen mich meine Beine die Treppe hinunter. Und nie war ich froher als in diesem Moment, dass Alec die knarzende Stufe repariert hat. Mein Herz schlägt bis zum Anschlag hart gegen meine Brust und ich spüre es bis in den Hals. Die folgenden Sätze bereiten mir Übelkeit.
"Du hast mich angerufen.." sagt der ungebetene Besucher und Alec unterbricht seine Worte.
"Aber du solltest nicht einfach unangemeldet hier aufkreuzen." sagt er zornig.
"Ich konnte nicht länger warten." Alec stöhnt frustriert. Was hat er getan?
"Du hast zehn Jahre gewartet. Da kommt es auf ein paar Tage auch nicht an. Magnus weiß nichts hiervon. Gib mir ein paar Tage Zeit. Ich ruf dich an. Nachdem ich mit ihm gesprochen ha..."
"Alexander?" schluchze ich und anstatt in die wunderschönen blauen Augen meines Mannes zu schauen, sehe ich in meine. Und hab das Gefühl jeden Moment den Boden unter den Füßen zu verlieren.
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