14
In Acht nehmen; denn ich bin furchtlos und darum mächtig.
Mary Shelley, in: Frankenstein
Daria schaffte es, die Begrüßung des unerwünschten Gastes hinter sich zu bringen, ohne ihn über den Tisch hinweg anzuspringen. Es kostete sie aber einiges an Anstrengung. Seine Anwesenheit konnte kein Zufall sein. »Was treibt dich denn hierher?«
»Das Essen natürlich. Mama, das sieht großartig aus.«
Wie immer reagierte Paul gelassen und griff nach einem Weißbrot. Als ob er durch das reine Starren und Kauen alle Informationen finden würde, die er suchte. Irgendetwas war ihm über die Leber gelaufen, schon seit ein paar Tagen. Aber es dauerte immer so lange, bevor er es ansprach.
Mark hatte alle Zeit der Welt und bediente sich aus der Pfanne mit dem Rührei. Das helle Esszimmer, indem sie bis eben noch geplaudert hatten, strahlte mit einem Mal weniger Gemütlichkeit aus. Wobei Mark keine Unruhe verbreitete. Mit der Gabel spießte Daria eine gegrillte Tomate auf und zwang sich zum Essen. Eigentlich war er sogar der Inbegriff von Entspannung, wie er da auf dem Stuhl fläzte und as.
»Danke, mein Schatz. Bedien dich ruhig, es ist genug da.« Heike setzte sich wieder neben Daria an den Tisch und wandte sich als erstes an ihren ältesten Sohn. »Nun, Paul - wie geht es Lisa und unserem Feechen? Schade, dass sie heute nicht hier sind!«
Pauls Hand hielt inne, bevor er das angebissene Brot zurück auf seinen Teller legte. Die Regeln galten für alle - an Heikes Tisch wurde nicht mit vollem Mund geredet. Niemand traute sich, dagegen zu verstoßen, auch wenn Pauls Mutter sie nicht mehr auf ihre Zimmer schicken konnte. »Ihr habt Feeke doch am Wochenende erst gesehen. Heute sind sie bei einer Stillgruppe.«
»Ah, möchte sich Lisa mit anderen Müttern austauschen?« Pauls Mutter goss Kaffee in eine Tasse und vermischte sie mit Milchschaum. Mit einem Lächeln reichte sie das Getränk an Daria weiter.
»So ähnlich«, antwortete Paul und schob seine eigene Tasse zu seiner Mutter, die ihm aber lediglich die Kaffeekanne hin hielt. Seufzend schenkte er sich selber ein. »Angeblich ist unsere Kleine das einzige Kind, das in dieser Zeit durchschläft. Lisa ist diese Zeit heilig.«
Jürgen stand auf und griff nach der leeren Brotschale. »Hast du eigentlich nächsten Freitag schon etwas vor, Paul?«
»Muss ich im Kalender schauen. Warum?«
»Ich habe vielleicht einen Auftrag für dich. Food-Fotografie«
»Das klingt ...«
Heikes Schnalzen unterbrach das Gespräch. »Keine Geschäftsgespräche beim Essen.«
Vater und Sohn zuckten gleichzeitig zusammen, während Daria ihre Hand vor den Mund schob, um ein Grinsen zu verstecken. Ohne es steuern zu können, verhakte sich ihr Blick mit Marks, dessen blaue Augen vor unterdrückter Erheiterung funkelten. Ein kleiner Teil in Darias Innerem flatterte. Sie kannte diesen Ausdruck. Schnell wandte sie den Blick ab.
Aber Mark gab nicht so schnell auf. »Und wie läuft dein Studium so, Daria?«
»Großartig«, zwitscherte sie und trank einen Schluck Kaffee.Mark deutete diskret mit einem Finger auf seine Oberlippe. Sie spürte die Feuchtigkeit auf ihrer Haut und leckte sich den Milchschaum mit der Zunge weg. Marks Blick wurde dunkler, heißer. Diesmal musste sie sich richtig bemühen, um ihn zu ignorieren.
»Ich habe keine Ahnung von Mathe«, hakte Heike nach. »Was macht ihr da eigentlich?«
»Naja, im Prinzip, alles Mögliche.« Daria räusperte sich und strich sich eine nervende Haarsträhne hinter das Ohr. »Zum Beispiel auch praktische Sachen. Ich könnte ausrechnen, wie viel Alkohol ich vertrage.« Hatte sie das wirklich gesagt?
»Faszinierend«, lachte Mark auf. Unter dem Tisch ertönte ein klatschendes Geräusch. Entweder hatte ihn seine Mutter oder Paul getreten. Wäre sie nicht so nervös gewesen, hätte sie es selber getan.
Jürgen winkte mit seinem Brotmesser in ihre Richtung. »Apropos Mathe. Da habe ich letztens erst einen Witz gehört.«
Die Jungen stöhnten aber Daria war dankbar für jede Hilfe. »Schieß los!«
»Warum können Piraten den Umfang eines Kreises nicht berechnen?«
»Sag es uns, Liebling«, forderte ihn Heike auf, als niemand antwortete.
Jürgen kicherte. »Weil sie Pi raten müssen!«
Die Stimmung im Raum löste sich und Daria musste lachen. Auch die Anderen stimmten ein, nur Paul nicht.
Wahrscheinlich hielt er sich deshalb bislang zurück. In seinem Kopf arbeitete es.
»Das klingt nach Noah«, grinste Mark.
Jürgen stich sich lächelnd Margarine auf ein Brötchen. »Ist auch von ihm.«
»Es ist nur schade, dass dein Studium so viel Zeit einnimmt«, erklärte Paul plötzlich. »Immerhin gibt Daria jetzt sogar das Fechten auf.«
Das war es also.
»Du fichst nicht mehr?« Heike blinzelte überrascht und Daria sah sich der geballten Aufmerksamkeit der ganzen Familie ausgesetzt.
Sie stellte ihre Tasse auf den Tisch und rammte Paul ihren Ellenbogen in die Seite. »Das stimmt doch gar nicht. Ich werde weiterhin mit dir fechten, wann immer du Zeit hast. Aber ich möchte keinen anderen Partner.«
Pauls Stirnrunzeln machte mehr als deutlich, dass er das anders sah.
»Ich probiere halt mal etwas anderes aus«, fügte sie hinzu.
Stur schüttelte Paul den Kopf. »Man fängt doch nicht plötzlich mit etwas Neuem an. Es tut mir leid, dass ich weniger Zeit habe, wirklich. Neben Lisa, Feeke und der Arbeit komme ich einfach nicht mehr so viel raus.«
Also hatte er Schuldkomplexe. »Blödsinn, Füchschen. Das ist ok. Du kannst immer noch auf mich zählen, wenn du mal deinen Hintern versohlt kriegen willst.«
»Da wäre ich zu gerne dabei«, raunte Jürgen seiner Frau zu, die ihr Lächeln hinter einer Serviette versteckte.
Darias Wangen wurden heiß. Als Rothaarige war sie dafür anfällig, deswegen vermied sie es normalerweise, sich vor Pauls Eltern zu blamieren. Aber heute ließ sie sich ablenken. Ihre Augen wanderten zu Mark, der sie immer noch anstarrte. Daria schluckte, aber ihr Hals blieb trocken.
Pauls Vater drehte sich ebenfalls zu seinem jüngsten Sohn um. »Ach, Mark, wie geht es eigentlich ...« Stockend unterbrach er sich selbst und für einen Moment traf sein Blick Daria.
Was sollte das denn? »Wie geht es wem?«, hakte sie nach und blickte prüfend von einem zum anderen.
»Dumas«, antwortete Mark und schob sich eine weitere Tomate in den Mund.
»Ja, genau.« Heike nickte. »Wie läuft es denn mit der Kleinen?«
Kleine? Irgendwo hatte sie den Faden verloren.
Neben ihr schob Paul seinen Teller zurück. Sein Oberarm berührte ihren, als er sich in seinem Stuhl zurück lehnte. »Mark lässt Dumas seit einiger Zeit von der Tochter seiner Exfreundin reiten. Diona, oder?«
»Ja. Aber sag lieber Didi. Und Exfreundin ist übertrieben, immerhin waren ihre Mutter und ich nur knapp zwei Monate zusammen.«
Daria musterte ihn kritisch. »Aber offenbar lange genug, um dieser Tochter dein Pferd anzuvertrauen.«
Jetzt hatte sie wieder seine volle Aufmerksamkeit. Ihr Nacken prickelte, als er sich vorbeugte und seine Ellenbogen auf dem Tisch abstützte. »Ich wusste gar nicht, dass du dich so für Dumas interessierst«, stellte er fest.
Daria biss die Zähne zusammen und versuchte, keine Miene zu verziehen. »Was soll ich sagen. Ich liebe Pferde.«
»Oh, Kinder. Das ist die Lösung.« Heike klatschte sich in die Hände. »Wenn Daria eine neue Sportart sucht, kann sie doch reiten ausprobieren. Oder hättest du etwas dagegen, Mark?«
Langsam verzogen Marks Lippen zu einem breiten Lächeln. »Eine fantastische Idee, Mama. Ich fände es toll, mit Daria zu reiten.«
Obwohl die Worte völlig harmlos klangen, wurde Daria warm. Schnell stand sie auf. »Wirklich großartig. Ich muss kurz ins Bad«, erklärte sie und verließ den Raum so langsam wie möglich. Nur keine Schwäche zeigen.
Ihr Puls beruhigte sich erst wieder, als sie die Tür hinter sich verriegelte. Das Bad war schön und viel größer, als die letzte Wohnung, die sie sich angeschaut hatte. Sie stellte das Wasser an und kühlte ihren Nacken. Ob es wohl merkwürdig wäre, wenn sie einfach aus dem Fenster fliehen würde? Seufzend drückte sie ihre Stirn gegen die kalte Spiegelfläche. Mist. Natürlich würde sie nicht kneifen. Zum Glück für sie war Paul entweder zu müde, oder zu abgelenkt - jedenfalls waren die Chancen gut, dass er ihr komisches Verhalten gar nicht bemerken würde. Zumindest wenn sie jetzt schnell die Kurve bekam. Sie blickte auf die Uhr. Kurz vor eins. Normalerweise wäre sie bis zwei geblieben und hätte sich von Paul zu ihrem nächsten Besichtigungstermin fahren lassen. So wie die Dinge standen könnte sie sich aber auch einfach früher aus dem Staub machen. Daria trocknete sich das Gesicht ab, benutzte die Toilette und wusch sich anschließend noch einmal die Hände. Bevor sie die Tür öffnete, holte sie tief Luft. Sie ging den Flur entlang, vorbei an dem früheren Kinderzimmer von Paul. Wie viele Stunden hatte sie hier verbracht und das Gefühl genossen, einen Platz zu haben, an dem sie erwünscht war. Mit einem Lächeln strich sie über die Tür. Es folgte Jonas Zimmer und das von Marlene. Noahs und Marks waren oben, genauso wie das winzige Gästezimmer, das Daria immer genutzt hatte.
»Ich habe keine Ahnung.« Gedämpft ertönte Marks Stimme aus der Küche. »Weißt du denn, was das Problem sein könnte?«
Ohne genau zu wissen warum, blieb Daria stehen. Lauschen gehörte sich nicht. Aber sie kam nicht gegen ihre Neugier an.
»Vielleicht«, antwortete Heike zögernd. »Lass uns doch die nächsten Tage einmal telefonieren, mein Schatz. Jetzt ist vielleicht kein so guter Zeitpunkt.«
»Danke, Mama.« Seine Stimme wurde leiser. »Übrigens, Marlene würde gerne ein paar deiner Spezialrezepte bekommen.«
Heike stöhnte.
»Ich weiß. Hast du nichts einfaches? Was ist denn mit diesen österreichischen Mohnnudeln?«
»Naja, schwer sind sie nicht.« Papier raschelte. »Aber ob es ihr reicht?«
»Schickst du mir Fotos?«, bat Mark. Obwohl sie satt war, lief Daria das Wasser im Mund zusammen. Am Wochenende hatte es bei Darrers ganz oft Mohnnudeln gegeben. Heike hatte ihr selbst das Rezept schon gegeben und sie stimmte zu, dass es eher einfach war. Aber Marlene war schlecht einzuschätzen.
»Klar.« Ein paar Seiten wurden umgeblättert. »Weißt du noch, Daria hat die früher so geliebt.«
»Ich weiß.«
Ein Schatten fiel durch die Tür und Daria trat erschrocken einen Schritt zurück. Sie blickte hoch und starrte Mark ins Gesicht. Warum war er nicht durch den Durchlass ins Esszimmer gegangen?
Abrupt blieb er stehen, dann griff er hinter sich und zog die Tür zu. Der Flur wurde nur noch durch das Fenster am anderen Ende beleuchtet, was nicht viel war.
»Hast du etwa gelauscht?«, flüsterte Mark.
»Nein! Natürlich nicht.«
Mit einem selbstgefälligen Lächeln lehnte Mark sich gegen die Wand und versperrte den Weg zur Küche. »Also lungerst du hier nur zufällig herum?«
Daria drückte den Kloß in ihrem Hals runter, bis er sich mit dem Flattern in ihrem Bauch verband. Mit durchgedrücktem Rücken baute sie sich vor ihm auf. »Genau. Du stehst mir im Weg.«
Lächelnd hob Mark beide Hände. »Ich denke nicht. Du kannst jederzeit vorbei.«
Als ob sie sich jetzt eng an ihm entlang pressen würde. Kopfschüttelnd blieb Daria stehen. »Es ist mir völlig schleierhaft, warum du deine Aufdringlichkeit für so unwiderstehlich hälst.«
Seine Mundwinkel zuckten. »Ach? Tue ich das?«
Ihre Lippen waren trocken aber sie würde jetzt nicht den Fehler machen, sie mit der Zunge zu befeuchten. »Scheint so. Weshalb bist du sonst hier?«
»Im Moment? Weil ich dir dir meine Nummer geben wollte.« Aus seiner Tasche zog Mark einen Zettel und hielt ihn ihr hin. »Wegen der Reitstunde, du erinnerst dich?«
»Das kannst du doch nicht ernst genommen haben!«, protestierte Daria.
Seine Hand wedelte das Papier vor ihrer Nase hin und her. »Ach, du traust dich nicht?«
Daria bleckte ihre Zähne und schnappte sich das Papier. »Als ob ich Angst vor dir hätte.«
Die Tür öffnete sich hinter ihm, aber Mark verdeckte den Spalt mit seinem Körper. »Ach, da bist du«, erklärte Heike. »Ich habe dir die Fotos geschickt. Kannst du die frische Kaffeekanne mitnehmen?«
»Klar.« Mark folgte seiner Mutter und Daria blieb mit dem Zettel zwischen den Fingern zurück.
Wütend stopfte sie ihn in ihre Tasche und zählte bis fünf.
Die Familie saß schon wieder am Tisch, als Daria das Esszimmer betrat. »Entschuldigt bitte«, erklärte sie. »Ich habe noch einen Besichtigungstermin und muss los.«
»Jetzt schon?«, fragte Heike und runzele ihre Stirn.
Daria nickte.
Paul stand auf. »Das wusste ich gar nicht. Soll ich dich fahren?«
»Nein, nicht nötig. Ist nicht weit von hier.« Schnell umarmte sie Paul und Heike. »Danke für die Einladung.«
Mit einem letzten Nicken verließ sie das Haus.
Zu Fuß brauchte sie beinahe vierzig Minuten zum Mehrfamilienhaus. Die Gegend war nett. In der gleichen Straße gab es einen Supermarkt. Vielleicht hatte sie nach diese zwei schrägen Treffen ja Glück.
Nachdem Daria trotzdem noch zu früh war, setzte sie sich auf die Eingangstreppe und blätterte in ihrem neuen Mathelehrbuch. Aber so sehr sie es auch versuchte, sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Der Zettel mit der Nummer schien in ihrer Tasche zu glühen und mit einem frustrierten Seufzer zog Daria ihn hervor. Um nicht als Feigling zu gelten, würde sie sich melden müssen, also könnte sie die Nummer auch gleich in ihr Handy einspeichern.
Tatsächlich fühlte sie sich wirklich ruhiger, als sie es erledigt hatte. Daria stützte sich auf ihre Knie ab und beobachtete die vorbeiziehenden Menschen. Die Meisten schienen es eilig zu haben, nur Vereinzelte schlenderten an ihr vorbei. Sie konnte es ihnen nicht verdenken. Auch wenn die Gegend nett war, zog nichts wirklich ihren Blick auf sich. Zu dem Gebäude gehörte ein Garten, doch die Büsche standen förmlich in Reih und Glied. Alles war sauber und beinahe künstlich, auch wenn das natürlich quatsch war.
Daria unterdrückte ein erleichtertes Seufzen, als sich die Tür schließlich öffnete und eine hagere Frau auf sie hinab sah. Für einen kurzen Moment zogen sich die Mundwinkel der Fremde nach unten, dann hielt sie die Tür weit auf. »Frau Meiner?«
»Ja, richtig. Ich bin hier, um die Wohnung anzusehen.«
»Sehr gut. Mein Name ist Pfitzer. Schön, dass Sie pünktlich sind. Bitte folgen Sie mir.«
Im Flur erwartete sie der starke Geruch nach Putzmitteln. Frau Pfitzer führte sie in den ersten Stock, schloß die schwere Holztür auf und ließ Daria den Vortritt.
Der Flur war geräumig und bot genug Platz für eine Garderobe.
»Links sehen Sie das Bad, dahinter die Küche. Es folgt das Wohnzimmer und das Schlafzimmer. Folgen Sie mir.«
Schnell wurde sie von Frau Pfitzer durch die Räume gelotst. Alles schien in einem wirklich guten Zustand zu sein. Als letztes betraten sie die Küche.
»Und, was denken Sie?«
Sollte sie wirklich einmal Glück haben? »Die Wohnung ist sehr schön.«
Frau Pfitzers Lippen verzogen sich zu einem schmalen Lächeln. »Das ist sie.«
Die Küche war groß und bot sogar noch genug Platz für einen kleinen Esstisch. Mit einer Hand fuhr Daria über die Arbeitsplatte.
»Damit das so bleibt, gibt es ein paar Regeln. Das dürfte ja aber kein großes Problem sein, oder?«
Daria stoppte. »Regeln?«
Die Vermieterin zückte eine Kladde und schlug sie auf. Auf dem obersten Zettel prangte die Überschrift "Hausordnung". »Wenn Sie möchten, lese ich sie kurz vor?«
Ungläubig starrte Daria auf die vollgeschrieben Seite. »Klar?«
Frau Pfitzer nickte. »Also gut. Regel Nummer eins: Der Müll wird getrennt und separat gesammelt. Regel Nummer zwei: Der Balkon darf nicht vollgestellt werden. Also keine Blumentöpfe und schweren Möbel. Regel Nummer drei: Die Wände der Wohnung dürfen nicht gestrichen werden.«
Daria zog ihre Hand von der Küchentheke und starrte Frau Pfitzer an. Meinte sie das wirklich ernst?
»Regel Nummer vier: Haustiere sind nicht gestattet.«
»Davon stand gar nichts in der Anzeige«, presste Daria mühsam hervor.
Unwirsch hob Frau Pfitzer eine Augenbraue. »Natürlich nicht. Das hätte nicht alles hinein gepasst. Wenn ich dann fortfahren dürfte?«
Daria nickte schwach.
»Regel Nummer fünf: Das Treppenhaus wird jeden zweiten Samstag gereinigt. Hierzu dürfen nur ausgewählte Putzmittel benutzt werden.« Frau Pfitzer sah von ihrem Zettel hoch. »Keine Sorge, Sie brauchen sich hierzu keine Notizen zu machen, ich schicke ihnen das alles separat per Mail zu.«
»Aja«, stotterte Daria.
»Regel Nummer sechs: Herrenbesuch ist nur nach Absprache mit mir gestattet.«
»Was?«
Frau Pfitzer blickte tadelnd hoch. »Hören Sie, dies ist eine anständige Wohngegend und ich möchte, dass das auch so bleibt. Ich erwarte, dass sich meine Mieterin ausnahmslos an die Regeln hält.«
»Und wenn nicht?«
Die Frage schien die Vermieterin zu irritieren. »Nun, dann gibt es natürlich eine Abmahnung. Ich fahre dann mal fort. Regel sieben: Spätestens um 22:00 Uhr herrscht Nachtruhe. Parties, die darüber hinausgehen sind nicht gestattet.«
Daria sah sich in der Wohnung um. Alles war so gemütlich, sauber und auch schön. Frau Pfitzer las weiter, aber die Worte erreichten Daria nicht mehr. Mit einem Seufzen griff sie nach ihrer Tasche.
»Frau Meiner?«, fragte die Vermieterin irritiert.
»Es tut mir leid, Frau Pfitzer«, seufzte Daria. »Aber nachdem ich mich nur in schwarz gestrichenen Zimmern wohl fühle und ständig mit meinen Techno-fanatischen Männerfreunden abhänge, mit denen ich am liebsten auf dem Balkon wilde Parties feiere, kommen wir so leider nicht zusammen. Außerdem habe ich eine Allergie gegen die meisten Putzmittel.«
Die Frau öffnete ihren Mund, aber es kam keine Antwort hinaus. Daria hob grüßend die Hand und verließ die Wohnung. Noch bevor sie die erste Kreuzung erreichte, musste sie stehen bleiben. Ihr Lachen war mehr als nur befreiend und trieb ihr die Tränen in die Augen.
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